Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis handelt es sich um eine Entzündung des Gehirns. Der medizinische Fachterminus für Gehirnentzündung lautet Enzephalitis. Da bei dieser speziellen Form der Entzündung Antikörper gegen den NMDA-Rezeptor vorhanden sind, spricht man von einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis?

Die für die Entstehung einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis verantwortlichen Ursachen sind bisher noch nicht in ausreichendem Maß erforscht. Anhand der derzeitigen Kenntnisse ist jedoch zu vermuten, dass spezielle genetische Faktoren Einfluss auf die Erkrankung nehmen.
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Die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ist erst vor wenigen Jahren als Krankheit klassifiziert worden. Gemeinsam mit diversen anderen infektiösen Krankheiten des Gehirns, die bisher weitgehend unerkannt waren, wird die Erkrankung seit 2000 vermehrt erforscht. Jedoch liegen aktuell noch kaum gesicherte Daten in Bezug auf die Häufigkeit der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis vor.

Mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit lässt sich jedoch feststellen, dass circa 80 Prozent aller Patienten weiblichen Geschlechts sind. Dabei liegt das durchschnittliche Alter, in dem die Erkrankung auftritt, bei 23 Jahren. Das Altersspektrum der Patienten erstreckt sich dabei von 22 Monaten bis 79 Jahren.

Bemerkenswert ist zudem, dass nicht nur Menschen an der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erkranken können, sondern auch andere Säugetiere. Eisbär Knut aus dem Berliner Zoo starb ebenfalls an einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis.

Ursachen

Die für die Entstehung einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis verantwortlichen Ursachen sind bisher noch nicht in ausreichendem Maß erforscht. Anhand der derzeitigen Kenntnisse ist jedoch zu vermuten, dass spezielle genetische Faktoren Einfluss auf die Erkrankung nehmen. Denn bei Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis handelt es sich um eine Autoimmunkrankheit.

Die medizinische Forschung zeigt, dass Autoimmunerkrankungen in den meisten Fällen eine genetische Komponente aufweisen. Für dieses Argument spricht auch der enorme Unterschied in der Häufigkeit der Erkrankung bei Frauen und Männern. Auch muss in Betracht gezogen werden, dass bestimmte Entzündungen Entstehung und Ausbruch der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis fördern.

Denn ein großer Teil der Betroffenen leidet zu Beginn der Krankheit an Infekten. Jedoch handelt es sich bei der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis nicht um eine Infektionskrankheit. Vor allem ist die Krankheit nicht auf andere Personen übertragbar, wie etwa bei viralen Infektionen. Da die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis eine Autoimmunerkrankung ist, bildet der Organismus Antikörper gegen den sogenannten NMDA-Rezeptor im Gehirn.

Dabei handelt es sich um ein Eiweiß, das bedeutsam für die Übertragung von Signalen im Gehirn ist. Zudem leiden etwa 60 Prozent der erwachsenen Betroffenen an einem Eierstocktumor, der in Zusammenhang mit der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis steht. Bei anderen Erkrankten wiederum zeigen sich keine Grunderkrankungen.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis kündigt sich in einer Vielzahl der Fälle mit grippeartigen Symptomen an. Auch klagen die Patienten über Schlaf- und Appetitlosigkeit sowie Verwirrtheitszustände. Hinzu kommen häufig psychische Symptome in Form von Angst und bizarren Verhaltensweisen bis hin zu Wahnzuständen und Halluzinationen.

Aus diesem Grund begibt sich ein Großteil der Erkrankten zuerst in psychiatrische Therapie. Im Verlauf einiger Wochen treten oftmals epileptische Anfälle und Bewusstseinsstörungen auf. Weitere potenzielle Symptome einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis sind Schluckstörungen und unfreiwillige Bewegungen bis hin zu Bewegungsunfähigkeit.

Auch Herzrhythmusstörungen, Beeinträchtigungen der Atmung sowie Schwankungen von Blutdruck und Körpertemperatur sind möglich. Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis bei älteren Kindern zu autismusähnlichen Symptomen führen kann.

Diagnose & Verlauf

Zur sicheren Diagnose der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis steht eine Reihe von untersuchungstechnischen Methoden zur Auswahl. Der behandelnde Facharzt entscheidet je nach Einzelfall über das diagnostische Vorgehen. Bisher wurden bei sämtlichen Patienten Immunglobuline aus der Klasse G gefunden. Bei 30 Prozent der Erkrankten ließen sich zudem Immunglobuline aus der Klasse A nachweisen.

