Transitorische ischämische Attacke

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine transitorische ischämische Attacke (kurz TIA) entsteht infolge einer Durchblutungsstörung im Gehirn. Im Rahmen der Attacke kommt es zu reversiblen neurologischen Ausfallerscheinungen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine transitorische ischämische Attacke?

Ischämien werden durch Mikrozirkulationsstörungen in den Gehirngefäßen verursacht. Hauptsächlich sind für die Zirkulationsstörungen Mikroembolien zerebraler Blutgefäße verantwortlich.
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Bei einer transitorischen ischämischen Attacke (TIA) ist die Durchblutung des Gehirns gestört. Die Symptome ähneln denen eines Schlaganfalls. Deshalb wird die TIA auch als kleiner Schlaganfall bezeichnet. Die neurologischen Störungen, die auf eine Mikroembolie im Gehirn zurückzuführen sind, gehen innerhalb von 24 Stunden zurück. Im Durchschnitt dauern die Attacken ein bis zwei Stunden.

Alle neurologischen Ausfallerscheinungen, die länger als 24 Stunden andauern, deuten auf einen ischämischen Schlaganfall hin. Am häufigsten treten die Attacken zwischen dem 60. und dem 70. Lebensjahr auf. Die transitorische ischämische Attacke kann als Vorbote eines echten Schlaganfalls gewertet werden und sollte deshalb dringend ärztlich abgeklärt werden.

In den ersten zwei Stunden nach einer TIA ist das Schlaganfallrisiko um zehn Prozent erhöht. In den ersten zwei Wochen steigt das Risiko zusätzlich um fünf Prozent. Jeder dritte Patient mit einer transitorischen ischämischen Attacke erleidet in seinem Leben einen Schlaganfall. Die Hälfte aller Schlaganfälle treten dabei im Jahr nach der TIA auf.

Ursachen

Eine TIA entsteht durch eine Mangelversorgung bestimmter Hirnbereiche mit Sauerstoff. Diese Unterversorgung wird auch als Ischämie bezeichnet. Ischämien werden durch Mikrozirkulationsstörungen in den Gehirngefäßen verursacht. Hauptsächlich sind für die Zirkulationsstörungen Mikroembolien zerebraler Blutgefäße verantwortlich. Es wurde festgestellt, dass viele TIA durch kleinere Schlaganfälle verursacht werden.

Die Ursachen ähneln deshalb den Ursachen des Schlaganfalls. Häufig kommt es zu arteriellen Embolien der Blutgefäße. Auch Thrombosen der venösen Abflussgefäße können eine Ischämie zur Folge haben. Wenn es beispielsweise infolge eines zu hohen Blutdrucks zu Gefäßrissen kommt, wird das Gehirn mit zu wenig Sauerstoff versorgt.

Die Einblutungen haben ebenfalls neurologische Ausfallsymptome zur Folge. Auch bei Spontanblutungen bei einer gestörten Blutgerinnung, bei Subarachnoidalblutungen sowie bei subduralen oder epiduralen Hämatomen kann sich eine TIA entwickeln. Selten werden die Attacken durch Gefäßspasmen, wie beispielsweise bei einem Migräneanfall ausgelöst.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Die Symptome einer TIA ähneln den Symptomen des kompletten Schlaganfalls. Sie sind aber in der Regel nicht ganz so stark ausgeprägt. Charakteristisch sind halbseitige Arm- und Beinlähmungen. In der medizinischen Fachsprache werden diese auch als Hemiplegie oder Hemiparese bezeichnet. Die Betroffenen können Sprachstörungen haben. Dabei sind das Sprachverständnis und die Wortfindung beeinträchtigt.

