Vaskulitis
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Mit dem Begriff Vaskulitis werden einige Autoimmunerkrankungen bezeichnet, deren gemeinsames Charakteristikum entzündete Blutgefäße sind. Die Symptome und der Verlauf einer Vaskulitis können je nach Ausprägung der Erkrankung sehr unterschiedlich sein.
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Was ist Vaskulitis?
Eine Vaskulitis ist eine Entzündung in den Blutgefäßen, welche durch Reaktionen des körpereignen Immunsystems hervorgerufen wird. Sie lässt sich in eine Gruppe von unterschiedlichen Autoimmunerkrankungen unterteilen.
So existiert die primäre Vaskulitis, welche eigenständige, entzündlich-rheumatische Erkrankungen umfasst. Dazu gehören die Vaskulitiden großer Gefäße, die Vaskulitiden mittelgroßer Gefäße und die Vaskulitiden kleiner Gefäße.
Ferner ist die sekundäre Vaskulitis bekannt, welche durch Infektionen, rheumatische Erkrankungen, Medikamente oder andere Autoimmunkrankheiten entsteht. Die unterschiedlichen Formen einer Vaskulitis unterscheiden sich des Weiteren bezüglich ihrer Häufigkeit.
So erkranken jedes Jahr in Deutschland bis zu 20.000 Menschen an einer Entzündung in den großen Gefäßen. Frauen sind davon stärker betroffen als Männer. Die sekundäre Vaskulitis wird bei mehr als 10.000 Personen innerhalb Deutschlands jährlich diagnostiziert.
Ursachen
Bei den Ursachen ist eine gestörte Funktion des Immunsystems von Bedeutung. Für einige Formen einer Vaskulitis sind Antikörper verantwortlich, die sich gegen den eigenen Körper richten. Diese Autoantikörper können beispielsweise gegen die weißen Blutkörperchen kämpfen. Auch Immunkomplexe können eine Gefäßentzündung verursachen. In diesem Fall binden körpereigene Antikörper Medikamente oder Teilchen von Bakterien und lassen so Immunkomplexe entstehen, welche sich in den Wänden der Gefäße ablagern.
Dadurch werden die Gefäße geschädigt. Beispielsweise finden sich bei einigen Varianten dieser Erkrankung Hepatitisviren. Je nach Ausprägung der Vaskulitis werden anschließend Reaktionen ausgelöst wie Gefäßverschluss oder die Bildung von Aneurysmen, Granulome und Geschwüren.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Eine Vaskulitis führt zunächst zu unspezifischen Symptomen, die sich anschließend eindeutig erweitern. Vor allem macht sich im Anfangsstadium ein subjektives Krankheitsgefühl bemerkbar. Betroffene sind nicht mehr in üblicher Weise leistungsfähig.
Auch Fieber und Gelenkbeschwerden sind vorhanden. Ein plötzlicher Gewichtsverlust kann sich einstellen. Die Entzündung der Blutgefäße erweitert sich in wenigen Tagen um weitere Beschwerden – je nachdem welches Organ betroffen ist. Schmerzen und Anzeichen treten dann lokal auf. Patienten beschreiben gerade den Angriff auf das Herz, die Niere, die Lunge und das Nervensystem als äußerst schmerzhaft.
Am Herz kann sich eine Muskelentzündung einstellen, die von ständigen Brustschmerzen begleitet wird. Bei Nieren und der Lunge droht ein Funktionsverlust. Betroffene der Vaskulitis an den Nieren haben Blut im Urin. Ist das Lungengewebe entzündet, hustet man mehrmals täglich Blut.
Das Nervensystem wird von Lähmungen befallen. Auch stellen sich oft Krämpfe ein. Der Kopf und die Psyche leiden. Ein Schlaganfall ist möglich. Ist die Haut als größtes Organ betroffen, treten Hautrötungen und manchmal auch offene Hautstellen auf. Die verminderte Nährstoff- und Sauerstoffzufuhr erweist hier ihre Wirkung.
An den Muskeln sorgt die Vaskulitis für rheumatische Beschwerden. Am Magen, insofern betroffen, bestehen ständige Bauchschmerzen. Manchmal tritt auch eine Gefäßentzündung an den Augen auf. Dann sind Sehstörungen und ein Befall der Lederhaut möglich.
Diagnose & Verlauf
Bei Verdacht auf eine Vaskulitis stehen unterschiedliche Diagnosemethoden zur Verfügung. Es werden Laboruntersuchungen vorgenommen, da bei einer Gefäßentzündung der Wert der weißen Blutkörperchen, die Blutsenkungsgeschwindigkeit sowie der CRP-Wert steigen.
