Geruchsrezeptor
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 16. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Mensch verfügt über ca. 350 verschiedene Geruchsrezeptoren, an deren Zilien jeweils ein spezifisches Duftmolekül andocken kann und die Aktivierung der Zelle auslöst. Über die gesammelten Meldungen der Geruchsrezeptoren erstellt das Gehirn den bewussten Geruchseindruck. Die mehrere Millionen Exemplare umfassenden Geruchsrezeptoren befinden sich hauptsächlich in der Riechschleimhaut, einem kleinen Bereich in der oberen Nasenhöhle.
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Was ist ein Geruchsrezeptor?
Geruchsrezeptoren, auch Riechzellen genannt, gehören zu der Gruppe der Chemorezeptoren. Chemorezeptoren übernehmen eine Vielzahl von Aufgaben zur unbewussten Regelung und Aufrechterhaltung der Homöostase. Bei den Riechzellen handelt es sich um hochselektive Sensoren, die jeweils auf die Erkennung eines bestimmten Duftmoleküls spezialisiert sind.
In einem etwa vier Quadratzentimeter umfassenden Areal in der oberen Nasenhöhle, der sogenannten Riechschleimhaut, sind bis zu zehn Millionen Geruchsrezeptoren angesiedelt. Sie lassen sich in etwa 320 verschiedene Zelltypen untergliedern, die in der Lage sind, jeweils ein spezifisches Duftmolekül an einer ihrer zehn bis zwanzig Zilien andocken zu lassen. Beispielsweise verfügen Schäferhunde mit etwa 1.200 verschiedenen Riechzelltypen über einen wesentlich feineren und differenzierteren Geruchssinn als der Mensch.
Nach dem Andocken eines spezifischen Duftmoleküls an eine Zilie der passenden Rezeptorzelle findet bereits in der Zilie die Umwandlung des chemischen Reizes in ein elektrisches Potenzial statt. Die Aktionspotenziale gleicher Geruchsrezeptoren werden zunächst im Bulbus olfactorius gesammelt bevor sie an das Gehirn weitergeleitet werden.
Anatomie & Aufbau
Das Prinzip basiert auf Membranproteinen, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip in einer Art Tasche spezifische Moleküle einfangen und durch die Membran in das Zytosol der Zelle oder in ein Lysosom oder in ein anderes Organell einschleusen. Geruchsrezeptoren in der Riechschleimhaut der Nase sind von Stützzellen umgeben. Ein dendritischer Fortsatz des Riechnervs durchstößt die Schleimhaut nach außen und bildet am Ende ein kleines Bläschen (Vesicula olfactoria), aus dem 5 bis 20 Zilien bis in den Schleim der Riechschleimhaut reichen. In der dünnen Schleimschicht lösen sich die „Duftmoleküle“, die an der für sie passenden Riechzelle andocken kann und die Kaskade der Signaltransduktion in einen elektrischen Nervenimpuls in Gang setzt.
Gewebsseitig sind die Geruchsrezeptoren über ein Axon direkt mit dem Bulbus olfactorius verbunden, wo die Signale gleicher Riechzelltypen gesammelt und an entsprechende Zentren im ZNS weitergeleitet werden. Die Axone der Riechsensoren werden zum Teil geringfügig gebündelt, bevor sie durch feinste Poren des Siebbeins als Riechfasern (Fila olfactoria) in den Schädel ziehen. Die Fila olfactoria sind nicht myelinisiert und entsprechen damit den langsam leitenden Nerven des Fasertyps C. Ihre Leitgeschwindigkeit liegt bei 0,5 bis 2 m/sec. Aufgrund der kurzen Distanzen von der Riechschleimhaut bis zum ZNS von nur wenigen Zentimetern ist die Geschwindigkeit absolut ausreichend.
Funktion & Aufgaben
Die Hauptaufgabe und Funktion der Geruchsrezeptoren besteht darin, die nachgeschalteten Zentren im ZNS mit Informationen über Vorhandensein und Häufigkeit von etwa 350 verschiedenen Duft- oder Geruchsmolekülen zu versorgen. Jede einzelne Zilie, die mit ihrem spezifischen Duftmolekül im Schleim der Riechepithels in Berührung kommt und das Molekül andockt, führt zu einem elektrischen Impuls, der weitergeleitet wird. Die Aufbereitung der Millionen von Geruchs- oder Duftimpulsen zu einer Art „Duftlage“ geschieht erst bei den nachgeordneten Zentren des ZNS.
Erste Empfänger der von den Glomeruli bereits nach Art der Duftmoleküle vorsortierten elektrischen Nervenimpulse sind die beiden Riechkolben (Sg. Bulbus olfactorius). Sie leiten die Meldungen ohne zusätzliche Prozessorleistung über sogenannte Mitralzellen an Strukturen in der Riechrinde weiter, wo die eigentliche Aufbereitung stattfindet und Entscheidungen über unbewusste und bewusste Reaktionen getroffen werden. Die einzelnen Sensormeldungen können sehr wichtig für das unmittelbare Überleben sein, um beispielsweise bereits am Geruch verdorbene Lebensmittel zu erkennen oder gefährliche Giftstoffe.
Gerüche und Düfte unabhängig von der Nahrungsaufnahme können ebenfalls vor Gefahren warnen und auch etwas von der Gemütslage der Menschen. Beispielsweise riecht Angstschweiß, der von apokrinen Schweißdrüsen in den Achselhöhlen erzeugt wird, deutlich anders als Schweiß, der ausschließlich der Thermoregulation dient und von den ekkrinen Schweißdrüsen abgesondert wird.
Auch im sexuellen Bereich spielen Duftmeldungen der Geruchsrezeptoren eine wichtige Rolle. Während des Eisprungs verändert sich die Hormonlage der Frau, was sie unwissentlich durch olfaktorisch wirksame Ausscheidung von Pheromonen, Kopuline genannt, signalisiert. Männer reagieren darauf mit einer vermehrten Testosteronproduktion, obwohl die Kopuline in niedriger Konzentration nicht bewusst wahrgenommen werden können.
Krankheiten
In einigen Fällen sind auch die Signalübertragung oder die Signalverarbeitung im ZNS gestört. Die weitaus häufigste Ursache für eine Beeinträchtigung oder sogar für einen völligen Verlust des Riechvermögens ist eine chronische Entzündung der Nasennebenhöhlen (Sinusitis). Starke Erkältungen, die zu einer Schwellung der Atemwegschleimhäute führen, werden häufig von einer vorübergehenden Beeinträchtigung des Riechvermögens begleitet, die sich nach Ausheilung der Erkältung meist von selbst wieder bessert.
Ein weiterer Ursachenkomplex für das Auftreten einer Anosmie liegt auf der neuronalen Ebene. Ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) kann zu Schäden im Riechzentrum führen oder die Riechfasern werden durch einen Unfall zertrennt. Ebenso kann eine Anosmie durch einen Hirntumor ausgelöst werden oder durch fortschreitende Alzheimer-Demenz oder durch Morbus Parkinson. Sehr selten sind genetische Anomalien oder Mutationen für den Verlust des Geruchssinnes verantwortlich.
Quellen
- Benninghoff/Drenckhahn: Anatomie. Urban & Fischer, München 2008
- Faller, A. et al.: Der Körper des Menschen. Thieme, Stuttgart 2008
- Probst, R., Grevers, G., Iro, H.: Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Thieme, Stuttgart 2008