Uterusatonie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Uterusatonie wird eine Kontraktionsschwäche der Gebärmuttermuskulatur bezeichnet, die nach der Geburt des Kindes auftreten kann. Die Gebärmutter zieht sich dann nicht zusammen, wodurch ein lebensgefährlicher Blutverlust entstehen kann. Sie ist die häufigste Ursache für den Tod der Mutter nach der Geburt.
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Was ist eine Uterusatonie?
Als Uterus wird in der Medizin die Gebärmutter bezeichnet. Atonie bedeutet eine Muskelerschlaffung. Die Uterusatonie bezeichnet also eine Erschlaffung der Gebärmutter, die lebensbedrohliche Folgen für die Mutter haben kann. Sie kann nach der Geburt des Kindes eintreten, wenn sich die Gebärmuttermuskulatur nicht oder nur unvollständig zusammenzieht. Der Uterus ist in diesem Fall weich und von außen ertastbar, was für die Patientin schmerzhaft ist.
Bei der Mutter entsteht durch das fehlende Zusammenziehen ein überdurchschnittlicher Blutverlust, da sich die Blutgefäße auf diese Weise nicht schließen können. Durch die bleibende Öffnung tritt überdurchschnittlich viel Blut aus. Meist hat sich die Plazenta entweder nur in Teilen oder gar nicht von der Wand der Gebärmutter gelöst, was als Lösungsstörung bezeichnet wird. Andere Gründe sind ebenfalls erwiesen.
Ursachen
Eine weitere Ursache für die Rückbildungsstörung kann eine Überdehnung der Gebärmutter sein. Sie wird ausgelöst durch ein überdurchschnittlich großes Kind, Mehrlingsschwangerschaften oder sehr viel Fruchtwasser. Viele Geburten beanspruchen den Uterus genauso wie Entbindungen durch einen Kaiserschnitt. Auch eine Geburtszange oder eine Saugglocke, die als Hilfsmittel bei der Geburt des Kindes eingesetzt werden, können die Gebärmutter überdehnen.
Eine nachfolgende Kontraktion ist anschließend erschwert. Dauert die Geburt sehr lange an oder werden bestimmte Narkosegase verwendet, kann dies ebenfalls auf die Rückbildungseigenschaft der Gebärmutter einwirken. Werden bereits vor der Schwangerschaft so genannte Myome, also gutartige Tumore, in der Muskelschicht der Gebärmutter festgestellt oder liegt eine anatomische Fehlbildung des Uterus vor, können sie eine Atonie zur Folge haben.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Wird die Plazenta zirka eine halbe Stunde nach der Geburt ausgestoßen, gilt es, sie zunächst auf Vollständigkeit zu untersuchen. Ist sie es nicht, kann es zu schwallartigen Blutungen aus der Vagina kommen. Oftmals kollabiert der Kreislauf der Mutter recht schnell und es tritt ein Schockzustand ein.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Ist die Plazenta eine Stunde nach der Geburt des Kindes noch nicht ausgestoßen, muss gehandelt werden. Die Gebärmutter ist in diesem Fall weich und befindet sich meist oberhalb des Nabels. Wird Druck auf sie ausgeübt, empfindet die Patientin dies als schmerzhaft.
Komplikationen
Eine Uterusatonie kann unter Umständen schwerwiegende Komplikationen hervorrufen. Zunächst besteht die Gefahr, dass es bei der Geburt des Kindes zu einer starken Blutung kommt. Dadurch können Kreislaufbeschwerden, Blutarmut und gelegentlich auch ein Schock auftreten.
Begleitend dazu verspürt die Mutter meist starke Schmerzen, die den Geburtsvorgang erschweren können. Meist müssen Beruhigungsmittel verabreicht werden, die mit gesundheitlichen Risiken für das Kind und die Mutter verbunden sind. Bei einem schweren Verlauf kann das Kind nicht über den normalen Geburtsweg geboren werden, sondern mittels eines Kaiserschnitts zur Welt kommen.
Zwar handelt es sich dabei um einen Routineeingriff, dennoch können Komplikationen auftreten. So besteht die Gefahr, dass die inneren Organe, vor allem Blase, Darm und Gebärmutter, verletzt werden. Zudem kann es zu Infektionen und einem starken Blutverlust kommen. Nach der Operation leiden die betroffenen Frauen gelegentlich unter Wundheilstörungen oder Narbenschmerzen.
