Sorivudin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei Sorivudin handelt es sich um einen medizinischen Arzneistoff, der in Japan zur Behandlung von Herpes entwickelt wurde. Sorivudin wurde unter dem Handelsnamen Usevir® vertrieben und ist seit einem Arzneimittelskandal, in dem in Japan mehrere Menschen zu Tode kamen, nicht mehr erhältlich. In Europa kam es erst gar nicht zu einer Zulassung, sodass das Präparat nicht vom Markt genommen werden musste.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Sorivudin?

Sorivudin erreicht seine Wirksamkeit gegen Herpes- und Epstein-Barr-Viren durch die Hemmung des Enzyms Dihydropyrimidindehydrogenase (DPD).
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Sorivudin wurde in den frühen 1990er Jahren vom japanischen Pharmazieunternehmen Nippon Shoji entwickelt. Der Wirkstoff wurde zur Behandlung von Herpes-Infektionen eingesetzt und fungierte als Virostatikum. Hierunter werden solche Arzneien verstanden, die die Vermehrung von Viren hemmen und dadurch die Therapie von Infektionskrankheiten ermöglichen.

Sorivudin ist wirksam gegen Infektionen, die von Herpes simplex Typ 1 Viren ausgelöst werden. Auch bei Epstein-Barr-Viren (häufig auch EBV oder HHV4 genannt) bestand eine Indikation.

Sorivudin wird in der Chemie und Pharmakologie durch die Summenformel C 11 – H 13 – Br – N 2 – O 6 beschrieben und weist eine morale Masse von 349,13 g/mol auf. Nachdem Usevir®, das wichtigste Sorivudin-haltige Präparat, im Jahre 1994 einen nationalen Arzneimittelskandal auslöste, wurde die Substanz vom Markt genommen. Sie ist seitdem weltweit nicht mehr als Arzneimittel erhältlich und findet in der Humanmedizin keine Verwendung.

Pharmakologische Wirkung

Sorivudin erreicht seine Wirksamkeit gegen Herpes- und Epstein-Barr-Viren durch die Hemmung des Enzyms Dihydropyrimidindehydrogenase (DPD). Dieses ist u. a. für den Abbau verschiedener Pyrimidine und Fluorouracil zuständig. Bei Fluorouracil, oft auch 5-FU oder 5-Fluoruracil genannt, handelt es sich um ein Zytostatikum. Als solches wird der Stoff im Rahmen einer umfassenden Chemotherapie verabreicht, um verschiedene Krebserkrankungen zu behandeln.

Aufgrund der von Sorivudin bewirkten Hemmung von DPD wird der Abbau von Fluorouracil unmöglich gemacht bzw. erheblich verlangsamt, was unter Umständen letal sein kann. Zwischen Sorivudin und Fluorouracil bestehen also massive Wechselwirkungen.

Sorivudin selbst wird im Körper durch Bromvinyluracil abgebaut. Der Abbauprozess entspricht damit weitestgehend dem des Virostatikums Brivudin, das als Medikament weiterhin zugelassen ist.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Sorivudin wurde zur Behandlung von Herpes verabreicht und hergestellt. Das Präparat Usevir® war indiziert, um Infektionen mit Herpes-Zoster (Gürtelrose) oder Herpes simplex Typ 1 zu behandeln. Auch Epstein-Barr-Viren konnten mit Sorivudin therapiert werden. Die Einnahme erfolgte ausschließlich oral in Form von Filmtabletten. Präparate, die Sorivudin enthielten, unterlagen in Japan der Apotheken- und Verschreibungspflicht.

Sorivudin wurde vom Markt genommen, nachdem es zu einem Arzneimittelskandal in Japan kam. Aufgrund der Wirkweise des Arzneistoffes starben im Jahr 1994 insgesamt 16 Patienten nach der Einnahme von Sorivudin, da sie im Voraus mit Fluorouracil behandelt wurden. Dies war möglich, da Nippon Shoji, der Hersteller des Sorivudins, im Zulassungsverfahren ungenaue Informationen an das zuständige Gesundheitsministerium übermittelte.

Denn bereits bei der Durchführung der im Voraus notwendigen Arzneimitteltests kam es zu Todesfällen, die durch die bekannte Wechselwirkung von Fluorouracil und Sorivudin hervorgerufen wurden. Da der Hersteller nach dem Abschluss der Testphase die notwendige Weiterleitung von Informationen unterließ, kam es zur Zulassung von Sorivudin. Ein Hinweis auf die letale Wechselwirkung erfolgte nicht, sodass es zu zahlreichen gemeinsamen Verabreichungen mit Fluorouracil kam.


