Aciclovir
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Juli 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Aciclovir dient zur Behandlung von Virusinfektionen, insbesondere Infektionen mit Herpesviren. Der Wirkstoff wurde 1979 patentiert. Seitdem wird Aciclovir mit großem Erfolg eingesetzt.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist Aciclovir?
Das Arzneimittel Aciclovir zählt zu den Virostatika. Es wird hauptsächlich in der Therapie von Herpes-Virus-Infektionen eingesetzt:
- allgemeine Infektionen von Haut und Schleimhaut
- Lippenherpes
- Herpes genitalis
- Augenentzündung
- Gürtelrose
Aciclovir wird in verschiedenen Darreichungsformen angeboten:
- Tabletten mit 200 mg, 400 mg oder 800 mg Aciclovir
- Suspension zum Einnehmen mit 40 mg/ml entsprechend 200 mg Aciclovir
- Augensalbe mit 30 mg/g Aciclovir
- Lippencreme mit 50 mg/g Aciclovir
Das Medikament ist verschreibungspflichtig. Rezeptfrei erhältlich, aber apothekenpflichtig, sind lediglich Aciclovir enthaltende Lippencremes zum Behandeln von Mund- und Rachenrauminfektionen.
Pharmakologische Wirkung
Als Antimetabolit hemmt der aktive Wirkstoff Aciclovir das Stoffwechselgeschehen in einer Zelle. Dabei wirkt Aciclovir ausschließlich in infizierten Zellen. Nachdem es ins Virus eingedrungen ist, wandeln dessen Enzyme den Wirkstoff in Aciclovir-Triphosphat um.
Es verhindert die Vermehrung der Herpesviren, gleichzeitig wird es ins Virus-Erbgut eingeschleust. Damit endet die Eiweißproduktion und folglich die Vermehrung der Herpes-simplex-Viren, Herpes-genitalis-Viren beziehungsweise Varicella-Zoster-Viren.
Während örtlich aufgetragenes Aciclovir nur direkt an dieser Stelle wirkt, kann oral eingenommenes Aciclovir die Herpes-Viren-Ausbreitung im ganzen Körper unterbinden. Der Wirkstoff kann sogar Nervenschmerzen bei Gürtelrose lindern. Dieser Mechanismus ist noch ungeklärt. Aciclovir wirkt umso besser, je früher es angewendet wird.
Medizinische Anwendung & Verwendung
Aciclovir wird erfolgreich als Herpesmittel eingesetzt. Es wirkt virenhemmend bei Infektionen mit Herpes-simplex-Viren, Herpes-genitalis-Viren sowie Varicella-Zoster-Viren. Lippenherpes, Mund- und Rachenraumentzündungen, Gürtelrose, Windpocken, Augeninfektionen an Lid und Hornhaut sowie Herpesinfektionen an den Geschlechtsorganen sind die typischen Anwendungsgebiete.
Daneben lindert auf die Haut aufgetragene Aciclovir-Creme Juckreiz und leichte bis mittelstarke Schmerzen. Für die Augen sind spezielle Aciclovir-Augencremes und -Augensalben zu verwenden. Zur inneren Einnahme von Aciclovir stehen Tabletten und Trink-Lösungen (Suspensionen) zur Verfügung.
Die Therapiedauer hängt stark vom Individualfall ab. Sie dauert meistens 5 - 10 Tage, gelegentlich länger. Es empfiehlt sich ein frühzeitiger Behandlungsbeginn mit Aciclovir. Außer zur akuten Behandlung eignet sich Aciclovir zur Vorbeugung und zur Therapie schwerer wiederkehrender Infektionen mit Herpes-simplex-Viren, Herpes-genitalis-Viren oder Varicella-Zoster-Viren.
Eine weitere Patientenklientel für eine Behandlung mit Aciclovir stellen Personen mit geschwächtem Immunsystem dar. Ob angeboren oder später erworben - zum Beispiel durch eine Immunsuppression nach Organtransplantation oder bei zytostatischer Krebstherapie: Für erhöht infektionsgefährdete Patienten sind Aciclovir-Gaben eine gute Vorbeugungsmaßnahme.
