Sympathikus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Sympathikus bezeichnet einen Teil des vegetativen, unwillkürlichen Nervensystems. Er beeinflusst und innerviert eine Reihe von Organ- und Körperfunktionen. Dabei gehen von ihm die ergotropen Wirkungen aus, das bedeutet, er erhöht die Leistungs- und Handlungsbereitschaft des Körpers nach dem urrudimentären Muster „Kämpfen oder Fliehen“.
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Was ist der Sympathikus?
Das vegetative, also willkürlich nicht beeinflussbare Nervensystem besteht aus dem Sympathikus, dem Parasympathikus sowie dem Darmnervensystem (enterisches Nervensystem). Lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Stoffwechsel und Verdauung, aber auch Blutdruck und Speichelfluss u.v.m. unterliegen dem autonomen Nervensystem.
Dabei untersteht es der zentralen Steuerung des Gehirns und Hormonsystem und sorgt nicht nur für optimal an die Lebensbedingungen angepasste Organfunktionen, sondern auch für einen funktionierenden Wechsel von Stress- und Ruhetonus. Das sympathische und das parasympathische Nervensystem wirken auf beinahe sämtliche Organe ein, und zwar als Antagonisten oder Gegenspieler. Diese antagonistische Wirkung ermöglicht unterschiedlichste Körperfunktionen, die sich automatisch an die wechselnden Anforderungen anpassen und nicht willentlich beeinflusst und gesteuert werden können und müssen.
Der Sympathikus verhält sich in diesem antagonistischen Zusammenspiel ergotrop, das heißt, von ihm gehen die Impulse aus, die den Körper in erhöhte Leistungsbereitschaft versetzen und auch den Abbau von Energiereserven bewirken. Sowohl die sympathischen, als auch die parasympathischen Nervenbahnen führen vom Gehirn und Rückenmark, also dem zentralen Nervensystem, zu den einzelnen Organen. So enden sie zum Beispiel in den Muskelzellen des Herzens, der Darmwand, den Pupillenmuskeln oder Schweißdrüsen.
Das vegetative Nervensystem, insbesondere der Sympathikus, sorgt etwa beim morgendlichen Aufstehen umgehend für eine Blutdruckerhöhung, um Schwindel zu verhindern und den Körper auf Wachheit und Leistung vorzubereiten. Bei starker Hitze sorgt es beispielsweise für eine Aktivierung der Schweißdrüsen. Das bedeutet, auch umgekehrt erfolgt der Informationsfluss, und zwar werden Nervenimpulse von den Organen (z.B. aus dem Herzen, dem Darm oder der Blase) an das Gehirn übertragen.
Anatomie & Aufbau
Diese im Seitenhorn des Rückenmarks liegenden Wurzelzellen bilden den sogenannten Nucleus intermediolateralis und den Nucleus intermediomedialis. Von dort gehen Fasersysteme in die Paravertebralganglien, die Nervenzellansammlungen neben der Wirbelsäule. Diese untereinander verbundenen Nervenstränge werden als sympathischer Grenzstrang, oder Truncus sympathicus, bezeichnet. Dieser erstreckt sich auch in den Halswirbelsäulenbereich und in den Kreuzbeinbereich. Im Halsbereich finden sich die drei Halsganglien. Das unterste Ganglion kann bereits mit dem ersten Brust- oder Thorakalganglion zusammengeschaltet sein (das sog. Ganglion stellatum).
In diesem Bereich gibt es zwölf Brustganglien auf beiden Seiten der Wirbelsäule im erwähnten Grenzstrang. Im Lumbalbereich verlaufen vier Ganglien und im Sakralmark findet sich nach der Vereinigung der letzten Fasern noch ein einziges, „unpaares“ Ganglion (das sog. Ganglion impar). Die Neurotransmitter (Überträger des Nervenimpulses) sind dabei im ersten Schritt das Acetylcholin. Nach der ersten Umschaltung überträgt dann das zweite, das sogenannte postganglionäre Neuron den Impuls mittels Noradrenalin an das jeweilige Zielorgan.
Hier bilden die Schweißdrüsen und das Nebennierenmark eine Ausnahme, zu denen die Impulsübertragung ebenfalls durch Acetylcholin erfolgt. Es gibt jedoch auch Axone (Nervenkerne), die den sympathischen Grenzstrang ohne eine Umschaltung verlassen und direkt zum Zielorgan hinführen (die intramuralen Ganglien). Eine Besonderheit bilden auch die drei im Brustbereich aus dem Grenzstrang austretenden sympathischen Nervenfasern.
Sie durchtreten das Zwerchfell und bilden dann wiederum drei Nervenplexus (Nervengeflechte), die dann zu den Plexus der inneren Organe ziehen. Auch die Nervenfasern, die die Hirn-Blutgefäße tonisieren, zur Epiphyse wandern oder die Augen innervieren, haben ihren Ursprung im sympathischen Grenzstrang des Brustmarks.
Funktion & Aufgaben
Der Sympathikus steuert also – zusammen mit seinem Gegenspieler, dem Parasympathikus – weitestgehend ohne bewusste Wahrnehmung und willentliche Beeinflussung lebenswichtige Vorgänge. Dabei sind die Zielgewebe der sympathischen Nervenbahnen insbesondere die glatte Muskulatur, z.B. der Blutgefäße oder Bronchien, sowie die Drüsen.
