Ektodermale Dysplasie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Bei der Ektodermalen Dysplasie handelt es sich um eine Gruppe von genetisch bedingten Missbildungen von Geweben und Körperteilen, die dem Ektoderm entspringen. Die gängige Abkürzung der Ektodermalen Dysplasie lautet ED. Der Begriff steht für vielfältige Erkrankungen und pathologische Störungen insbesondere der Nägel, Haare, Haut, Schweißdrüsen und Zähne. Die Ektodermale Dysplasie kommt zum Beispiel beim Ellis-van-Creveld-Syndrom, Christ-Siemens-Touraine-Syndrom, Hay-Wells-Syndrom und Goltz-Gorlin-Syndrom vor.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Ektodermale Dysplasie?

Im Rahmen der Ektodermalen Dysplasie leiden die erkrankten Personen an vielfältigen Missbildungen von Strukturen, deren Ursprung im äußeren Keimblatt liegt.
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Die ektodermale Dysplasie fasst verschiedene Krankheiten und pathologische Phänomene zusammen, die aus einer Störung des Ektoderms resultieren. Dabei handelt es sich um das sogenannte äußere Keimblatt. Das Ektoderm bildet den Ursprung für verschiedene Bestandteile und Gewebe des Körpers, etwa Haare, Nägel und Zähne.

Die Ektodermale Dysplasie teilt sich in zwei Kategorien auf. Bei Typ 1 leiden die erkrankten Personen an Anomalien an mindesten zwei unterschiedlichen Elementen, die aus dem Ektoderm hervorgehen. Typ 2 der Ektodermalen Dysplasie äußert sich in Fehlbildungen an Zähnen, Nägeln oder Haaren und einer zusätzlichen Anomalie weiterer Körperbereiche wie Lippen, Ohren oder Fußsohlen.

Generell sind die Ursachen der Ektodermalen Dysplasie genetischer Natur, sodass die Krankheit schon von Geburt an bei den Patienten festgelegt ist. Die Möglichkeiten der Vererbung sind verschieden und variieren von Fall zu Fall. In Frage kommt eine autosomal-dominante, eine x-chromosomal-dominante sowie -rezessive Vererbung.

Die Prävalenz der Ektodermalen Dysplasie liegt geschätzt bei circa 7:10.000. Bis zum jetzigen Zeitpunkt sind bereits über 150 verschiedene Ausprägungen der Krankheit bekannt. Die Ektodermale Dysplasie geht mit einer Vielzahl von pathologischen Syndromen einher.

Dazu gehören zum Beispiel das Limb-Mammary-Syndrom, das Rosselli-Gulienetti-Syndrom, das Ladda-Zonana-Ramer-Syndrom sowie das Rapp-Hodgkin-Syndrom. Auch beim Zlotogora-Ogur-Syndrom, dem Oligodontie-Krebs-Prädispositionssyndrom sowie der Hypotrichose mit juveniler Makuladystrophie tritt die Ektodermale Dysplasie in verschiedenen Ausformungen auf.

Ursachen

Anhand der verantwortlichen genetischen Mutationen lässt sich die Ektodermale Dysplasie in diverse Gruppen unterteilen. Entsprechend des vorliegenden Vererbungsgangs ergeben sich verschiedene Syndrome, in deren Rahmen sich die Ektodermale Dysplasie zeigt.

Bei der x-chromosomalen Vererbung tritt die Ektodermale Dysplasie zum Beispiel beim Christ-Siemens-Touraine-Syndrom auf. Der autosomal-rezessive Typ liegt beispielsweise beim Clouston-Syndrom oder dem Halal-Setton-Wang-Syndrom vor.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Im Rahmen der Ektodermalen Dysplasie leiden die erkrankten Personen an vielfältigen Missbildungen von Strukturen, deren Ursprung im äußeren Keimblatt liegt. Somit gilt die Bezeichnung „Ektodermale Dysplasie“ als Sammelbegriff für verschiedene Krankheiten, die genetisch bedingt sind und sich in diversen Syndromen äußern. Je nach vorliegendem Krankheitssyndrom manifestiert sich die Ektodermale Dysplasie in unterschiedlichen Beschwerden.

