Rhabdomyosarkom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Ein Rhabdomyosarkom gehört zu der Gruppe der Weichteiltumoren; Rhabdomyosarkome entstehen aus entarteten oder nicht voll ausgereiften Zellen des Muskel- bzw. des Bindegewebes. Von einem Rhabdomyosarkom befallen sind fast ausschließlich Kinder; 87% aller Erkrankten sind jünger als 15 Jahre. Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen.
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Was ist ein Rhabdomyosarkom?
Ein Rhabdomyosarkom entsteht aus entarteten Zellen des Musekelgewebes. Ein Rhabdomyosarkom kann praktisch überall im Körper auftreten, wenngleich eine Häufung von Enstehungsherden im Bereich der Nasennebenhöhlen, des Nasen- und Rachenraums, der Augenhöhlen, des Blasenraums und der Scheide festgestellt werden konnte.
Von einem Rhabdomyosarkom sind Erwachsene sehr selten betroffen, in der Regel tritt ein Rhabdomyosarkom bei Kindern unter 15 Jahren auf. Jungen sind mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:4 häufiger betroffen als Mädchen.
Ursachen
Ursachen für ein Rhabdomyosarkom konnten bisher nicht eindeutig fest gestellt werden. Es besteht jedoch ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten bestimmter Vorerkrankungen und dem Auftreten eines Rhabdomyosarkom.
So wirken sich eine vorhergehende Strahlentherapie oder eine Infektion mit dem HI- oder dem EB-Virus negativ auf die Wahrscheinlichkeit, ein Rhabdomyosarkom auszubilden, aus.
Es wird außerdem ein genetischer Zusammenhang vermutet, insbesondere eine Erkrankung an dem genetisch bedingten Li-Fraumeni-Syndrom. Sehr wahrscheinlich stammen die Tumorzellen von Mesenchymzellen - das sind embryonale Zellen, aus denen im späteren Verlauf Muskel- und Bindegewebe entsteht - ab.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Beschwerden eines Rhabdomyosarkoms hängen von der Ausdehnung und der Lage ab. Meist sind der Kopf, der Urogenitaltrakt sowie die Extremitäten betroffen. Erwachsene leiden nur selten an der Erkrankung, Kinder umso häufiger. Meist verschleppen die Tumore das Leiden in andere nahliegende Gegenden des Körpers. Es kommt zur Bildung von Metastasen. Auffällig oft sind das Gehirn und die Beckenorgane betroffen. Die individuelle Ausprägung der Beschwerden kennt kaum Grenzen.
Typisch für ein Rhabdomyosarkom in der Kopf- und Halsregion ist das Hervortreten der Augäpfel. Manchmal gesellen sich Schwellungen am Kiefer hinzu. Die Atmung über die Nase fällt schwer. Einige Patienten berichten sogar von Hörstörungen. Ist der Urogenitaltrakt angegriffen, klagen Patienten über Schmerzen beim Wasserlassen.
Ein Brennen begleitet das Urinieren. Die Ausscheidung ist nicht selten mit Blut vermischt. Sehr oft treten auch Bauchschmerzen auf, was auf die Ausweitung des Befalls hindeutet. Je nach Geschlecht ergeben sich weitere Anzeichen. Bei männlichen Patienten sind die Hoden geschwollen, weibliche Erkrankte haben Vaginalblutungen.
Tritt das Rhabdomyosarkom an den Extremitäten auf, entstehen dort Schwellungen. Diese müssen nicht zwangsläufig schmerzhaft sein. Zudem lassen sich die betroffenen Körperanhänge nicht mehr, wie gewohnt, bewegen.
Diagnose & Verlauf
Ein Rhabdomyosarkom bildet deutlich tastbare Schwellungen und Geschwulste aus. Seltener können auch Tumore auftreten, die für ein Ertasten zu klein bzw. nur unter dem Mikroskop sichtbar sind.
Der Patient wird außerdem Schmerzen empfinden und je nach Lage und Größe des Tumors deutliche Einschränkungen im Bewegungsablauf hinnehmen müssen. Kann ein Arzt Geschwulste ertasten oder nach einer Sonographie (Untersuchung mit Ultraschall) erkennen, wird er weitere diagnostische Schritte einleiten. Hierzu zählt im Wesentlichen die Biopsie. Mit einer dünnen Nadel wird er unter örtlicher Betäubung Gewebe entnehmen und anschließend pathologisch untersuchen lassen. Der Eingriff erfolgt ambulant und verursacht keine Schmerzen. Der Labormediziner kann anhand der Zellbeschaffenheit auf ein Rhabdomyosarkom schließen.
