Verbrauchskoagulopathie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 6. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Verbrauchskoagulopathie ist in einem Erkrankungsbereich angesiedelt, bei dem es um Störungen der Gerinnung geht. Die Gerinnungsfähigkeit des Blutes ist eine lebenswichtige Eigenschaft, welche bei der Verbrauchskoagulopathie in einem mehr oder weniger großen Umfang gestört ist.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Verbrauchskoagulopathie?

Die hohe Blutungsneigung bringt es mit sich, dass Erkrankte innerlich verbluten. Typisch sind Haut- und Schleimhautblutungen.
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Die Verbrauchskoagulopathie hat diese treffende Bezeichnung, weil diese Erkrankung zu einer Verringerung der sogenannten Gerinnungsfaktoren und der für die Blutgerinnung verantwortlichen Blutplättchen oder Thrombozyten einhergeht.

Die Zusammenklumpung von Blutplättchen (Koagulation) trägt bei einer Verletzung dazu bei, dass sich eine Wunde schnell verschließt und das an die Luft tretende Blut sich verfestigen kann. Bei einer Verbrauchskoagulopathie kommt es zu einer Erhöhung der Gerinnungsbereitschaft, welche sich innerhalb der Blutgefäße deutlich macht.

Zu den bei einer Verbrauchkoagulopathie zusätzlich aufgebrauchten Gerinnungsfaktoren gehören die im Blutplasma gelösten oder auf den Thrombozyten vorliegenden Eiweiße wie Fibrinogen, Proakzelerin, Prothrombin und weitere.

Ursachen

Die Verbrauchskoagulopathie ensteht meist im Zusammenhang mit verschiedenen Vorerkrankungen, welche zu Unregelmäßigen im Gerinnungssystem führen. Da sich bei der Verbrauchskoagulopathie immer eine Verbindung zu anderen gesundheitlichen Störungen finden lässt, ist dieses Krankheitsbild nicht eigenständig.

Sowohl die akute als auch die chronisch verlaufende Verbrauchskoagulopathie können durch einen Schwund des Lebergewebes (Leberzirrhose), Vergiftungen oder sogenannter Hämoblastosen auftreten. Gerade die Leber ist maßgeblich an der Produktion der Gerinnungsfaktoren beteiligt, sodass bei einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit eine Verbrauchskoagulopathie entsteht.

Weitere Ursachen für eine Verbrauchskoagulopathie sind ein Schock sowie eine schwere Ausprägung der Blutvergiftung, eine akute Leukämie, ein extremer Blutverlust durch umfangreiche Verletzungen, eine akut auftretende Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) und die Fruchtwasserembolie.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Symptome der Verbrauchskoagulopathie zeigen sich als Begleiterscheinung zu anderen Erkrankungen. Kommen sie auf, verweisen sie regelmäßig auf lebensgefährliche Komplikationen. Die hohe Blutungsneigung bringt es mit sich, dass Erkrankte innerlich verbluten. Typisch sind Haut- und Schleimhautblutungen. Äußerlich sind Hämatome beziehungsweise blaue Flecken sichtbar, die überall am Körper auftreten können.

Die Endglieder der Zehen und Finger verfärben sich bläulich. Nicht selten treten zusätzlich Blutungen an inneren Organen auf. Betroffen sind die Nieren, der Magen und der Darm. In schweren Fällen kommt es zum akuten Leberversagen. Darüber hinaus entstehen unspezifische Begleiterscheinungen. Neben Fieber können infolge der Mangelversorgung mit Sauerstoff auch Ohnmacht und Atemnot aufkommen. Der Kreislauf bricht dann regelmäßig zusammen.

Die Liste der Erkrankungen, die die Verbrauchskoagulopathie entstehen lassen, ist lang. Infektiöse Patienten begünstigen sie genauso wie Personen, die einen Schock erlitten haben. Nachgewiesen ist die Folgeerkrankung auch nach schweren Verbrennungen oder einem Hitzeschlag.

Wessen Körper in der Folge einer Operation große Mengen an Prothrombinaktivatoren freisetzt, riskiert ebenso eine Störung der Gerinnung. Frauen leiden bei Geburtskomplikationen wie einer Fruchtwasserembolie manchmal an der Verbrauchskoagulopathie. Auch eine Krebserkrankung im fortgeschrittenen Stadium kann ein Entstehen verursachen.

Diagnose & Verlauf

Beim Verlauf der Verbrauchskoagulopathie geht es um drei Stadien, welche als krankhafte Aktivierung der Blutgerinnung, eine Fehlen an Gerinnungsfaktoren und eine Unfähigkeit der Gerinnungsfähigkeit kategorisiert werden.