Bei der Spontansprache finden sich Wortverwechslungsstörungen und Wortneuschöpfungen. Zum Teil haben die Patienten einen zwanghaften Drang sich verbal zu äußern (Logorrhoe), sodass ein ununterbrochener und schneller Redefluss entsteht. Zusätzlich zu den Sprachstörungen können auch Sprechstörungen vorliegen. Bei einer Sprechstörung können die Betroffenen Sprachlaute nicht mehr korrekt artikulieren. Der Redefluss kann durch Stottern oder Poltern gestört sein.

Durch Mikroembolien in den Netzhautgefäßen oder im Bereich der Sehnerven kann eine Amaurosis fugax, eine vorübergehende Blindheit, entstehen. Auch Hörstörungen und Gleichgewichtsstörungen mit Schwindel und sogenannten Drop-Anfällen können auftreten. Drop Attacks sind plötzliche Stürze bei normaler Bewusstseinslage. Sie entstehen durch einen Tonusverlust der Beinmuskulatur.

Eventuell ist das Bewusstsein der Patienten getrübt. Wenn es sich wirklich um eine TIA handelt, bilden sich die Symptome innerhalb von 24 Stunden komplett zurück. Für das Gehirn sind Ischämien in einem Zeitfenster von fünf bis acht Minuten tolerabel. Wenn die Ischämie länger andauert, bilden sich die Symptome nicht zurück. In diesem Fall liegt ein Schlaganfall vor.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Da die Symptome in der Regel nicht besonders lange anhalten, ist eine TIA schwer zu diagnostizieren. Der Schwerpunkt der Diagnostik wird deshalb auf die Anamnese und die klinische Untersuchung gelegt. Wenn der Patient bekanntermaßen unter Herzrhythmusstörungen oder unter der Koronaren Herzkrankheit leidet, erhärtet dies den Verdacht auf eine TIA beim Vorliegen reversibler neurologischer Symptome.

Als bildgebendes Verfahren kann die Magnetresonanztomografie mit Diffusionsgewichtung zum Einsatz kommen. Dabei kann mangeldurchblutetes Hirngewebe diagnostiziert werden. Die Sensitivität liegt allerdings nur bei 50 Prozent, sodass nicht jede Unterversorgung erkannt wird. Weitere bildgebende Methoden, die zur Diagnose der TIA zum Einsatz kommen, sind die Doppler-Sonographie der extrakraniellen Hirngefäße, die transkranielle Dopplerultraschalluntersuchung, die Computertomografie, die Magnetresonanzangiographie und die digitale Subtraktionsangiographie.

Komplikationen

Diese Erkrankung kann zu verschiedenen Beschwerden und Komplikationen führen. Diese hängen dabei sehr stark von der genauen Ausprägung der Erkrankung ab. Im Allgemeinen leiden die Patienten dabei an einer starken Durchblutungsstörung im Gehirn. Es kommt dabei zu Sprachstörungen und zu allgemeinen Denkstörungen. Der Alltag der Betroffenen ist daher deutlich erschwert und eingeschränkt.

In vielen Fällen leiden die Patienten dabei auch an Stottern und weiterhin an Hörbeschwerden oder an Sehbeschwerden. In schwerwiegenden Fällen sind sie dabei auf die Hilfe anderer Menschen in ihrem Leben angewiesen. Es kommt zu einer Trübung des Bewusstseins und weiterhin zu einem Bewusstseinsverlust.

Auch der Muskeltonus nimmt durch die Erkrankung stark ab, sodass die Betroffenen einfache Tätigkeiten im Alltag nicht mehr durchführen können. Weiterhin kann es auch zu einem Schlaganfall kommen, welcher im schlimmsten Fall zum Tod des Patienten führen kann. Die Behandlung dieser Erkrankung erfolgt mit Hilfe von Medikamenten. Dabei kommt es nicht zu weiteren Komplikationen.

