Enterococcus faecium
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 29. Juli 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Krankheitserreger Enterococcus faecium
Enterococcus faecium ist ein Bakterium, das zur Familie der Enterokokken gehört und in der menschlichen Darmflora zu finden ist. Außerhalb des Darmtraktes kann es Beschwerden wie Harnwegsinfektionen verursachen. In der Pharmazie wird es verwendet, um etwa eine gestörte Darmflora wiederaufzubauen.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist Enterococcus faecium?
Hinter der Bezeichnung Enterococcus faecium verbirgt sich ein Bakterium, das unter anderem ein Bestandteil der menschlichen Darmflora ist. Es gehört zur Familie der Enterokokken. Diese sind Verwandte der Streptokokken, unterscheiden sich aber in einigen wesentlichen Punkten von ihnen.
Enterococcus faecium kommt entsprechend nicht nur im menschlichen und tierischen Organismus, sondern auch in der Umwelt vor (beispielsweise im Boden oder im Abwasser). Es tritt oftmals in Paaren oder in Form einer Kette auf. Grundsätzlich verursacht Enterococcus faecium keine Beschwerden. Er kann aber einige Erkrankungen hervorrufen, wenn er außerhalb des Darmtraktes vorgefunden wird.
Diese sind unter Umständen schwierig zu behandeln, da das Bakterium sehr schnell resistent gegen Antibiotika wird. In der Pharmazie finden Stämme des Enterococcus faecium Anwendung bei unterschiedlichen Störungen und Beschwerden.
Bedeutung & Funktion
Enterococcus faecium ist ein Bakterium, das natürlicherweise in menschlichen und tierischen Organismen vorkommt. Es ist ein fester Bestandteil der menschlichen Darmflora und trägt somit dazu bei, dass der Bakterienhaushalt im Darmtrakt ausgeglichen bleibt und eine optimale Verdauung stattfinden kann.
Unter Umständen kann es sich zum Hauptkeim der Darmflora auswachsen, was besonders dann passiert, wenn die betroffene Person infolge einer bakteriellen Infektion Antibiotika einnimmt. Das Bakterium ist aufgrund seiner Eigenschaften dazu geeignet, auch unter schwierigen Bedingungen im Körper überleben zu können. So ist es sehr widerstandsfähig und kann etwa auch in der Galle am Leben bleiben bzw. sich unter den dort herrschenden Umständen sogar vermehren (die Galle weist im Inneren einen Salzsäuregehalt von etwa 6,5 % auf).
Auch Temperaturanstiege bis zu 60 °C haben kurzzeitig keinen negativen Effekt auf Enterococcus faecium. Ist bei einem Patienten beispielsweise die Darmflora gestört, kann der behandelnde Arzt ihm lebende Keime eines Enterococcus faecium-Stammes in Kapselform verordnen, um das Gleichgewicht im Darm auf diese Weise wiederherzustellen.
Eine solche Anwendung ist auch bei schweren Durchfallerkrankungen möglich. Enterococcus faecium verursacht in den meisten Fällen keine Krankheiten oder gesundheitlichen Beschwerden, wenn es nicht außerhalb des Darmtraktes angefunden wird.
Biologische Eigenschaften
Enterococcus faecium ist ein grampositives Bakterium, das zur Familie der Enterococcaceae gehört. In der Klassifikation und Taxonomie wird es in die Gattung Enterococcus eingeordnet, die früher als Teil der Streptococcus-Familie betrachtet wurde, bevor sie aufgrund genetischer und biochemischer Unterschiede neu klassifiziert wurde. Enterococcus faecium ist ein bedeutender Vertreter dieser Gattung und spielt sowohl in der Umwelt als auch in der menschlichen Gesundheit eine wichtige Rolle.
Morphologisch handelt es sich bei Enterococcus faecium um kugelförmige Bakterien (Kokken), die typischerweise in Paaren oder kurzen Ketten vorliegen. Sie sind fakultativ anaerob, was bedeutet, dass sie sowohl in Gegenwart als auch in Abwesenheit von Sauerstoff wachsen können. Diese Anpassungsfähigkeit trägt zu ihrem Überleben in verschiedenen Umgebungen bei, einschließlich des menschlichen Darms, wo sie natürlicherweise vorkommen.
