Darmflora

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 20. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Als Darmflora bezeichnen Mediziner die Gesamtheit der im menschlichen und tierischen Darm vorhandenen Mikroorganismen. Diese beeinflussen die Verdauung sowie das Immunsystem und versorgen den Körper mit Vitaminen. Ein Ungleichgewicht in diesem bakteriellen Ökosystem kann zu Beschwerden und Erkrankungen im Darmbereich führen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Darmflora?

Die Gesamtheit der in der Darmflora enthaltenen Bakterien erfüllt mehrere Funktionen, die für den Wirtsorganismus von großer Bedeutung sind. Besonders die im Dickdarm angesiedelten Mikroorganismen helfen zuverlässig dabei, das Organ vor Krankheitserregern zu schützen.
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Der Begriff Darmflora ist eine Sammelbezeichnung für alle Bakterien und Mikroorganismen, die sich im menschlichen sowie tierischen Darm befinden. Dabei enthält der Dickdarm naturgemäß eine höhere Bakteriendichte als der Dünndarm.

Die Bezeichnung „Flora“ stammt aus einer Zeitepoche, in der Bakterien als pflanzlichen Ursprungs galten. Auch wenn diese Auffassung überholt ist, hat sich der Begriff gehalten. Die komplette Darmflora entwickelt sich beim Menschen in den ersten Lebensjahren. Zwischen dem Organismus und den in ihm angesiedelten Mikroorganismen besteht eine Wechselwirkung, die für beide lebensnotwendig ist. Das Vorhandensein einer funktionierenden Darmflora ist somit von immenser Bedeutung für den Wirt.

Störungen in diesem empfindlichen Ökosystem können von Krankheiten oder auch einer dauerhaften Fehlernährung herrühren. Ein solches Ungleichgewicht kann zu Schmerzen und Verdauungsbeschwerden führen, die das Wohlbefinden des Betroffenen deutlich beeinflussen. Meist kann die Darmgesundheit aber auf dem medizinischen Wege wieder hergestellt werden.

Anatomie & Aufbau

Die menschliche Darmflora bildet sich in ihren Grundzügen bereits vor der Geburt. Allerdings ist der Darm zunächst nur gering besiedelt. Die dort ansässigen Bakterien stammen vornehmlich aus den vier bekannten Gruppen Enterobacteriaceae (insb. Escherichia coli), Bacillus, Bacteroides und Enterokokkus.

Einen wichtigen Einfluss auf die Bildung des Ökosystems stellt die Nahrung dar, die besonders bei Kindern maßgeblich zur Beschaffenheit der Darmflora beitragen. Bei Erwachsenen finden sich je nach Gesundheitszustand, Ernährung und Kulturkreis zwischen 10 und 100 Billionen Bakterien im Darmtrakt.

Dabei handelt es sich um mindestens 500 verschiedene Arten. In Einzelfällen wurden sogar bis zu 36000 unterschiedliche Bakterienarten nachgewiesen. Besonders die Oberfläche des Dickdarms, aber auch andere Teile des Darmtrakts sind von den vielseitigen Mikroorganismen besiedelt. Gesunde Erwachsene weisen eine Mikroflora-Gesamtmasse von 1 - 2 kg auf.

Funktion & Aufgaben

Die Gesamtheit der in der Darmflora enthaltenen Bakterien erfüllt mehrere Funktionen, die für den Wirtsorganismus von großer Bedeutung sind. Besonders die im Dickdarm angesiedelten Mikroorganismen helfen zuverlässig dabei, das Organ vor Krankheitserregern zu schützen. Mediziner sprechen in diesem Zusammenhang von Kolonisationsresistenz.

