Brivudin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. Oktober 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Brivudin ist ein Nukleosidanalogon, das als Virostatikum bei Infektionen mit Herpes simplex Typ 1 und Herpes zoster eingesetzt wird. Bei Patienten über 50 Jahren ist es bei diesen Indikationen das Mittel der Wahl.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Brivudin?

Medizinisch angezeigt ist Brivudin zur Therapie von Infektionen mit Herpes simplex Typ 1 und Herpes zoster. In der Praxis ist Brivudin vor allem bei Patienten über 50 Jahren das Mittel der Wahl zur Therapie dieser Infektionen.
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Brivudin ist ein Stoff aus der Gruppe der Nukleosidanaloga und wird bei Herpes simplex Typ 1 sowie bei Herpes zoster (Gürtelrose) eingesetzt. Der Stoff besitzt im Vergleich mit anderen gängigen Nukleosidanaloga (z.B. Aciclovir) eine deutlich stärkere antivirale Potenz. Auch die Halbwertszeit und die intrazelluläre Verweildauer sind deutlich höher.

Die Summenformel des Brivudins lautet C11H13BrN2O5. Der Stoff besitzt eine molare Masse von 333,135g x mol^-1. Brivudin wurde bereits in den Siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts hergestellt, eine breite Verwendung findet jedoch erst seit 2001 statt. Seit diesem Zeitpunkt ist Brivudin zur Therapie des Herpes zoster zugelassen. Zuvor bestand lediglich eine Zulassung zur Therapie von Infektionen durch die Herpes-simplex-Viren des Typ 1.

Pharmakologische Wirkung

Die Applikation des Brivudins erfolgt oral in Form von Tabletten. Die übliche Dosis beträgt 125 mg pro Tag über einen Zeitraum von sieben Tagen. Das Brivudin muss zunächst aktiviert werden, die im Körper wirksame Substanz ist das Brivudin-Triphosphat. Dieses besitzt eine intrazelluläre Verweildauer von zehn Stunden.

Brivudin wirkt nur in Zellen, die von Viren befallen sind. Dies liegt darin begründet, dass das Brivudin durch die virale Thymidinkinase katalysiert wird. Das bedeutet, die virale Thymidinkinase aktiviert das Brivudin, indem es dieses zu Triphosphat umwandelt. Durch die lange intrazelluläre Verweildauer von zehn Stunden bleibt genügend Zeit, um in der betroffenen Zelle gegen die Viren zu wirken.

Die Triphosphate des Brivudins sorgen für die antivirale Wirkung. Sie hemmen die virale DNA-Polymerase und sorgen für den Einbau veränderter Nukleinbasen in die DNA. Letztendlich führt dies zu einem Kettenabbruch während der DNA-Elongation.

Es ist jedoch anzumerken, dass das Brivudin-Triphosphat somit nur die Reproduktion des Virus hemmt, jedoch gegen das Virus an sich nicht wirkt. Das Virus kann also nicht abgetötet werden und verbleibt im Körper. Die typische Reaktivierung der Herpesviren kann also auch durch Brivudin nicht verhindert werden. Das Einleiten der Therapie ist demnach im Stadium der Virusreplikation am sinnvollsten, da der Wirkstoff an dieser Stelle seine Wirkung entfaltet. Die Therapie mit Brivudin sollte also innerhalb von 72 Stunden nach dem Auftreten von Hauterscheinungen begonnen werden.

Brivudin ist gegen Viren der Typen Herpes simplex Typ 1 und Herpes zoster wirksam. Gegen andere Herpesviren liegt keine ausreichende Wirkung vor. Auch gegen Herpes simplex Typ 2, das den Herpes genitalis auslöst, ist Brivudin nicht wirksam.

Das Brivudin wird nach oraler Aufnahme zu 85% im Darm resorbiert. Die Plasmaproteinbindung des Brivudins beträgt 95%. Brivudin unterliegt einem hohen First-Pass-Effekt und ist daher nur zu 30% bioverfügbar. Die Halbwertszeit beträgt etwa 16 Stunden. Die Exkretion erfolgt vor allem über die Niere, zum Teil aber auch über den Stuhl.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Medizinisch angezeigt ist Brivudin zur Therapie von Infektionen mit Herpes simplex Typ 1 und Herpes zoster. In der Praxis ist Brivudin vor allem bei Patienten über 50 Jahren das Mittel der Wahl zur Therapie dieser Infektionen. Die Therapie mit Brivudin sollte innerhalb von 72 Stunden nach dem Auftreten von Hauterscheinungen begonnen werden, um die größtmögliche Effektivität zu erzielen.

