Gefäßprothese
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Als Gefäßprothese bezeichnet man ein Implantat, dass natürliche Blutgefäße ersetzt. Sie wird vorwiegend bei chronischen Gefäßverengungen, bei Bypass-Operationen oder bei starken Gefäßerweiterungen eingesetzt.
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Was ist eine Gefäßprothese?
Eine Gefäßprothese ersetzt natürliche Blutgefäße und wird bei einer starken Schädigung einer Arterie eingesetzt. In diesem Fall kann der Blutfluss mit Hilfe eines Stents nicht mehr hergestellt werden. Im Zuge eines Eingriffs werden verengte Blutbahnen ausgetauscht oder erweiterte Blutgefäße ersetzt.
Eine Prothese wird aber auch bei Gefäßverletzungen, wie beispielsweise nach Unfällen verwendet. In der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es die ersten Ansätze eines Arterienersatzes, wobei man hier versuchte, Röhren aus Gummi, Silber oder Glas zu implantieren. Allerdings scheiterten diese Versuche, da sich die Implantate thrombotisch verschlossen.
In der zweiten Häflte des 19. Jahrhunderts forschten Guthrie und Carrel auf diesem Gebiet und führten Versuche mit alloplastischem, autologem sowie heterologem Ersatz durch. Dafür erhielt Carrel 1912 auch den Nobelpreis. Der Durchbruch gelang schließlich den Amerikanern Jaretzki, Blakemore und Voorhees, die erstmalig Röhren aus Kunststoff implantierten.
Funktion, Wirkung & Ziele
- Arteriosklerose mit Ausbildung von Verschlüssen und Engstellen
- Koronare Herzkrankheit
- Arterielle Verschlusskrankheit der Bein- und Beckenarterien
- Engstellen der Halsschlagader
- Engstellen der Eingeweide- und Nierenarterien
Im Normalfall bestehen Gefäßprothesen aus Kunststoff wie beispielsweise Polytetrafluorethylen (PTFE) oder Polyethylenterephthalat (PET). PET-Prothesen kommen vor allem bei der Aorta, den Oberschenkelarterien sowie den inneren bzw. äußeren Beckenarterien zum Einsatz. Diese Prothesen haben eine gefaltete Struktur, wodurch eine große Flexibilität gewährleistet ist. PTFE-Prothesen hingegen werden bei Bypass-Operationen sowie für kleinere Gefäße verwendet. Die Prothesen sind mit einer Proteinschicht aus Kollagen, Gelatine oder Albumin überzogen, die Innenseite wird auf Grund der Durchblutung mit Fibrin und Blutplättchen ausgekleidet.
Um Gefäßprothesen herzustellen, schmilzt man den Kunststoff und verarbeitet ihn zu Garn. Daraus werden in weiterer Folge Röhren gestrickt oder gewebt. Diese beiden Prothesen haben den Vorteil, dass sie direkt implantiert werden können, ohne dass man sie vorher preclotten muss. Für ein Preclotting wird Blut abgenommen und die Prothese innen und außen mit Blut durchtränkt. Damit auch die Hohlräume benetzt werden, muss der Chirurg die Prothese mehrfach strecken. Darüber hinaus gibt es auch autologe Transplantate, das heißt, man verwendet körpereigene Arterien bzw. Venen als Gefäßersatz. Bioprothesen stellt man aus heterologen oder homologen Gefäßen her, wobei man als homologe Gefäße häufig Leichenvenen oder -arterien verwendet.
Dazu zählt auch die Dardik-Prothese aus Nabelschnurvenen. Heterologe Gefäße sind Gefäße von Tieren, wie zum Beispiel von Schweinen oder Rindern. Gefäßprothesen werden entweder als Umgebungs- oder Überbrückungstransplantat eingesetzt, wobei die Wahl der Prothese abhängig ist vom intraluminalen Druck, vom Gefäßkaliber sowie dem Verlauf des Transplantats. Die Auswahl einer passenden Gefäßprothese ist sehr wichtig, da eine Prothese mit falschen Maßen Gefäßabzweigungen verdecken oder sich verschieben kann. Eine Gefäßprothese wird normalerweise mit einem Katheter eingeführt und schmiegt sich dann an die Gefäßwand, wo sie das Gefäß offenhält bzw. den Blutdruck, der auf die Gefäßwände wirkt, verringert.
In der Regel ist eine Gefäßprothese schlauchförmig und besteht aus einem Drahtgeflecht, das mit textilem Gewebe oder Kunststoff überzogen ist. Für ganz spezielle Anwendungsgebiete gibt es auch verzweigte Prothesen, die Y-Prothesen genannt werden und beispielsweise bei einem abdominalen Aneurysma zum Einsatz kommen. Die Prothesen können einstückig sein oder auch aus einzelnen Modulen zusammengesetzt werden.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Im Gegensatz zu einem Stent werden Gefäßprothesen künstlich implantiert. Dadurch steigt das Auftreten von Infekten, sodass eine regelmäßige Kontrolle der Wunde während der ersten zwei Wochen und im Anschluss bei jeder körperlichen Untersuchung von großer Bedeutung ist. Außerdem empfiehlt es sich, nach einer Implantation täglich einen Thrombozytenaggregationshemmer einzunehmen. Die größte Infektionsrate tritt dabei bei einem größeren Bypass auf, gefährdet sind aber auch Menschen nach einer Operation in der Leistengegend. Sehr gering ist das Risiko einer Entzündung hingegen bei Patienten, bei denen eine Operation an der Hauptschlagader durchgeführt wurde.
Die Infektionen werden hauptsächlich durch Staphylokokken verursacht. Diese gelangen zum Beispiel auf die Prothese, wenn das Implantat während der Operation mit der Körperoberfläche in Berührung kommt. Eine bakterielle Besiedlung ist aber auch durch Gewebeschäden im Bereich der Prothese möglich, wenn diese beispielsweise am Darm scheuert. Die Bakterien überziehen sich dann mit einer Schleimkapsel, sodass Antibiotika nicht wirken können. Die Infektionsrate kann jedoch vermindert werden, wenn den Patienten vor bzw. während der Operation Antibiotika verabreicht werden.
Ist eine Gefäßprothese entzündet, so muss das infizierte Material ausgebaut werden, dann wird die Wunde gereinigt und eine neue Prothese eingesetzt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine Spezialprothese zu implantieren. Diese Prothesen sind mit Silber beschichtet und können auch mit Antibiotika getränkt werden. Dadurch lassen sich Infekte gut abwehren.
Quellen
- Müller, M., et al.: Chirurgie für Studium und Praxis 2014/2015. Medizinische Verlags- und Informationsdienste, Breisach 2014
- Nürnberger, H.: Klinikleitfaden Chirurgie. Urban & Fischer, München 2010
- Schumpelick, V.: Operationsatlas Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2013