Aciclovir ist ebenfalls unterstützend angezeigt in der Behandlung einer Herpes-simplex-Encephalitis (Gehirnentzündung). Hier wirkt es in Form einer Infusionslösung.
Verabreichung & Dosierung
Bei der Verabreichung und Dosierung von Aciclovir, einem antiviralen Medikament zur Behandlung von Herpesviren-Infektionen, sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Aciclovir kann oral, topisch (als Creme) oder intravenös verabreicht werden, abhängig von der Art und Schwere der Infektion.
Orale Verabreichung:
Bei der oralen Einnahme zur Behandlung von Herpes simplex (z. B. Lippenherpes, Genitalherpes) beträgt die typische Dosierung für Erwachsene 200 mg fünfmal täglich für fünf bis zehn Tage. Für die Suppressionstherapie von rezidivierenden Infektionen kann die Dosis 400 mg zweimal täglich betragen. Bei der Behandlung von Herpes zoster (Gürtelrose) wird normalerweise eine höhere Dosis von 800 mg fünfmal täglich für sieben bis zehn Tage verabreicht.
Intravenöse Verabreichung:
Bei schweren Infektionen oder bei immungeschwächten Patienten kann Aciclovir intravenös verabreicht werden. Die übliche Dosierung beträgt 5-10 mg/kg alle acht Stunden, abhängig von der Schwere der Infektion und dem Immunstatus des Patienten.
Topische Anwendung:
Aciclovir-Creme wird direkt auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen. Es wird normalerweise fünfmal täglich aufgetragen, etwa alle vier Stunden, während des Wachseins für vier Tage.
Besondere Vorsicht:
Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion benötigen eine angepasste Dosierung, da Aciclovir hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird. Eine reduzierte Dosis hilft, die Gefahr einer Akkumulation und toxischen Effekten zu vermeiden.
Nebenwirkungen und Wechselwirkungen:
Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Übelkeit, Durchfall und Kopfschmerzen. Bei intravenöser Verabreichung sind Nierenschäden und neurologische Nebenwirkungen wie Verwirrung und Halluzinationen möglich, insbesondere bei hohen Dosen oder bei Patienten mit Niereninsuffizienz. Es ist wichtig, während der Behandlung ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen, um Nierenschäden vorzubeugen.
Patienten sollten ihren Arzt über alle anderen Medikamente informieren, die sie einnehmen, um mögliche Wechselwirkungen zu vermeiden. Insbesondere Medikamente, die die Nierenfunktion beeinflussen, können die Wirkung und Toxizität von Aciclovir verändern.
Risiken & Nebenwirkungen
Nebenwirkungen treten bei der Therapie mit Aciclovir selten auf. Bei Lokalanwendung mit einer Creme oder Salbe kann es zu einer Hautrötung, Hauttrockenheit, Jucken, Brennen oder Abschuppung kommen. Sehr selten entwickelt sich eine Kontaktdermatitis]. Bei der innerlichen Anwendung von Tabletten wurden - ebenfalls selten - Beschwerden wie Juckreiz, Hautausschlag, Schwindel, Kopfschmerzen, Durchfall, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen berichtet.
Klinisch bedeutsame Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind keine bekannt. Vereinzelt können sich erhöhte Laborwerte für Bilirubin, Leber-Enzym, Harnstoff oder Kreatinin im Blut zeigen. Wenn sich auch bei der Therapie von Schwangeren mit Aciclovir-Tabletten keine Kindsschäden erfassen ließen, sollte hier sorgsam abgewogen werden, ob nicht auf eine Aciclovir-Behandlung während dieser Phase verzichtet werden kann. Auf das Stillen sollte verzichtet werden, da sich der Wirkstoff in Muttermilch nachweisen ließ. Das Auftragen einer Lippenherpescreme mit Aciclovir ist während der Schwangerschaft kein Problem.
Da der Wirkstoff Aciclovir überwiegend via Nieren ausgeschieden wird, sollte bei bestehender Niereninsuffizienz eine aufmerksam darauf abgestimmte Dosis vom Arzt verordnet werden. Bei Personen über 65 Jahre sowie Menschen mit geschwächtem Immunsystem sollte Aciclovir vorsichtig angewendet und dosiert werden. Während einer Augenbehandlung dürfen keine Kontaktlinsen getragen werden. Aceclovir-Tabletten sind für Kinder unter 5 Jahren ungeeignet, Trinklösungen hingegen schon. Für Neugeborene sind beide Darreichungsformen tabu.