Das Wachstum von Enterococcus faecium erfolgt optimal bei Temperaturen zwischen 35 und 37 Grad Celsius, jedoch können sie auch bei niedrigeren Temperaturen und in verschiedenen pH-Bereichen überleben. Sie sind in der Lage, unter extremen Bedingungen wie hoher Salzkonzentration zu wachsen, was ihre Widerstandsfähigkeit und Ausbreitungsfähigkeit erhöht.
Das Genom von Enterococcus faecium weist mehrere genetische Besonderheiten auf, darunter eine hohe Anzahl von mobilen genetischen Elementen wie Plasmide und Transposons, die zur Verbreitung von Antibiotikaresistenzen beitragen. Diese genetische Flexibilität ermöglicht es ihnen, schnell auf Umweltveränderungen zu reagieren und Resistenzgene auszutauschen. Die Genomgröße beträgt etwa 2,8 bis 3,2 Megabasenpaare und enthält zahlreiche Gene, die für Virulenzfaktoren und Resistenzmechanismen kodieren. Diese genetischen Merkmale machen Enterococcus faecium zu einem wichtigen Forschungsobjekt im Bereich der medizinischen Mikrobiologie und Antibiotikaresistenz.
Vorkommen & Verbreitung
Enterococcus faecium kommt natürlicherweise sowohl in der Umwelt als auch im menschlichen und tierischen Darm vor. In der Darmflora spielt es eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung des mikrobiellen Gleichgewichts und der Unterstützung der Verdauung. Es gehört zur normalen Mikrobiota des Darms von Menschen und Tieren und trägt zur Verhinderung der Besiedlung durch pathogene Mikroorganismen bei.
In der Umwelt ist Enterococcus faecium weit verbreitet und kann in Wasser, Boden und auf Pflanzen gefunden werden. Diese Bakterien sind sehr widerstandsfähig und können unter verschiedenen Umweltbedingungen überleben, einschließlich hoher Salzkonzentrationen und extremen pH-Werten. Diese Robustheit ermöglicht es ihnen, in unterschiedlichen Ökosystemen zu persistieren und sich zu verbreiten.
Die Übertragungswege von Enterococcus faecium umfassen direkten Kontakt, kontaminierte Oberflächen und Lebensmittel. Im Krankenhausumfeld spielt die Übertragung über die Hände von Gesundheitspersonal eine entscheidende Rolle, insbesondere bei der Verbreitung von antibiotikaresistenten Stämmen. Kontaminierte medizinische Geräte und Oberflächen können ebenfalls als Übertragungsquelle dienen.
In verschiedenen Ökosystemen erfüllt Enterococcus faecium unterschiedliche Funktionen. Im menschlichen Darm trägt es zur Gesundheit des Mikrobioms bei, während es in der Umwelt als Indikator für fäkale Kontamination dient. Die Anwesenheit von Enterococcus faecium in Wasserproben kann auf Verschmutzung durch Abwasser hinweisen, was wichtig für die Überwachung der Wasserqualität ist.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Enterococcus faecium eine vielseitige und weit verbreitete Bakterienart ist, die sowohl positive als auch negative Rollen in verschiedenen Ökosystemen spielt. Seine Fähigkeit zur Anpassung und Verbreitung macht es zu einem wichtigen Mikroorganismus in der medizinischen Mikrobiologie und Umweltwissenschaft.
Krankheiten
Grundsätzlich ist Enterococcus faecium kein Bakterium, das in großem Maße zu Krankheiten oder gesundheitlichen Problemen führt. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich sein Vorkommen auf den Darmtrakt beschränkt.
Tritt das Bakterium außerhalb dieser Region auf, kann es bei Personen mit einem geschwächten Immunsystem beispielsweise Harnwegserkrankungen wie Blasenentzündungen oder auch eine Endokarditis (Herzinnenhautentzündung) sowie eine Entzündung der Gallenblase (Cholezystitis) hervorrufen. Enterococcus faecium ist in besonderem Maße auch als Auslöser sogenannter Nosokomialinfektionen (auch Krankenhausinfektionen genannt) bekannt.
Dabei handelt es sich um einen Infekt, den sich ein Patient während eines Krankenhausaufenthalts zuzieht und der zum Zeitpunkt der Einlieferung noch nicht bestanden hat. Besonders nach Operationen am Darm kommt es nicht selten zu einer Nosokomialinfektion, an der Enterococcus faecium beteiligt ist. Statistiken besagen, dass ca. 10 % aller bekannter Fälle auf Enterococcus faecium zurückzuführen sind.
Noch häufiger (in bis zu 90 % der Fälle) ist allerdings das verwandte Bakterium Enterococcus faecalis für die Infektionen verantwortlich. Kommt es zu einer Infektion mit Enterococcus faecium als Auslöser, ist diese in vielen Fällen sehr schwierig zu behandeln. Das Bakterium besitzt von Natur aus eine hohe Resistenz gegen zahlreiche Stoffe, die in der Medizin als Antibiotika eingesetzt werden.
Bei einer Behandlung der vorliegenden Infektion muss darauf geachtet werden, dass alternative Substanzen verwendet werden. Allerdings besteht auch hier die Gefahr, dass Enterococcus faecium schnell eine Resistenz gegen das jeweilige Antibiotikum entwickelt. Oftmals muss im Verlauf der Therapie daher mehrmals das Antibiotikum gewechselt werden, um die gewünschte Wirkung zu erreichen und bereits vorhandene oder neu entstandene Resistenzen zu umgehen.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung von Infektionen mit Enterococcus faecium kann komplex sein, insbesondere wegen der zunehmenden Antibiotikaresistenz dieser Bakterien. Die Standardtherapien umfassen in der Regel Antibiotika wie Ampicillin und Vancomycin. In den letzten Jahren hat jedoch die Verbreitung von Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) die Behandlung erheblich erschwert.
Bei resistenten Stämmen von Enterococcus faecium kommen alternative Antibiotika zum Einsatz. Linezolid und Daptomycin sind häufige Alternativen, die gegen viele VRE-Stämme wirksam sind. Daptomycin ist besonders nützlich für Patienten, die auf andere Antibiotika nicht ansprechen, kann jedoch bei Lungeninfektionen weniger wirksam sein, da es in der Lunge inaktiviert wird. Tigecyclin, ein weiteres alternatives Antibiotikum, kann ebenfalls eingesetzt werden, obwohl seine Wirksamkeit bei Blutinfektionen begrenzt sein kann.
Die Behandlung resistenter Stämme stellt erhebliche Herausforderungen dar. Die Verfügbarkeit wirksamer Antibiotika ist begrenzt, und es besteht ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen und Arzneimittelwechselwirkungen. Eine Kombinationstherapie, bei der mehrere Antibiotika gleichzeitig verwendet werden, wird manchmal angewendet, um die Wirksamkeit zu erhöhen und die Entwicklung weiterer Resistenzen zu verhindern.
Neue und experimentelle Therapieansätze werden intensiv erforscht. Eine vielversprechende Methode ist der Einsatz von Bakteriophagen, Viren, die spezifisch Bakterien infizieren und abtöten. Phagen-Therapien könnten eine effektive Alternative zu herkömmlichen Antibiotika bieten, insbesondere gegen multiresistente Bakterien. Auch die Entwicklung neuer Antibiotikaklassen und der Einsatz von Immuntherapien, die das Immunsystem des Patienten stärken, um Infektionen zu bekämpfen, sind Gegenstand aktueller Forschung.
Zusammengefasst bleibt die Behandlung von Enterococcus faecium, insbesondere von resistenten Stämmen, eine Herausforderung, die kontinuierliche Forschung und die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze erfordert.
Enterococcus faecium und Antibiotikaresistenz
Antibiotikaresistenz ist ein zunehmendes globales Gesundheitsproblem, und Enterococcus faecium spielt dabei eine bedeutende Rolle. Dieses Bakterium hat sich als besonders widerstandsfähig erwiesen und kann viele gängige Antibiotika überleben. Diese Resistenz stellt eine große Herausforderung für das Gesundheitswesen dar und erfordert innovative Lösungsansätze.
