Dreimonatskoliken
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Dreimonatskolik ist immer mehr zu einem Pseudobegriff geworden. Wenn ein Baby in den ersten drei Monaten häufig am Abend in anhaltendes Schreien ausbricht, sagt der Arzt besser "primär exzessives Schreien" oder "anhaltendes Abendschreien" dazu. Es ist bis heute nicht klar, ob es sich bei den Ursachen wirklich um Koliken handelt.
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Was sind Dreimonatskoliken?
Die Dreimonatskolik bezeichnet einen Zustand nach der Geburt, in dem ein Baby mehr als drei Stunden hintereinander schreit. Dieser Zustand wiederholt sich mindestens viermal wöchentlich und mindestens drei Wochen hintereinander. Nach drei Monaten muss dieses exzessive Schreiben nicht aufhören. Es handelt sich dabei nicht um eine Zeitbegrenzung. Wissenschaftlich geklärte Ursachen für diesen Zustand gibt es nicht.
Von der Dreimonatskolik sind etwa 15 Prozent der Babys in den ersten Monaten nach ihrer Geburt betroffen. Dieser Zustand beginnt meist in der zweiten Lebenswoche. Die Säuglinge schreien am späten Nachmittag, am Abend oder in der Nacht nach der Mahlzeit. Es ist dann nur sehr schwer möglich, sie zu beruhigen. Der Bauch ist aufgebläht. Diese Symptome verschwinden nach einigen Stunden von selbst wieder.
Da die scheinbare Ursache des exzessiven Schreiens an Blähungen oder einer Kolik liegt, wird dieser Zustand oft Dreimonatskolik genannt.
Ursachen
Die Ursachen der Dreimonatskolik sind nicht bekannt. Diskutiert werden jedoch eine ganze Reihe von Faktoren. Dazu gehört eine Anpassungsstörung des Darms. Das Verdauungssystem bei Babys ist noch nicht voll entwickelt. Deshalb haben manche Neugeborenen Probleme, sich an eine Ersatznahrung zu gewöhnen. Das Baby könnte bestimmte Lebensmittel nicht vertragen, zum Beispiel die Kuhmilchallergie.
Es kann möglicherweise den Schluckvorgang noch nicht richtig koordinieren. Das exzessive Schreien ist vielleicht eine Reaktion auf die Anspannung und Nervosität der Eltern. Manche Eltern wissen auch noch nicht, wie sie mit dem Kind am besten umgehen sollten. Es könnte tatsächlich Blähungen haben. Oder das Kind leidet noch an einem Geburtstrauma aufgrund von Schwierigkeiten in der Schwangerschaft.
Professionelle Unterstützung hilft - insbesondere beim ersten Baby. Manche Eltern warten zu lange, bevor sie einen Arzt oder Therapeuten aufsuchen. Die Beschwerden des Kindes müssen differentialdiagnostisch abgeklärt werden. Auch die Eltern selbst brauchen Hilfe, einen Rat oder Unterstützung.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
- Exzessives Schreien im Säuglingsalter
- Blähungen, ggf. Blähbauch
- Bauchschmerzen
- rotes Gesicht
Diagnose & Verlauf
Die Dreimonatskolik ist gekennzeichnet durch einen bestimmten zeitlichen Rhythmus des Schreiens. Die Säuglinge sind Neugeborene oder bis drei Monate alt. Das Auftreten des exzessiven Schreiens
- hält mindestens drei Stunden lang an,
- tritt an mindestens vier Tagen in der Woche auf und
- dauert bereits länger als drei Wochen.
Ausgeschlossen werden müssen differentialdiagnostisch die Invagination und der Volvulus. Die Invagination ist die Einstülpung eines Darmabschnittes in einen anderen. Die Kinder haben kolikartige Schmerzen, sind blass und apathisch. Der Stuhlgang geht über in blutigen Schleim. Der Volvulus ist eine spezielle Form des mechanischen Ileus. Er tritt nur auf in den ersten Lebensmonaten und in den ersten Schuljahren.
Der Darm hat sich um seine eigene Achse gedreht. Die Kinder haben Bauchschmerzen und müssen erbrechen. Kinder mit der Diagnose einer Invagination oder eines Volvulus werden umgehend in die nächste Kinderklinik eingewiesen für eine Operation. Halten die Beschwerden der Dreimonatskolik über mehrere Monate hin an, besteht Verdacht auf eine Kuhmilchallergie.
Komplikationen
Dreimonatskoliken können zu unterschiedlichen Komplikationen führen. In erster Linie kommt es zu sehr lauten Schreien beim Baby, welche auf die Schmerzen durch die Blähungen zurück zu führen sind. Das Kind verspürt oft Schmerzen im Bauch und leidet an einer Rötung im Gesicht. Durch die Schmerzen im Bauch kommt es nicht selten zum Erbrechen oder zu Durchfall.
