Antikonvulsiva

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Antikonvulsiva sind Arzneimittel, welche zur Behandlung und Prävention von zerebralen Krampfanfällen, also unkontrollierte Zuckungen, welche durch Entladungen im Gehirn ausgelöst werden, eingesetzt werden. Man spricht hier auch von tonisch- klonischen Krämpfen, die mit Bewusstseinseintrübung einhergehen.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Antikonvulsiva?

Antikonvulsiva werden eingesetzt um Impulse im ZNS zu hemmen und so sich anbahnende Anfälle zu verhindern.

Antikonvulsiva sind Arzneimittel, welche zur Behandlung und Prävention von zerebralen Krampfanfällen eingesetzt werden. Zerebrale Krampfanfälle sind auch unter der Bezeichnung epileptische Anfälle bekannt. Daher können Antikonvulsiva auch als Antiepileptika bezeichnet werden.

Sie gehören zu einer bestimmten Arzneistoffgruppe, welche chemisch heterogen ist. Zu ihnen gehören rund 5 langzeiterprobte und bewährte Vertreter, die alle mit dem gleichen Ziel verabreicht werden. Jedes verschiedene Antikonvulsivum hat seine spezifische Wirkung. Unterschiedliche Anfallsleiden bedürfen der Behandlung mit ebenso verschiedenen Antiepileptika.

Geschichte & Entwicklung

Die Geschichte der Antikonvulsiva, Medikamente zur Behandlung von Epilepsie und anderen Krampfanfällen, beginnt im späten 19. Jahrhundert. 1857 wurde Kaliumbromid als erstes Medikament gegen Krampfanfälle eingeführt. Es wirkte durch eine Beruhigung des Nervensystems und wurde bis in die frühen 1900er Jahre verwendet, bis seine Nebenwirkungen und die Entdeckung besserer Alternativen zu einem Rückgang seiner Anwendung führten.

Ein bedeutender Durchbruch kam 1912 mit der Einführung von Phenobarbital, dem ersten Barbiturat, das spezifisch zur Anfallsprävention eingesetzt wurde. Phenobarbital war viele Jahrzehnte das Hauptmittel zur Behandlung von Epilepsie und gilt als eines der ersten echten Antikonvulsiva.

In den 1930er Jahren führte die Entdeckung von Phenytoin (Dilantin) zu einer neuen Ära in der Epilepsiebehandlung. Phenytoin bot eine effektive Krampfreduzierung ohne die sedierenden Nebenwirkungen von Barbituraten. In den folgenden Jahrzehnten wurden weitere wichtige Antikonvulsiva entwickelt, darunter Carbamazepin (1960er Jahre) und Valproinsäure (1970er Jahre), die jeweils neue Mechanismen zur Kontrolle von Anfällen boten.

Die späten 1980er und 1990er Jahre brachten eine Welle neuer Antikonvulsiva wie Lamotrigin, Gabapentin und Topiramat, die gezielt verschiedene Arten von Anfällen ansprechen und weniger Nebenwirkungen aufweisen. Heute gibt es eine breite Palette von Antikonvulsiva, die individuell auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden können, was die Behandlung von Epilepsie erheblich verbessert hat.

Medizinische Anwendung, Wirkung & Gebrauch

Sich ankündigende Krampfanfälle, die vom Gehirn aus gesteuert werden, werden verhindert und unterdrückt oder bereits vorhandene Anfälle durchbrochen, da länger anhaltende Krämpfe immer mit einem gesundheitlichen Risiko bis hin zum Todesrisiko durch Ersticken einhergehen.

Unabhängig davon, welche Art von Antikonvulsiva eingesetzt wird, es hat die Aufgabe, die neuronale Erregbarkeit und die Erregungsweiterleitung der Impulse im ZNS zu hemmen und damit einen sich anbahnenden Anfall gänzlich zu verhindern oder einen bereits eingetretenen zu beenden. Je nachdem ob es sich um eine Präventiv- oder Akutmedikation handelt, gibt es verschiedene Applikationsformen des Arzneimittels.

Die erwünschte Wirkung wird durch verschiedene Mechanismen erreicht: zum Einen werden spannungsabhängige Ca+-Kanäle und Na+-Kanäle blockiert. Des Weiteren werden GABA- vermittelnde Hemmungsmechanismen verstärkt. Welchen Wirkmechanismus man sich bei der Applikation des Medikamentes zu Nutzen macht, hängt im Wesentlichen von der Form des Anfallsleidens ab.

Zeigt die Behandlung nicht die gewünschte Wirkung, wird auf ein anderes Antikonvulsivum umgestellt. Reine epileptische Anfälle sollten mit einer Monotherapie behandelt werden, um eine Erniedrigung der Krampfschwelle durch das Zusammenwirken mehrerer Medikamente nicht zu begünstigen.