Bei der letzten Phase der Verbrauchskoagulation stehen die im Gerinnungsprozess an oberster Stelle befindlichen Faktoren sowie die Thrombozyten und das Antithrombin nicht mehr in ausreichender Quantität zur Verfügung. In Folge dessen tritt bei den von einer Verbrauchskoagulopathie betreffenen ein Schock ein, welcher ein Multiorganversagen herbei führt. Im Gegensatz dazu kann eine Verbrauchskoagulopathie dazu führen, dass Menschen verbluten, weil die sogenannte Blutungsneigung extrem hoch ist.

Für die Diagnose der Verbrauchskoagulopathie sind die speziellen Krankheitssymptome ausschlaggebend. Diese werden bei der Verbrauchskoagulopathie durch labortechnische Tests (mengenmäßige Bestimmung der Thrombozyten, Gerinnungstests mit Blutplasma)untermauert.

Komplikationen

Bei der Verbrauchskoagulopathie leiden die Betroffenen in der Regel an einer starken Blutgerinnungsstörung. Dabei benötigt das Blut einen relativ langen Zeitraum, um zu gerinnen, sodass Blutungen nicht ohne Weiteres gestoppt werden können. Dabei kann es schon bei sehr leichten Verletzungen oder Schnitten zu starken Blutungen kommen, die im schlimmsten Fall zum Verbluten und damit zum Tode des Betroffenen führen können.

Weiterhin treten häufig Hautblutungen auf, sodass die Betroffenen auch an ästhetischen Beschwerden leiden. Viele Patienten fühlen sich damit unwohl und leiden auch an Minderwertigkeitskomplexen oder an einem deutlich verringerten Selbstwertgefühl. Die Haut kann sich durch die Verbrauchskoagulopathie blau färben, da die inneren Organe nicht mehr mit genügend Sauerstoff versorgt werden.

Auch Blutungen an den inneren Organen selbst treten nicht selten auf und können die jeweiligen Organe schwerwiegend beschädigen. Vor allem bei operativen Eingriffen müssen die Patienten ihren Arzt über die Verbrauchskoagulopathie rechtzeitig informieren. Die Behandlung der Verbrauchskoagulopathie muss in der Regel nur dann erfolgen, wenn es tatsächlich zu Blutungen kommt. Dabei sind die Betroffenen auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Weitere Komplikationen treten dabei in der Regel nicht auf.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Da es bei einer Verbrauchskoagulopathie nicht zu einer selbstständigen Heilung kommen kann, sollte der Betroffene bei dieser Krankheit immer einen Arzt aufsuchen. Nur so können weitere Komplikationen oder Beschwerden verhindert werden, sodass schon bei den ersten Symptomen oder Anzeichen der Erkrankung ein Arzt kontaktiert werden sollte. Eine frühzeitige Diagnose wirkt sich immer positiv auf den weiteren Verlauf dieser Erkrankung aus.

Ein Arzt ist bei der Verbrauchskoagulopathie dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an blauen Flecken am gesamten Körper leidet. Diese blauen Flecken treten ohne einen besonderen Grund auf und verschwinden meist auch nicht wieder von alleine. Ebenso kommt es durch die Krankheit zu hohem Fieber und weiterhin auch zu Leberversagen, sodass auch diese Beschwerden auf die Verbrauchskoagulopathie hinweisen können. Vor allem nach einem Hitzschlag oder nach einer starken Verbrennung können diese Symptome eintreten und sollten von einem Arzt untersucht werden.

Die erste Untersuchung kann durch einen Allgemeinarzt durchgeführt werden. Bei der weiteren Behandlung ist meist der Besuch eines Facharztes notwendig. Ob es durch die Erkrankung zu einer verringerten Lebenserwartung kommt, kann nicht allgemein vorhergesagt werden.

Behandlung & Therapie

Üblicherweise geht eine Verbrauchskoagulopathie immer als Folgeerscheinung einer anderen Erkrankung oder eines operativen Eingriffs sowie eines Unfalls mit einer starken Dezimierung der Blutmenge einher.

Aus diesem Grund ist eine greifbare Therapie der Verbrauchskoagulopathie nicht immer einfach umzusetzen. Bei der Therapie einer Verbrauchskoagulopathie steht zu allererst die Behandlung der ursächlichen Erkrankung im Vordergrund. Die Behandlungen der Verbrauchskoagulopathie basieren insbesondere auf der Erzielung von Effekten, welche die Risiken einer Verbrauchskoagulopathie reduzieren.

In diesem Bezug ist es naheliegend, zunächst die verlustig gegangenen Gerinnungsfaktoren einschließlich der Thrombozyten wieder "aufzufüllen". Zur Verfügung stehen für diesen Zweck spezielle Thrombozytenkonzentrate, welche per Infusion verabreicht werden können. Die Blutspendeeinrichtungen und Kliniken halten für diese lebensbedrohlichen Notfälle ein sogenanntes Fresh-Frozen (frisch eingefrorenes) Plasma bereit, welches schnell aufgetaut und infundiert werden kann.

