Angina Plaut-Vincenti

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Angina Plaut-Vincenti bezeichnet die relativ seltene Unterart der Mandelentzündung, für welche eine Mischinfektion der Bakterien Treponema vincentii und Fusobacterium nucleatum verantwortlich ist. Die Mandelentzündung verläuft typischerweise einseitig, meist sind Jugendliche betroffen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Angina Plaut-Vincenti?

Bei der Angina Plaut-Vincenti handelt es sich zwar um eine schwere Mandelinfektion, aber neben Schluckstörungen treten zunächst kaum nennenswerte Beschwerden auf.
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Mandelentzündungen sind oft schmerzhafte, meist jedoch harmlose Erkrankungen, die vor allem Kinder und Jugendliche befallen und aufgrund der Gefahr von Komplikationen oder Folgeerkrankungen oft mit Antibiotika behandelt werden.

Die Medizin unterteilt diese für den Laien oft ähnlich aussehenden Krankheiten noch einmal nach den verschiedenen Erregerarten oder ordnet sie größeren Krankheitsbildern zu. Bei der Angina Plaut-Vincenti handelt es sich um eine relativ seltene Unterform der Tonsillitis (Mandelentzündung).

Ursachen

Ihren wenig eingängigen Namen verdankt die Angina Plaut-Vincenti, wie so oft in der Medizin, ihren Entdeckern: Bereits 1894 beschrieb der deutsche Bakteriologe H.C. Plaut das der Klasse der Spirochäten zugeordnete Bakterium Treponema vincentii und gab ihm so seinen Namen. Etwas später wurde die Erkrankung näher spezifiziert durch den französischen Wissenschaftler J.H. Vincent.

Eine Besonderheit dieser Bakterien ist, dass sie nicht einfach per Ansteckung von einem Menschen auf den anderen wandern, wie dies beispielsweise bei der häufigsten Form der Mandelentzündung durch Streptokokken der Fall ist. Sie können vielmehr auch ohne Schaden zu verursachen auf den menschlichen Schleimhäuten leben - erst die Kombination aus beiden Bakterien (Koinfektion) sorgt dafür, dass sie pathogen werden, sie benötigen sich gegenseitig für ihre krankmachende Wirkung.

Dazu benötigen die Bakterien außerdem meist günstige Bedingungen: Unzureichende Mundhygiene, ein schlechter Ernährungszustand oder eine allgemein geschwächte Abwehrlage des Organismus können ihnen den Boden bereiten. Die Angina Plaut-Vincenti wird auch als Tonsillitis ulcerosa bezeichnet, da ihr klinisches Bild durch geschwürartig (ulcerös) veränderte Mandeln geprägt ist, welche von Nekrosen (Gewebsuntergang) begleitet werden. Diese kann sich im Verlauf auch auf die umliegende Mundhöhle ausbreiten.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei der Angina Plaut-Vincenti handelt es sich zwar um eine schwere Mandelinfektion, aber neben Schluckstörungen treten zunächst kaum nennenswerte Beschwerden auf. Das Allgemeinbefinden ist in der Regel nicht beeinträchtigt. Die Körpertemperatur ist nur leicht erhöht. Sie liegt in der Regel zwischen 36 und 37 Grad Celsius.

Bei genauer Untersuchung kann aber ein einseitiges Geschwür an einer Gaumenmandel festgestellt werden, welches zum Absterben der Schleimhaut führt. Dabei entstehen schmierige grün-grau-gelbliche Beläge, die einen übel riechenden Mundgeruch hervorrufen. Die Geschwüre unterscheiden sich bereits vom Aussehen her von einer normalen Mandelentzündung. Es handelt es sich um eine Sonderform der Angina Tonsillitis.

Während die normale Mandelentzündung durch Streptokokken verursacht wird, liegt hier eine Mischinfektion zwischen Spirochäten und Fusobakterien vor. Diese können auch neben den Mandeln auch die Wangen, das Zahnfleisch, die Lippen und den Kehlkopf infizieren. Die im Kiefernwinkel vorhandenen Lymphknoten sind fast immer geschwollen. Besonders Jugendliche infizieren sich häufig mit diesen Erregern.