Pflanzliche, natürliche & pharmazeutische Antikonvulsiva

Es gibt verschiedene Formen und Typen von Antikonvulsiva, die allesamt der Prävention von zerebralen Krampfanfällen oder deren Beendigung dienen. In der Akutherapie und bei starker Krampfneigung werden ausschließlich chemische Wirkstoffe angewandt. Hierzu gehören Barbiturate wie Phenobarbital und Primidon.

Auch Suximide und Hydantoin-Derivate wie Phenytoin, trizyklische Antidepressiva wie beispielsweise Carbamazepin, Valproinsäure und Benzodiazepine wie Diazepam (Valium), Lorazepam (Tavor) und Clonazepam. In der Homöopathie wird Epilepsie grundsätzlich als chronisches Leiden angesehen. Die Behandlung erfolgt hier meist in Kombination mit einer bereits eingeleitenden schulmedizinischen Behandlung. Ziel ist es hier, die körpereigenen Antikonvulsiva zu aktivieren und den Körper zu regenerieren.

Rein pflanzliche Stoffe, die für die Monobehandlung von Anfallsleiden zugelassen sind, sind bislang noch nicht richtig erforscht und somit aufgrund des sehr großen Gesundheitsrisikos nicht zugelassen. Von einer Eigenbehandlung mit Belladonna etc. ist unbedingt abzuraten. Epileptische Anfälle gehören besonders beim erstmaligen Auftreten medizinisch abgeklärt, denn es gibt sehr vielfältige Ursachen.

Nicht immer steckt ein generalisiertes Anfallsleiden dahinter. Eventuell führt auch eine Verletzung des Gehirns oder eine Infektion zu Krampfanfällen, welche dann keiner Dauertherapie bedürfen.


Risiken & Nebenwirkungen

Antikonvulsiva haben neben ihren erwünschten und erforderlichen Wirkungen wie alle Stoffe, die aktiv in Prozesse im menschlichen Körper eingreifen, auch Risiken und Nebenwirkungen. Diese sollten keinesfalls unterschätzt werden.

Besonders schwangere Frauen, ältere Menschen, Kinder und abhängige Menschen sind gefährdet und müssen während einer Behandlung mit Antikonvulsiva konsequent beobachtet werden. Die meisten Medikamente dieser Gruppe machen sehr schläfrig, was einem das Bedienen von Maschinen und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr untersagt. Manche führen auch zu Gedächtnislücken (retrograde Amnesie) und zu Sprachstörungen (Ataxie). Vor allem die Benzodiazepine sorgen für eine extreme Muskelentspannung, was zu Stürzen führen kann.

Auf keinen Fall sollten Antikonvulsiva zusammen mit Alkohol konsumiert werden, da die Wirkungen gegenseitig unerwünscht verstärkt werden können. Dies gilt ebenso für die gleichzeitige oder auch zeitversetzte Einnahme anderer Medikamente, insbesondere, wenn diese auch auf das zentrale Nervensystem wirken. Eine Verstärkung der Wirkung kann zu einer lebensbedrohlichen Atemdepression führen. Kinder sind besonders gefährdet. Eine weitere, aber seltene Nebenwirkung können sogenannte paradoxe Wirkungen sein, die sich im Allgemeinen durch erhöhte Unruhe äußern.

Anwendung & Sicherheit

Die Anwendung von Antikonvulsiva erfolgt individuell angepasst an den jeweiligen Patienten und die Art der Epilepsie oder der Krampfanfallstypen. Die Dosierung beginnt in der Regel mit einer niedrigen Dosis, die schrittweise erhöht wird, bis die gewünschte Anfallskontrolle erreicht ist. Die Wahl des Antikonvulsivums hängt von Faktoren wie Anfallsart, Nebenwirkungsprofil, Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und individuellen Patientenmerkmalen ab, einschließlich Alter, Geschlecht und Begleiterkrankungen.

Die Sicherheit von Antikonvulsiva ist ein wesentlicher Aspekt der Therapie. Während viele dieser Medikamente wirksam bei der Kontrolle von Anfällen sind, können sie auch Nebenwirkungen verursachen, die von leichten Symptomen wie Schläfrigkeit und Schwindel bis hin zu schwerwiegenden Komplikationen wie Leberschäden, Hautausschlägen oder Veränderungen im Blutbild reichen. Daher ist eine regelmäßige Überwachung durch Bluttests und klinische Untersuchungen erforderlich, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Die Qualitätskontrolle bei der Herstellung von Antikonvulsiva unterliegt strengen regulatorischen Vorgaben. Diese gewährleisten, dass jedes produzierte Medikament den erforderlichen Standards in Bezug auf Reinheit, Wirkstoffgehalt und Stabilität entspricht. Die Produktion erfolgt unter den sogenannten Good Manufacturing Practices (GMP), die sicherstellen, dass alle Produktionsprozesse sorgfältig überwacht und dokumentiert werden. Vor der Marktzulassung durchlaufen Antikonvulsiva umfangreiche klinische Studien, um ihre Sicherheit und Wirksamkeit zu belegen. Nach der Zulassung erfolgt eine kontinuierliche Überwachung, um Langzeitwirkungen und seltene Nebenwirkungen zu erfassen.