Allerdings werden die Beschwerden dadurch nicht vollständig eingeschränkt, sodass es auch weiterhin zu einem Schlaganfall kommen kann. Die Lebenserwartung des Betroffenen ist dadurch deutlich verringert. Auch die Angehörigen oder die Eltern des Patienten können durch diese Beschwerden betroffen sein.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Auffälligkeiten des Verhaltens, Störungen des Gleichgewichts, Schwindel oder allgemeine Funktionsstörungen sind unverzüglich einem Arzt vorzustellen. Kommt es zu Veränderungen des Sprachvermögens, einer Einschränkung der Sehkraft sowie Unregelmäßigkeiten der Gedächtnistätigkeit, besteht akuter Handlungsbedarf. Bei plötzlichen Besonderheiten oder Auffälligkeiten wird eine schnellstmögliche medizinische Versorgung benötigt.

Eine Wortfindungsstörung sowie eine Abnahme des Sprachverständnisses sind Warnsignale des Organismus. Sie deuten auf eine Gedächtnisstörung hin. Kommt es zu einer Trübung des Bewusstseins oder einem Bewusstseinsverlust, muss ein Rettungsdienst alarmiert werden. Es besteht für den Betroffenen eine lebensgefährliche Situation.

Obgleich die Attacke sich bei den meisten Patienten vollständig zurückbildet, kann es bei einem ungünstigen Krankheitsverlauf zu einem Schlaganfall kommen. Daher sollte grundsätzlich die Rücksprache mit einem Arzt gesucht werden und eine umfangreiche Untersuchung eingeleitet werden. Zeigen sich Störungen der Bewegungsabläufe, Schwierigkeiten der Koordination sowie ein Verlust der Muskelkraft, wird ein Arzt benötigt.

Ein Krankheitsgefühl, eine Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit oder ein allgemeines Unwohlsein sind ebenfalls untersuchen und behandeln zu lassen. Bei Lähmungen oder zwanghaften Handlungen besteht Anlass zur Besorgnis. Charakteristisch sind ein Reden ohne Unterlass sowie ein sehr schneller Redefluss. Die Betroffenen lassen sich oftmals in ihrem Redeschwall nicht unterbrechen. Es muss eine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden, damit sich keine weitere Verschlechterung der Gesundheit einstellt.

Behandlung & Therapie

Solange die Symptome der TIA noch bestehen, erfolgt dieselbe Behandlung wie beim Schlaganfall. Es wird versucht, den Embolus medikamentös aufzulösen. Dafür kommen spezielle Medikamente, die Fibrinolytika, zum Einsatz. Wenn eine medikamentöse Behandlung keinen Erfolg zeigt, kann ein operativer Eingriff, eine Thrombendarteriektomie, indiziert sein.

Wenn die Symptome der TIA verschwunden sind, liegt der Fokus auf der Prävention weiterer Attacken. Die transitorischen ischämischen Attacken sind häufig Vorboten eines „großen“ Schlaganfalls. Zur Risikoabschätzung wird der ABCD2-Score genutzt. In diesem Score fließen die fünf Risikofaktoren Alter, Blutdruck, Symptome, Dauer der Symptome und die Erkrankung Diabetes mellitus mit ein.

Je nach Kriterium werden unterschiedliche Punkte vergeben, sodass in der Summe ein Score zwischen null und sieben erreicht werden kann. Der ABCD2-Score gibt Auskunft darüber, wie hoch das Risiko ist, innerhalb von zwei Tagen nach einer transitorischen Attacke einen Schlaganfall zu erleiden. Bei null bis drei Punkten liegt ein geringes Risiko vor.

Vier bis fünf Punkte stehen für ein mäßiges und sechs bis sieben Punkte für ein hohes Zwei-Tages-Risiko. Bei sechs bis sieben Punkten liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten innerhalb der zwei Tage einen Schlaganfall entwickeln bei acht Prozent.


Vorbeugung

Um einer erneuten TIA vorzubeugen, werden Gerinnungshemmer verabreicht. Eventuell kann eine Operation der hirnversorgenden Gefäße die Durchblutung verbessern und so weiteren Attacken vorbeugen.

