Somatoforme Störung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 26. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine somatoforme Störung stellt einen Symptomenkomplex dar, welcher nicht oder nicht ausreichend durch organische Ursachen erklärt werden kann. Es handelt sich um funktionelle Beschwerden, die im Zusammenhang mit psychischen Belastungen und Stress des Patienten stehen. Somatoforme Störungen sind sehr häufig und treten in den meisten Fällen nur vorübergehend auf.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine somatoforme Störung?

Viele Patienten leiden unter Verdauungsproblemen wie Übelkeit, Magenschmerzen, Oberbauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung.
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Bei einer somatoformen Störung handelt es sich um körperlich empfundene Beschwerden, bei denen keine organischen Ursachen gefunden werden können. Alle Organe können von funktionellen Störungen betroffen sein, die durch eine Fehlregulierung des vegetativen Nervensystems hervorgerufen werden. Wenn nach ausgiebiger Untersuchung des Patienten keine organischen Veränderungen gefunden werden, muss die Diagnose "Somatotrope Störung" gestellt werden.

Die meisten Menschen (über 80 Prozent) leiden im Laufe des Lebens zumindest vorübergehend an somatotropen Störungen. Meist hält dieser Zustand nur kurzzeitig an und ist in der Regel mit außergewöhnlichen Lebenssituationen verknüpft. In 5 bis 20 Prozent aller Fälle kommt es jedoch zur Chronifizierung der Beschwerden.

Häufig werden solche Symptome wie Erschöpfung, Müdigkeit, Magen-Darm-Probleme, Herz-Kreislauf-Beschwerden oder sexuelle Probleme beobachtet. Zur Diagnosestellung ist es jedoch notwendig, dass alle anderen möglichen Ursachen der Symptome ausgeschlossen werden, um den Patienten eine psychotherapeutische Behandlung anbieten zu können.

Ursachen

Die Ursachen für somatoforme Störungen sind vielfältig. Sie ergeben sich aus der Lebenssituation des betreffenden Patienten. Als Auslöser wird das Zusammenspiel psychischer, sozialer und biologischer Faktoren angenommen. Auch eine genetische Grundlage kann bestehen. Meist handelt es sich um psychosoziale Gründe, die zu charakteristischen Beschwerden führen.

Eine Ursache kann lang anhaltender negativer Stress sein, der langfristig funktionelle Störungen bestimmter Organe hervorruft. Auch zu starke Beachtung harmloser Symptome gepaart mit der Angst, dass es etwas Schlimmeres sein könnte, führt häufig zu erheblichen Beschwerden, ohne dass organische Ursachen erkennbar wären. Häufig manifestieren sich seelische Prozesse und Konflikte, die mit den Emotionen Wut, Ärger, Angst oder Unzufriedenheit verbunden sind, als körperliche Symptome. Dabei spielen oft auch frühkindliche traumatische Erfahrungen eine Rolle.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die somatoformen Störungen äußern sich in vielen unterschiedlichen Symptomen. So treten häufig Atembeklemmungen, Globusgefühl oder Luftnot auf. In der Brust kann es zu Beklemmungsgefühlen, Stichen, Druckgefühl oder Herzrasen kommen. Des Weiteren leiden viele Patienten an Verdauungsproblemen wie Übelkeit, Magenschmerzen, Oberbauchschmerzen, Völlegefühl, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung.

Bei den Frauen können außerdem gynäkologische Beschwerden auftreten. Auch häufiges Wasserlassen sowie Schmerzstörungen werden beobachtet. Insgesamt werden die somatoformen Störungen in Somatisierungsstörungen, hypochondrische Störungen und somatoforme autonome Funktionsstörungen eingeteilt. Die Somatisierungsstörungen beinhalten viele wechselnde körperliche Symptome, die mindestens über zwei Jahre bestehen und nicht durch organische Ursachen erklärt werden können.

Darunter fallen Schmerzen, Verdauungsprobleme, neurologische Symptome und sexuelle Störungen. Das Krankheitsbild der Hypochondrie zeichnet sich dadurch aus, dass die oder der Betroffene überzeugt ist, an einer schweren Krankheit zu leiden und sich auch nicht vom Gegenteil überzeugen lässt. Die betroffenen Patienten beobachten sich durchgehend selbst und werten harmlose Symptome stark auf.

Wenn keine körperlichen Ursachen gefunden werden, wird der Arzt gewechselt. Bei den somatotropen autonomen Funktionsstörungen handelt es sich um Symptome an Organen, die direkt vom vegetativen Nervensystem versorgt werden. Hier werden häufig Herzneurosen, Magenbeschwerden, Hyperventilation, häufiges Wasserlassen oder ein Reizdarm beobachtet. Auch hier können organische Ursachen nicht gefunden werden.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Zur Diagnose einer somatoformen Störung ist es sehr wichtig, eine organische Ursache für die Beschwerden zweifelsfrei auszuschließen. Neben den üblichen Laboruntersuchungen gehören dazu auch bildgebende Verfahren. Fatal wäre wiederum eine zu intensive Diagnostik, wenn bereits der Verdacht auf eine somatoforme Störung vorliegt.

