Acitretin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. Mai 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Acitretin wird bei der Behandlung der Schuppenflechte und bei anderen Krankheiten angewendet. Chemisch gehört es zur Gruppe der Retinoide und ist strukturell mit dem Vitamin A verwandt.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Acitretin?

Acitretin wird bei der Behandlung der Schuppenflechte und bei anderen Krankheiten angewendet.

Acitretin ist ein Derivat von Retinol, dem Vitamin A. Neben vielfältigen Einflüssen auf körperliche Funktionen spielt Vitamin A insbesondere eine wichtige Rolle bei der Gewährleistung der Gesundheit von Haut und Schleimhäuten.

So sorgt Retinol für die normale Zellteilung in der Haut und beugt außerdem DNA-Schäden in den Hautzellen vor. Aufgrund seiner chemischen Verwandtschaft mit Retinol zeigt Acitretin die gleiche Wirkung auf das Hautwachstum und wird deshalb bei Hauterkrankungen, insbesondere bei Schuppenflechte (Psoriasis) als Arzneimittel angewendet.

Die Anwendung erfolgt durch die Einnahme von acitretinhaltigen Kapseln, wobei der freigesetzte Wirkstoff regulierenden Einfluss auf bestimmte anomale Prozesse in der Haut ausübt. Acitretin kann die Hauterkrankungen zwar nicht heilen, aber die Symptome der ungewöhnlichen Zellteilungsaktivitäten bekämpfen.

Pharmakologische Wirkung

Wie bereits erläutert, reguliert Acitretin die Zellteilungsgeschwindigkeit von Hautzellen. So ist die Schuppenflechte eine Hautkrankheit, die auf einer Fehlregulierung der Zellneubildung in der Haut beruht.

Die Ursachen für eine Psoriasis sind vielfältig. Neben genetischen Faktoren spielen Autoimmunreaktionen und Medikamenteneinflüsse eine Rolle. Es ist eine systemische Erkrankung, die sich letztendlich in einer ungeordneten und beschleunigten Zellteilungsrate der Hautzellen äußert. Die gesunde Haut erneuert sich innerhalb von 28 tagen durch Zellteilung. Dabei gelangen die Hornschicht bildenden Zellen (Keratinozyten) durch die Haut an die Oberfläche und werden zu Hornzellen. Beim Waschen oder Reiben werden die abgestorbenen Hornzellen gut entfernt.

Bei der Schuppenflechte teilen sich die Keratozyten verstärkt, während sich die Umwandlung in Hornzellen auf 3-5 Tage verkürzt. Dabei bewirken beide Prozesse eine intensive Schuppenbildung. Acitretin reguliert die unkontrollierte Vermehrung der Hautzellen und sorgt gleichzeitig für das langsame Ausreifen der neuen Zellen.

Weiterhin wirkt Acitretin direkt Hornhaut ablösend. Dieser Effekt macht sich bereits nach wenigen Tagen der Behandlung bemerkbar. Allerdings ist der zugrunde liegende Mechanismus nicht klar. Nach Absetzen des Medikamentes beginnt der Prozess wieder von Neuem. So werden die Symptome zwar gelindert, der Krankheitsprozess an sich wird aber nicht geändert.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Das Haupteinsatzgebiet von Acitretin ist die Behandlung von schweren Formen der Schuppenflechte, wenn andere Behandlungsmethoden nicht mehr greifen. Dabei wird das Medikament in Form von Kapseln oral verabreicht.

Der Wirkstoff besitzt eine Bioverfügbarkeit von ca. 60 Prozent und ist im Blut zu 99 Prozent an Plasmaproteine gebunden. Die Halbwertzeit von Acitretin im Körper beträgt ungefähr 49 Stunden. Am wirksamsten ist eine Dosis oberhalb von 10 mg pro Tag. Abhängig vom Körpergewicht besteht ein Wirkungsoptimum bei ca. 50 mg pro Tag. Dabei ist zu beachten, dass die Wirkung frühestens nach 4-6 Wochen eintritt.

Nach 2-3 Monaten kommt es in 80 Prozent der Fälle zum vollständigen Verschwinden der Symptome. Die Ursache der Erkrankung bleibt allerdings weiter bestehen, sodass es eine rein symptomatische Behandlung ist. Weitere Indikationen sind bei schweren, zum Teil jedoch seltenen, Hauterkrankungen angezeigt.