Mitunter kann sich die Wunde erneut öffnen und muss dann innerhalb eines zweites Eingriffs erneut geschlossen werden. Begleitend dazu sind die verordneten Beruhigungs- und Schmerzmittel immer mit gewissen Neben- und Wechselwirkungen verbunden. Allergiker erleiden möglicherweise einen allergischen Schock.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einer Uterusatonie muss in der Regel immer ein Arzt aufgesucht werden. Die Krankheit selbst wird dabei meist schon vor der Geburt oder direkt während der Geburt von einem Arzt erkannt und dann auch behandelt. Allerdings kann die Uterusatonie nicht immer vollständig behandelt werden, sodass es in einigen Fällen zum Tod des Kindes kommt. Der weitere Verlauf kann nicht im Allgemeinen vorhergesagt werden. Ein Arzt ist dann zu kontaktieren, wenn es direkt nach der Geburt zu sehr starken Blutungen im vaginalen Bereich kommt. Die betroffene Mutter kann dabei auch das Bewusstsein verlieren und muss durch einen Notarzt behandelt werden.
Da es durch die Uterusatonie auch zum Tod des Kindes kommen kann, ist nicht selten auch eine psychologische Betreuung der Eltern und der Angehörigen notwendig. Dadurch können psychische Verstimmungen oder Depressionen verhindert werden. Daher sollte auch nach dem Tod des Kindes ein Psychologe aufgesucht werden. Sollte die Uterusatonie erfolgreich behandelt werden, so sind meist auch nach der Behandlung noch regelmäßige Untersuchungen von einem Arzt notwendig.
Behandlung & Therapie
Ist die Plazenta unvollständig abgestoßen worden, müssen die Reste per Ausschabung entfernt werden. Dies geschieht meist unter einer Narkose, da es schmerzhaft sein kann. Wurde der Mutterkuchen vollständig ausgestoßen und zieht sich die Gebärmutter dennoch nicht zusammen, werden zunächst Medikamente verabreicht. Sie heißen Uterotonika und sind Kontraktionsmittel, die Wirkstoffe wie Oxytocin oder Methylergometrin enthalten, um die Muskeln des Uterus zu unterstützen.
Anschließend wird der Inhalt der Gebärmutter ausgedrückt, damit der innere Widerstand nicht so groß ist und die Muskeln auch durch eine Bewegung angeregt werden. Die Harnblase der Mutter wird ebenfalls entleert. Kältereize durch das Auflegen von kühlenden Elementen unterstützen die kontraktierende Bewegung der Muskeln ebenfalls. Der von außen angewandte Credé-Handgriff unterstützt die Ablösung der Plazenta.
Führt dies nicht zum gewünschten Erfolg, kommt der Hamilton-Handgriff zum Einsatz. Hierbei wird die ganze Hand in die Scheide der Frau eingeführt. Sie wird zu einer Faust geballt, bei der die Fingerknöchel zur Vorderwand der Gebärmutter zeigen. Die andere Hand übt von außen ebenfalls Druck auf die Gebärmutter aus. Sie richtet die Gebärmutter auf und drückt sie gegen die innere Faust sowie das Schambein. So wird die Kompression der Gebärmutter unterstützt, die ein Schließen der großen Gefäße zur Folge hat. Die Gebärmutter soll auf diese Weise davor bewahrt werden, dass sie sich mit Blut anfüllt.
Eine Massage der Gebärmutter sollte die Kontraktion der Gebärmutter zum Abschluss bringen. Sie kann jedoch zu Nachwehen führen, die bis zu zwei Stunden andauern können. Haben an diesen Punkt alle Bemühungen keinen Erfolg gehabt, ist der letzte Ausweg zur Rettung des Lebens der Mutter die Entfernung der Gebärmutter.
Vorbeugung
Die Patientin selbst kann zur Vorbeugung einer Uterusatonie nicht viel tun, außer regelmäßig zu den Vorsorgeuntersuchungen zu gehen. Während und nach einer Kaiserschnittgeburt kann der behandelnde Arzt entsprechende Medikamente wie Carbetocin oder auch Oxytocin verabreichen, um die Ablösung der Plazenta zu unterstützen. Zu bedenken ist auch, dass ein Wunschkaiserschnitt nicht zu empfehlen ist, da diese Geburtsart eine Uterusatonie begünstigt.