Fusobakterien und Spirochäten sind jedoch sehr aggressive Bakterien, die besonders bei immungeschwächten Personen zur Zerstörung der Wangen und des Zahnfleisches führen können. So kommt es in verschiedenen Entwicklungsländern, wo die Bevölkerung an Mangelernährung und Hunger leidet, bei dieser Infektion häufig zu Entstellungen des Gesichtes durch Nekrose der Wangen. In Ausnahmefällen kann eine Angina Plaut-Vincenti aber auch hier zu einer brandigen Zerstörung der Wangen führen.

Diagnose & Verlauf

Ein ebenfalls wichtiger Unterschied zwischen der Angina Plaut-Vincenti und den anderen, häufigeren Formen der Tonsillitis ist das einseitige Vorkommen: Normalerweise ist nur eine Gaumenmandel befallen, diese jedoch massiv: Man sieht bei Inspektion der Mundhöhle ein fibrinbedecktes Geschwür mit Nekrosen, zudem fällt ein grau-grünlicher schmieriger Belag der betroffenen Mandel auf, welcher beim Abstreifen mit dem Holzspatel auch bluten kann. Die Entzündung sondert einen übel-fauligen Geruch ab.

Im Gegensatz dazu befällt die Streptokokken-Angina meist beide Gaumenmandeln und sieht mit ihren typischen weißen stippchenhaften Belägen im Grund völlig anders aus - eine Blickdiagnose.

Dem inspektorischen Bild entsprechend sind auch die Beschwerden der Angina Plaut-Vincenti meist einseitig, stehen jedoch im auffälligen Gegensatz, was ihre Ausprägung betrifft: Die Erkrankung sieht zwar übel aus, macht jedoch kaum Allgemeinbeschwerden, oft kein Fieber, lediglich einseitige Schluckbeschwerden fallen auf und führen neben dem sichtbaren Befund und dem üblen Geruch meist zum Arztbesuch.

Komplikationen

Die Angina Plaut-Vincenti verläuft in modernen Industrieländern normalerweise ohne schwere Komplikationen. Bei einer schlechten Mundhygiene können sich die Gewebsnekrosen allerdings von den Mandeln auf die gesamte Mundhöhle ausdehnen. Es drohen Zahnausfall sowie eine Zerstörung von Zahnfleischgewebe.

In Entwicklungsländern kann sich das Krankheitsbild wesentlich dramatischer entwickeln. Bei geschwächten und unterernährten Menschen oder Personen, die an einer Immunschwäche leiden, wird die Angina Plaut-Vincenti nicht selten chronisch. Da die Nekrosen zu anaeroben Verhältnissen in den Geweben führen, können als Folgen unter anderem Darmgeschwüre, Ulcus tropicum sowie ein Lungengangrän auftreten.

Eine gefürchtete Komplikation ist die gangränöse Stomatitis, die auch die Bezeichnung Noma, Wangenbrand oder Wasserkrebs trägt. Aufgrund der häufig schlechten medizinischen Versorgung in den betroffenen Ländern schreitet die Krankheit immer weiter voran. Ausgehend von der Mundschleimhaut zerstören die Bakterien der Mundflora mit der Zeit die Schleimhaut, die Knochen und das Gesicht.

Unbehandelt verschlechtert sich der Allgemeinzustand dramatisch und es kommt zu lebensbedrohlichen Komplikationen. Dazu zählen blutige Durchfälle, Lungenentzündung und Sepsis. In 70 bis 90 Prozent der Fälle sterben die betroffenen Kinder an den Folgen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Mit den Symptomen einer Mandelentzündung sollte spätestens am nächsten Tag zum Arzt gegangen werden. Der Mediziner kann durch einen Rachenabstrich und die Untersuchung der Mundhöhle feststellen, ob es sich um eine Angina Plaut-Vincent handelt und entsprechende Behandlungsschritte veranlassen. Ein typisches Warnzeichen für eine Angina Plaut-Vincent ist übelriechender grünlich-grauer Belag im Rachenraum. Begleitet wird der Ausfluss häufig von Schluckbeschwerden, Mundgeruch und den typischen Symptomen einer Mandelentzündung.