Mechanismen der Antibiotikaresistenz:
Enterococcus faecium hat mehrere Mechanismen entwickelt, um sich gegen Antibiotika zu schützen. Einer der wichtigsten Mechanismen ist die Produktion von Enzymen, die Antibiotika zerstören oder inaktivieren. Ein Beispiel hierfür ist die Beta-Lactamase, die Beta-Lactam-Antibiotika wie Penicillin abbaut. Ein weiteres Beispiel ist die Modifikation der Zielorte von Antibiotika. Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE) ändern die Struktur ihrer Zellwand, sodass Vancomycin nicht mehr wirksam ist. Darüber hinaus nutzen diese Bakterien Effluxpumpen, um Antibiotika aus der Zelle zu transportieren, bevor diese ihre Wirkung entfalten können.
Verbreitung von Resistenzen:
Die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen bei Enterococcus faecium wird durch die Übertragung von Resistenzgenen zwischen Bakterien begünstigt. Dies geschieht häufig über mobile genetische Elemente wie Plasmide und Transposons. Diese Gene können leicht von einem Bakterium zum anderen übertragen werden, sogar zwischen verschiedenen Arten, was die Ausbreitung von Resistenzen beschleunigt. Krankenhäuser sind besonders anfällig für die Verbreitung resistenter Stämme, da hier häufig Antibiotika eingesetzt werden und viele immungeschwächte Patienten vorhanden sind.
Klinische Auswirkungen:
Infektionen mit antibiotikaresistenten Stämmen von Enterococcus faecium sind schwer zu behandeln und führen häufig zu höheren Morbiditäts- und Mortalitätsraten. Solche Infektionen können eine Vielzahl von Erkrankungen verursachen, einschließlich Harnwegsinfektionen, Sepsis und Endokarditis. Die Behandlung dieser Infektionen erfordert oft den Einsatz von teureren und toxischeren Antibiotika, was die Belastung für die Gesundheitssysteme erhöht.
Strategien zur Bekämpfung der Resistenz:
Zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz bei Enterococcus faecium sind mehrere Ansätze erforderlich. Erstens müssen Antibiotika sorgfältig und zurückhaltend eingesetzt werden, um die Entwicklung von Resistenzen zu minimieren. Dies umfasst die Verwendung von Antibiotika nur bei klar indizierten Fällen und die Beachtung von Leitlinien zur Antibiotikatherapie.
Zweitens ist eine verbesserte Überwachung und Kontrolle von Infektionen in Krankenhäusern notwendig. Dies beinhaltet regelmäßige Screenings von Patienten auf resistente Stämme, die Isolierung infizierter Patienten und strenge Hygienemaßnahmen, um die Ausbreitung zu verhindern.
Drittens muss die Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika und alternativer Therapien intensiviert werden. Bakteriophagen-Therapie, antimikrobielle Peptide und Immunmodulatoren sind vielversprechende Ansätze, die weiter erforscht werden sollten.
Zusätzlich spielt die Bildung und Aufklärung von Gesundheitsdienstleistern und der Öffentlichkeit eine wichtige Rolle. Ein besseres Verständnis der Risiken und Präventionsmaßnahmen kann dazu beitragen, die Verbreitung von resistenten Bakterien zu reduzieren und den verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika zu fördern.
Insgesamt stellt die Antibiotikaresistenz von Enterococcus faecium eine komplexe Herausforderung dar, die ein koordiniertes Vorgehen und kontinuierliche Innovation erfordert.
Quellen
- Kayser, F. H. et al.: Medizinische Mikrobiologie. Thieme, Stuttgart 2010
- Studt, H. H.: Allgemeine und spezielle Infektionslehre. Lehrbuch für Pflegeberufe. Kohlhammer, Stuttgart 2003
- Weiß, A., Barth, H., Schmidt, H.: Bakterielle Toxine. Behr's Verlag, Hamburg 2018