Während der Parasympathikus die allgemeine Regeneration, den körpereigenen Reserveaufbau sowie die regelrechten Körperfunktionen in Ruhe gewährleistet, besteht die Aufgabe des Sympathikus darin, den Organismus auf eine erhöhte körperliche Leistung vorzubereiten. Entwicklungsgeschichtlich gesprochen macht er den Körper dafür bereit, zu kämpfen oder zu flüchten. Der Sympathikus bewirkt, dass der Herzschlag in Frequenz und Kontraktion gesteigert wird und die Bronchien sich für eine erhöhte Lungenfunktion und somit bessere Sauerstoffversorgung erweitern.
Der Blutdruck steigt ebenso wie die Durchblutung und der Muskeltonus der Herz- und Skelettmuskulatur. Auch die Glykolyse, d.h. der Energieverbrauch bzw. die Energiegewinnung im Körper, erhöht sich und sorgt für eine zunehmende, d.h. leistungssteigernde Versorgung der Zellen. Damit geht auch eine allgemeine Stoffwechselsteigerung einher. Kurz gesagt versetzt er den Körper in eine erhöhte Leistungsbereitschaft, die je nach Intensität der Stressreaktion auch unterschiedlich stark ausfällt.
Neben der gesteigerten Leistungsbereitschaft, auch Ergotropie genannt, sorgt der Sympathikus umgekehrt für eine Verringerung von Vorgängen, die im Kampf und auf der Flucht, also im Stress nicht unbedingt erforderlich sind. Dazu gehören die Darmtätigkeit (verminderte Peristaltik und Drüsensekretion), aber auch die Durchblutung der Haut (Folgen: kalte Haut und Hände etc.) und Schleimhaut, des Darmes und der Nieren, ja sogar des Gehirns, wo der Sympathikus eine Gefäßverengung bewirkt.
Er hat aber auch Einfluss auf die Blasenfunktion (ermöglicht somit die Kontinenz), die Geschlechtsorgane (für Orgasmus und Ejakulation) sowie die Drüsensekretion (Erhöhung der Schweißdrüsensekretion, Adrenalinausschüttung der Nebenniere und Verringerung der Speichel- und Bauchspeicheldrüsensekretion) sowie auf die inneren Augenmuskeln (in Form einer Pupillenerweiterung).
Krankheiten & Beschwerden
Eine Fehlfunktion des unwillkürlichen Nervensystems im Allgemeinen und des Sympathikus im Speziellen kann sich in Symptomen wie Schlafstörungen, starker Gewichtsabnahme, Krämpfen, Nervosität, Herz-Kreislauf-Problemen oder Durchblutungsstörungen ausdrücken. Bei einem Ausfall des Halssympathikus spricht man vom sogenannten Horner-Syndrom, das sehr spezifische Symptome hervorruft: Dieser Ausfall des Sympathikus bewirkt eine Pupillenverengung (sog. Miosis durch den Ausfall des Musculus dilatator pupillae), ein Herabhängen des Augenlides (Ptosis aufgrund des gestörten Musculus tarsalis) sowie einen tieferliegenden Augapfel (Enophthalmus durch den Ausfall des Musculus orbitalis).
Neben dieser klaren Symptomatik beim Horner-Syndrom können Störungen des Sympathikus auch an anderer Stelle eine Vielzahl von vegetativen Störungen auslösen. Von einer krankhaft veränderten Atmung (Atemnot oder Hyperventilation) über eine veränderte Gefäßregulation (das sog. Raynaud-Syndrom) bis hin zur pathologischen Thermoregulation des Körpers (z.B. übermäßiges Schwitzen oder Frieren) können vegetative Dysfunktionen oder Störungen des Sympathikus ihren Ausdruck finden. Auch eine gestörte Blasenfunktion in Form der Reizblase oder eine krankhaft veränderte Magen-Darm-Regulierung können neben vielen anderen Stoffwechsel- oder Organfunktionen Hinweise auf eine Störung des sympathischen Nervensystems sein.
Auch die Hyperhidrose (übermäßiges Schwitzen) kann auf eine Störung des Sympathikus hinweisen. Wenn der Leidensdruck für den Betroffenen zu groß ist und andere Therapiemaßnahmen nicht greifen, werden in einer Sympathektomie einzelne Ganglien des sympathischen Nervensystems durchtrennt oder blockiert, um die Störung zu beheben. Diese endoskopische transthorakale Sympathektomie wird auch bei gewissen Durchblutungsstörungen angewandt. Darüber hinaus gibt es auch im Allgemeinen gutartige Tumorerkrankungen des sympathischen Nervensystems, die sogenannten Ganglioneurome.
Diese können sich im Prinzip überall dort entwickeln, wo sympathische Nervenzellen (im peripheren Nervensystem, d.h. nicht im Gehirn) verlaufen. Sie treten vor allem im Nebennierenmark, in den sympathischen Ganglien neben der Wirbelsäule, aber auch im Kopf- und Halsbereich auf, seltener im Bereich der Blase oder der Darm- und Bauchwände. Erkrankungen des Sympathikus können auch zu einer veränderten Schmerzregulierung sowie zu einer erhöhten Infektanfälligkeit und einer beeinträchtigten Immunabwehr führen.
Quellen
- Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
- Frotscher, M., et al.: Taschenatlas Anatomie, Band 3: Nervensystem und Sinnesorgane. Thieme, Stuttgart 2018
- Mumenthaler, M., Mattle, H.: Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012