Im späteren Verlauf kann sich außerdem ein Geschwür an der Gaumenmandel bilden. Wenn obige Leitbeschwerden vorliegen, ist medizinischer Rat gefragt. Ein sofortiger Arztbesuch empfiehlt sich, wenn hohes Fieber über 39 °C hinzukommt. Sind Kinder betroffen, sollten diese umgehend zum Kinderarzt gebracht werden.

Ärztlicher Rat ist vor allem bei schweren körperlichen Symptomen gefragt, die trotz der Anwendung von Hausmitteln und leichter Medikamente rasch zunehmen. Eine fortgeschrittene Angina Plaut-Vincent muss in jedem Fall ärztlich behandelt werden. Dadurch lassen sich Komplikationen wie Gewebsnekrosen, Zahnausfall und eine Ausbreitung der Entzündung vermeiden.

Behandlung & Therapie

Da auch andere, schwerwiegende Erkankungen hinter einem derartigen Bild der Mandelentzündung stecken können, lohnt sich der Arztbesuch in doppelter Hinsicht.

Insbesondere bösartige Mundhöhlentumoren können ähnlich aussehen, wachsen jedoch meist langsamer und betreffen typischerweise andere Altergruppen (Angina Plaut-Vincenti: Jugendliche ; Mundhöhlentumoren: Raucher ab dem mittleren Lebensalter). Auch an Erkrankungen wie die Tuberkulose oder eine andere Treponematose, die Syphilis, muss grundsätzlich gedacht werden. Weiterhin eine chronische Tonsillitis durch andere bakterielle Erreger kann zu größerer Zerstörung der betroffenen Mandel führen, hat dann jedoch dementsprechend eine längere Vorgeschichte.

Entsteht die Entzündung innerhalb kurzer Zeit und ohne weitere Allgemeinbeschwerden wie Husten, nächtliches Schwitzen oder Gewichtsabnahme, so ist eine einfache Angina die wahrscheinlichste Diagnose. Ein erfahrener Arzt kann dies mit wenigen Fragen und einem Blick einschätzen, im Zweifelsfall kann eine mikrobiologisch Untersuchung nach Abstrich der betroffenen Mandel, selten auch eine Blutuntersuchung, Klarheit schaffen.

Grundsätzlich ist die Abgrenzung zur Streptokokken-Angina jedoch eine Blickdiagnose, die Angina Plaut-Vincenti kann dann ohne größeres Aufhebens behandelt werden: Eine antibiotische Therapie ist nur in schwereren Fällen wirklich notwendig und wird dann zum Beispiel mit Penicillinen durchgeführt. Ansonsten genügen desinfizierende Lokalmaßnahmen und sorgfältige Mundhygiene.

Aussicht & Prognose

Bei der Angina Plaut-Vincenti kommt es beim Patienten in erster Linie zu sehr starken Schluckbeschwerden und Schmerzen am Hals. Diese können die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen und zu Beschwerden und Komplikationen im Alltag führen. Weiterhin tritt eine Mandelentzündung auf und die Betroffenen leiden in vielen Fällen auch an einem sehr starken Mundgeruch.

Durch die Schluckbeschwerden ist die Einnahme von Nahrung und Flüssigkeit deutlich erschwert, sodass es gegebenenfalls zu einer Dehydrierung oder zu einer Mangelernährung kommt. Weiterhin wirken die Betroffenen abgeschlagen und müde und können sich in der Regel nicht mehr konzentrieren. Es kommt oft zu Husten oder zu Schweißausbrüchen, die vor allem in der Nacht auftreten.