Der Arzt wird nach einem positiven Befund den Grad der Erkrankung abklären. Dazu wird er mittels einer Computertomographie oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) feststellen, ob der Tumor bereits Metastasen gebildet hat oder ob nur der Primärtumor vorhanden ist. Außerdem wird er feststellen, ob es sich um ein Rezidiv (erneut aufgetretener Krebs aus einer vorangegangenen, gleichen Krebserkrankung) handelt. Je nach Grad der Erkrankung wird der Arzt weitere therapeutische Schritte einleiten.
Komplikationen
Das Rhabdomyosarkom führt unbehandelt innerhalb weniger Wochen oder Monate zum Tod, weil es über die Blutbahn und das Lymphsystem schnell streut. Heute hat sich die Prognose aufgrund der intensiven Behandlung mit deutlich effektiveren Chemotherapeutika jedoch entscheidend verbessert. Des Weiteren sind die Prognose und die Ausbildung von Komplikationen davon abhängig, um welche Form des Rhabdomyosarkoms es sich handelt.
So wächst das alveoläre Rhabdomyosarkom deutlich aggressiver als das sogenannte embryonale Rhabdomyosarkom. Auch die Bildung von Metastasen findet beim alveolären Rhabdomyosarkom wesentlich schneller statt. Das Gleiche gilt auch für die Gefahr der Ausbildung von Rezidiven. Obwohl die Rhabdomyosarkome in fast allen Organen vorkommen können, bevorzugen sie den Kopf-Hals-Bereich, die Gliedmaßen sowie die Harn- und Geschlechtsorgane.
Die auftretenden Beschwerden sind von der Lage des jeweiligen Rhabdomyosarkoms abhängig. Häufig treten Bauchschmerzen, Schmerzen beim Wasserlassen und Blut im Urin auf. Metastasen finden sich zunächst im benachbarten Lymphknoten, im Skelettsystem und in den Lungen. Eine vollständige Heilung des Rhabdomyosarkoms ist heute möglich, wenn die intensive Krebstherapie bereits vor dem Auftreten von Metastasen beginnt.
Allerdings ist eine erfolgreiche chirurgische Entfernung des Tumors auch von dessen Lage abhängig. Nach der vollständigen Entfernung wird noch mit Strahlentherapie nachbehandelt. Nicht vollständig erfasste Tumoren können noch nach Jahren wieder Rezidive bilden. Außerdem ist in diesem Fall die Gefahr der Ausbildung von Metastasen erhöht.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Da es sich beim Rhabdomyosarkom um einen Tumor handelt, sollte dieser immer durch einen Arzt behandelt werden. Es kommt bei dieser Erkrankung nicht zu einer Selbstheilung, wobei das Rhabdomyosarkom auch nicht durch Maßnahmen der Selbsthilfe behandelt werden kann. Im schlimmsten Falle kommt es unbehandelt zum Tode des Betroffenen. Eine frühe Diagnose der Erkrankung wirkt sich dabei immer sehr positiv auf den weiteren Verlauf aus. In der Regel ist der Arzt beim Rhabdomyosarkom dann aufzusuchen, wenn der Betroffene unter starken Schwellungen an den Augen oder unter hervortretenden Augäpfeln leidet.
Dabei ist auch die Atmung des Betroffenen erschwert, sodass anstrengende Tätigkeiten oder sportliche Betätigungen nicht ohne Weiteres durchgeführt werden können. Bei Mädchen führt das Rhabdomyosarkom häufig zu vaginalen Blutungen, die ohne einen besonderen Grund auftreten. Auch Schmerzen beim Wasserlassen können auf diese Erkrankung hindeuten und sollten von einem Arzt untersucht und behandelt werden.
Die Diagnose des Rhabdomyosarkoms wird meistens in einem Krankenhaus gestellt. Die weitere Behandlung erfolgt dann in Abhängigkeit der Beschwerden von einem Facharzt. Unter Umständen ist auch die Lebenserwartung des Betroffenen durch das Rhabdomyosarkom eingeschränkt.
Behandlung & Therapie
In der Regel erfolgt zunächst eine operative Entfernung des Tumors. Ein im Rahmen der Diagnostik angefertigte Computertomographie oder eine Magnetresonanztomographie erleichtert die OP-Planung und grenzt ein, in welchem Gebiet anschließend bestrahlt wird.
Zusätzlich zu der Strahlentherapie wird eine Chemotherapie versucht. Beides soll verhindern, dass eventuell noch vorhandene Tumorzellen sich weiter ausbreiten bzw. wachsen. Ist der Tumor nicht operabel, so wird versucht, den Tumor zunächst durch eine Chemotherapie zu verkleinern, so dass im Anschluss doch noch eine operative Entfernung möglich ist.