Der Patient würde sich noch mehr auf eine organische Ursachenfindung konzentrieren und sich einer psychotherapeutischen Aufarbeitung seiner Probleme noch stärker verschließen. Selbstverständlich muss die Diagnose auch differenzialdiagnostisch von anderen psychischen Erkrankungen wie beispielsweise einer Depression abgegrenzt werden.

Allerdings sollte bei der Diagnose auch beachtet werden, dass die somatoforme Störung oft auch mit solchen psychischen Störungen wie Süchten, Angsterkrankungen, Depressionen, Zwangsstörungen und Persönlichkeitsstörungen verbunden ist. Ein wichtiges Kriterium für eine somatoforme autonome Störung ist das Bestehen von mindestens sechs Symptomen aus zwei Organgruppen, die nicht organisch bedingt sind und mindestens seit zwei Jahren bestehen.

Komplikationen

Bei der somatoformen autonomen Funktionsstörung besteht die große Herausforderung für den Arzt und für den Patienten darin, zwischen psychosomatischen und körperlichen Ursachen der Beschwerden zu unterscheiden. Nicht nur bei der Erstdiagnose ergeben sich dabei Schwierigkeiten. Verschiedene Komplikationen sind möglich, wenn eine zusätzliche körperliche Erkrankung nicht rechtzeitig erkannt wird. Darüber hinaus ist es denkbar, dass eine tatsächliche Verschlechterung einer vorhandenen körperlichen Funktionsstörung fälschlicherweise als psychosomatisch interpretiert wird.

Einige Menschen, die unter einer somatoformen autonomen Funktionsstörung leiden, verspüren Beschwerden, die auf ein bestimmtes Organ bezogen sind. Ein Beispiel dafür ist die Herzneurose. Ein Patient mit einer Herzneurose kann nicht nur tatsächliche Herzprobleme entwickeln, sondern auch an einem anderen Organleiden erkranken. Umgekehrt kann eine Person, die unter körperlichen Herzbeschwerden leidet, zusätzlich mit einer somatoformen autonomen Funktionsstörung kämpfen, die sich auf das Herz oder auf andere vegetative Funktionen bezieht.

Um körperliche Komplikationen auszuschließen, sind deshalb gründliche Untersuchungen erforderlich. Für die Behandlung der somatoformen autonomen Funktionsstörung bedeutet dies jedoch eine Zwickmühle: Die medizinischen Untersuchungen können (und müssen) körperliche Ursachen für die Beschwerden ausschließen – doch gleichzeitig können diese Untersuchungen das psychische Krankheitsempfinden verstärken.

Darüber hinaus ist es möglich, dass medizinische Untersuchungen und Behandlungen direkten Schaden hervorrufen oder der körperlich gesunde Patient sich über andere Patienten mit einem Krankheitserreger infiziert. Mögliche Komplikationen der somatoformen autonomen Funktionsstörung umfassen außerdem psychische Beschwerden wie Depressionen und Ängste.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei dieser Krankheit ist der Patient auf eine Behandlung angewiesen. Es kann dabei zu schwerwiegenden Beschwerden und Komplikationen kommen, die im schlimmsten Fall auch die Lebenserwartung des Betroffenen herabsetzen können. Um weitere Beschwerden zu verhindern, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Nur in sehr seltenen Fällen kommt es bei dieser Störung zu einer Selbstheilung. Ein Arzt sollte dann aufgesucht werden, wenn der Betroffene an starken Beschwerden der Verdauung leidet. Es kommt zu erheblichen Schmerzen im Magen oder auch zu einer starken Übelkeit.

Auch starke Schmerzen im oberen Bauch oder ein dauerhaftes Völlegefühl können auf die Erkrankung hindeuten und müssen durch einen Arzt untersucht werden. In vielen Fällen tritt auch eine Verstopfung auf. Weiterhin können auch psychische Verstimmungen oder andere psychische Beschwerden auf die Krankheit hinweisen.

Bei dieser Krankheit kann in erster Linie ein Allgemeinarzt oder ein Internist aufgesucht werden. Die weitere Behandlung richtet sich jedoch stark nach den genauen Ursachen und der genauen Ausprägung der Störung. In der Regel kommt es durch die Krankheit nicht zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen.

Behandlung & Therapie

Die Therapie einer somatoformen Störung ist häufig sehr schwierig. Voraussetzung ist die Entwicklung eines Vertrauensverhältnisses zwischen Patienten und Arzt. Das ist jedoch oft nicht gegeben, weil der Patient vordergründig eine organische Ursache für seine Beschwerden sucht. So kommt es zu ständigen Arztwechseln, in der Hoffnung, dass die manchmal von dem Patienten selbst gestellte Diagnose irgendwann einmal bestätigt wird.

Der Arzt muss jedoch in der Lage sein, den Patienten plausibel über die Erkrankung aufzuklären, um eine erfolgreiche Psychotherapie anschließen zu können. Der Patient muss motiviert werden, auf der Grundlage dieser Erkenntnis an seinen Problemen zu arbeiten.

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Vorbeugung

Die Vorbeugung vor einer generalisierten und chronischen Form der somatoformen Störung beginnt bereits in der frühen Kindheit. So werden Verhaltensstrukturen von den Eltern gelernt und für die Bewältigung der eigenen Probleme im späteren Leben übernommen. Dabei kann auch der Umgang mit körperlichen Symptomen, die immer auftreten, gelernt werden.

Wenn körperliche Beschwerden die Zuwendung anderer Menschen hervorruft, die ansonsten nicht stattfinden würde, erlernt der heranwachsende Mensch eine falsche Bewältigungsstrategie für seine Lebensprobleme. Daher kann eine positive und dem Leben zugewandte Erziehung viel zur Gesundheit des Menschen beitragen.

Nachsorge

Somatoforme Störungen betreffen verschiedene Bereiche des Körpers, beispielsweise den weiblichen Unterleib oder das Herz-Kreislauf-System. Welche Form der Nachsorge bei einer somatoformen Störung angebracht ist, hängt daher von den jeweiligen Symptomen des Patienten ab. Die individuelle Verfassung des Betroffenen muss bei der Frage nach der angemessenen Nachsorge ebenfalls mit in Betracht gezogen werden.

Eine Nachsorge ist aber in jedem Fall anzuraten, um die physische und die psychische Gesundheit wieder miteinander in Einklang zu bringen. Der Erkrankte muss sich im Rahmen der Nachsorge über die (sowohl positive als auch negative) Wechselwirkung von Körperlichem und Seelischem bewusst werden. Überdies sind die Vorbeugung eines Rückfalls sowie die langfristige Stabilisierung des Betroffenen Ziele einer Nachsorgebehandlung.

Dies trifft vor allem dann zu, wenn der Patient zuvor in einer Klinik für somatoforme Erkrankungen behandelt wurde und wieder in sein gewohntes Umfeld zurückkehren soll. Es ist sinnvoll, dem Betroffenen die Adresse eines ortsansässigen Hausarztes oder Psychologen zu nennen. Der Patient kann sich an diese Anlaufstelle wenden, falls nach abgeschlossener Behandlung eine akute Krisensituation vorliegt und eine Intervention erforderlich ist. Zum Aufsuchen eines Facharztes im Notfall sollte der Betroffene eindringlich angehalten werden, da die Gefahr einer Verschlechterung des Zustandes oder eines Rückfalls in einer solchen Situation sehr hoch ist.

Das können Sie selbst tun

Können trotz zahlreicher Untersuchungen vorhandene gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht geklärt werden, sollte der Betroffene Ruhe bewahren. Liegt erwiesenermaßen keine organische Störung vor, sind emotionale Faktoren stärker zu berücksichtigen. Weitere Arztwechsel sind häufig nicht zu empfehlen.

Eine unglückliche Lebensführung, ein vermindertes Wohlbefinden oder unerfüllte Wünsche verschiedener Art können zu gesundheitlichen Störungen führen. Sind Ziele im Leben nicht erreicht worden oder entwickelt sich das eigene Leben nicht nach erarbeiteten Plänen oder Vorgaben, sollte dies näher beleuchtet werden. Je nach Persönlichkeit können diese Themen selbstkritisch hinterfragt und verändert werden.

Anzuraten ist jedoch die Inanspruchnahme einer therapeutischen Hilfe. Es hat sich bei einer Vielzahl der Betroffenen bewährt, wenn eine neutrale Person einen zusätzlichen Anstoß für die Aufarbeitung von kognitiven Mustern geben kann. Stressoren des Alltags sollten grundsätzlich abgebaut werden. Darüber hinaus sind die alltäglichen Abläufe zu optimieren und an die Vorgaben des Organismus anzupassen.

Mit einer gesunden und ausgewogenen Ernährung können in vielen Fällen Verbesserungen erzielt werden. Darüber hinaus sollten soziale Kontakte aufgebaut und gepflegt werden. Eine ausreichende Freizeitgestaltung ist ebenfalls wichtig, damit ein entsprechender Ausgleich zum Alltag erreicht werden kann. Kognitive Trainings und Entspannungstechniken haben sich bei vielen Betroffenen bewährt. Sie helfen bei der Linderung vorhandener Beschwerden und fördern das Wohlbefinden.

Quellen

  • Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
  • Morschitzky, H.: Somatoforme Störungen – Diagnostik, Konzepte und Therapie bei Körpersymptomen ohne Organbefund. Springer, Wien 2007
  • Möller. H.-J., Laux, G., Deister, A., Braun-Scharm, H., Schulte-Körne, G.: Duale Reihe Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Thieme, Stuttgart 2013

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