Aktuell erfolgt die Durchführung dieser Tests weltweit noch nicht einheitlich. Aufgrund verschiedener Labormethoden ist es möglich, dass eine Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis übersehen wird, selbst wenn die Betroffenen entsprechende Symptome zeigen. Der Verdacht auf das Vorliegen einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis stützt sich meist auf das klinische Syndrom.

Auch eine erhöhte Anzahl an Zellen in der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit weist auf die Erkrankung hin. Der Nachweis von körpereigenen Abwehrstoffen gegen die NMDA-Rezeptoren sowohl im Serum als auch im Liquor erhärtet die Diagnose. Außerdem zeigen zahlreiche Patienten Veränderungen beim EEG. Circa die Hälfte der Personen weist zudem Veränderungen im Gehirn auf, die mittels Magnetresonanztomographie sichtbar sind.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Leider wird die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erst relativ spät erkannt, da die Beschwerden einer Grippe oder einer Erkältung stark ähneln, sodass die Krankheit erst spät diagnostiziert wird. Der Betroffene sollte allerdings dann einen Arzt aufsuchen, wenn es zu einer Appetitlosigkeit oder zu einer Schlaflosigkeit kommt.

Vor allem bei länger andauernden Beschwerden sollte ein Arzt aufgesucht werden. Ebenso können Veränderungen und Störungen der Persönlichkeit, Angstzustände oder eine Versiertheit auf die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis hindeuten und sollten daher auf jeden Fall durch einen Arzt untersucht werden.

Es kommt außerdem nicht selten zu Beschwerden am Herzen oder bei der Atmung, sodass die Betroffenen eine körperliche Untersuchung benötigen. Weiterhin können auch Halluzinationen oder Schluckbeschwerden auf die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis hinweisen. Vor allem bei Kindern ist eine frühzeitige Diagnose und Behandlung notwendig, um weitere Komplikationen zu vermeiden. Kinder können dabei auch Symptome von Autismus zeigen.

In der Regel kann bei der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis in erster Linie ein Allgemeinarzt aufgesucht werden. Die Behandlung dieser Erkrankung erfolgt in den meisten Fällen durch einen Eingriff, der den Tumor entfernt. Weiterhin sind auch psychologische Behandlungen notwendig. Auch die Angehörigen oder die Eltern können dabei auf eine psychologische Behandlung angewiesen sein.

Behandlung & Therapie

Im Verlauf einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ist meist der Einsatz von Psychopharmaka notwendig. Ziel dieser medikamentösen Behandlung ist die Beruhigung der Patienten und die Reduzierung von Angst und psychotischen Symptomen. Darüber hinaus wird versucht, mit Hilfe von immunsuppressiven Arnzeimitteln die fehlerhaften Abwehrreaktionen des Organismus zu unterbinden.

Dabei kommen in den meisten Fällen intravenöse Immunglobuline sowie Glucocorticoide zur Anwendung. Leidet ein Patient an einem Tumor, ist dessen Entfernung nötig. Die Prognose einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ist überwiegend positiv. Circa 75 Prozent der Erkrankten können geheilt werden oder tragen lediglich leichte neurologische Schäden von der Krankheit. Ungefähr 21 Prozent tragen schwere neurologische Beeinträchtigungen von der Krankheit.

Etwa vier Prozent der Betroffenen sterben an der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis. Grundsätzlich ist die Prognose besser bei Personen, die an einem Tumor leiden, der schließlich entfernt wird. Wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt und therapiert wird, stehen die Chancen für eine vollständige Heilung sehr gut.

Aussicht & Prognose

Ein Erkrankter kann nur in einer stationären Behandlung mit einer Linderung und Heilung der Symptome rechnen. Ohne sie kommt es zu einer Zunahme der vorhandenen Beschwerden und zu weiteren Symptomen. Bleibt die Erkrankung unerkannt und unbehandelt kann sie einen tödlichen Verlauf haben.

Der entzündliche Prozess des Gehirns kann ohne ein Eingreifen ungehindert weiter voranschreiten und zu einem Ausfall einzelner Systeme führen. Letztlich droht ein Zusammenbruch des Systems mit Todesfolge. Ohne eine kompetente medizinische Versorgung steigt das Risiko des Lebensverlustes sowie das Vorhandensein bleibender Schäden erheblich an.

Findet rechtzeitig eine intensivmedizinische Behandlung statt, sind die Heilungsaussichten abhängig von dem Fortschritt der Erkrankung. Bei einer frühzeitig erkannten Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis gibt es gute medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten, die Anwendung finden. Der Patient kann in diesen Fällen nach einigen Wochen mit einer Klinikentlassung rechnen. Dennoch sind Nachbehandlungen notwendig und es besteht ein Rückfallrisiko.

Das Abgeben einer Langzeitprognose ist noch nicht möglich, da es sich bei der Erkrankung um eine jüngst entdeckte Krankheit handelt. Sie wurde erstmalig vor wenigen Jahren diagnostiziert, so dass die Forschung hierzu noch nicht vollumfänglich abgeschlossen ist. Bisher bekannt ist, dass auch noch nach mehreren Jahren nach dem Eintreten der Erkrankung mit gezielten Therapien eine Verbesserung des aktuellen Gesundheitszustandes erreicht werden kann.


Vorbeugung

Da die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis noch nicht ausreichend erforscht ist, sind bisher auch keine gesicherten Aussagen über Maßnahmen zur Prävention der Erkrankung möglich. Da es sich um eine Autoimmunkrankheit mit genetischer Komponente handelt, ist davon auszugehen, dass präventive Maßnahmen mit Ausnahme von Vorsorgeuntersuchungen womöglich gar nicht bestehen.

Nachsorge

Eine Nachsorge erweist sich bei der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis in der Regel als relativ schwierig, sodass Betroffene in erster Linie auf die medizinische Behandlung dieser Krankheit angewiesen sind. Dabei kann eine vollständige Heilung nicht immer garantiert werden, sodass die Lebenserwartung eventuell verringert ist. Die Behandlung der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis erfolgt in der Regel mit Hilfe von Medikamenten.

Dabei sollten Betroffene auf eine regelmäßige und richtige Einnahme der Arzneimittel achten und auch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten bedenken, um Komplikationen und andere Beschwerden zu vermeiden. Je früher die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis dabei erkannt wird, desto höher ist die Chance einer vollständigen Heilung. Sollte die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis durch einen Tumor verursacht werden, so muss dieser meist operativ entfernt werden.

Nach einem solchen operativen Eingriff sollten sich Betroffene immer ausruhen und ihren Körper nicht unnötig anstrengen. Auch Stress ist immer zu vermeiden. Weiterhin sind regelmäßige Untersuchungen des Körpers auf Krebs sinnvoll, um eine Ausbreitung des Tumors zu verhindern. Im Allgemeinen kann sich auch der Kontakt zu anderen Betroffenen der Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken, da es dabei häufig zu einem Austausch an Informationen kommt.

Das können Sie selbst tun

Die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ist eine genetisch bedingte entzündliche Erkrankung des Gehirns. Die Betroffenen leiden bis Symptom-Ausbruch verstärkt an Infekten, die nicht übertragbar sind. Bei diesem Symptom können Methoden der Selbsthilfe nur eingeschränkt angewandt werden.

Zuerst sollten schlechte Lebensgewohnheiten wie Rauchen, Medikamenten-, Drogen- und Alkoholmissbrauch abgelegt werden. Eine leichte vitaminreiche Kost sowie Lebensmittel, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind, unterstützen das Immunsystem insbesondere, wenn Psychopharmaka eingesetzt werden.

Sobald sich Erschöpfungszustände und Appetitlosigkeit häufen, ist ein ernährungsphysiologisch aufgestellter Speiseplan eine wichtige Unterstützung bei der psychischen Bewältigung des Symptoms. Immunsuppressive Präparate dämmen die fehlerhafte Abwehrreaktion des Organismus ein.

Mehr als die Hälfte der vom Symptom betroffenen erwachsenen Frauen besitzen einen Eierstocktumor. Bei Auftreten der Krankheit sollte als Selbsthilfe daher eine gründliche gynäkologische Untersuchung erfolgen. Bei Auftreten von massiven Schluck- und Herz-Kreislauf-Beschwerden ist der medizinische Notfalldienst einzufordern.

Um den Alltag bei Fortschreiten des Symptoms vorerst bewältigen zu können, ist es ratsam, Hilfe von Angehörigen oder Dritten in Anspruch zu nehmen. Betreutes Wohnen oder der zeitweise Aufenthalt in einer psychiatrischen Rehaklinik ist empfehlenswert. Die Krankheit kann im Verlauf zu Verwirrtheit, panischen Verhaltensweisen mit unkontrollierbaren Bewegungen, Wahnzuständen, Halluzinationen und epileptischen Anfällen führen. Somit sich der Einsatz von beruhigenden Medikamenten bei gleichzeitig psychologischer Betreuung erklärt.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013

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