Nach diesen 72 Stunden ist die Therapie noch dann sinnvoll, wenn frische Bläschen auf der Haut vorhanden sind, bei einer viszeraler Ausbreitung, bei floridem Zoster ophthalmicus (voll ausgeprägter Herpes zoster des Auges) und bei Zoster oticus (Herpes Zoster des Ohres). Vor der Therapie mit Brivudin ist auf das Vorliegen einer Kreuzresistenz mit Aciclovir zu achten.


Verabreichung & Dosierung

Bei der Verabreichung und Dosierung von Brivudin, einem antiviralen Medikament zur Behandlung von Herpes zoster (Gürtelrose), sind mehrere wichtige Aspekte zu beachten. Brivudin wird üblicherweise in einer Tagesdosis von 125 mg verabreicht, und die Behandlungsdauer beträgt in der Regel 7 Tage. Es ist wichtig, das Medikament jeden Tag zur gleichen Zeit einzunehmen, um eine konstante Wirkstoffkonzentration im Körper zu gewährleisten.

Ein zentraler Punkt ist, dass Brivudin in Kombination mit bestimmten Medikamenten, insbesondere solchen, die den Wirkstoff 5-Fluorouracil (5-FU) oder seine Derivate enthalten, kontraindiziert ist. Dies schließt auch topische Behandlungen mit 5-FU ein. Die Kombination von Brivudin und 5-FU kann zu schweren toxischen Reaktionen führen, die potenziell lebensbedrohlich sind. Daher muss ein Abstand von mindestens 4 Wochen zwischen der Einnahme von Brivudin und 5-FU-haltigen Medikamenten eingehalten werden.

Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen sollten das Medikament nur nach ärztlicher Rücksprache einnehmen, da diese Erkrankungen die Ausscheidung von Brivudin beeinflussen können. Zudem ist das Medikament für Kinder, Schwangere und Stillende nicht zugelassen, da die Sicherheit und Wirksamkeit in diesen Gruppen nicht ausreichend untersucht wurde.

Risiken & Nebenwirkungen

Nebenwirkungen durch Brivudin sind selten. Sie betreffen vor allem den Gastrointestinaltrakt. Hier kann es vor allem zu Übelkeit und Diarrhoe (Durchfall) kommen. Weiterhin sind Müdigkeit, Schlafstörungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut, reversible Veränderungen des Blutbildes sowie der Anstieg von Kreatinin und des Harnstoffs im Blutserum als unerwünschte Wirkungen möglich.

Brivudin darf in keinem Falle gleichzeitig mit 5-Fluorouracil, Prodrugs des 5-Fluoruracils oder Flucytosin verabreicht werden. Brivudin hemmt das für den Abbau dieser Stoffe zuständige Enzym, sodass es zu einer Kumulation kommt, wodurch eine toxische Konzentration dieser Stoffe erreicht wird. Diese Nebenwirkung ist potentiell tödlich. Nach einer Therapie mit Brivudin muss ein Abstand von mindestens 4 Wochen eingehalten werden, bevor die genannten Stoffe verabreicht werden dürfen.

Während Schwangerschaft und Stillzeit darf Brivudin nicht verabreicht werden. Auch bei immunsupprimierten Patienten ist eine Therapie mit Brivudin kontraindiziert.

Es besteht eine Kreuzresistenz mit Aciclovir: ist der Patient gegen Aciclovir allergisch, ist er auch gegen Brivudin allergisch und umgekehrt.

Kontraindikationen

Zu den typischen Kontraindikationen bei der Verwendung von Brivudin gehört vor allem die gleichzeitige Einnahme von 5-Fluorouracil (5-FU) und seinen Derivaten, wie Capecitabin oder Tegafur. Diese Kombination kann zu schweren, potenziell lebensbedrohlichen Nebenwirkungen führen, da Brivudin die Aktivität eines Enzyms hemmt, das für den Abbau von 5-FU verantwortlich ist. Ein Sicherheitsabstand von mindestens 4 Wochen zwischen der Einnahme von Brivudin und diesen Substanzen ist unbedingt erforderlich.