Sofern die kombinierte Therapie aus Tumorentfernung, Strahlen- und Chemotherapie gelingt, ist die Prognose gut. So liegt die 5-Jahres-Prognose bei 70 %. Haben sich bereits Metastasen gebildet, liegt die Prognose bei etwa 30 %. Handelt es sich um ein Rezidiv, liegt die Prognose deutlich darunter.
Vorbeugung
Einem Rhabdomyosarkom kann nicht vorgebeugt werden. Es wird jedoch empfohlen, Kinder, die an einer ungünstigen Vorerkrankung leiden (EBV- oder HIV-Infektion, vorherige Strahlentherapie, vorliegen des Li-Fraumeni-Syndrom) in engmaschigen Abständen einem Arzt vorzustellen. Sollte ein Kind wiederholt über Schmerzen im Bereich des Rachens, der Nase, der Augenhöhlen oder der Scheide klagen, sollte es ebenfalls einem Arzt vorgestellt werden.
Nach überwundener bzw. behandelter Erkrankung am Rhabdomyosarkom sollte der Betroffene ebenfalls engmaschig auf eine erneute Erkrankung hin untersucht werden. Besonders bei gefährdeten Kindern sollte man mit einer gesunden Lebensführung - gesunde Ernährung, viel Bewegung an der frischen Luft - die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, eindämmen.
Nachsorge
Die Erkrankung ist sehr schwer und muss zwingend von Ärzten behandelt werden. Es gibt jedoch viele Therapien, die Betroffene Zuhause durchführen können. So können die Beschwerden gelindert werden. Für eine ausreichende Regeneration sollten Betroffene sich ausreichend nach der Behandlung schonen.
Da das Immunsystem nach der Behandlung extrem geschwächt ist, ist von Kontakt zu kranken Menschen dem sozialen Umfeld abzusehen. Betroffene sollten eine intakte Schlafhygiene haben. Ausreichend Schlaf ist nach der Behandlung sehr wichtig. Auch eine ausgewogene und vitaminreiche Ernährung und Sport sollten nach der Behandlung in Angriff genommen werden.
Dies stärkt das Immunsystem erheblich. Da die Krankheit in den meisten der Fällen eine große Belastung für die Betroffenen darstellt, wird empfohlen, sich einer dauerhaften psychologischen Beratung zu unterziehen. Auch das Aufsuchen einer Selbsthilfegruppe kann Betroffenen helfen zu lernen, wie sie mit der Krankheit leben können.
In der Selbsthilfegruppe können Betroffene sich auch mit anderen Erkrankten austauschen und neue Wege kennenlernen, wie man mit der Krankheit fertig wird. Dadurch fühlen sich viele nicht alleine. Auch enge Verwandtschaft sollten ausreichend in das Leben eingebunden werden. Diese können Betroffene ebenfalls unterstützen und helfen. Auf nikotin- und alkoholhaltige Mittel sollte zwingend verzichtet werden, da es sonst zu ungewollten Komplikationen kommen kann.
Das können Sie selbst tun
Das Rhabdomyosarkom ist eine ernsthafte Erkrankung, die in die Behandlung erfahrener Ärzte gehört. Die Selbsthilfe im Alltag kann Therapien jedoch unterstützen beziehungsweise deren Folgen lindern. Je nachdem, ob Operation, Strahlen- oder Chemotherapie eingesetzt werden oder wurden, ist dem Patienten Schonung für eine optimale Regeneration zu empfehlen. Aufgrund des geschwächten Immunsystems ist der Kontakt zu Personen, die an einem Infekt erkrankt sind, besser zu vermeiden. Ein guter Schlaf ist ebenso wichtig wie eine gesunde Ernährung und eine ausreichende Trinkmenge.
Der Gedanke, an einer bösartigen Krankheit zu leiden, ist oft belastend. Hier helfen Selbsthilfegruppen, diesen Befund zu verarbeiten. Oft sind es Kinder und Jugendliche, die vom Rhamboymyosarkom betroffen sind. Sie profitieren von auf Heranwachsende spezialisierten Psychologen oder Psychoonkologen. Eltern können in diese Therapien dann zielführend eingebunden werden. Das gilt auch für Lehrer, damit Kinder während der Erkrankung gut dosiert weiterlernen können und den Anschluss an die Klasse nicht verlieren.
Bewegung ist ein Faktor, der ebenfalls in die Selbsthilfe integriert werden kann. Hier sind die inviduellen Kräfte des Patienten zu berücksichtigen. Ein Spaziergang an der frischen Luft ist ebenso hilfreich wie etwas Fitness nach überstandenen Therapien. Erwachsene Patienten verzichten besser auf Nikotin und Alkohol, da Gefäßgifte bei einer Krebserkrankung natürlich nicht förderlich sind.
Quellen
- Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006
- Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014
- Sauer, R.: Strahlentherapie und Onkologie. Urban & Fischer, München 2009