Thyreoliberin
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Thyreoliberin ist ein im Hypothalamus synthetisiertes Freisetzungshormon (Releasing Hormone), das über die Aktivierung der Ausschüttung des Schilddrüsen stimulierenden Hormons TSH indirekt Einfluss auf die Synthese der Schilddrüsenhormone T3 und T4 hat sowie auf Synthese und Ausschüttung des Prolaktins bei Frauen.
Thyreoliberin ist darüber hinaus als Neurotransmitter an der Steuerung einer Vielzahl von Regelkreisen wie zirkadianer Rhythmus, Thermoregulation, Schmerzunterdrückung und an sympathisch gesteuerten Prozessen beteiligt.
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Was ist Thyreoliberin?
Thyreoliberin, auch Thyreotropin Releasing Hormon (TRH) genannt, gehört zu der chemischen Gruppe der modifizierten Tripeptide, weil es drei Aminosäuren über Peptidbindungen verknüpft und damit strukturell Proteinen entspricht.
Das Hormon wird – angeregt durch sympathische Nervenimpulse - im Hypothalamus synthetisiert. Im Hypophysenvorderlappen (HVL) wirkt das Thyreoliberin stimulierend auf die Produktion des Schilddrüsen-stimulierenden-Hormons TSH, das wiederum in der Schilddrüse (Glandula thyreoidea) die Synthetisierung der Schilddrüsenhormone Thyroxin T3 und seiner Vorstufe T4 anregt. Allerdings spricht das Thyreoliberin nur bedingt auf die negative Rückkopplung bei ausreichender Versorgung mit Schilddrüsenhormonen an, so dass die Synthetisierung des Thyreoliberins auch bei ausreichender Konzentration von T3 und T4 nur unwesentlich verringert wird.
Das lässt bereits vermuten, dass das Steuerhormon noch weitere wichtige Funktionen im Stoffwechsel wahrnimmt. In der Tat wurde festgestellt, dass Thyreoliberin als Neurotransmitter im Zentralnervensystem (ZNS) im Gehirn auf sehr viele vegetativ und sympathisch gesteuerte Prozesse Einfluss nimmt. Bekannt ist, dass Thyreoliberin z. B. an Thermoregulation und Schmerzunterdrückung sowie an zirkadianen Stoffwechselrhythmen beteiligt ist und über Vagus und Sympathikus Herzfrequenz und Blutdruck steuert und die Sekretion bestimmter Drüsen, wie etwa die Bauchspeicheldrüse und andere, anregt.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Im Vordergrund steht meist seine Eigenschaft als Thyreotropin Releasing Hormone obwohl diese Funktion nur den kleineren Teil der Aufgaben und Wirkungen des Thyreoliberins ausmacht. Als Releasing Hormone spielt Thyreoliberin auch eine Rolle bei der Freisetzung des weiblichen Steuerhormons Prolaktin, das die das Wachstum der weiblichen Brust und die Milchbildung während der Stillzeit fördert. Besonders in Gefahrensituationen oder bei drohendem Abfall der Körpertemperatur veranlasst das Thyreoliberin über das sympathische Nervensystem die Synthetisierung des Schilddrüsen-stimulierenden-Hormons TSH im Hypophysenvorderlappen, sodass sehr viele Stoffwechselvorgänge im Körper unter Energieverbrauch und entsprechender Wärmeerzeugung angeregt werden.
Der Einfluss des Thyreoliberins auf den Thyroxinhaushalt geschieht also nur indirekt über die Aktivierung eines weiteren Steuerhormons. Noch weitaus bedeutender sind die Aufgaben und Funktionen, die das Thyreoliberin als Steuerhormon im ZNS im Gehirn und zur Beeinflussung endokriner und exokriner Drüsen wie der Bauchspeicheldrüse übernimmt. Besonders erwähnenswert ist seine Beteiligung an der Thermoregulation, an der Schmerzunterdrückung und an der Steuerung zirkadianer Stoffwechselvorgänge. Im Einklang mit der Erregung des sympathischen Nervensystems durch Stresshormone erhöht das Thyreoliberin Herzfrequenz und Blutdruck und sorgt für eine Bremsung von Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme.
Das Steuerhormon unterstützt eine sympathische Erregung durch eine Vielzahl von Stoffwechselvorgängen, die dazu dienen, den Körper in Stresssituationen kurzfristig auf hohe körperliche Leistungen für Flucht oder Angriff zu programmieren. Neben den Stresshormonen Adrenalin und Noradrenalin übernimmt Thyreoliberin eine zentrale und globale Steuerfunktion in der Umstellung des Körpers in akuten und chronischen Stresssituationen. Dem Thyreoliberin kommt damit im Zusammenwirken mit einer Vielzahl weiterer Steuerhormone und Neurotransmitter eine wichtige Bedeutung in der Aufrechterhaltung und Steuerung des globalen Körperstoffwechsels, der Homöostase, zu.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Thyreoliberin wird – wie auch zahlreiche andere Steuer- und Releasing Hormone – im Hypothalamus synthetisiert. Es besteht aus nur drei Aminosäuren, die über Peptidbindungen miteinander verknüpft sind. Synthetisiert wird das Hormon, indem aus dem Pro-Thyreoliberin ein Tetrapeptid herausgeschnitten wird und über mehrere Umwandlungsstufen zum Thyreoliberin umgebaut wird. Das Pro-Thyreoliberin besteht aus insgesamt 280 Aminosäuren.
Das aktive Thyreoliberin wird auch als modifiziertes Tripeptid bezeichnet, weil es durch geringfügige Modifikationen vor dem Abbau durch Peptidasen geschützt ist. Nach der Synthetisierung im Hypothalamus wird das Hormon über ein spezielles Leitungssystem zum Hypophysenvorderlappen transportiert, wo es seine Wirkung als Releasing Hormone auf das Freisetzungshormon TSH zur Steuerung des Thyroxinhaushalts entfaltet. Da die biologische Halbwertzeit von Thyreoliberin nur wenige Minuten beträgt, kann die Konzentration im peripheren Blut nicht nachgewiesen werden.
Stattdessen kann mit dem sogenannten Thyreoliberin-Test Klarheit geschaffen werden inwieweit das Hormon den TSH-Spiegel im Blut beeinflusst. Die Wirksamkeit des Thyreoliberin auf die vielen anderen Stoffwechselvorgänge in Abhängigkeit vom Status des Sympathikus kann nicht direkt gemessen oder nachgewiesen werden.
Krankheiten & Störungen
Die Überproduktion des Thyreoliberins kann durch eine krankhafte Veränderung des Hypothalamus verursacht werden oder es hat sich im Körper ein Tumor gebildet, der selbst Thyreoliberin synthetisiert und auf keinen Regelkreis anspricht, so dass die Ausschüttung des Hormons vollkommen unabhängig von anderen Steuerhormonen geschieht und nicht ohne weiteres gestoppt werden kann. Auch seltene Fälle einer Unterproduktion sind bekannt, die dann zu einem Mangel an Schilddrüsenhormonen führen. Der scheinbare Mangel kann auch durch krankhafte Veränderungen des Hypophysenvorderlappens (HVL) verursacht werden, wenn das Thyreoliberin im HVL seine stimulierende Wirkung auf das TSH-Steuerhormon nicht ausüben kann.
Quellen
- Braun, J., Dormann, A .J.: Klinikleitfaden Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2013
- Kleine, B., Rossmanith, W.: Hormone und Hormonsystem. Lehrbuch der Endokrinologie. Springer Verlag, Berlin 2013
- Vieten, M.: Laborwerte verstehen leicht gemacht, Trias, Stuttgart 2009