Gemeinsam ist den meisten Syndromen jedoch, dass Störungen der Nägel, Haare, Schweißdrüsen oder der Haut vorliegen. Mitunter betreffen die Anomalien auch die Fußsohlen oder Lippen, etwa im Rahmen einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte. Durch die Ektodermale Dysplasie weisen die Patienten angeborene Missbildungen zum Beispiel an den Zähnen oder Finger- und Zehennägeln auf.

Typische Erkrankungen, bei denen die Ektodermale Dysplasie vorkommt, sind beispielsweise das Hay-Wells-Syndrom, die Pachyonychia congenita, das Naegeli-Syndrom, das AREDYLD-Syndrom, das ANOTHER-Syndrom und das OLEDAID-Syndrom. Zudem äußert sich die Ektodermale Dysplasie mitunter im Sensenbrenner-Syndrom, dem Basan-Syndrom, dem CHIME-Syndrom sowie dem Setleis-Syndrom.

Neben den Fehlbildungen von Strukturen wie Nägeln oder Zähnen sind bei der Ektodermalen Dysplasie auch anderweitige Beschwerden möglich. So leiden einige Personen an Schwerhörigkeit, Blindheit und unterdurchschnittlichen intellektuellen Fähigkeiten. Teilweise treten Missbildungen am zentralen Nervensystem oder natale Zähne auf.

Bei einigen Personen äußert sich die Ektodermale Dysplasie im Rahmen des McGrath-Syndroms, des EEM-Syndroms, des Stoll-Alembik-Finck-Syndroms, des Zahn-Haar-Nagel-Finger-Palma-Syndroms und des Schöpf-Schulz-Passarge-Syndroms. Darüber hinaus kommen entsprechende Störungen bei der kranioektodermalen sowie der odonto-onycho-hypohidrotischen Dysplasie mit Fehlbildungen der Kopfhaut vor. Auch beim Tricho-oculo-dermo-vertebralen Syndrom, der Zerebellären Ataxie und der Hypohidrotischen ektodermalen Dysplasie mit Immundefekt äußern sich typische Störungen der Ektodermalen Dysplasie.

Diagnose

Die Diagnose der Ektodermalen Dysplasie stellen meist verschiedene Fachärzte in Zusammenarbeit. Denn die betroffenen Körperteile sind oft sehr verschieden, beispielsweise bei gleichzeitigen Fehlbildungen der Haut und Zähne. Da die Ektodermale Dysplasie ein Überbegriff für zahlreiche Syndrome ist, fällt die Zuordnung zu dem jeweils vorliegenden Krankheitssyndrom oft schwer.

Denn die Symptome ähneln sich teilweise, sind aber stets verschieden genug, um eigenständige Syndrome zu bilden. Wichtig ist eine genetische Analyse der DNA der Patienten, um die vorliegenden Genmutationen zu identifizieren. Die Kenntnis des jeweiligen Erbgangs erleichtert zudem die Zuordnung zum entsprechenden Syndrom.

Komplikationen

Bei einer ektodermalen Dysplasie kommt es zu sehr unterschiedlichen Fehlbildungen am Körper, die den Alltag des Patienten erschweren und dabei zu Komplikationen führen können. Meistens kommt es zu Störungen an den Schweißdrüsen und den Haaren. Ebenso können Fehlbildungen an den Zähnen und Nägel auftreten und dabei zu starken Schmerzen führen.

Darüber hinaus leidet der Betroffene mitunter an einem verringerten Selbstwertgefühl, da die Fehlbildungen optisch auffällig sind. Meistens tritt im Laufe des Lebens auch eine Erblindung und eine Schwerhörigkeit auf, sodass der Betroffene auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen ist und den Alltag nicht alleine meistern kann. In der Regel kommt es auch zu einer verringerten Intelligenz und damit zu einer Retardierung.

Aufgrund des Immundefekts erkranken die Betroffenen häufiger an Grippe und anderen Infekten. Es ist nicht möglich, eine kausale Behandlung der Krankheit auszuführen. Sollte es zum Haarausfall kommen, so können Perücken eingesetzt werden. Weitere Fehlbildungen werden durch operative Eingriffe und kosmetische Behandlungen korrigiert.