Nachsorge
Bei einer Uterusatonie wird der Umfang der Nachsorgemaßnahmen von der Schwere der Blutungen bestimmt. „Leichtere“ peripartale Blutungen (Blutungsmengen bis 1000 ml) können regelmäßig mittels einer konservativen Therapie gestoppt werden (Manuelle Uterus-Kompression, Uterine Tamponade, Uterus-kompressionsnähte oder Medikamente wie Oxytocin). Die Nachsorge reduziert sich dann auf maximal zwei gynäkologische Nachsorgeuntersuchungen (klinisch oder ambulant).
Neben der visuellen Nachkontrolle wird bei den Nachsorgeuntersuchungen in der Regel auch eine Untersuchung des Bauchraums mittels Ultraschall durchgeführt. Zusätzlich sind weitere Untersuchungen bei der Hebammenfürsorge vorgesehen. Als Spätfolge gegebenenfalls auftretende Komplikationen können so frühzeitig erkannt und behandelt werden. Bei vaginalen Blutungen ohne erkennbaren Grund ist die Betroffene unverzüglich ärztlich vorzustellen.
„Schwere“ peripartale Blutungen (Blutungen über 1000 Milliliter) sind grundsätzlich nur operativ therapierbar. Die Plazenta wird manuell gelöst. Postoperativ sind Schmerzen im Bauchraum zu erwarten. Die Einnahme von starken Schmerzmitteln ist notwendig. Eine Antibiotikatherapie kann das Heilen der Operationswunde gegebenenfalls unterstützen. Im Operationsfall ist die sekundäre Aufgabe der Nachsorge, die Pflege und Versorgung des neugeborenen Kindes zu garantieren.
Die Betroffene wird aufgrund des hohen Blutverlustes während der Geburt und des operativen Eingriffs diese Aufgaben grundsätzlich nicht meistern können. Nach dem klinischen Aufenthalt sind für die Nachkontrolle der Operationswunde weitere gynäkologische Untersuchungen mittels Ultraschall erforderlich. Zudem ist für beide Elternteile eine psychotherapeutische Beratung empfohlen.
Das können Sie selbst tun
Eine Uterusatonie wird immer von dem zuständigen Arzt oder Geburtshelfer behandelt. Je nach Verlauf des Eingriffs kann ein Credé-Handgriff oder das manuelle Aktivieren der Wehen bereits genügen, um die Kontraktion der Uterusmuskulatur ausreichend zu fördern. Bei einem schweren Verlauf kann ein operativer Eingriff vonnöten sein.
Nach dem Geburtsvorgang müssen die Beschwerden individuell behandelt werden. Neben allgemeinen Maßnahmen wie Ruhe und Entspannung, müssen betroffene Frauen auf eine sorgfältige Intimhygiene achten. Sollten weiterhin Blutungen oder andere Beschwerden auftreten, ist der Arzt zu informieren.
Bei einem schweren Verlauf der Uterusatonie besteht Lebensgefahr für die Patientin. Es kann zu einem Geburtstrauma kommen, welches aufgearbeitet werden muss. Betroffene Frauen sprechen am besten mit ihrem Frauenarzt, welcher den Kontakt zu einem geeigneten Therapeuten herstellen kann.
Da ein Geburtstrauma die emotionale Verbindung zwischen Mutter und Kind stören kann, benötigen die Patientinnen in den ersten Monaten oft auch bei der Erziehung des Kindes die Unterstützung eines Fachmanns oder von Freunden und Bekannten. Vereine wie das Hebammennetzwerk Verarbeitung Geburt oder Schatten und Licht e. V. stellen den betroffenen Frauen weitere Selbsthilfe-Maßnahmen und Anlaufstellen zur Verfügung.
Quellen
- Beckermann, M.J.: Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Schwabe, Basel 2004
- Schneider, H., Husslein, P., Schneider, K.T.M.: Die Geburtshilfe. Springer, Berlin Heidelberg 2011
- Stauber, M., Weyerstrahl, T.: Gynäkologie und Geburtshilfe. Thieme, Stuttgart 2013