Oft wirken sich die Dreimonatskoliken auch negativ auf die Psyche der Eltern aus, da diese an Schlafstörungen und Schlafmangel leiden. Es kann sich ebenso eine aggressive Grundhaltung entwickeln, die durch Depressionen gestärkt wird. Eine gezielte Behandlung kann in erster Linie durch die Eltern selbst durchgeführt werden, indem diese das Kind beruhigen.
Dabei kann es zu keinen weiteren Kompilationen kommen. Sollten die Dreimonatskoliken nach dem Stillen auftreten, kann eine strenge Diät verordnet werden, um mögliche Allergien oder Unverträglichkeiten zu vermeiden. Oft kann auch Milchpulver zum Stillen verwendet werden. Die Dreimonatskoliken führen in der Regel selbst zu keinen weiteren Komplikationen oder Beschwerden und verschwinden wieder von alleine. Für die Eltern können sie eine sehr unangenehme und anstrengende Zeit darstellen, da das Kind nicht aufhört zu schreien.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Sollten die Dreimonatskoliken länger als drei Monate anhalten oder ungewöhnliche Symptome hervorrufen, empfiehlt sich ein Besuch beim Kinderarzt. Leidet das Kind beispielsweise unter extremem Durchfall oder Erbrechen, ist dies unbedingt abzuklären. Spätestens, wenn Symptome einer Dehydration oder Mangelernährung auftreten, etwa trockene Schleimhäute oder apathisches Verhalten, ist ärztlicher Rat gefragt. Selbiges gilt, wenn das Kind Anzeichen von Schlafmangel oder Stress zeigt. Dann kann der Arzt milde Beruhigungsmittel verschreiben und die Beschwerden zielgerichtet lindern.
Es empfiehlt sich, bereits vor Ausbruch der Dreimonatskoliken mit dem zuständigen Kinderarzt zu sprechen, um auf die Erkrankung vorbereitet zu sein. Da die Dreimonatskoliken auch für die Eltern eine Belastung darstellen, ist unter Umständen therapeutische Hilfe angezeigt. Gerade beim ersten Kind empfiehlt es sich, die schwierige Phase im Gespräch mit einem Therapeuten aufzuarbeiten und eventuell sogar Unterstützung bei der Kindererziehung einzuholen. Sollte es zu größeren Komplikationen wie beispielsweise starkem Durchfall oder Erbrechen kommen, muss umgehend der Notarzt gerufen werden.
Behandlung & Therapie
Für die Dreimonatskolik existiert keine medizinische Therapie. Die Beschwerden werden von allein verschwinden. Die Eltern können beruhigend auf das Kind einwirken. Die körperliche Nähe zu den Bezugspersonen hilft. Weitere, sanfte äußere Reize wie Flüstern oder gleichbleibende Rhythmen wie beim Gehen können als Ablenkung eingesetzt werden. Babys mögen es, wenn sie herumgetragen werden und Zuwendung erhalten. Manche Kindern möchten auch nur häufiger gestillt werden.
Manche Ärzte geben trotzdem einige Empfehlungen: Alle Lebensmittel, die Zusatzstoffe enthalten, sollten weggelassen werden. Stillt die Mutter, besitzt ihre Ernährung oberste Priorität. Sie sollte sich einen Plan machen, wie oft und was sie genau wann zu sich nehmen will. Wenn die Mutter selbst Heißhunger auf etwas Süßes bekommt, dann sind Obst oder etwas Traubenzucker die bessere Alternative zu Süßigkeiten. Die Mutter sollte auch selbst keine Kuhmilch trinken. Sie könnte Ziegenmilch probieren oder vorübergehend ganz auf Milch verzichten.
Ei und Soja können ebenfalls Allergien hervorrufen. Wenn die Mutter während der Stillzeit abnimmt, werden im Fettgewebe eingelagerte Schadstoffe gelöst und diese dann über die Muttermilch an den Säugling weitergegeben. Wird das Kind nicht gestillt, können folgende Überlegungen zielführend sein: Die Gebrauchsanleitung auf dem Milchpulver erklärt genau, wie die Milch zubereitet wird. Nach zu Zubereitung muss die Flasche noch 10 - 15 Minuten stehen, damit sich die Luft aus der Mixtur absetzen kann. Die Schaumkrone darf nicht mit verabreicht werden.
Eventuell hilft auch ein Wechsel der Marke oder des Herstellers. Die Milch darf mit Kümmeltee gemischt werden. In manchen Fällen hilft auch ein Entschäumer.
Aussicht & Prognose
Dreimonatskoliken sind in aller Regel harmlos. Die akute Krankheitsphase stellt zwar eine große Anstrengung für das Kind und die Eltern dar, nach drei Monaten gehen die Beschwerden aber von selbst zurück. Folgeschäden sind nicht zu erwarten und das Kind entwickelt sich nach dem Abklingen der Dreimonatskliniken ganz normal.
In Einzelfällen kann die Erkrankung bei den Eltern psychische Probleme hervorrufen. Bedingt durch die Schlafmangel und den andauernden Stress, der mit den wiederkehrenden Koliken verbunden ist, stellten sich dann unter anderem depressive Verstimmungen, Persönlichkeitsveränderungen oder Ängste ein. Bestehende seelische Erkrankungen können sich verstärken.