Nachsorge

Nach der Behandlung einer Transitorisch ischämischen Attacke kann es, insbesondere bei ursächlicher Ateriosklerose, unerlässlich sein, blutverdünnende Medikamente (Macumar) einzunehmen, um mögliche Schlaganfälle und Herzinfarkte zu verhindern. Dabei ist es wichtig, die Quick und INR Werte im Blut regelmäßig zu kontrollieren, um zu verhindern, dass das Blut zu dünn wird. Bei erhöhtem Blutdruck sollten darüber hinaus blutdrucksenkende Medikamente eingenommen werden.

Außerdem sind regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen des Gehirns (MRT, CT) aber auch des Herzens (EKG) bei entsprechenden Fachärzten äußerst wichtig, um frühzeitig Gefäßverengungen und mögliche Minderdurchblutungen zu erkennen und so einer erneuten Transitorisch ischämischen Attacke, aber auch Herzinfarkten und Schlaganfällen vorzubeugen. Patienten sollten außerdem auf das Rauchen verzichten.

Das im Tabak enthaltene Nikotin verengt die Gefäße und das durch den Tabakqualm eingeatmete Kohlenstoffmonoxid verklebt zusätzlich die Blutplättchen. Auf Alkoholkonsum sollte verzichtet werden, da Alkohol ebenfalls Gefäßverengend und außerdem Blutdrucksteigernd wirkt. Daneben fördert sportliche Aktivität die Durchblutung und senkt den Blutdruck nachhaltig.

Der weitgehende Verzicht auf Salz, das insbesondere in Fertigprodukten, aber auch Knabbergebäck (Chips, Salzstangen, Kracker) steckt und eine Vitamin-K arme Ernährung (Verzicht auf grünes Gemüse wie Grünkohl und Brokkoli) helfen ebenfalls, die Gefäßdurchblutung zu verbessern und schwerwiegende Folgeerkrankungen zu vermeiden.

Das können Sie selbst tun

Auch wenn die Symptome innerhalb von 24 Stunden wieder vollständig verschwinden, ist die TIA stets als Vorbote eines Apoplex zu sehen. Um diesen zu vermeiden, sollten Betroffene die Risikofaktoren minimieren und eine positive Compliance entwickeln.

Da im Anschluss an eine transitorische ischämische Attacke die Ursachen meist mithilfe von Medikamenten behoben werden, ist die Medikamentenschulung wichtig. Betroffene müssen lernen, welche Präparate sie wann einnehmen müssen und wen sie über die Applikation informieren sollten. Des Weiteren bildet die Nachsorge einen wichtigen Bestandteil der Kuration und Prävention. Ärzte sollten den Erkrankten die Wichtigkeit der Termine deutlich machen.

Die Risikofaktoren, welche zu einer TIA führten, können vielfältig sein. Menschen mit Diabetes sollten einen HbA1c von unter 8 % anstreben, um Spätfolgen der Krankheit hinauszuzögern. Personen mit Bluthochdruck minimieren das Risiko eines Apoplex um ein Vielfaches, wenn im Durchschnitt der systolische Wert 140 mm Hg und der diastolische Wert 90 mm Hg nicht überschreitet.

Arteriosklerotische Ablagerungen, welche auf einen erhöhten LDL-Konsum zurückzuführen sind, können Betroffene enorm reduzieren, in dem sie ihre Ernährungsgewohnheiten umstellen. Denn durch eine fett- und cholesterinarme sowie ballaststoff- und vitaminreiche Ernährung werden zum Einen erneute Ablagerungen verhindert und zum Anderen bestehende Ablagerungen gelöst. Wenn die Ursache der Ischämie übermäßiger Alkoholkonsum ist, können Erkrankte mithilfe eines Entzuges die Risiken von Folgeerkrankungen reduzieren.

Quellen

  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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