Des Weiteren ist Brivudin kontraindiziert bei Patienten mit stark geschwächter Immunfunktion, beispielsweise bei Menschen, die eine Chemotherapie erhalten oder an schweren Erkrankungen wie AIDS leiden. In solchen Fällen kann das Risiko von Komplikationen durch Virusinfektionen oder Arzneimittelwechselwirkungen erhöht sein.

Brivudin darf nicht bei Schwangerschaft und Stillzeit angewendet werden, da keine ausreichenden Daten zur Sicherheit in diesen Phasen vorliegen. Auch für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist das Medikament nicht zugelassen.

Patienten mit Leber- oder Niereninsuffizienz sollten Brivudin nur nach sorgfältiger Abwägung durch den Arzt einnehmen, da diese Erkrankungen die Verstoffwechselung und Ausscheidung des Medikaments beeinflussen können, was das Risiko von Nebenwirkungen erhöht.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Brivudin kann mit mehreren Medikamenten interagieren, weshalb besondere Vorsicht geboten ist. Eine der schwerwiegendsten Interaktionen besteht mit 5-Fluorouracil (5-FU) und seinen Derivaten wie Capecitabin, Tegafur und anderen Chemotherapeutika.

Brivudin hemmt das Enzym Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD), das für den Abbau von 5-FU im Körper verantwortlich ist. Eine gleichzeitige Anwendung kann zu einer schweren und potenziell tödlichen Toxizität führen, die sich durch Symptome wie schwere Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Schleimhautentzündungen und Knochenmarkssuppression äußern kann. Ein Abstand von mindestens 4 Wochen zwischen der Einnahme von Brivudin und 5-FU-haltigen Medikamenten ist zwingend erforderlich.

Darüber hinaus können Immunsuppressiva oder Medikamente, die das Immunsystem schwächen, wie Corticosteroide oder Chemotherapeutika, in Kombination mit Brivudin das Risiko für Infektionen erhöhen, da das Immunsystem geschwächt wird.

Auch bei der gleichzeitigen Anwendung von Antikoagulanzien (Blutverdünnern) wie Warfarin ist Vorsicht geboten, da Brivudin möglicherweise die Blutgerinnung beeinflussen kann, was zu einem erhöhten Blutungsrisiko führt.

Für Patienten mit eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion sollten Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ebenfalls beachtet werden, da Brivudin in der Leber metabolisiert und über die Nieren ausgeschieden wird.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Brivudin nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, stehen mehrere alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Verfügung, insbesondere zur Behandlung von Herpes zoster (Gürtelrose).

Eine häufige Alternative ist Aciclovir, ein antivirales Medikament, das in Tablettenform, als Creme oder intravenös verabreicht wird. Aciclovir hemmt die Vermehrung des Virus und wird häufig zur Behandlung von Herpes zoster, aber auch bei Herpes-simplex-Infektionen eingesetzt. Ein ähnlicher Wirkstoff ist Valaciclovir, das als Prodrug von Aciclovir wirkt, aber eine höhere Bioverfügbarkeit besitzt, was bedeutet, dass es seltener eingenommen werden muss.

Ein weiterer Ersatz ist Famciclovir, das als Prodrug von Penciclovir wirkt und ebenfalls die Virusvermehrung hemmt. Famciclovir ist besonders bei immungeschwächten Patienten geeignet, da es eine längere Halbwertszeit hat und die Behandlung vereinfacht.

Darüber hinaus gibt es alternative Behandlungsmethoden wie die Schmerztherapie bei Herpes zoster, etwa durch die Gabe von Schmerzmitteln oder Antikonvulsiva wie Gabapentin, um postherpetische Neuralgien (Nervenschmerzen) zu behandeln. Auch topische Behandlungen, wie Capsaicin-Cremes oder Lidocain-Pflaster, können helfen, die Schmerzen zu lindern.

Diese Alternativen bieten wirksame Möglichkeiten für Patienten, die Brivudin nicht vertragen oder aufgrund von Kontraindikationen nicht einnehmen können.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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