Vogelhalterlunge

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Anders als die Staublunge bei Bergarbeitern ist die Vogelhalterlunge als Erkrankung noch weitgehend unbekannt. Ihrem Namen verdankt sie dem Umstand, dass häufig Menschen, die regelmäßig in Kontakt mit Vögeln kommen, unter ihr leiden.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Vogelhalterlunge?

Die schleichend auftretende chronische Form der Vogelhalterlunge macht sich durch eher grippeähnliche Symptome bemerkbar. Dabei kann es neben Gliederschmerzen und Müdigkeit zu einem Gewichtsverlust sowie zu einem allgemeinen Gefühl der Schwäche und Abgeschlagenheit kommen.
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Die Vogelhalterlunge wird gelegentlich auch als Taubenzüchterkrankheit oder Vogelzüchterlunge bezeichnet. In der medizinischen Fachsprache heißt sie exogene allergische Alveolitis beziehungsweise ist eine von mehreren Formen dieser. Bei der Vogelhalterlunge sind die Alveolen, also die Lungenbläschen, als Folge einer allergischen Reaktion entzündet.

Die allergische Reaktion entsteht im Allgemeinen durch die Einatmung von Feinstaub, etwa von chemischen Substanzen oder organischen Stäuben. Im konkreten Fall der Vogelhalterlunge wird die allergische Reaktion und die damit verbundene Entzündung aber durch die Inhalation von tierischen Proteinen, die im vom Kot und den Federn von Vögeln aufgewirbelten Staub vorkommen, verursacht.

Dadurch unterscheidet sie sich von ähnlichen Krankheiten wie der Chemiearbeiterlunge, der Farmerlunge oder der Luftbefeuchterlunge die ebenfalls als exogene allergische Alveolitis kategorisiert werden, aber andere Ursachen haben. Eine Vogelhalterlunge kann entweder akut oder schleichend auftreten und mitunter chronisch sein.

Ursachen

Die eigentliche Ursache für eine Vogelhalterlunge ist eine Immunreaktion in der Lunge. Diese wird durch die Einatmung von bestimmten Allergenen verursacht, die sich im von dem Kot sowie den Federn von Vögeln verursachten Staub befinden. Wird dieser Staub dann eingeatmet, gelangt er in die Lunge und mit ihm bestimmte tierische Proteine. Diese lösen dort eine sogenannte Immunkomplexreaktion vom Typ III aus, die wiederum eine entzündliche Reaktion des Lungengewebes zur Folge hat.

Durch die Immunkomplexreaktion vom Typ III wird fälschlicherweise das sogenannte Komplementsystem aktiviert, welches als Teil des menschlichen Immunsystems der Ausschaltung von zellulären Antigenen wie beispielsweise Bakterien dient. Der Organismus bekommt auf diese Weise vermittelt, dass eine Gefahr für die Lunge besteht und reagiert mit einer Entzündung des Gewebes, die wiederum weitere Symptome mit sich bringt.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei der akuten Form der Vogelhalterlunge treten die ersten Symptome in der Regel 4 bis 8 Stunden nach dem ersten Kontakt mit den Allergenen auf. Die Symptome ähneln denen einer Lungenentzündung und reichen von Husten, der in manchen Fällen von Auswurf begleitet wird, über Fieber und Atembeschwerden bis hin zu einem erhöhten Puls. Die Symptome klingen nach Beendigung des Kontakts in der Regel innerhalb weniger Tage wieder ab.

Die schleichend auftretende chronische Form der Vogelhalterlunge macht sich hingegen durch eher grippeähnliche Symptome bemerkbar. Dabei kann es neben Gliederschmerzen und Müdigkeit zu einem Gewichtsverlust sowie zu einem allgemeinen Gefühl der Schwäche und Abgeschlagenheit kommen. Die Symptome treten dann im Gegensatz zur akuten Erkrankung in abgeschwächter Form und schubweise auf.

Bei anhaltendem Kontakt mit dem Allergen kann es zu einer Fibrose, also einer nachhaltigen Veränderung des Lungengewebes kommen, die wiederum chronischen Husten, Atemnot auch bei normaler Belastung sowie Beschwerden am Herzen zur Folge haben kann.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Die Diagnose einer Vogelhalterlunge erfolgt zumeist durch den Ausschluss anderer infrage kommender Krankheitsbilder sowie verschiedener Untersuchungen. Allein die Information, dass der Betroffene häufigen Umgang mit Vögeln hat, führt den behandelnden Arzt meistens schon auf die richtige Spur. Das Abhören der Lungen, das Röntgen des Thorax sowie der Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen das eingeatmete Tierprotein im Körper machen die Diagnose dann meist eindeutig.