Die Behandlung der Angina Plaut-Vincenti kann mit Hilfe von Medikamenten erfolgen und führt nicht zu weiteren Komplikationen oder Beschwerden. Es kommt in der Regel stets zu einem positiven Krankheitsverlauf, wenn frühzeitig ein Arzt aufgesucht wird. Besondere Folgeschäden treten dabei nicht auf. Auch die Lebenserwartung des Patienten wird durch die Angina Plaut-Vincenti nicht verringert. Nach der Behandlung ist eine erneute Erkrankung allerdings nicht ausgeschlossen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Betroffene an einem geschwächten Immunsystem leidet.


Vorbeugung

Auch zur Vorbeugung sind letztgenannte Maßnahmen die besten Mittel, insbesondere dann, wenn der Organismus durch andere Erkrankungen oder Medikamenteneinnahme ohnehin schon immungeschwächt ist.

Nachsorge

Bei der Angina Plaut-Vincenti ist in den meisten Fällen keine Nachsorge notwendig oder möglich. In erster Linie sind Patienten auf eine medizinische Behandlung angewiesen, um die Beschwerden der Angina Plaut-Vincenti vollständig zu lindern und weitere Komplikationen zu vermeiden. Die Erkrankung kann in den meisten Fällen gut geheilt werden, sodass es auch nicht zu einer verringerten Lebenserwartung des Patienten kommt.

Betroffene sind bei dieser Erkrankung in erster Linie auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen. Nur dadurch können die Bakterien abgetötet werden. Dabei ist auf eine regelmäßige Einnahme der Antibiotika zu achten. Auch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sollten bei der Angina Plaut-Vincenti beachtet werden.

Betroffene sollten während der Behandlung keinen Alkohol zu sich nehmen, um die Wirkung der Antibiotika nicht zu verringern. Auch regelmäßige Blutuntersuchungen sind dabei sinnvoll, um den Stand der Heilung im Überblick zu behandeln. Weiterhin ist auf einen hohen Hygienestandard zu achten, wobei vor allem die Mundhygiene zu beachten ist. Ein Aufenthalt im Krankenhaus ist bei der Angina Plaut-Vincenti nicht notwendig.

Das können Sie selbst tun

Zu dieser besonderen Form der Mandelentzündung kommt es meist dann, wenn die Bakterien, die sie verursachen, beim Wirt günstige Bedingungen vorfinden. Insbesondere eine schlechte Mundhygiene, schlechte Ernährung sowie ein geschwächtes Immunsystem können den Ausbruch einer Angina Plaut-Vincenti fördern und ihren Verlauf erschweren. Selbsthilfemaßnahmen sollten deshalb darauf gerichtet sein, diese Faktoren zu eliminieren.

Eine gut Zahnhygiene vermindert zudem nicht nur das Risiko, an einer Angina Plaut-Vincenti zu erkranken, sondern senkt auch das Risiko für Karies und Parodontose. Die Grundzüge der Mundhygiene sollte deshalb jeder kennen und beherzigen. Die Zähne müssen mindestens zweimal täglich gründlich gereinigt werden. Dazu muss für etwa drei Minuten von rot nach weiß, also vom Zahnfleisch Richtung Zähne, geputzt werden. Auch die Zunge, auf der sich Beläge und Bakterien ansammeln, darf nicht vergessen werden.

Durch eine gesunde Ernährung wird die Mundhygiene zusätzlich unterstützt. Diese wirkt sich außerdem positiv auf das Immunsystem aus, so dass einer Angina Plaut-Vincenti gleich doppelt vorgebeugt wird. Eine gesunde Ernährung basiert auf Vollkorngetreide, Nüssen und Samen sowie möglichst viel frischem Obst und Gemüse. Tierische Fette und Eiweiße sollten reduziert und durch pflanzenbasierte Produkte ersetzt werden.

Des Weiteren ist auf ausreichend Bewegung zu achten, wobei die Gesundheit bereits von einem zügigen Spaziergang von etwa 30 Minuten pro Tag profitiert.

Quellen

  • Arnold, W., Ganzer, U.: Checkliste Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
  • Boenninghaus, H. G., Lenarz, T.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Springer, Heidelberg 2012
  • Lehnert, H., Werdan, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2006

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