Toxisches Megakolon

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das toxische Megakolon ist eine lebensgefährliche Komplikation verschiedener Darmerkrankung. Der Dickdarm erweitert sich massiv und es kommt zu einer septisch-toxischen Entzündung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein toxisches Megakolon?

Hauptsymptom des toxischen Megakolons ist ein aufgetriebener schmerzhafter Bauch. Aufgrund der Abwehrspannung fühlt sich der Bauch hart an.
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Das toxische Megakolon ist als eine akute Dilatation des Dickdarms mit einer klinisch auffälligen Entzündung des Dickdarms definiert. Als Ursachen kommen verschiedene Erkrankungen und insbesondere Erkrankungen des Darms in Betracht.

Der genaue Pathomechanismus ist allerdings noch nicht bekannt. Patienten mit einem toxischen Megakolon leiden unter starken Schmerzen und hohem Fieber. Es besteht die Gefahr einer Perforation des Darms mit Austritt von Darminhalt in die Bauchhöhle. Auch schwere Blutungen oder sogar ein Schock können Folgen des toxischen Megakolons sein.

Ursachen

Häufigste Ursache des toxischen Megakolons ist die Colitis ulcerosa. Es handelt sich dabei um eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die in Schüben verläuft. Die Ausbreitung erfolgt kontinuierlich vom Anus bis zum Mund. Geschwüre der oberen Schleimhautschichten sind typisch für die Erkrankung. Weitet sich die Entzündung auf alle Darmwandschichten aus, kann ein toxisches Megakolon die Folge sein.

Auch bei Morbus Crohn kann ein toxisches Megakolon entstehen. Der Morbus Crohn gehört ebenfalls zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Hier sind allerdings bevorzugt der hintere Abschnitt des Dünndarms und der Dickdarm betroffen. Die Entzündung breitet sich diskontinuierlich aus, durchdringt aber alle Schleimhautschichten.

Ursache eines toxischen Megakolons kann auch die pseudomembranöse Colitis sein. Diese tritt meist nach lang andauernder Antibiotikatherapie auf. Durch die Antibiotika werden nicht nur die pathologischen Bakterien, sondern auch die physiologischen Bakterien der Darmflora abgetötet. Dadurch können sich antibiotikaresistente Stämme vermehren. Eine Spezies dieser Art ist das Bakterium Clostridium difficile. Die Bakterien besiedeln den gesamten Dickdarm und sondern Toxine ab, die eine schwere Entzündungsreaktion hervorrufen.

Selten wird das toxische Megakolon durch die Chagas-Krankheit verursacht. Die Chagas-Krankheit wird durch die Protozoenart Trypanosoma cruzi hervorgerufen und ist vor allem in Südamerika und im Süden der USA verbreitet. Auch der Morbus Hirschsprung kann ein toxisches Megakolon zur Folge haben. Die angeborene Erkrankung geht mit einer Veränderung der neuronalen Strukturen des Darmwandnervensystems einher.

Auf welchem Wege diese Erkrankungen eine krankhafte Erweiterung des Dickdarms verursachen, ist noch nicht geklärt. Möglicherweise verursachen verschiedene Botenstoffe, die sogenannten Entzündungsmediatoren, eine Muskelrelaxation, die zu einer Aufweitung und Aussackung des Darms führt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Hauptsymptom des toxischen Megakolons ist ein aufgetriebener schmerzhafter Bauch. Aufgrund der Abwehrspannung fühlt sich der Bauch hart an. Das Fieber ist sehr hoch. Man spricht hier von einer septischen Temperatur. Das Herz schlägt sehr schnell (Tachykardie). Aufgrund der schweren Entzündung kommt es zu einem Darmverschluss. Stuhl und Darmwinde können nicht mehr abgehen. Eventuell erbrechen die Betroffenen Kot.

Ein unbehandeltes toxisches Megakolon kann in einen Schock übergehen. Auch ein Multiorganversagen ist denkbar. Wenn das Megakolon perforiert, tritt Darminhalt in die Bauchhöhle über. Es kommt zu einer lebensbedrohenden Entzündung der Bauchhöhle und des Bauchfells (Peritonitis).

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose des toxischen Megakolons erfolgt mittels Röntgenbild. Dafür wird eine sogenannte Abdomenleeraufnahme angefertigt. Dort ist ein aufgetriebener Dickdarm sichtbar. Normalerweise finden sich in der Wand des Dickdarms Haustren. Haustren sind Ausbuchtungen in der Dickdarmwand, die den Dickdarm segmentieren. Beim toxischen Megakolon sind die Haustren verschwunden. Eventuell befindet sich freie Luft in der Bauchhöhle.

Im Blutbild finden sich aufgrund der schweren Entzündung vermehrt Leukozyten. Es liegt also eine Leukozytose vor. Der Elektrolythaushalt ist gestört, eventuell wird eine Anämie ersichtlich. Die Blutsenkungsgeschwindigkeit ist deutlich erhöht.