Komplikationen

Eine Vogelhalterlunge führt zu schwerwiegenden Beschwerden und muss immer behandelt werden. In vielen Fällen leiden die Betroffenen dadurch allerdings an einer deutlich verringerten und eingeschränkten Lebenserwartung. Die Beschwerden können unterschiedlich ausfallen und hängen dabei von der Ausprägung der Erkrankung ab.

Sie ähneln allerdings stark den Beschwerden einer Lungenentzündung, sodass die Patienten an Husten oder an einem Auswurf leiden. Auch Fieber oder starke Atembeschwerden treten durch die Vogelhalterlunge auf und wirken sich dabei sehr negativ auf den Alltag des Betroffenen aus. In der Regel werden die Symptome dabei durch den Kontakt mit dem Allergen noch weiter verstärkt.

Wird der Kontakt vermieden, so verschwinden die Beschwerden meist nach einigen Tagen. Sollte die Vogelhalterlunge nicht behandelt werden, so kann sie auch unter gewöhnlicher Belastung zu deutlichen Atemproblemen führen. Es kommt zu einer starken Müdigkeit und Abgeschlagenheit des Betroffen.

Da eine direkte und kausale Behandlung der Vogelhalterlunge nicht möglich ist, können nur die einzelnen Symptome behandelt werden. Dabei kommt es in der Regel nicht zu besonderen Komplikationen. Allerdings wird ein vollständig positiver Krankheitsverlauf nicht erreicht.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Bei der Vogelhalterlunge ist immer ein Besuch bei einem Arzt notwendig. Je früher der Arzt aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf bei dieser Krankheit. Sollte es nicht zu einer Behandlung kommen, so kann es im schlimmsten Fall zum Tod des Betroffenen kommen. Ein Arzt ist bei dieser Krankheit dann zu kontaktieren, wenn der Betroffene sehr oft an einer Entzündung der Lunge leidet.

In den meisten Fällen kommt es auch sehr häufig zu einem starken Husten und zu dauerhaften Atembeschwerden. Auch der Alltag und die Belastbarkeit des Patienten ist durch die Vogelhalterlunge erheblich eingeschränkt. Nicht selten tritt eine dauerhafte Müdigkeit auf und die Patienten leiden an den Symptomen einer Grippe und weiterhin auch an einem Gewichtsverlust. Falls diese Symptome ohne einen besonderen Grund auftreten und auch nicht wieder von alleine verschwinden, muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden.

In der Regel kann die Vogelhalterlunge von einem Allgemeinarzt oder einem HNO-Arzt erkannt werden. Die weitere Behandlung richtet sich jedoch stark nach der Ausprägung der Beschwerden, sodass keine allgemeine Voraussage über den Erfolg gemacht werden kann. In vielen Fällen ist jedoch die Lebenserwartung des Patienten durch diese Krankheit verringert.

Behandlung & Therapie

Das absolut Wichtigste bei der Behandlung einer Vogelhalterlunge ist die sofortige und dauerhafte Vermeidung des Kontakts mit dem Allergen, also dem Staub des Kots und der Federn von Vögeln. Menschen, die beruflich mit der Haltung von Vögeln zu tun haben, müssen dann unter Umständen ihren Beruf aufgeben beziehungsweise wechseln.

Ohne den Verzicht auf den Kontakt mit dem Allergen ist eine erfolgreiche Behandlung nahezu ausgeschlossen. Im Falle eines chronischen Verlaufs ist die Gabe von Glukokortikoiden das Mittel der Wahl. Diese Steroidhormone, die in der Nebennierenrinde produziert werden, hemmen die Entzündungsreaktionen in der Lunge und damit auch die auftretenden Symptome.

Schwere Formen der chronischen Vogelhalterlunge können mit Immunsuppressiva behandelt werden. Diese hemmen die normale Funktion des Immunsystems und können so auch die für die Vogelhalterlunge und ihre entzündlichen Reaktionen verantwortliche Immunkomplexreaktion vom Typ III verhindern. Auch eine sich bereits im Entstehen befindliche irreparable Veränderung des Lungengewebes kann dadurch in ihrer Entstehung verlangsamt werden.


Vorbeugung

Der Entstehung einer Vogelhalterlunge kann nur insofern vorgebeugt werden, dass der Kontakt mit Vögeln gänzlich vermieden wird. Da man allerdings vor dem ersten Kontakt mit Vögeln beziehungsweise vor dem Auftreten der ersten Symptome gar nicht mit Sicherheit wissen kann, dass die Krankheit überhaupt ausbrechen wird, ist eine solche Sicherheitsmaßnahme reichlich übertrieben. Eine weitere mögliche Präventionstaktik wäre die Vermeidung des Einatmens des Vogelstaubs, was sich in der Praxis aber als äußerst schwierig erweisen könnte.