Es ist allerdings nicht möglich, die Taubheit und Blindheit zu behandeln oder vorzubeugen. Die Lebensqualität nimmt durch die Krankheit stark ab. Neben dem Patienten selbst sind auch die Eltern stark von psychischen Problemen belastet.

Wann sollte man um Arzt gehen?

Bei einer ektodermalen Dysplasie ist immer eine engmaschige Überwachung durch den Arzt notwendig. Wenn die Missbildungen Schmerzen, Fehlstellungen und andere Probleme hervorrufen, sollte der zuständige Mediziner konsultiert werden. Sollten Anzeichen einer Folgeerkrankung auftreten, muss mit dem Kind ein Facharzt hinzugezogen werden, der den Verdacht abklären oder ausschließen kann. Leiden wie Blindheit, Schwerhörigkeit oder geistige Unterentwicklung müssen dem jeweiligen Spezialisten vorgestellt werden.

Sollte es durch die Leiden der ektodermalen Dysplasie zu einem Unfall kommen, muss umgehend der Rettungsdienst gerufen werden. Bei weniger schwerwiegenden Komplikationen kann zunächst der ärztliche Notdienst um Rat gefragt werden. Langfristig sollte mit dem behandelnden Arzt über kosmetisch und operative Möglichkeiten gesprochen werden, die die Fehlbildungen beheben.

Je nachdem, welche Beschwerden vorliegen, kommen hier verschiedene kosmetische und operative Verfahren in Frage. So kann bei starken Missbildungen der Zähne eine kieferorthopädische Behandlung erfolgen, während Störungen der Kopfhaare durch Perücken kaschiert werden können. Alleine, um diese Maßnahmen zu besprechen, sollte regelmäßig Rücksprache mit dem Arzt gehalten werden.

Behandlung & Therapie

Eine ursächliche Therapie der Ektodermalen Dysplasie ist in der heutigen Zeit noch nicht praktikabel. Denn es handelt sich bei den verschiedenen Syndromen um genetisch bedingte Defekte, auf die die Medizin derzeit noch keinen Einfluss hat. Jedoch bestehen zahlreiche symptomatische Behandlungsmöglichkeiten der Ektodermalen Dysplasie, die sich je nach dem vorliegenden Syndrom richten.

Zahlreiche Fehlbildung lassen sich beispielsweise durch kosmetische und operative Verfahren beseitigen oder lindern. Im Fall von starken Missbildungen der Zähne erfolgt zum Beispiel eine kieferorthopädische Behandlung. Bei Defekten der Nägel kommen operative Eingriffe in Frage. Störungen des Wachstums der Kopfhaare lassen sich meist mittels Perücken kaschieren.

Aussicht & Prognose

Bei allen Formen der ektodermalen Dysplasien handelt es sich um chronische Erkrankungen. Es ist also keine Heilung möglich. Wie die weitere Prognose aussieht, hängt vor allem von der Art der ektodermalen Dysplasie ab. Der Verlauf der Erkrankung ist grundsätzlich sowohl von Umwelteinflüssen als auch von bestimmten genetischen Faktoren abhängig. Werden die Betroffenen im Säuglings- und Kleinkindalter jedoch schnell und adäquat behandelt, ist zumindest bei den meisten Formen der ektodermalen Dysplasien eine normale Lebenserwartung möglich.

Kommt es in der frühen Kindheit aber zu schweren Atemwegsinfekten, Überhitzungsperioden oder anderen schwerwiegenden Komplikationen, kann es zu gewissen Einschränkungen und Entwicklungsverzögerungen kommen. Durch einen frühen Zustand der Überhitzung, bei dem nicht schnell genug die entsprechenden Gegenmaßnahmen getroffen wurden, können etwa Hirnschäden entstehen, aus denen in weiterer Folge Verzögerungen der geistigen und/oder motorischen Entwicklung resultieren können.

Je nachdem, welche chirurgischen Eingriffe im Zuge der Kindheit vorgenommen wurden, kann bei dentomaxillären Anomalien im Erwachsenenalter eine weitere kieferchirurgische Versorgung notwendig sein. Dessen ungeachtet haben die Betroffenen im Erwachsenenalter mit keinen weiteren Einschränkungen zu leben.