Komplikationen

Ein Toxisches Megakolon stellt immer einen Notfall dar und muss entsprechend schnell behandelt werden. Geschieht dies nicht, werden der entstehende Darmverschluss und das Ansammeln von Giften im Körper nach einer gewissen Zeit zum Tod des Betroffenen führen. Unbehandelt kommt es dabei häufig zu einer Perforation des geschädigten Dicksarms, der schließlich Toxine und andere Stoffe in die Bauchhöhle entlässt.

Das Resultat ist eine lebensbedrohliche innere Sepsis. Auch ein Schock und Multiorganversagen sind mögliche Folgen, sollte die Erkrankung nicht behandelt werden. Weiterhin kann es aufgrund massiver Blutverluste (durch blutigen Durchfall) zu einem rapiden Absenken des Blutdrucks kommen.

Eine Behandlung auf die konservative Art kann Erfolg haben, allerdings ist es auch möglich, dass sich binnen weniger Tage keine Besserung einstellt. In solchen Fällen muss operativ interveniert werden. Dies bedeutet für den Betroffenen des Toxischen Megakolons ein dauerhafter Verlust von Dickdarmgewebe oder des gesamten Dick- und Enddarms.

Entsprechend ist der Betroffene anschließend lebenslänglich auf einen künstlichen Darmausgang angewiesen, insofern ein Großteil des Dickdarms entfernt werden musste. Das Toxische Megakolon selbst ist bereits eine schwerwiegende Komplikation entzündlicher Darmerkrankung (zum zum Beispiel Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn). Alle Komplikationen in diesem Zusammenhang können auch während einer Behandlung noch auftreten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Störungen des Magen-Darm-Traktes, der Verdauung sowie Unregelmäßigkeiten beim Toilettengang sollten einem Arzt vorgestellt werden. Eine erhöhte Körpertemperatur, ein allgemeines Krankheitsgefühl sowie ein Unwohlsein deuten auf eine Erkrankung hin. Ein Arzt wird benötigt, damit eine Klärung der Ursache stattfinden kann.

Herzrasen, Unregelmäßigkeiten des Herzrhythmus sowie eine innere Schwäche sind weitere Beschwerden, bei denen ein Arztbesuch notwendig ist. Kommt es zu einem Darmverschluss sollte unverzüglich ein Arztbesuch erfolgen. Eine Abnahme der gewohnten körperlichen Kräfte, eine innere Unruhe sowie Mattigkeit und Abgeschlagenheit sind Anzeichen einer gesundheitlichen Störung.

Können die alltäglichen Verpflichtungen nicht mehr wahrgenommen werden, besteht Handlungsbedarf. Reizbarkeit, Schlafstörungen oder weitere Funktionsstörungen müssen mit einem Arzt besprochen werden. Charakteristisch für die Erkrankung ist das Erbrechen von Kot. Tritt dieser Vorgang ein, sollte schnellstmöglich ein Arzt konsultiert werden. Es kann zu einer lebensbedrohenden Entwicklung kommen, wenn keine medizinische Versorgung eingeleitet wird.

Schmerzen im Bereich des Magens oder Darms, Verhärtungen unterhalb des Brustkorbes sowie Schwellungen sollten untersucht und behandelt werden. Blutverlust, ein starkes Absenken des Blutdrucks sowie eine blasse Hautfärbung sollten als Warnsignale des Organismus verstanden werden. In akuten Situationen ist ein Notarzt zu rufen. Dem Betroffenen drohen ohne eine intensivmedizinische Versorgung eine Blutvergiftung, massive Blutverluste oder Schädigungen der Organe.

Behandlung & Therapie

Das toxische Megakolon ist akut lebensbedrohend und deshalb ein intensivmedizinischer Notfall. Die Behandlung erfolgt unter ständigem Monitoring des Patienten. Hauptziel ist die schnelle Entlastung des Dickdarms und der Ausgleich des beeinträchtigten Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalts. Zudem müssen die anfallenden Toxine beseitigt werden.

Die Therapie ist in der Regel konservativer Art. Die Betroffenen erhalten viel Flüssigkeit und zudem Breitbandantibiotika. Auch Glukokortikoide kommen zum Einsatz. Führt dies nicht zu Besserung, kann die Leukozyten-Apherese (LCAP) eingesetzt werden. Die Apherese ist eine Art Blutwäsche. Dabei wird das Blut durch einen Schlauch in ein System geleitet. Dort werden weiße Blutzellen wie Lymphozyten, Granulozyten, Monozyten und auch Thrombozyten aus dem Blut entfernt.

Anschließend wird das gefilterte Blut wieder in den Körper geleitet. Dadurch soll die Entzündung abgemildert werden. Zusätzlich können Ciclosporin A und monoklonale Antikörper verordnet werden. Zeigt sich innerhalb von 48 bis 72 Stunden keine Besserung, muss chirurgisch interveniert werden. In der Operation werden Dickdarm und Enddarm teilweise oder komplett entfernt. Um den Stuhl abzuleiten, wird ein Ileostoma angelegt.