Die Vogelhalterlunge kommt häufig bei Menschen vor, die beruflich mit Vögeln zu tun haben. Aufgrund ihrer möglichen schwerwiegenden Folgen für die Gesundheit ist sie eine meldepflichtige Berufskrankheit. Aber auch Hobbyzüchter können an ihr erkranken und sollten bereits erste Symptome ernst nehmen, da ein langfristiger Kontakt schlimme Folgen für die Lunge und das Herz haben kann.

Nachsorge

Diese Erkrankung war eine Herausforderung für das Immunsystem, insbesondere, wenn der Patient intensiven Kontakt zu Vögeln pflegte und/oder die Diagnose erst spät gestellt wurde. Selbst wenn die Tiere abgegeben und die Bettwäsche ausgetauscht wurden, ist es möglich, dass sich im Haushalt noch Spuren der Allergene finden. Daher sollte zumindest im ersten Jahr der Nachsorge einer Vogelhalterlunge im Umfeld des Betroffenen besonders auf Hygiene und Sauberkeit geachtet werden.

Falls möglich, empfiehlt sich eine professionelle Reinigung. Um das Immunsystem zu unterstützen und um chronischen Lungenschäden vorzubeugen, hilft es den Patienten, wenn sie auf einen gesunden Lifestyle achten und nicht rauchen, dafür aber viel Zeit in der Natur und an der frischen Luft verbringen. Empfehlenswert sind auch der Verzicht auf Alkohol und sportliche Aktivitäten, soweit es der körperliche Allgemeinzustand zulässt.

Natürlich gehören zu einem gesunden Lebensstil auch eine vitaminreiche Ernährung, ausreichend Schlaf und so wenig Stress wie möglich. Ausleitende und entgiftende Maßnahmen sind in der Nachsorge einer Vogelhalterlunge ebenfalls hilfreich. Naturheilkundliche arbeitende Ärzte oder Heilpraktiker können hier entsprechende Mittel empfehlen.

Selbst Saunagänge, Dampfbäder oder auch schweißtreibende Arbeit beziehungsweise Sport entgiften den Organismus. Wasserreiches Obst und Gemüse wirken ebenfalls entgiftend. Solche Ausleitungsprozesse sollten vom Patienten durch das Trinken von eineinhalb bis zwei Litern Wasser täglich unterstützt werden.

Das können Sie selbst tun

Wurde eine Vogelhalterlunge diagnostiziert, muss der Allergenkontakt komplett vermieden werden. Vogelhalter und -züchter müssen gegebenenfalls ihre Tiere abgeben, um ein Fortschreiten der Erkrankung zu vermeiden. Außerdem sollten Federbetten und Federkopfkissen aus der Wohnung entfernt werden. Zur Vermeidung von Schimmelpilzen müssen außerdem Topfpflanzen, Aquarien und Lebensmittel, die anfällig für Schimmel sind, entsorgt werden.

Die Vogelzüchterlunge ist meldepflichtig. Betroffene Personen kontaktieren zügig die zuständige Behörde sowie Personen, die unter Umständen ebenfalls mit den Tieren in Kontakt gekommen sind. Die Allergie kann gut behandelt werden, insofern der Patient die genannten Maßnahmen einhält und den Arzt über ungewöhnliche Symptome informiert. Typisch sind Atembeschwerden und Hautveränderungen, die ärztlich behandelt werden müssen. Geeignete Selbsthilfe-Maßnahmen sind Sport und viel Bewegung an der frischen Luft.

Nach der Diagnose sollten die Patienten sich schonen, bis die Beschwerden abgeklungen sind. Dies kann einige Wochen bis Monate dauern. Wenn im Zusammenhang mit der Erkrankung Herz-Kreislauf-Beschwerden auftreten, muss der zuständige Internist oder Allergologe aufgesucht werden. Die Gabe von Glukokortikoiden kann durch eine regelmäßige Flüssigkeitsaufnahme und das Anlegen eines Medikamententagebuchs unterstützt werden, in welchem etwaige Neben- und Wechselwirkungen notiert werden.

Quellen

  • Bungeroth, U.: BASICS Pneumologie. Urban & Fischer, München 2010
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Steffen, H.-M. et al.: Internistische Differenzialdiagnostik. Schattauer, Stuttgart 2008

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