Darunter zählen Erkrankungen mit schweren Ekzemen, genetisch bedingte Hauterkrankungen und auch bestimmte Krebsformen, wie das Basalzellkarzinom oder das kutane T-Zell-Lymphom. Auch diese Erkrankungen können mit Acitretin nur symptomatisch behandelt werden.


Verabreichung & Dosierung

Acitretin ist ein Retinoid, das zur Behandlung von schweren Hauterkrankungen wie Psoriasis und Ichthyose eingesetzt wird. Bei der Verabreichung und Dosierung von Acitretin gibt es einige wichtige Aspekte zu beachten:

Dosierung: Die Dosierung richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und dem Ansprechen des Patienten. Üblicherweise liegt die Anfangsdosis zwischen 25 und 50 mg pro Tag. Die Dosis kann je nach Bedarf und Verträglichkeit angepasst werden, jedoch sollte sie 75 mg täglich nicht überschreiten.

Einnahme: Acitretin sollte zu einer Mahlzeit eingenommen werden, um die Aufnahme zu verbessern. Es ist wichtig, die Kapseln im Ganzen mit Wasser zu schlucken und nicht zu zerkauen.

Nebenwirkungen: Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören trockene Haut, Lippenentzündungen und Haarausfall. Schwere Nebenwirkungen wie Leberschäden und erhöhte Blutfettwerte können auftreten. Regelmäßige Blutuntersuchungen sind daher notwendig, um Leberwerte und Blutfette zu überwachen.

Schwangerschaft: Acitretin ist stark teratogen und darf während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine wirksame Empfängnisverhütung anwenden, nicht eingenommen werden. Eine Schwangerschaft muss für mindestens drei Jahre nach Beendigung der Behandlung vermieden werden.

Wechselwirkungen: Vorsicht ist geboten bei gleichzeitiger Einnahme von Alkohol und bestimmten Medikamenten, die die Wirkung von Acitretin beeinträchtigen können.

Eine enge Überwachung durch den behandelnden Arzt ist bei der Anwendung von Acitretin unerlässlich.

Risiken & Nebenwirkungen

Wie bei den meisten Medikamenten treten auch bei der Anwendung von Acitretin gegebenenfalls Nebenwirkungen auf. Absolut kontraindiziert ist der Einsatz dieses Medikaments während der Schwangerschaft und der Stillperiode, weil Acitretin hochgradig teratogen (fruchtschädigend) wirkt.

Da bei Überdosierungen, wie bei Vitamin A, auch Vergiftungserscheinungen eintreten können, ist die Anwendung von Acitretin bei Lebererkrankungen, Fettstoffwechselstörungen, Diabetes, Niereninsuffizienz und natürlich bei Überempfindlichkeiten gegen den Wirkstoff zu vermeiden.

Besonders auch die kombinierte Anwendung mit Tetracyclinen (Breitspektrum-Antibiotika) oder Methotrexat (immunsuppressiv wirksames Zytostatikum) ist kontraindiziert. Auch bei erlaubtem Einsatz können unerwünschte Wirkungen, wie Mundtrockenheit, Rhinitis, Nasenbluten, Hauttrockenheit, Sehstörungen und erhöhte Cholesterin- sowie Leberwerte auftreten. Bei Langzeittherapie kann es zu Verknöcherungen kommen. Außerdem erhöht sich bei Acitretineinsatz die Sonnenempfindlichkeit der Haut.

Kontraindikationen

Acitretin ist ein potentes Retinoid zur Behandlung schwerer Hauterkrankungen. Es gibt jedoch mehrere Kontraindikationen, die seine Anwendung bei bestimmten Patienten einschränken. Zu den wichtigsten Kontraindikationen gehören:

Schwangerschaft und Stillzeit: Acitretin ist stark teratogen und kann schwere Missbildungen beim Fötus verursachen. Es ist streng kontraindiziert bei Schwangeren und Frauen, die in naher Zukunft schwanger werden möchten. Zudem darf es während der Stillzeit nicht angewendet werden, da es in die Muttermilch übergehen und das Baby schädigen kann.

Lebererkrankungen: Patienten mit aktiven Lebererkrankungen oder dauerhaft erhöhten Leberenzymen sollten Acitretin nicht einnehmen, da das Medikament die Leber weiter schädigen kann.

Schwere Nierenerkrankungen: Da Acitretin über die Nieren ausgeschieden wird, ist Vorsicht bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz geboten.