Alternativen

Neben Antikonvulsiva gibt es verschiedene alternative Medikamente und Therapieformen zur Behandlung von Epilepsie und anderen Krampfanfällen. Ein bedeutender alternativer medikamentöser Ansatz sind Benzodiazepine wie Diazepam und Clonazepam. Diese Medikamente werden oft zur kurzfristigen Anfallskontrolle oder bei akuten Anfällen eingesetzt, da sie beruhigend auf das zentrale Nervensystem wirken. Sie sind jedoch weniger geeignet für die Langzeittherapie aufgrund des Risikos der Toleranzentwicklung und Abhängigkeit.

Eine weitere nicht-medikamentöse Therapieform ist die Ketogene Diät, die vor allem bei therapierefraktären Epilepsien angewendet wird. Diese fettreiche, kohlenhydratarme Diät verändert den Stoffwechsel und führt zur Produktion von Ketonen, die eine antikonvulsive Wirkung haben können. Obwohl diese Diät bei einigen Patienten sehr effektiv ist, erfordert sie strikte Einhaltung und medizinische Überwachung.

Neurostimulationsverfahren wie die Vagusnervstimulation (VNS) oder die tiefe Hirnstimulation (DBS) sind ebenfalls Alternativen, besonders für Patienten, die auf Medikamente nicht ansprechen. Diese Verfahren nutzen elektrische Impulse, um die Aktivität im Gehirn zu modulieren und Anfälle zu reduzieren. Sie sind in der Regel für Patienten vorgesehen, die auf medikamentöse Therapien nicht ausreichend ansprechen.

Verglichen mit Antikonvulsiva bieten diese Alternativen unterschiedliche Mechanismen zur Anfallskontrolle. Während Antikonvulsiva weit verbreitet und in vielen Fällen wirksam sind, bieten nicht-medikamentöse Ansätze und Neurostimulation zusätzliche Optionen, insbesondere für Patienten mit schwer behandelbarer Epilepsie. Diese Alternativen erfordern oft eine engere Zusammenarbeit zwischen Patient und Arzt sowie eine kontinuierliche Überwachung, um ihre Wirksamkeit und Sicherheit sicherzustellen.

Forschung & Zukunft

Aktuelle Trends in der Forschung zu Antikonvulsiva konzentrieren sich auf die Entwicklung von Medikamenten mit gezielterer Wirkungsweise und weniger Nebenwirkungen. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf der Erforschung von Substanzen, die spezifische molekulare Mechanismen der Epilepsie ansprechen, wie etwa die Modulation von Ionenkanälen oder Neurotransmitter-Rezeptoren. Neue Wirkstoffe wie Cannabidiol (CBD), das aus der Cannabispflanze gewonnen wird, haben in den letzten Jahren Aufmerksamkeit erregt, insbesondere aufgrund ihrer Wirksamkeit bei bestimmten Epilepsieformen wie dem Dravet-Syndrom und dem Lennox-Gastaut-Syndrom.

Ein weiterer Trend ist die personalisierte Medizin, bei der genetische und biomarkerbasierte Ansätze genutzt werden, um maßgeschneiderte Behandlungen für Patienten zu entwickeln. Dies könnte zu einer besseren Vorhersage der Ansprechraten auf bestimmte Antikonvulsiva führen und somit die Behandlungseffektivität verbessern.

Auch die Entwicklung von Antikonvulsiva mit dualen Wirkmechanismen, die sowohl antikonvulsive als auch neuroprotektive Eigenschaften besitzen, ist ein vielversprechender Ansatz. Solche Medikamente könnten nicht nur Anfälle kontrollieren, sondern auch die zugrunde liegenden neuronalen Schäden reduzieren, die durch wiederholte Anfälle verursacht werden.

Darüber hinaus werden nicht-pharmakologische Ansätze wie die transkranielle Magnetstimulation (TMS) erforscht, die das Potenzial hat, durch nicht-invasive Hirnstimulation die Anfallshäufigkeit zu reduzieren. Diese neuen Ansätze zielen darauf ab, Patienten mit schwer behandelbarer Epilepsie zusätzliche Optionen zu bieten und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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