Dieses Plasma ist nicht nur mit Thrombozyten angereichert, sondern enthält gegen eine Verbrauchskoagulopathie ebenfalls große Konzentrationen an Gerinnungsfaktoren. Die Behandlung einer Verbrauchskoagulopathie erfordert eine permanente medizinische Überwachung und wird daher auf den Intensivstationen durchgeführt.

Wurde bei einer Verbrauchskoagulopathie festgestellt, dass eine Thrombopenie (Anzahl der Blutplättchen unter dem Normalwert) und eine Störung der Funktion der Thrombozyten vorliegen, erfolgte eine Therapie mit Desmopressin. Tritt eine Verbrauchskoagulopathie in Folge einer Vergiftung mit Kumarin auf, wird Vitamin K gegeben.


Vorbeugung

Einer Störung der Blutgerinnung, welche eine Verbrauchskoagulopathie bedingen kann, ist nur schwer vorzubeugen. Menschen, welche unter den dargestellten Symptomen leiden, sollten eine möglichst gesunde Lebensweise aufbauen und regelmäßig die Gerinnungswerte kontrollieren lassen. Außerdem leben Patientinnen und Patienten mit klassischen Krankheiten, welche eine Verbrauchskoagulopathie begründen, mit einem erhöhten Risiko, welches unbedingt ernst genommen werden muss.

Nachsorge

Je nachdem wie schwerwiegend die Krankheit ist, besteht für die Betroffenen stets die Gefahr, dass plötzlich unstillbare Blutungen auftreten. Es kann durch innere Verletzungen zu schweren Beeinträchtigungen der Betroffenen kommen. Erkrankte sollten sich dringend einem Entzug von Alkohol unterziehen, da es sonst zu schwerwiegenden Komplikationen und einer raschen Verschlimmerung der Erkrankung kommen kann.

Betroffene sollten den Umgang mit Familie und Freunden stets pflegen und diese ausreichend über die Erkrankung aufklären. In Notfällen können die Angehörigen dann sofort handeln. Auch in sonstigen Situationen, in denen Betroffene Hilfe benötigen, können sie diese dann bei Angehörigen erfragen. Daher sollten sie stets einen Ausweis bei sich führen, in dem aufgeführt ist, welche Medikamente sie einnehmen. Im Notfall können Ärzte dann sofort richtig handeln.

Die Ernährung sollte sehr ausgewogen und vitaminreich sein, genügend Sport ist ebenfalls unterstützend zur Genesung. Wichtig ist, dass Betroffene lernen mit der Erkrankung zu leben. Dafür kann eine dauerhafte psychologische Beratung sinnvoll sein. Auch eine Selbsthilfegruppe wäre zu empfehlen. Dort können Betroffene sich mit anderen Erkrankten austauschen und andere Wege finden, wie sie mit der Krankheit leben können.

Das können Sie selbst tun

Anpassungen im Alltag an die Verbrauchskoagulopathie hängen davon ab, in welchem Ausmaß die Krankheit vorliegt. Es besteht hierbei grundsätzlich immer die Gefahr von nur schwer stillbaren Blutungen. Dies kann bei den Patienten im Fall von inneren Verletzungen zu schwerwiegenden Komplikationen führen.

Falls die Verbrauchskoagulopathie erblich bedingt ist, ist die ursächliche Behandlung nicht möglich. In dem Fall, in dem die verminderte Gerinnungsfähigkeit vom Blut auf eine Einnahme bestimmter Arzneimittel beruht oder sogar auf Alkoholmissbrauch, sollte über alternative Behandlungsmethoden oder im gegebenen Fall ein Alkoholentzug in Betracht gezogen werden. Bei einer künstlich herbeigeführten Blutverdünnung aufgrund von der Einnahme sogenannter Koagulationshemmer besteht notwendige erhöhte Aufmerksamkeit, um jegliche Verletzungen aufgrund des erhöhten Blutungsrisikos möglichst zu vermeiden. Auch ist es empfehlenswert, dass Betroffene einen speziellen Ausweis mit sich führen, in dem vermerkt ist, das sie koagulationshemmende Medikamente einnehmen.

Sollte die Verbrauchskoagulopathie einer Krankheit zugrunde liegen, wie beispielsweise einer Sepsis, sollten dringendst die auslösenden Erreger behandelt sowie beseitigt werden. Geschieht das nicht, können schwerwiegende Komplikationen auftreten, besonders ein akutes Nierenversagen ist möglich.

Betroffene können zudem eine Besserung der Symptome erzielen indem sie sportliche Aktivitäten in ihren Alltag einbauen. Außerdem ist eine gesunde Ernährung für Betroffene wichtig, denn diese hilft bei der Vermeidung von Mineralstoff- und Vitaminmangel.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Netter, F.H. et. al.: NETTERs Allgemeinmedizin. Thieme, Stuttgart 2006
  • Nixdorff, U.: Check-Up-Medizin. Thieme, Stuttgart 2009

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