Chronisch hohe Blutfettwerte: Patienten mit dauerhaft erhöhten Blutfettwerten (Hyperlipidämie) sollten kein Acitretin einnehmen, da das Medikament diese Werte weiter erhöhen kann.

Gleichzeitige Anwendung anderer Retinoide oder Vitamin-A-Präparate: Die gleichzeitige Einnahme anderer Retinoide oder hoher Dosen von Vitamin A kann das Risiko für Toxizität erhöhen und sollte vermieden werden.

Es ist entscheidend, dass Patienten, die Acitretin in Erwägung ziehen, umfassend von einem Arzt beraten werden, um die Risiken und potenziellen Nebenwirkungen richtig zu verstehen und zu minimieren.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Acitretin kann mit verschiedenen Medikamenten interagieren, was die Wirkung des Medikaments oder der gleichzeitig eingenommenen Substanzen verändern kann. Einige der wichtigsten Wechselwirkungen sind:

Methotrexat: Die Kombination von Acitretin und Methotrexat kann das Risiko für Leberfunktionsstörungen erheblich erhöhen. Deshalb sollte diese Kombination vermieden werden.

Tetrazykline: Die gleichzeitige Einnahme von Acitretin und Tetrazyklinen (Antibiotika) kann zu einem erhöhten Hirndruck (Pseudotumor cerebri) führen, was sich als Kopfschmerzen, Übelkeit und Sehstörungen äußert. Diese Kombination sollte ebenfalls vermieden werden.

Vitamin-A-Präparate: Da Acitretin ein Retinoid ist, kann die gleichzeitige Einnahme anderer Vitamin-A-haltiger Präparate das Risiko von Hypervitaminose A und einer Retinoid-Toxizität erhöhen. Eine Kombination sollte vermieden werden.

Phenytoin: Acitretin kann den Effekt von Phenytoin, einem Antiepileptikum, verstärken, was das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen kann.

Orale Kontrazeptiva: Die Wirksamkeit bestimmter oraler Verhütungsmittel kann durch Acitretin beeinträchtigt werden. Frauen im gebärfähigen Alter sollten eine zusätzliche, nicht-hormonelle Verhütungsmethode verwenden.

Alkohol: Alkohol sollte während der Acitretin-Therapie vermieden werden, da er die Umwandlung des Medikaments in eine langlebige, möglicherweise toxische Substanz namens Etretinat fördert.

Bei der Anwendung von Acitretin ist eine umfassende Beratung durch den behandelnden Arzt entscheidend, um mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu vermeiden und die Therapie sicher und effektiv zu gestalten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Acitretin aufgrund von Unverträglichkeiten oder Kontraindikationen nicht verwendet werden kann, gibt es verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe zur Behandlung von schweren Hauterkrankungen wie Psoriasis und Ichthyose:

Biologika: Diese zielgerichteten Therapien, wie Adalimumab, Ustekinumab und Secukinumab, greifen spezifisch in das Immunsystem ein, um Entzündungen zu reduzieren. Sie sind bei Patienten mit Psoriasis beliebt, die auf traditionelle Therapien nicht ansprechen.

Methotrexat: Dieses Immunsuppressivum kann bei schwerer Psoriasis eingesetzt werden. Es ist allerdings auch mit einigen Nebenwirkungen verbunden, insbesondere bei Langzeitanwendung.

Cyclosporin: Cyclosporin unterdrückt das Immunsystem und kann bei schwerer Psoriasis kurzfristig eingesetzt werden. Aufgrund möglicher Nebenwirkungen ist es jedoch nur für eine begrenzte Anwendung geeignet.

Topische Behandlungen: Bei leichteren Fällen oder zur Kombinationstherapie stehen Cremes und Salben mit Kortikosteroiden, Vitamin-D-Derivaten oder Retinoiden zur Verfügung.

Phototherapie: Die UVB- und PUVA-Therapie ist eine wirksame Option für Patienten, die eine nicht-medikamentöse Behandlung bevorzugen.

Apremilast: Dieses Medikament moduliert das Immunsystem, indem es das Enzym PDE4 hemmt, was zu einer Reduzierung von Entzündungen führt.

Die Wahl der Alternativen hängt vom spezifischen Krankheitsbild, den individuellen Bedürfnissen und möglichen Kontraindikationen des Patienten ab. Eine gründliche Beratung durch den Arzt ist daher entscheidend.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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