Kontraindikationen
Typische Kontraindikationen bei der Verwendung von Aciclovir betreffen bestimmte medizinische Zustände und Patientengruppen, bei denen das Medikament nicht angewendet werden sollte.
Überempfindlichkeit:
Patienten mit einer bekannten Überempfindlichkeit oder Allergie gegen Aciclovir oder einen der sonstigen Bestandteile des Medikaments sollten Aciclovir nicht einnehmen. Eine allergische Reaktion kann zu Hautausschlag, Juckreiz, Schwellungen oder schwerwiegenden anaphylaktischen Reaktionen führen.
Schwere Nierenerkrankungen:
Da Aciclovir hauptsächlich über die Nieren ausgeschieden wird, sollte es bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz nur mit Vorsicht und unter strenger Überwachung der Nierenfunktion angewendet werden. Eine angepasste Dosierung ist erforderlich, um das Risiko einer Akkumulation und toxischer Effekte zu vermeiden.
Neurologische Erkrankungen:
Patienten mit bestehenden neurologischen Erkrankungen oder Anfallsleiden sollten Aciclovir mit Vorsicht verwenden. Hohe Dosen oder intravenöse Verabreichung können das Risiko für neurologische Nebenwirkungen wie Verwirrung, Halluzinationen und Krampfanfälle erhöhen.
Schwangerschaft und Stillzeit:
Die Anwendung von Aciclovir während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte sorgfältig abgewogen werden. Obwohl Studien nicht eindeutig gezeigt haben, dass Aciclovir dem ungeborenen Kind schadet, sollte es nur angewendet werden, wenn der potenzielle Nutzen das Risiko überwiegt. Aciclovir geht in die Muttermilch über, daher sollte bei stillenden Frauen ebenfalls Vorsicht walten.
Dehydrierung:
Patienten mit Dehydrierung oder einem Risiko für Dehydrierung sollten Aciclovir mit Vorsicht verwenden. Es ist wichtig, während der Behandlung ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen, um Nierenschäden zu verhindern.
Medikamenteninteraktionen:
Aciclovir sollte mit Vorsicht verwendet werden bei Patienten, die andere nephrotoxische Medikamente einnehmen. Diese Kombination kann das Risiko für Nierenschäden erhöhen und erfordert eine engmaschige Überwachung der Nierenfunktion.
Vor Beginn der Behandlung mit Aciclovir ist es wichtig, dass der Arzt eine vollständige Anamnese durchführt und alle potenziellen Kontraindikationen berücksichtigt, um die Sicherheit und Wirksamkeit der Therapie zu gewährleisten.
Interaktionen mit anderen Medikamenten
Bei der Verwendung von Aciclovir bestehen mehrere potenzielle Interaktionen mit anderen Medikamenten, die sowohl die Wirksamkeit als auch die Sicherheit der Behandlung beeinflussen können.
Nephrotoxische Medikamente:
Aciclovir wird über die Nieren ausgeschieden, daher sollten Medikamente, die ebenfalls nephrotoxisch sind, mit Vorsicht verwendet werden. Dazu gehören Aminoglykosid-Antibiotika (wie Gentamicin), nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Cyclosporin. Die gleichzeitige Anwendung kann das Risiko für Nierenschäden erhöhen.
Probenecid:
Probenecid, ein Medikament zur Behandlung von Gicht, kann die renale Ausscheidung von Aciclovir verlangsamen und dessen Konzentration im Blut erhöhen. Dies kann zu verstärkten Nebenwirkungen führen und erfordert möglicherweise eine Anpassung der Aciclovir-Dosis.
Cimetidin:
Cimetidin, ein Medikament zur Behandlung von Magengeschwüren und saurem Reflux, kann ebenfalls die Ausscheidung von Aciclovir verzögern und dessen Konzentration im Blut erhöhen. Eine engmaschige Überwachung und mögliche Dosisanpassung von Aciclovir können notwendig sein.