Verabreichung und Dosierung

Sorivudin ist ein antivirales Medikament, das hauptsächlich zur Behandlung von Herpesvirusinfektionen, insbesondere von Herpes zoster (Gürtelrose), eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Sorivudin sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten:

  • Dosierung: Die genaue Dosierung von Sorivudin hängt von der spezifischen Indikation und dem Gesundheitszustand des Patienten ab. Typischerweise wird das Medikament einmal täglich oral verabreicht. Es ist entscheidend, die Dosierungsanweisungen des Arztes genau zu befolgen und die Medikation nicht eigenständig anzupassen.
  • Behandlungsdauer: Sorivudin wird normalerweise über einen relativ kurzen Zeitraum verabreicht, oft etwa eine Woche, abhängig vom Ansprechen des Patienten auf die Therapie und vom klinischen Zustand. Eine längere Verwendung wird in der Regel nicht empfohlen, da die Möglichkeit der Resistenzentwicklung besteht.
  • Überwachung: Während der Behandlung mit Sorivudin sollten regelmäßige ärztliche Kontrollen stattfinden, um die Wirksamkeit der Behandlung zu bewerten und mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen.
  • Nebenwirkungen: Wie bei allen Medikamenten kann Sorivudin Nebenwirkungen verursachen, darunter Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und möglicherweise Blutbildveränderungen. Patienten sollten ungewöhnliche Symptome sofort ihrem Arzt melden.
  • Interaktionen: Sorivudin kann Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten haben, insbesondere mit solchen, die die Nierenfunktion beeinträchtigen oder ebenfalls antiviral wirken. Es ist wichtig, den behandelnden Arzt über alle anderen laufenden Medikationen zu informieren.
  • Vorsichtsmaßnahmen: Sorivudin sollte bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion oder Lebererkrankungen nur mit Vorsicht angewendet werden. Auch bei schwangeren oder stillenden Frauen muss eine Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.

Eine genaue Befolgung der Anweisungen des Arztes ist entscheidend, um die bestmöglichen Ergebnisse mit Sorivudin zu erzielen und das Risiko von Nebenwirkungen zu minimieren.

Risiken & Nebenwirkungen

Sorivudin darf nicht eingenommen werden, wenn Unverträglichkeiten bzw. Allergien gegen das Mittel bekannt sind. Diese können sich in massiven Reaktionen der Haut wie Juckreiz, Rötungen oder Ausschlägen äußern. Der Arzneistoff kann als unerwünschte Nebenwirkung außerdem Kopfschmerzen und allgemeines Unwohlsein hervorrufen. Auch Beschwerden des Magen-Darm-Traktes sind denkbar.

Sorivudin führt zu massiven Wechselwirkungen mit Fluorouracil, da der Abbau des Krebsmedikamentes durch Sorivudin gehemmt wird. Dies kann unter Umständen tödlich sein. Aus medizinischer Sicht besteht damit eine Kontraindikation, sodass eine kombinierte Verabreichung von Fluorouracil und Sorivudin zwingend zu unterbleiben hat.

Kontraindikationen

Sorivudin ist ein antivirales Medikament, das spezifisch zur Behandlung von Herpesvirus-Infektionen, einschließlich Herpes zoster, eingesetzt wird. Wie bei jedem Medikament gibt es jedoch bestimmte Kontraindikationen, die berücksichtigt werden müssen, um sicherzustellen, dass die Verwendung von Sorivudin angemessen und sicher ist. Hier sind einige typische Kontraindikationen:

  • Allergie gegen Sorivudin oder ähnliche Substanzen: Patienten, die eine bekannte Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Sorivudin oder verwandte antivirale Medikamente aufweisen, sollten dieses Medikament vermeiden, um schwere allergische Reaktionen zu verhindern.
  • Schwere Niereninsuffizienz: Da Sorivudin über die Nieren ausgeschieden wird, kann eine eingeschränkte Nierenfunktion zu einer erhöhten Akkumulation des Medikaments im Körper führen, was das Risiko von Nebenwirkungen erhöht. Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz sollten Sorivudin daher nicht verwenden oder nur unter strenger ärztlicher Überwachung.
  • Kombination mit Brivudin: Sorivudin darf nicht zusammen mit Brivudin, einem anderen antiviralen Wirkstoff, verwendet werden, da die Kombination beider Medikamente zu schweren, lebensbedrohlichen Nebenwirkungen führen kann, insbesondere zu einer irreversiblen Hemmung der DNA-Synthese.
  • Schwangerschaft und Stillzeit: Es gibt unzureichende Daten zur Sicherheit von Sorivudin bei schwangeren oder stillenden Frauen. Deshalb sollte die Anwendung von Sorivudin während der Schwangerschaft und Stillzeit nur erfolgen, wenn der potenzielle Nutzen das mögliche Risiko für das Kind rechtfertigt.
  • Pädiatrische Patienten: Die Sicherheit und Wirksamkeit von Sorivudin bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist nicht nachgewiesen. Daher wird die Anwendung von Sorivudin in dieser Patientengruppe nicht empfohlen.

