Rhombencephalon
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Beim Rhombencephalon handelt es sich um eine Struktur im Gehirn, die sich aus verlängertem Mark und Hinterhirn zusammensetzt. Seine Funktionen umfassen die Steuerung verschiedener Reflexe, die Regulation von Erbrechen, Atmung und Blutkreislauf sowie motorische Prozesse. Krankheiten und Störungen wirken sich auf die verschiedenen funktionellen Zentren aus und können auf Läsionen, neurologische Erkrankungen und speziell die Rhombencephalosynapsis zurückgehen.
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Was ist das Rhombencephalon?
Das Rhombencephalon ist ein Teil des Gehirns und auch unter dem Trivialnamen „Rautenhirn“ bekannt. Sowohl das verlängerte Rückenmark (Medulla oblongata) als auch das Hinterhirn (Metencephalon) bzw. 4. Hirnbläschen gehören zu diesem Teil des zentralen Nervensystems. Enge Verbindungen unterhält das Rhombencephalon zum Rückenmark und Großhirn sowie zu den Hirnventrikeln.
Diese Hohlräume liegen innerhalb des Hirngewebes und beinhalten Flüssigkeit (Liquor); die Medizin fasst die Ventrikel deshalb auch zum inneren Liquorraum zusammen. Darüber hinaus ist das Rhombencephalon an den äußeren Liquorraum angebunden, der sich zwischen zwei Hirnhäuten (Arachnoidea mater und Pia mater) befindet. Der Name des Rhombencephalons stammt von der Rautengrube, die am Pons liegt.
Anatomie & Aufbau
Komplexe neuronale Netzwerke in der Medulla oblongata bilden funktionelle Zentren wie das Brech- und Atemzentrum. Makroskopisch sind sie jedoch kaum vom Rest des Gewebes zu unterscheiden. Gut erkennbar sind jedoch verschiedene Kerne sowie der Zentralkanal, der wie ein Rohr nach unten aus dem verlängerten Mark ragt. Der Zentralkanal stammt vom Neuralrohr ab.
Das Metencephalon oder Hinterhirn, das ebenfalls zum Rhombencephalon gehört, besteht aus Kleinhirn (Cerebellum) und Brücke (Pons). Das Kleinhirn verfügt über eine eigene Rinde mit drei Schichten; in jeder Schicht kommen jeweils bestimmte Typen von Nervenzellen vor. Unter der Rinde, im Innenraum oder Mark des Kleinhirns, befindet sich überwiegend weiße Substanz. Diese besteht aus den isolierten Axonen der Neurone und ist für die Verschaltung und Informationsverarbeitung von großer Bedeutung.
Kerne im Mark des Kleinhirns bilden jeweils abgegrenzte Strukturen mit spezifischen Aufgaben. Auch im Pons, dem anderen Teil des Metencephalons, liegen Kerngebiete – darunter der Nucleus motorius nervi trigemini, der Nucleus nervi abducentis und der Nucleus motorius nervi facialis. Nervenbahnen durchziehen den Pons und binden das Gehirn an den Rest des menschlichen Körpers an.
Funktion & Aufgaben
Die verschiedenen Teile des Rhombencephalons nehmen jeweils eigene Aufgaben wahr; zusammengefasst liegt der Aufgabenschwerpunkt des Rautenhirns auf der Steuerung unwillkürlicher motorischer Prozesse.
Die Medulla oblongata verbindet das Rückenmark mit anderen Teilen des Rhombencephalons und leitet Nervensignale aus und zu den meisten Körperregionen weiter. Funktionelle Netzwerke aus Nervenzellen bilden im verlängerten Mark das Atemzentrum, das alle unwillkürlichen Atmungsarten kontrolliert, und das Brechzentrum, das als Reaktion auf Signale aus dem Verdauungstrakt, dem Gleichgewichtsorgan oder den chemischen Rezeptoren der Area postrema den Brechakt auslöst. Des Weiteren beheimatet die Medulla oblongata Verschaltungen für Reflexe zum Würgen, Husten, Niesen, Schlucken und Saugen (bei Säuglingen). Die Aufgabe des Pons besteht überwiegend in der Weiterleitung von Informationen. Die motorischen Nervenkerne der Brücke bilden einen Ursprungsort von Hirnnerven.
Besonders umfangreich sind die Funktionen des Kleinhirns, das die Hälfte aller Nervenzellen des Gehirns beherbergt. Die Aufgaben des Cerebellums reichen vom motorischen Prozessen über Lernvorgänge bis hin zu Beiträgen an höheren kognitiven Funktionen. Für Letztere zeichnet sich vor allem das Cerebrocerebellum verantwortlich; das Rhombencephalon wirkt auf diesem Weg an der Vorausplanung von Bewegungen mit. Die motorische Steuerung des Kleinhirns trägt zum Sprechen bei und koordiniert die Halte- und Stützmotorik sowie die Bewegungen beim Gehen und Stehen.
Krankheiten
Dieser Zustand wirkt sich auf die verschiedenen anatomischen und funktionellen Strukturen des Kleinhirns aus. Patienten sind oft geistig behindert und leiden unter einer Reihe von charakteristischen Störungen. Eine davon ist die Ataxie, d. h. die Störung der Bewegungskoordination. Als Gangataxie kann sie auch eine Folge von Läsionen im Rhombencephalon und in anderen Hirnbereichen darstellen; Betroffene sind nicht in der Lage, Bewegungen korrekt zu koordinieren, obwohl keine muskulären Einschränken vorliegen. Neben dem Gehen können auch Sitzen und/oder Stehen beeinträchtigt sein.
Auch andere Bewegungsstörungen wie Dyskinesien können infolge der Rhombencephalosynapsis auftreten; in diesem Fall ist das Gehirn nicht ausreichend in der Lage, den Ablauf der Bewegung auszuführen, was in Auffälligkeiten beim Gehen oder anderen Muskelaktivitäten resultiert. Die Sprechfähigkeit ist in einigen Fällen ebenfalls beeinträchtigt (Dysarthrie), was jedoch nicht mit Verständnisproblemen einhergehen muss. Möglicherweise schielen Betroffene (Strabismus) oder leiden unter neuronal bedingten Krampfanfällen (Epilepsie), die zu weiteren Einschränkungen und Folgeschäden führen können.
Welche Symptome sich bei der Rhombencephalosynapsis ausprägen und wie stark sie sich manifestieren hängt im Einzelfall von der Art und Ausprägung der Fehlbildung im Cerebellum ab. Ärzte können die Rhombencephalosynapsis teilweise symptomatisch behandeln, zum Beispiel mit Antikonvulsiva bzw. Antiepileptika gegen Krampfanfälle.
Quellen
- Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
- Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016