Theophyllin:
Theophyllin, ein Medikament zur Behandlung von Atemwegserkrankungen wie Asthma, kann in Wechselwirkung mit Aciclovir treten. Die gleichzeitige Anwendung kann die Konzentration von Theophyllin im Blut erhöhen, was zu Nebenwirkungen führen kann. Es ist wichtig, die Theophyllin-Spiegel bei gleichzeitiger Anwendung zu überwachen.
Zidovudin:
Zidovudin, ein antiretrovirales Medikament zur Behandlung von HIV, kann bei gleichzeitiger Anwendung mit Aciclovir das Risiko für Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Schläfrigkeit erhöhen. Eine sorgfältige Überwachung ist erforderlich, um unerwünschte Effekte zu minimieren.
Mycophenolatmofetil:
Mycophenolatmofetil, ein Immunsuppressivum, das häufig nach Organtransplantationen verwendet wird, kann die Blutspiegel von Aciclovir erhöhen. Dies kann die toxischen Effekte verstärken und erfordert möglicherweise eine Dosisanpassung.
Patienten sollten ihren Arzt über alle anderen Medikamente informieren, die sie einnehmen, um potenzielle Wechselwirkungen zu vermeiden und die Sicherheit und Wirksamkeit der Aciclovir-Behandlung zu gewährleisten. Regelmäßige Überwachung und Anpassung der Medikation sind erforderlich, um unerwünschte Effekte zu minimieren.
Alternative Behandlungsmethoden
Wenn Aciclovir nicht vertragen wird, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere zur Behandlung von Herpesvirus-Infektionen wie Herpes simplex und Herpes zoster.
Valaciclovir:
Valaciclovir ist ein Prodrug von Aciclovir, das im Körper zu Aciclovir umgewandelt wird. Es hat eine bessere orale Bioverfügbarkeit, was bedeutet, dass es seltener eingenommen werden muss. Valaciclovir wird oft als Alternative verwendet, wenn Aciclovir nicht gut vertragen wird.
Famciclovir:
Famciclovir ist ein weiteres antivirales Medikament, das zur Behandlung von Herpesvirus-Infektionen verwendet wird. Es wird im Körper zu Penciclovir umgewandelt, das ähnlich wie Aciclovir wirkt. Famciclovir hat ebenfalls eine gute orale Bioverfügbarkeit und kann eine Alternative sein, wenn Aciclovir nicht geeignet ist.
Brivudin:
Brivudin ist speziell zur Behandlung von Herpes zoster (Gürtelrose) zugelassen und wird häufig bei Patienten verwendet, die Aciclovir nicht vertragen. Es hat eine längere Halbwertszeit und erfordert daher eine weniger häufige Dosierung.
Topische Behandlungen:
Für lokale Symptome können topische antivirale Cremes und Salben wie Penciclovir-Creme verwendet werden. Diese sind besonders nützlich bei der Behandlung von Lippenherpes und anderen oberflächlichen Herpes-Infektionen.
Lysin-Präparate:
Lysin ist eine Aminosäure, die in Nahrungsergänzungsmitteln erhältlich ist und helfen kann, Herpes-Ausbrüche zu reduzieren. Es wird angenommen, dass Lysin die Virusreplikation hemmt und so die Häufigkeit und Schwere von Ausbrüchen verringert.
Naturheilmittel:
Bestimmte Naturheilmittel, wie Propolis (ein Bienenprodukt), Melissenextrakt oder Teebaumöl, haben antivirale Eigenschaften und können bei leichten Herpesinfektionen unterstützend wirken.
Immunmodulatoren:
Bei häufig wiederkehrenden Infektionen kann die Stärkung des Immunsystems durch Immunmodulatoren wie Interferone oder die Verbesserung der allgemeinen Gesundheit durch gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Stressmanagement hilfreich sein.
Die Wahl der Alternativen hängt von der spezifischen Infektion, den individuellen Patienteneigenschaften und der Verträglichkeit ab. Ein Arzt sollte konsultiert werden, um die am besten geeignete Behandlungsoption zu bestimmen.
Quellen
- "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
- "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
- "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor