Atlas

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 14. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Atlas ist der erste Halswirbel, der den Schädel trägt. Er bildet mit dem Scheitelbein eine gelenkige Verbindung. Brüche im Bereich des Atlasrings können die Medulla oblongata zerstören und so den Tod eintreten lassen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Atlas?

Der Atlas ist der Halswirbel in direkter Nähe zum Schädel. Er soll damit den Übergang zwischen Halswirbelsäule und Kopf stabilisieren und muss außerdem den Schädel in seinem vollumfänglichen Gewicht tragen.
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Die Halswirbelsäule des Menschen und der meisten anderen Säugetiere besteht aus insgesamt sieben Wirbeln. Verglichen mit der Halswirbelsäule sind die Lenden- und die Brustwirbelsäule deutlich weniger bewegungsfähig. Ihre Bewegungsfähigkeit verdankt die Halswirbelsäule vor allem dem sogenannten Atlas.

Dabei handelt es sich um den ersten Halswirbel, der den gesamten Kopf und ein besonders rotationsfähiges Wirbelgelenk trägt. Der Atlas hat seinen Namen vom griechischen Titanen Atlas, der laut Sage die Last des Himmels schultern musste.

Der Atlas ist damit der schädelnaheste Teil der Halswirbelsäule und trifft sich mit dem zweiten Halswirbel Axis in einer funktionellen Einheit, die als Nicker bezeichnet wird. Der Nickler ermöglicht die Beugung des Kopfes in Richtung anterior und befähigt den Menschen so zum Nicken. In der klinischen Praxis steht das Kürzel C1 für den Atlas. In ihrer Anatomie unterscheiden sich Atlas und Axis deutlich von den restlichen Wirbeln der Wirbelsäule.

Anatomie & Aufbau

Der Atlas tritt als ringähnliche Form in Erscheinung. Seinen Wirbelkörper hat der Halswirbel im Laufe der Evolution verloren. Lateral und ventral trägt der Atlas knöcherne Verdickungen, die Massae laterales genannt werden und in halbkreisartige Knochenbögen auslaufen. Die Knochenbögen werden Atlasbögen genannt und entsprechen dem Arcus anterior und posterior atlantis.

Der Dornfortsatz des Atlas ist nicht ausgeprägt, sondern wird durch eine Erhöhung der Dorsalseite am Arcus posterior ersetzt, die auch Tuberculum posterius genannt wird. Ein Tuberculum anterius trägt auch die Ventralseite des Arcus anterior. An den Seiten der Massae laterales liegen Querfortsätze, die als Überbleibsel des Processus costales gelten und Foramina transversaria tragen. Auf der Massae laterales liegen Gelenkflächen, die zusammen mit dem Hinterhauptsbein dem Atlantookzipitalgelenk entsprechen. Mit dem Axis bilden die Atlasgelenkflächen das Atlantoaxialgelenk.

Das Foramen transversarium wird beim Atlas von der sogenannten Arteria vertebralis durchzogen, die daraufhin das Foramen magnum durchschreitet und in den Schädel durchtritt. Das Foramen vertebrale ist durch das Ligamentum transversum atlantis zweigeteilt. Ventral des Ligamentum transversum atlantis sitzt der Dens axis und dorsal davon liegt das Rückenmark.

Funktion & Aufgaben

Der Atlas hat seinen Namen vom griechischen Titanen Atlas. Das alleine deutet bereits die Hauptfunktion des ersten Halswirbels an. Wie vom griechische Titanen ist von Atlas vor allem Stärke gefordert. Der Atlas ist der Halswirbel in direkter Nähe zum Schädel. Er soll damit den Übergang zwischen Halswirbelsäule und Kopf stabilisieren und muss außerdem den Schädel in seinem vollumfänglichen Gewicht tragen.

Jedoch ist der erste Halswirbel nur zur Stabilisierung des Kopfes und der Wirbelsäule relevant. Der Kopf muss beweglich sein. Evolutionsbiologisch betrachtet, hat die menschliche Fähigkeit zur Rotation des Kopfes mit zum Überleben der menschlichen Art beigetragen. Sobald ein menschliches Individuum ein Geräusch vernommen und dahinter eine Gefahr vermutet hat, hat es den Kopf in Richtung der vermeintlichen Gefahr gedreht. Dieser Prozess konnte sich durch die gelenkige Verbindung zwischen Wirbelsäule und Schädelbein innerhalb von Millisekunden abspielen und ermöglichte die direkte Fixation und Identifikation von Gefahren durch die Augen.

An der gelenkigen Verbindung von Halswirbelsäule und Schädelbein ist im Wesentlichen der Atlas beteiligt. Er gibt dem Kopf demzufolge die Beweglichkeit und Fähigkeit zur Rotation in der Halswirbelsäule. Ohne diese gelenkige Verbindung wären alltägliche Bewegungen wie das Nicken gänzlich undurchführbar.

Das Gelenk des Atlas unterscheidet sich deutlich von anderen Zwischenwirbelgelenken der Wirbelsäule. Grundsätzlich ist die menschliche Wirbelsäule im Bereich der Halswirbelsäule am beweglichsten. Der Atlas beugt in seiner Gesamtheit andererseits auch Ausrenkungen und Verdrehungen vor, da er durch starke Bänder stabilisiert wird.


Krankheiten

Einige pathologische Veränderungen des Atlas sind besonders bekannt. Dazu zählen verschiedene Entwicklungsstörungen und die daraus resultierende Deformation des ersten Halswirbels. In der Embryonalentwicklung können bei der Entwicklung des Atlas Störungen auftreten, die eine anteilige Verschmelzung an den Sklerotomen der oberen vier Somiten bewirken. Auf diese Weise kann das Os occipitale mit dem Atlas vollständig oder unvollständig verwachsen. Die Rede ist bei dieser Störung auch von einer Atlasassimilation.

Abgesehen von angeborenen Fehlentwicklungen des ersten Halswirbels kann der Atlas wie alle anderen Wirbel von Fehlstellungen betroffen sein. Das Rückenmark läuft unmittelbar durch den Atlas, sodass eine Fehlstellung des Wirbels mit Störungen des zentralen Nervensystems einhergehen kann und häufig eine starre Wirbelsäule verursacht. Außerdem ist bei Fehlstellungen des Atlas häufig die Zirkulation von Blut und Liquor cerebrospinalis behindert, sodass weitere Ausfälle hinzukommen.

Neben diesen Erscheinungen ist die schwerste Symptomatik im Zusammenhang mit dem Atlas der Genickbruch. Dabei handelt es sich um eine Fraktur des Dens axis, das mit Rückenmark im Atlasring liegt. Meist reißen beim Genickbruch das Ligamentum transversum atlantis und apicis dentis (Bänder) ab. Der Dens axis verfügt so über wesentliche Bewegungsfreiheit und verletzt dadurch oft die Medulla oblongata. Damit wird das Atemzentrum des Körpers verletzt und der Tod tritt in Sekundenschnelle ein. Diese Verletzung tritt ein, wenn Menschen sich erhängen. Weniger bekannt ist die Jefferson-Fraktur, die einer Sonderform der Atlasfraktur entspricht und den Ring des Atlas gänzlich zur Sprengung bringt.

Quellen

  • Fritsch, H., Kühnel, W.: Taschenatlas der Anatomie. Bd. 2: Innere Organe. Thieme, Stuttgart 2018
  • Kirsch, J. et al.: Taschenlehrbuch Anatomie. Thieme, Stuttgart 2017
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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