Vorbeugung

Der Ektodermalen Dysplasie lässt sich mit dem derzeitigen Kenntnisstand der Medizin noch nicht ursächlich vorbeugen. Mit Hilfe auf den Einzelfall angepasster Therapiemaßnahmen erreichen zahlreiche Patienten dennoch eine hohe Lebensqualität.

Nachsorge

Bei dieser Krankheit erweisen sich Maßnahmen oder Möglichkeiten einer Nachsorge in der Regel als relativ schwierig oder sind sogar gar nicht möglich. In erster Linie muss dabei eine schnelle und vor allem eine frühzeitige Erkennung und Diagnose der Beschwerden durchgeführt werden, damit weitere Komplikationen oder eine weitere Verschlechterung der Beschwerden vermieden werden. Es kann dabei auch nicht zu einer Selbstheilung kommen, sodass sich eine frühzeitige Diagnose immer positiv auf den weiteren Verlauf der Krankheit auswirkt.

Da es sich bei dieser Krankheit auch um eine genetische bedingte Ursache handelt, kann bei einem Kinderwunsch auch eine genetische Untersuchung durchgeführt werden. Eventuell wird dadurch das Vererben der Krankheit an die Kinder verhindert. Die Behandlung dieser Krankheit erfolgt dabei mit Hilfe von operativen Eingriffen.

Nach solchen Eingriffen sollte sich der Betroffene auf jeden Fall entspannen und seinen Körper schonen. Von Anstrengungen oder von stressigen Betätigungen sollte dabei abgesehen werden. Sollte es zu Beschwerden an den Nägeln oder an den Haaren kommen, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden, damit eine schnelle Behandlung erfolgen kann. Diese Krankheit wirkt sich nicht negativ auf die Lebenserwartung des Betroffenen aus.

Das können Sie selbst tun

Patienten mit einer Hyperthermie müssen in ihrem täglichen Umfeld darauf achten, nicht in Situationen zu geraten, in denen sie unkontrolliert Hitze ausgesetzt sind.

Daher empfiehlt sich Betroffenen nicht nur das Tragen von speziellen Kühlwesten und -mützen, sondern grundsätzlich auch über ein Leben in klimatisch günstigeren Regionen nachzudenken, die durch ganzjähriges Fehlen von Hitzespitzen gekennzeichnet sind. Regelmäßige Flüssigkeitszufuhr von kühlenden Getränken wie auch das Tragen von feuchter Kleidung kann dennoch selbst in wärmeren Gegenden zu willkommener Abkühlung beitragen.

Regelmäßiges, kaltes Abduschen, Vermeiden von Sport im Kindesalter und regelmäßige Anwendung von feuchtigkeitsspendenden Augentropfen sind nur einige von vielen Maßnahmen im Alltag, die zu spürbarer Abmilderung der Beschwerden führen.

Der hohen Rate an Zahlfehlbildungen kann durch entsprechende ästhetische Rehabilitationsmaßnahmen mithilfe von Zahnprothesen entgegengewirkt werden. Eine Korrektur häufig damit verbundener Kieferfehlstellungen führt zu deutlicherer Aussprache, verbessertem Kauverhalten sowie optisch aufgewertetem Äußerem, was wiederum in erhöhter Lebensqualität resultiert.

Logopädische Hilfe kann die häufig im Zusammenhang mit ektodermaler Dysplasie auftretenden Sprach- und Artikulationsstörungen wirksam behandeln und Selbstwertgefühl wie soziale Kompetenz steigern helfen.

Um sich auch psychisch zu stabilisieren und ein Maximum an Lebensqualität aller beeinträchtigenden Krankheitssymptome zum Trotz zu gewinnen, bieten einige Selbsthilfegruppen Hilfestellung im täglichen Umgang mit der Krankheit sowie Austausch mit ebenfalls Betroffenen an.

Quellen

  • Böcker, W. et al.: Pathologie. Urban & Fischer bei Elsevier, München 2008
  • Largiadèer, F., et al.: Checkliste Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

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