Es ist wichtig, dass vor Beginn einer Behandlung mit Sorivudin eine gründliche medizinische Anamnese und eine Überprüfung der aktuellen Medikationen erfolgen, um mögliche Kontraindikationen und Wechselwirkungen zu identifizieren. Dies stellt sicher, dass Sorivudin sicher und effektiv zur Behandlung von Herpesvirus-Infektionen eingesetzt werden kann.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Sorivudin, ein antivirales Medikament zur Behandlung von Herpesvirusinfektionen, weist spezifische Interaktionen mit anderen Medikamenten auf, die bei der Verordnung und Verwendung beachtet werden müssen. Hier sind einige der wichtigsten Medikamenteninteraktionen:

  • Brivudin: Die gleichzeitige Anwendung von Sorivudin und Brivudin ist streng kontraindiziert. Beide Medikamente konkurrieren um dieselben metabolischen Pfade und können schwere, lebensbedrohliche Nebenwirkungen verursachen, einschließlich einer irreversiblen Hemmung der DNA-Synthese. Diese Kombination sollte unter allen Umständen vermieden werden.
  • Fluorouracil und verwandte Substanzen: Sorivudin kann die Wirkung von Fluorouracil, einem Chemotherapeutikum, erheblich verstärken. Dies liegt daran, dass Sorivudin den Abbau von Fluorouracil hemmt, wodurch die Konzentration von Fluorouracil im Körper steigt und das Risiko für toxische Reaktionen zunimmt. Diese Interaktion kann auch mit anderen fluorouracilhaltigen Medikamenten wie Capecitabin auftreten.
  • Andere antivirale oder immunsuppressive Medikamente: Die gleichzeitige Verwendung von Sorivudin mit anderen antiviralen oder immunsuppressiven Medikamenten kann das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen. Ärzte sollten vorsichtig sein, wenn sie Sorivudin zusammen mit anderen Medikamenten verordnen, die das Immunsystem beeinflussen.
  • Medikamente, die die Nierenfunktion beeinträchtigen: Da Sorivudin hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird, können Medikamente, die die Nierenfunktion beeinträchtigen oder zu einer Nierenbelastung führen, die Ausscheidung von Sorivudin verzögern und somit die Toxizität erhöhen.
  • Alkohol: Obwohl nicht spezifisch eine Medikamenteninteraktion, sollte der Konsum von Alkohol während der Behandlung mit Sorivudin vermieden werden, da dies die Wirksamkeit des Medikaments beeinträchtigen und das Risiko von Nebenwirkungen erhöhen kann.

Es ist wichtig, dass Ärzte und Patienten alle aktuellen Medikamente überprüfen, bevor mit einer Behandlung mit Sorivudin begonnen wird, um mögliche gefährliche Wechselwirkungen zu vermeiden und die Sicherheit und Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Sorivudin zur Behandlung von Herpesvirus-Infektionen, insbesondere Herpes zoster (Gürtelrose), nicht vertragen wird, gibt es mehrere alternative Wirkstoffe und Behandlungsmethoden, die ebenfalls wirksam sein können:

  • Aciclovir: Dies ist ein weit verbreiteter antiviraler Wirkstoff, der zur Behandlung von Herpes-simplex-Virus und Herpes zoster eingesetzt wird. Aciclovir kann oral eingenommen, topisch angewendet oder intravenös verabreicht werden, abhängig vom Schweregrad der Infektion.
  • Valaciclovir:' Ein Prodrug von Aciclovir, das im Körper in Aciclovir umgewandelt wird. Es bietet eine höhere Bioverfügbarkeit und kann weniger häufig dosiert werden als Aciclovir, was es für Patienten oft einfacher macht.
  • Famciclovir: Ein weiteres antivirales Medikament, das zur Behandlung von Herpes zoster verwendet wird. Es ist besonders wirksam bei der Reduzierung der Schmerzen, die mit Gürtelrose verbunden sind, und kann auch die Dauer des Ausschlags verkürzen.
  • Brivudin: Obwohl es Wechselwirkungen mit Sorivudin hat, kann Brivudin eine wirksame Alternative sein, wenn es nicht gleichzeitig mit Sorivudin oder ähnlichen Medikamenten verabreicht wird. Es ist speziell gegen Herpes zoster wirksam und wird üblicherweise bei immunkompetenten Erwachsenen für diese Indikation verwendet.
  • Topische Cremes und Salben: Für mildere Fälle oder zur zusätzlichen symptomatischen Behandlung können topische Produkte wie Lidocain-Cremes oder Capsaicin-Salben verwendet werden, um Schmerzen und Juckreiz zu lindern.
  • Schmerzmanagement: Nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAIDs), Paracetamol oder Opioide können verwendet werden, um die Schmerzen zu kontrollieren, die oft mit Herpes zoster einhergehen.
  • Impfung: Für ältere Erwachsene oder Personen mit einem hohen Risiko für Herpes zoster kann die Zoster-Impfung eine präventive Maßnahme sein, um das Risiko einer Infektion zu reduzieren oder die Schwere einer zukünftigen Erkrankung zu mindern.

Jede alternative Behandlung sollte auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten abgestimmt und in Absprache mit einem medizinischen Fachmann ausgewählt werden, um sicherzustellen, dass sie sicher und wirksam ist.

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