Die Dreimonatskoliken selbst führen in der Regel jedoch nicht zu länger andauernden gesundheitlichen Problemen. Die Prognose ist dementsprechend positiv. Wird die Erkrankung frühzeitig erkannt und behandelt, klingt sie oft sogar vor den drei Monaten ab und ist im Verlauf weniger belastend für das Kind und die Eltern. Durch Durchfall kann es jedoch zu einem Mangel an Flüssigkeit und Nährstoffen kommen, der zu Dehydration führen kann. Werden die Symptome einer Austrocknung zügig behandelt, ist die Aussicht auf eine Genesung gut.
Vorbeugung
Die Grundvoraussetzung für ein zufriedenes Baby ist eine gute Beziehung zu den Bezugspersonen und Ruhe zum Schlafen. Ein Baby braucht Muttermilch, bis sich sein eigenes Verdauungssystem für andere Nahrung entwickelt hat.
Ansonsten müssen alle Faktoren, die allergische Prozesse beim Baby provozieren können, ausgeschaltet werden. Babys freuen sich auch über ein Fläschchen Tee, zum Beispiel Salbeitee, Kamillentee oder Kümmeltee. Nach der Mahlzeit sollte erst einmal die Luft aus dem Bauch entweichen, bevor das Kind Schlafen gelegt wird.
Nachsorge
Die Maßnahmen oder Möglichkeiten einer Nachsorge sind bei Dreimonatskoliken in den meisten Fällen relativ stark eingeschränkt. In erster Linie sind die Betroffenen dabei auf eine frühzeitige Diagnose angewiesen, um die Ursache der Dreimonatskoliken zu erkennen und zu behandeln. Je früher dabei ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist meist auch der weitere Verlauf dieser Erkrankung.
Aus diesem Grund steht bei dieser Krankheit eine frühzeitige Erkennung im Vordergrund. Die Behandlung selbst erfolgt dabei in den meisten Fällen durch die Eltern oder durch die Angehörigen selbst, wobei diese in der Regel durch einen Arzt geschult werden, um die Beschwerden der Dreimonatskoliken zu lindern. Sollten die Maßnahmen jedoch keinen Erfolg bringen, muss auf jeden Fall erneut ein Arzt aufgesucht werden.
In vielen Fällen sind die Eltern auf den Gebrauch von Milchpulver angewiesen, falls das Kind die Muttermilch nicht einnehmen kann. Dabei ist auf eine richtige Zubereitung zu achten. In einigen Fällen kann auch Tee verwendet werden, um die Milch zu verdünnen. Jedoch sollten auch regelmäßige Untersuchungen durch einen Arzt durchgeführt werden, um den Körper des Kindes zu überwachen. Die Lebenserwartung des Kindes wird durch diese Krankheit meist nicht verringert.
Das können Sie selbst tun
Leidet ein Baby an Dreimonatskoliken, sollte beim Füttern darauf geachtet werden, dass es nicht zu hastig trinkt. Auch eine aufrechte Sitzposition kann helfen, das Schlucken von Luft zu verhindern, zusätzlich wird das regelmäßige Aufstoßen während und nach der Mahlzeit erleichtert. Beim Füttern mit der Flasche kann ein zu großes Saugerloch oder Schaumbildung zum vermehrten Abschlucken von Luft und damit zu Blähungen führen.
Blähende Inhaltsstoffe mancher Lebensmittel können über die Muttermilch ans Baby weitergegeben werden und Koliken auslösen: Stillende Mütter sollten daher auf den Verzehr von Kohl, Zwiebeln und Lauch besser verzichten. Individuell können auch andere Nahrungsmittel beim Säugling Beschwerden hervorrufen, dies muss gegebenenfalls durch eine Ausschlussdiät herausgefunden werden.
Eine ruhige Umgebung und ein geregelter Tagesablauf wirken sich positiv auf das Wohlbefinden des Babys aus und können das Einschlafen fördern. Manchmal ist auch Umhertragen, Schaukeln im Tragesitz oder eine Spazierfahrt im Kinderwagen hilfreich, sanfte Musik oder eine gleichmäßige Geräuschquelle kann ebenfalls zur Beruhigung des Babys beitragen.
Bei akuten Koliken kann eine sanfte Bauchmassage mit Kümmelöl Linderung schaffen, auch Wärmeanwendungen wirken entkrampfend. Da Dreimonatskoliken auch für die Eltern eine große Belastung darstellen, sollten sich diese nicht scheuen, Hilfe von Verwandten oder Freunden anzunehmen und sich selbst gelegentlich eine Auszeit zu gönnen.
Quellen
- Schneider, H., Husslein, P., Schneider, K.T.M.: Die Geburtshilfe. Springer, Berlin Heidelberg 2011
- Stiefel, A., Geist, C., Harder, U.: Hebammenkunde: Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf. Hippokrates, Stuttgart 2012
- Uhl, B.: Gynäkologie und Geburtshilfe compact. Thieme, Stuttgart 2013