Extensor-digitorum-Reflex

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Der Extensor-digitorum-Reflex wird auch als Braunecker-Effenberg-Reflex, BER oder Fingerstreckreflex bezeichnet. Er gehört zu den Eigenreflexen und dient der Testung der Spinalnerven aus den Segmenten C6 und C7.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Extensor-digitorum-Reflex?

Der Extensor-digitorum-Reflex wird auch Fingerstreckreflex bezeichnet. Er gehört zu den Eigenreflexen.

Ebenso wie etwa der Fingerbeugereflex, der Bizeps-femoris-Reflex oder der Bizepssehnenreflex gehört auch der Extensor-digitorum-Reflex zu den Eigenreflexen. Beim Eigenreflex liegen das Organ, das den Reiz empfängt und das Organ, das die Reaktion ausführt im selben Muskel. Beim Extensor-digitorum-Reflex ist dies der Musculus extensor digitorum.

Der Musculus extensor digitorum wird auch als Fingerstrecker bezeichnet. Er ist ein Skelettmuskel und gehört zu den oberflächlichen Streckern des Unterarmes. Seine vier Ansatzsehnen ziehen durch das vierte Sehnenscheidenfach zum Handrücken. Dort sind die Sehnen durch Brücken miteinander verbunden. Durch diese Brücken wird das Strecken einzelner Finger, insbesondere das isolierte Strecken des Ringfingers, verhindert.

Aufgabe des Musculus extensor digitorum ist das Strecken der Hand und der Finger zwei bis fünf. Beim Extensor-digitorum-Reflex sind neben diesem Muskel auch die Nervenbahnen C6, C7 und der Nervus radialis Ramus profundus beteiligt.

Funktion & Aufgabe

Der Extensor-digitorum-Reflex gehört zu den tiefen Sehnenreflexen. Bei einem Schlag auf den Musculus extensor digitum bei leicht bis mittel gebeugten Fingern erfolgt physiologischerweise eine Streckung von Zeige-, Mittel- und Ringfinger.

Die Reflexprüfung wird im Seitenvergleich durchgeführt und das allgemeine Reflexniveau wird bewertet. Normal wäre eine mittellebhafte bis lebhafte Reaktion. Ausgefallene und schwache Reaktionen auf den Reiz weisen ebenso auf eine Störung hin wie gesteigerte oder gar klonische, also ruckartig und heftig, Reaktionen.

Zur genauen Einordnung der Reflexreaktionen gibt es auch klinische Skalensysteme. So kann die Reflexintensität mit der neunstufigen MayoClinicScale (MCS) oder der Skala des National Institute of Neurological Disorders and Stroke (NINDS-Skala) klassifiziert werden. Die Reliabilität, also die Zuverlässigkeit dieser Skalen, ist allerdings eingeschränkt, da die Zuordnung zwischen unterschiedlichen Untersuchern stark variieren kann. Daher werden die Skalen im Praxis- und Klinikalltag eher selten eingesetzt.

Um die Reflexprüfung zu erleichtern, kann der Patient vor dem Test die Zähne fest aufeinander beißen und die Faust kräftig ballen. Dies dient der sogenannten Reflexbahnung. Durch die Vorspannung der Muskelfasern der Muskelspindeln wird die Empfindlichkeit für Dehnungen erhöht. Dies dient der Sensibilisierung. In der Folge kann der Reflex leichter ausgelöst werden. Alternativ kann der Patient auch den sogenannten Jendrassik-Handgriff durchführen. Dafür winkelt der Patient die Arme vor dem Oberkörper an und verschränkt die Hände. Anschließend versucht er, die Hände kräftig auseinanderzuziehen.

Der Extensor-digitorum-Reflex und die Reflexprüfung allgemein sind fester Bestandteil der körperlichen Untersuchung und besonders der neurologischen Untersuchung. Ziel ist zum einen die Kontrolle von physiologisch vorhandenen Reflexen und zum anderen das Auffinden pathologischer Reflexe. Das Ergebnis der Prüfung der Reflexe wird auch als Reflexstatus bezeichnet.

Die Prüfung erfolgt in der Regel mit einem Reflexhammer. Mit dem Hammer wird ein leichter Schlag auf den Muskel ausgeführt. Der nun resultierende Reflex ist eine unwillkürliche Reaktion auf die schnelle Dehnung der Muskelspindeln. Die Muskelkontraktion erfolgt über einen monosynaptischen spinalen Reflexbogen. Monosynaptisch bedeutet, dass nur eine Nervenverbindung (Synapse) beteiligt ist.

Beim Extensor-digitorum-Reflex werden die Nervenbahnen C6 und C7 getestet. Die Nervenwurzeln für diese Nerven entspringen paarig aus dem Rückenmark und ziehen dann aus dem Wirbelkanal in Richtung der Arme, Hände und Finger. Es handelt sich dabei um Spinalnerven. Diese sind Teil des peripheren Nervensystems. Zudem erfasst der Extensor-digitorum-Reflex auch die Funktion des Nervus radialis und hier insbesondere des Ramus profundus. Der Ramus profundus ist der motorische Anteil des Nervus radialis.


Krankheiten & Beschwerden

Bleibt die erwartete Reaktion beim Extensor-digitorum-Reflex aus, so spricht dies für eine Schädigung im Bereich der Nerven C6 und C7. Eine solche Schädigung kann zum Beispiel durch einen Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule entstehen. Bei einem Bandscheibenvorfall tritt plötzlich oder langsam fortschreitend Gewebe aus dem Gallertkern (Nucleus pulposus) einer Bandscheibe aus. Das Gewebe kann dabei sowohl nach hinten in den Rückenmarkskanal als auch nach hinten-seitlich in Richtung Nervenwurzel austreten.

Durch den Druck auf die Nervenwurzeln kommt es zu Schmerzen, Lähmungen oder Empfindungsstörungen im betroffenen Segment. Bandscheibenvorfälle an der Halswirbelsäule finden sich vor allem im Alter zwischen vierzig und sechzig Jahren. Eine Bandscheibenvorwölbung kann schon deutlich eher auftreten. Auch diese kann ähnliche Beschwerden auslösen und zu einem abgeschwächten Extensor-digitorum-Reflex führen.

Der Extensor-digitorum-Reflex kann aber auch durch eine Schädigung des Nervus radialis beeinträchtigt werden. Eine Schädigung des Nervus radialis wird auch als Radialisparese bezeichnet. Insbesondere bei einer oberen und einer mittleren Radialislähmung kommt es zu einem Ausfall der Streckmuskulatur der Hand und damit auch zu einem abgeschwächten oder aufgehobenen Extensor-digitorum-Reflex.

Eine obere Radialislähmung wird vor allem durch Unterarmgehstützen hervorgerufen. Man spricht deshalb auch von einer Krückenlähmung. Auch durch ein Trauma oder durch einen Gipsverband kann der Nerv geschädigt werden. Die mittlere Radialislähmung wird in der Regel durch eine längerfristige Druckeinwirkung ausgelöst. Man spricht von einer Parkbanklähmung, da der Nerv zum Beispiel durch das Aufliegen auf einer harten Parkbank geschädigt werden kann. Auch ein zu eng anliegender Gipsverband kann Ursache der Läsion sein.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Hüter-Becker, A., Dölken, M.: Physiotherapie in der Orthopädie. Thieme, Stuttgart 2015
  • Lehnert, H., Werdan, K.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2006

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