Ferner können auch andere charakteristische Blutwerte auf eine bestimmte Form einer Vaskulitis hinweisen. Darunter fallen Werte wie ANCA, Komplementwerte und Viren. Ein wichtiger Bestandteil der Diagnose ist ferner eine Probe des Gewebes bzw. eine Biopsie. Je nach der Ausprägungsart der Gefäßentzündung kann auch eine Röntgengefäßdarstellung zur Diagnose dienen.
Sind mittlere und große Gefäße erkrankt, können mithilfe von Röntgenkontrastmitteln charakteristische Veränderungen entdeckt werden. Wie sich die jeweilige Gefäßentzündung weiterentwickelt, hängt entscheidend von ihrer Ausprägung ab. Bei einer frühen Diagnose und konsequenten Therapie können jedoch die Beschwerden der meisten Formen einer Vaskulitis gemildert werden.
Komplikationen
Eine Vaskulitis kann zu vielen verschiedenen Beschwerden führen, die sich alle sehr negativ auf die Lebensqualität des Betroffenen auswirken. Die Patienten leiden dabei an starkem Fieber und ebenso an Schweißausbrüchen in der Nacht. Dadurch treten auch Schlafbeschwerden ein, sodass die meisten Patienten an einer Gereiztheit oder an Depressionen und anderen psychischen Verstimmungen leiden.
Weiterhin führt die Erkrankung zu einem starken Gewichtsverlust und weiterhin auch zu starken Schmerzen in den Gelenken. Es tritt eine allgemeine Schwäche auf, sodass sich die Betroffenen dauerhaft müde und abgeschlagen fühlen. Auch die Belastbarkeit nimmt deutlich ab. Die Patienten sind nicht mehr in der Lage, anstrengende körperliche Tätigkeiten zu verrichten oder an Sportarten teilzunehmen. Sollte die Vaskulitis schon bei einem Kind oder einem Jugendlichen auftreten, führt die Erkrankung zu einer deutlichen Verzögerung der Entwicklung.
In der Regel werden die Beschwerden mit Hilfe von Medikamenten abgeschwächt, wobei eine vollständige Heilung der Vaskulitis allerdings nicht erreicht werden kann. Weitere Komplikationen treten dabei nicht. Auch eine gesunde Ernährung kann sich dabei positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken. Ob die Vaskulitis zu einer verringerten Lebenserwartung beim Patienten führt, kann nicht universell vorausgesagt werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einer Vaskulitis ist der Betroffene in der Regel immer auf eine Behandlung durch einen Arzt angewiesen. Es kann bei dieser Krankheit nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen, sodass der Betroffene schon bei den ersten Symptomen oder Anzeichen der Erkrankung einen Arzt kontaktieren sollte. Nur durch einen frühzeitigen Beginn der Behandlung können weitere Komplikationen und Beschwerden vermieden werden.
Ein Arzt ist bei der Vaskulitis dann zu kontaktieren, wenn der Betroffene an einem plötzlichen Gewichtsverlust und an einem hohen Fieber leidet. Die Beschwerden treten ohne einen besonderen Grund auf und verschwinden auch nicht wieder von alleine. Weiterhin können auch starke Schmerzen in der Brust auf diese Krankheit hindeuten und sollten ebenso durch einen Mediziner untersucht werden. Die meisten Patienten zeigen bei der Vaskulitis auch einen blutigen Urin oder starke Krämpfe in den Muskeln, wobei auch Sehbeschwerden eintreten können.
Die Vaskulitis kann durch einen Allgemeinarzt erkannt werden, wobei die Behandlung selbst meist von einem Facharzt durchgeführt wird und sich nach der genauen Ausprägung der Beschwerden richtet. Ob es zu einer verringerten Lebenserwartung des Betroffenen kommt, kann nicht im Allgemeinen vorhergesagt werden.
Behandlung & Therapie
Die Behandlung der Vaskulitis passt sich an die Schwere und Ausdehnung der Erkrankung an. Häufig ist sie zwar nicht heilbar, kann aber sehr gut behandelt werden. Hierfür werden häufig starke Medikamente eingesetzt, sofern die Organe oder das Leben des Patienten bedroht sind. In den meisten Fällen muss Cortison eingenommen werden, dessen Dosis langsam reduziert wird.
Neben diesem Arzneimittel sind häufig Immunsuppressiva notwendig. Dies sind Medikamente, welche das zu aggressiv arbeitende Immunsystem bremsen sollen. Bei schweren Formen einer Vaskulitis ist die Einnahme von dem immunsuppressiven Medikament Cyclophosphamid daher nicht zu umgehen. Aufgrund der Stärke der Arzneimittel werden sie meist nicht länger als sechs Monate eingenommen.
Im Anschluss nimmt der Patient weniger aggressive Medikamente ein, um den verbesserten Gesundheitszustand zu halten. Den vielen Begleiterscheinungen der medikamentösen Behandlung wird mithilfe von Urin- sowie Blutkontrollen und einer bewussten Ernährung vorgebeugt.