Im selben Zug nehmen die Bakterien auch Einfluss auf das gesamte Immunsystem des Körpers und tragen zu einer effektiveren Abwehr bei. Während die vom Menschen aufgenommen Nahrung die Mikroorganismen speist, sind diese wiederum hilfreich für zahlreiche Verdauungsprozesse. Sie unterstützen die natürliche Zerlegung von Nahrungsbestandteilen, regen die Darmtätigkeit an und versorgen den Darm mit zusätzlicher Energie. Besonders bei der Verdauung von Ballaststoffen bilden sich im Darmtrakt Fettsäuren. Diese entstehen mithilfe der dort befindlichen Bakterien. Die schwer verdaulichen Nahrungsbestandteile werden anschließend verstoffwechselt und die Reste ausgeschieden. Dadurch entstehen Gase wie Methan und Wasserstoff, die zu übel riechenden Blähungen führen - ein Prozess, der für den Betroffenen zwar unangenehm ausfällt, für die Verdauung aber unverzichtbar ist. Sogenannte Xenobiotika (körperfremde Giftstoffe, die über Nahrung und Umwelt aufgenommen werden) werden durch die zahlreichen Bakterienstämme abgebaut, was eine enorme Entlastung für den Organismus darstellt. Das fettlösliche Vitamin K, welches der Körper unter anderem für die Knochen und für die Blutgerinnung benötigt, kann ohne Mitwirkung der Darmflora nicht vom Menschen selbst gebildet werden. Nicht zuletzt nimmt die Darmflora auch Einfluss auf das Körpergewicht des Individuums. Ob ein Mensch (starkes) Übergewicht entwickelt, ist zumindest teilweise auch auf das Verhältnis bestimmter Darmbakterien zueinander zurückzuführen.

Krankheiten & Beschwerden

Gerät die Darmflora aus dem Gleichgewicht und verändert sich das Verhältnis der unterschiedlichen Bakterien zueinander maßgeblich, kann dies zu deutlich spürbaren Beschwerden führen. In erster Linie betreffen diese den Verdauungstrakt und äußern sich durch unangenehme Blähungen, Bauchschmerzen und ein Spannungsgefühl oder einen deutlich aufgeblähten Bauch.

Oftmals lässt sich bestimmen, welcher Teil des Darms betroffen ist. Eine Störung der Dünndarmflora führt zu einem Blähbauch, ohne dass es zu Blähungen kommt. Ist die Dickdarmflora betroffen, treten zusätzlich zu einem aufgeblähten Bauch auch starke Darmgase auf. Darüber hinaus ist auch das Immunsystem des gesamten Körpers von dem Ungleichgewicht betroffen.

So kann es zu häufigeren Infekten nicht nur im Magen-Darm-Bereich kommen. Schwierigkeiten bei der Verdauung und plötzliche Nahrungsmittelunverträglichkeiten können auf eine Störung der Darmflora hindeuten. Das Bakterienverhältnis gerät besonders dann aus dem Gleichgewicht, wenn die betroffene Person sich besonders einseitig oder ungesund ernährt. Auch eingenommene Medikamente können aufgrund ihrer Wirkstoffe für ein vorübergehendes Ungleichgewicht im Darm sorgen.

Zu Letzteren gehören beispielsweise Antibiotika, die bei vielen bakteriellen Erkrankungen verordnet werden. Diese bekämpfen aber nicht nur die für die Krankheit verantwortlichen, sondern auch die nützlichen Bakterien und können so das Verhältnis der Mikroorganismus im Darmtrakt durcheinanderbringen.

Um die Darmflora wieder aufzubauen, ist es hilfreich, sich über einen Zeitraum von mehreren Monaten ausgewogen und vor allem ballaststoffreich zu ernähren. Auf stark zucker- und fetthaltige Lebensmittel sollte in dieser Zeit weitgehend verzichtet werden.

Die Zufuhr von Probiotika wirkt sich unterstützend aus. Meist regeneriert sich die Darmflora von selbst; ist dies nicht der Fall, kann vom Arzt eine sogenannte Stuhltransplantation vorgenommen werden, um das Gleichgewicht der Bakterien wiederherzustellen.


Typische & häufige Darmerkrankungen

Quellen

  • Lang, F., et al.: Basiswissen Physiologie. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2007
  • Lohr, M., Keppler, B. (Hrsg.): Innere Medizin – Kompendium für Studium und Klinik. Urban & Fischer, München 2005
  • Schünke, M., et al.: PROMETHEUS Innere Organe. LernAtlas Anatomie. Thieme, Stuttgart 2018

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