Bandscheibe

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 2. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Anatomie Bandscheibe

Rückenbeschwerden sind eine Volkskrankheit, mit der wohl jeder Mensch im Laufe seines Lebens Bekanntschaft macht. Oft sind es jedoch nicht die knöchernen Bestandteile der Wirbelsäule, die Probleme bereiten, sondern die Bandscheiben, auch Disci intervertebrales genannt.

Inhaltsverzeichnis

Was sind die Bandscheiben?

Schematische anatomische Darstellung der Wirbel und der Bandscheibe, sowie der eingeklemmte Nerv. Klicken, um zu vergrößern.

Eine vereinfachte Definition der Bandscheiben könnte lauten, dass es sich um Wasserkissen handelt, die als natürliche Stoßdämpfer die Erschütterungen beim Gehen abfangen. Die Bandscheiben sind damit faserknorplige, flexible Verbindungen zwischen den einzelnen Wirbelelementen.

Die menschliche Wirbelsäule enthält 23 Bandscheiben. Sie liegen zwischen den Wirbelkörpern und tragen zur Beweglichkeit und Stoßelastizität bei. Die Bandscheiben nehmen etwa 25% der Gesamtlänge der Wirbelsäule ein.

Anatomie & Aufbau

Ein grundlegendes Verständnis von Anatomie und Aufbau der Bandscheiben ist wichtig, um ihren Nutzen zu erklären. Sie enthalten zwei verschiedene Gewebearten: In der Mitte befindet sich ein Gallertkern aus zellarmem Gewebe, der sogenannte Nucleus pulposus, der außen von einem Faserring, dem Anulus fibrosus, umgeben ist.

Der Anulus fibrosus besteht aus Faserknorpel, d. h. einem straffen kollagenen Bindegewebe mit eingelagerten Knorpelzellen. Die kollagenen Fasern sind in konzentrisch verlaufenden Lamellen angeordnet und ergeben ein sich überkreuzendes, gegenläufiges Muster, das der optimalen Kraftübertragung dient.

Die äußeren Lamellen strahlen in die Randleisten der Wirbelkörper ein, die inneren sind mit den knorpelüberzogenen Deckplatten der Wirbel verbunden. Zur Mitte hin geht der Faserknorpel fließend in die gallertige Substanz des Nucleus pulposus über. Dieser besteht größtenteils aus Glykosaminoglykanen und hat ein hohes Wasserbindungsvermögen. Er entfaltet einen Quellungsdruck nach außen, wodurch sich der Faserring anspannt.

Unter der Last des Oberkörpers im Stehen und Sitzen wird im Laufe des Tages Wasser aus dem Gallertkern abgepresst, die Höhe der Bandscheiben nimmt ab. Dadurch kann die Körpergröße am Abend bis zu 2,5 cm geringer sein als am Morgen. Im Liegen nimmt der Gallertkern wieder Wasser auf. Dieser Ein- und Ausstrom von Flüssigkeit sorgt gleichzeitig für die Ernährung der Bandscheibe, die sehr wenige Blutgefäße enthält.

Funktionen & Aufgaben

Funktion und Aufgaben der Bandscheiben lassen sich am besten veranschaulichen, wenn man sich die Druckverhältnisse in der Wirbelsäule vor Augen führt.

Sie trägt das Gewicht des Oberkörpers, d. h. die Bandscheiben sind einem vertikalen Druck ausgesetzt, den sie gleichmäßig auf die Deckplatten der benachbarten Wirbelkörper verteilen. Bei den Stößen, die beim Gehen zustande kommen, kann der wasserreiche Gallertkern nicht komprimiert werden, also dehnt er sich seitlich in Richtung des Faserrings aus und versetzt diesen in Spannung.

Allerdings ist Faserknorpel kein sehr dehnbares Gewebe, so dass die Wirkung dieses „Stoßdämpfers“ gering ausfällt. Neben dem Abfedern von Stößen haben die Bandscheiben die Aufgabe, die Bewegungen benachbarter Wirbel zu begrenzen. Sie sorgen für Stabilität in der Wirbelsäule, indem sie Rotationsbewegungen sowie vorwärts, rückwärts oder seitwärts gerichtete Kippbewegungen zwischen den Wirbeln einschränken.

Krankheiten

Viele Krankheiten und Beschwerden, die im Zusammenhang mit den Bandscheiben auftreten können, beruhen auf unphysiologischen Belastungen. Allerdings können auch genetische Ursachen oder Abnutzungserscheinungen im Laufe des Lebens die Funktion der Bandscheiben beeinträchtigen.

Im zellarmen Gallertkern kommt es durch die sehr geringe Stoffwechselrate schon ab dem dritten Lebensjahrzehnt zu molekularen Veränderungen, welche die Wasserbindungskapazität herabsetzen. Der Quellungsdruck im Kern verringert sich, der Faserring ist nicht mehr angespannt. Dadurch kann die Bandscheibe weniger gut Erschütterungen abfedern und Gleitbewegungen zwischend den Wirbeln begrenzen. Außerdem bleibt sie dauerhaft flach, wodurch die Wirbelbogengelenke übermäßig belastet werden.

Hieraus kann sich eine Spondylarthrose ergeben, d. h. der Gelenkknorpel wird abgescheuert und es wuchert neues Knochengewebe. Ein weithin bekanntes Beschwerdebild stellt auch der Bandscheibenvorfall (Diskusprolaps) dar. Durch abnorme Belastungen entstehen Risse im Faserring und Teile des Gallertkerns treten nach außen. Häufig dringt dieses Gewebe in den Wirbelkanal ein und drückt den dort verlaufenden Spinalnerv gegen das Wirbelbogengelenk.

Daraus können neben Schmerzen auch sensorische oder motorische Ausfallerscheinungen hervorgehen. Besonders anfällig sind der Übergang zwischen Hals- und Brustwirbelsäule sowie zwischen Lendenwirbelsäule und Kreuzbein. Dort werden diejenigen Spinalnerven gereizt, die über den Ischiasnerv das Bein innervieren. Oft verkrampft sich die Rückenmuskulatur, um den verengten Wirbelkanal zu erweitern oder das betroffene Bewegungssegment ruhigzustellen, wodurch es zum schmerzhaften „Hexenschuss“ (Lumbago) kommt.


Typische & häufige Erkrankungen

Quellen

  • Aumüller, G., et al.: Duale reihe Anatomie. Thieme, Stuttgart 2017
  • Hochschild, J.: Strukturen und Funktionen begreifen, Funktionelle Anatomie. Band 1: Wirbelsäule und obere Extremität. Thieme, Stuttgart 2019
  • Renz-Polster, H., Krautzig, S. (Hrsg.): Basislehrbuch Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2012

Das könnte Sie auch interessieren