Versagt die Standardtherapie, was etwa bei 10% aller Patienten passiert, stehen neue Ansätze zur Therapie zur Verfügung. Dazu gehören TNF-Blocker. Leichte Verläufe der Vaskulitis können bei einer frühen Diagnose mit weniger starken Arzneimitteln therapiert werden.
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Vorbeugung
Derzeit sind keine verlässlichen Maßnahmen bekannt, die einer Vaskulitis vorbeugen könnten. Besteht jedoch bereits eine Gefäßentzündung, ist es wichtig, potenzielle Rückfälle frühzeitig zu deuten. Durch eine schnelle Therapie kann so einem ungünstigen Verlauf vorgebeugt werden. Zu den ersten Warnsymptomen einer Vaskulitis gehören rheumatische Beschwerden, Nachtschweiß, gerötete Augen sowie eine unerklärliche Gewichtsabnahme oder Fieber.
Nachsorge
Weil eine Vaskulitis in den meisten Fällen nicht heilbar ist, sondern immer wieder neu aufflammen kann, sind bei betroffenen Patienten umfangreiche Nachsorgemaßnahmen notwendig, die sich nach dem konkreten Verlauf der Erkrankung und den betroffenen Gefäßen richten. Der Kern der Nachsorgebehandlung steht die Gabe von entzündungshemmenden Medikamenten wie Kortison.
Seit geraumer Zeit spielen auch sogenannte Biologicals, also moderne immunmodulierende Medikamente, eine immer größere Rolle. Diese Medikation in der Nachsorge hat das Ziel, den bis dahin erreichten Therapieerfolg zu erhalten und ein mögliches Wiederaufflammen der Vaskulitis zu verhindern. Je nach Therapieverlauf können unter enger ärztlicher Überwachung auch weitere Medikamente eingesetzt werden, die das Immunsystem des Patienten unterdrücken.
Je nach Art der betroffenen Gefäße kann die Nachsorge auch erweitert werden, um beispielsweise Erkrankungen des Herzens entgegenzuwirken. In vielen Fällen wird auch eine Kompressionstherapie angewandt. Dann wird betroffenen Patienten aufgegeben, Kompressionsstrümpfe zu tragen. Damit soll die Durchblutung der Gefäße verbessert werden, was einen mehrfachen positiven Effekt auf die Vaskulitis haben kann.
Einerseits verhindert die Kompressionstherapie, dass es zu weiteren Ablagerungen an den Wänden der Gefäße kommt. Andererseits wirkt sich die Kompression auch günstig auf den Heilungsprozess im Zusammenhang mit bereits bestehenden Entzündungsherden aus.
Das können Sie selbst tun
Je nach Ausmaß und Lokalisation der Vaskulitis bieten sich verschiedene therapeutische Maßnahmen an. Die ärztliche Behandlung, welche immer die Gabe von Medikamenten umfasst, kann durch verschiedene Selbsthilfe-Maßnahmen unterstützt werden.
Eine Vaskulitis kleiner Gefäße wird mittels Immunsuppressiva, Zytostatika, Antikörper und Steroide behandelt. Es gilt, die Neben- und Wechselwirkungen in einem Medikamententagebuch zu notieren und den Arzt über die Beschwerden zu informieren. Bei starken Nebenwirkungen muss die Behandlung abgebrochen bzw. auf ein anderes Präparat gewechselt werden. Bei einer Vaskulitis mittelgroßer und großer Gefäße müssen gegebenenfalls Gefäßwandprothesen eingesetzt werden. Die Patienten sind zu Schonung und Ruhe angehalten. Anstrengende körperliche Aktivitäten gilt es zu vermeiden, wobei regelmäßiges Aqua-Jogging oder Schwimmen die Heilung unterstützen kann.
Zudem sollte die Ernährung umgestellt werden. Ein entzündungssenkender Speiseplan mit pflanzlichen Ölen, wenig Fleisch und einer eiweißreichen Kost hemmt die Ausbreitung der innerlichen Entzündungen. Bei Sonderformen der Vaskulitis gelten spezifische Maßnahmen. So muss bei einer Endangiitis obliterans auf Nikotin verzichtet werden. Wichtig ist zudem eine Aufklärung über Risiken wie Schlaganfall, Herzinfarkt oder Nierenversagen. Bei einem medizinischen Notfall muss umgehend der Rettungsdienst gerufen werden.
Quellen
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Peter, H.-H., Pichler, W.J. (Hrsg.): Klinische Immunologie. Urban & Fischer, München 2012
- Schütt, C., Bröker, B.: Grundwissen Immunologie. Spektrum, Heidelberg 2011