Das Ileostoma ist ein künstlicher Darmausgang (Anus praeter). Dabei wird eine tiefe Dünndarmschlinge im Bereich des rechten Unterbauchs durch die Bauchdecke ausgeleitet. Wenn der Dickdarm komplett resektiert wurde, muss das Ileostoma dauerhaft erhalten bleiben und dient dann der endständigen Ableitung des Darminhalts. Doppelläufige Ileostoma werden übergangsweise zur Entlastung des entzündeten Dickdarms angelegt. Sie können nach der Ausheilung wieder entfernt werden.


Vorbeugung

Dem toxischen Megakolon kann nur durch eine frühzeitige und wirksame Therapie der Grunderkrankung vorgebeugt werden. Die chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen werden mit Kortisonpräparaten, Immunsuppressiva oder TNF-alpha-Blockern behandelt. Eventuell muss schon vor dem Entstehen eines toxischen Megakolons operativ eingegriffen werden.

Die pseudomembranöse Colitis wird mit Antibiotika therapiert. Eine weitere Möglichkeit ist die Stuhltransplantation. Zur Behandlung der Chagas-Krankheit kommen Antiprotozoika zum Einsatz. Kinder mit Morbus Hirschsprung müssen so früh wie möglich operiert werden. Die betroffenen Dickdarmsegmente werden entfernt und der Darm wird schon vor der Entstehung eines toxischen Megakolons durch einen künstlichen Darmausgang entlastet.

Nachsorge

In rund 40 Prozent aller Krankheitsfälle führt das Toxische Megakolon zum Tod des Betroffenen. Im Mittelpunkt der Nachsorge steht dann die Hinterbliebenentherapie. Zur Bewältigung der Trauer ist für die Angehörigen ersten Grades eine regelmäßige psychotherapeutische Behandlung angezeigt.

In den verbleibenden 60 Prozent der Krankheitsfälle kann das Toxische Megakolon je nach Schweregrad und Entscheidung des Facharztes konservativ oder operativ therapiert sein. Bei der konservativen Therapie ist es Aufgabe der Nachsorge den klinisch stabilisierten und verbesserten Zustand des Betroffenen weiterhin zu erhalten.

Dazu wird nach dem klinischen Aufenthalt der weitere Verlauf der Erkrankung engmaschig klinisch und zudem radiologisch überwacht. Zusätzlich sind beim Betroffenen regelmäßig labortechnische Untersuchungen des Blutes und des Stuhls durchzuführen. Mit den Maßnahmen soll die Verschleppung der Operationsindikation verhindert werden.

Nach einer Operation des Toxischen Megakolons ist die Bandbreite der notwendigen Nachsorgeuntersuchungen und -behandlungen sehr vielfältig. Denn im Ergebnis der Operation kann entweder nur der betroffene Abschnitt des Dickdarms oder der gesamte Dickdarm entfernt sein. Zusätzlich ist regelmäßig ein künstlicher Darmausgang angelegt.

Als Selbsthilfemaßnahmen empfehlen sich nach der operativen Behandlung eine ballaststoffarme Ernährung und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Auch sollte der Betroffene seine regelmäßigen Mahlzeiten in zahlreiche kleinere Mahlzeiten aufteilen. Der Darm kann so im weiteren Krankheitsverlauf seine normale Funktion wieder erlernen.

Das können Sie selbst tun

Nicht immer ist die Konsultation eines Arztes angezeigt. Erkrankte können ein Leiden wie eine Erkältung manchmal auch allein auskurieren. Schonung und Ruhe verhelfen dem Körper bei der Genesung. Bei dem toxischen Megakolon handelt es sich hingegen um einen schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Zustand. Eine Eigentherapie ist in diesem Fall ausgeschlossen.

Eine Operation findet regelmäßig statt. Patienten mit den typischen Beschwerden sollten sich unverzüglich in ärztliche Behandlung begeben. Eigenmaßnahmen versprechen keine Genesung. Eine Sterblichkeitsrate von etwa 50 Prozent erlaubt keine Eigenbehandlung abseits der wissenschaftlichen Erkenntnis.

Allerdings können Betroffene einiges unternehmen, um die Genesung zu unterstützen. Vor allem Entspannung und Erholung wirken sich positiv auf die Heilung aus. Sportliche Aktivitäten sollten unmittelbar nach einem Eingriff komplett eingestellt und anschließend nur allmählich wieder begonnen werden. Der behandelnde Arzt berät Patienten gerne dazu.

Auch die Ernährung ist umzustellen. Es wird zu vielen kleinen Mahlzeiten geraten. Ballaststoffarme Lebensmittel sind vorzuziehen. Der Darm muss sich nach einer Behandlung erst wieder an seine normalen Funktionen gewöhnen. Eine ausreichende und nichtalkoholische Flüssigkeitszufuhr unterstützt ihn dabei. Der Transport des Stuhls kann so wieder in Gang kommen.

Quellen

  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Koop, I.: Gastroenterologie compact. Thieme, Stuttgart 2013
  • Messmann, H.: Klinische Gastroenterologie. Thieme, Stuttgart 2012

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