Globus pallidus
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Globus pallidus, auch das Pallidum genannt, liegt im Zentralbereich des Gehirns und ist dort für die Aktivierung aller Bewegungsabläufe des menschlichen Körpers zuständig. Von dieser Funktion her wird er den Basalganglien (Basalkernen) zugeordnet, die zum Großhirn gehören und unterhalb der Großhirnrinde angesiedelt sind.
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Was ist der Globus pallidus?
Entwicklungsgeschichtlich ist das Pallidum ein Teil des Zwischenhirns. Seine aus dem Lateinischen übersetzte deutsche Bezeichnung ist „blasse Kugel“. Dieser Name nimmt Bezug auf das mikroskopisch nahezu farblose Aussehen des Globus pallidus, der aus vielen großen und auffällig pigmentarmen Nervenzellen zusammengesetzt ist.
Er wird im Gehirn vom Putamen, dem sogenannten Schalenkörper, umgeben und von diesem durch eine Lamelle aus weißer Substanz getrennt. Die weiße Substanz besteht aus miteinander verbundenen Nervenfasern, welche die Informationsströme durch die verschiedenen Hirnareale leiten. Diese Lamelle ist die Lamina medullaris lateralis (externa). Außerdem separiert die Lamina medullaris medialis (interna) das Pallidum in einen seitlichen oder äußeren Teil (Globus pallidus lateralis) sowie einen medialen oder inneren Teil (Globus pallidus medialis). Diese beiden Bereiche der „blassen Kugel“ erfüllen jeweils unterschiedliche Aufgaben.
Diese lassen sich etwa mit bewegungsfördernd (Pars externa) und bewegungshemmend (Pars interna) beschreiben. Hier überwiegt jedoch entsprechend der Funktion des Pallidums der bewegungsfördernde Anteil, der schließlich in konkrete körperliche Aktivitäten umgesetzt wird. So wirkt der Globus pallidus als ein Bindeglied zu Striatum (Streifenkörper) sowie Thalamus (Zwischenhirn), von denen die Bewegungsimpulse ausgehen.
Neben Putamen und Pallidum gehört der Nucleus caudatus (Caudatus) zu den Kernbereichen der Basalganglien. Sie geben den Ausschlag für die Regulierung der gesamten Motorik des Menschen. Das Pallidum liegt im gesamten Bereich der Basalganglien am weitesten innen. Daran fügt sich das Putamen scheibenförmig an, das wiederum vom Caudatus wie ein Schweif umfangen wird. Daher kommt der Name Schweifkern für den Nucleus caudatus.
Die einzelnen Kerne der Basalganglien werden von Faserkörpern gegenseitig sowie auch in Beziehung zum Zwischenhirn hin abgegrenzt. Diese Fasermassen heißen medizinisch auch innere Kapsel (Capsula interna). Diese Kapsel zieht sich in Form von sehr schmalen Streifen auch zwischen Caudatus und Putamen hindurch, weshalb das Striatum den Beinamen Streifenkörper trägt.
Anatomie & Aufbau
Zugleich wirken die Basalkerne insgesamt als ein Filtersystem, das in jedem Moment erwünschte und mögliche Bewegungen zulässt, nicht erwünschte oder gerade nicht mögliche Bewegungen dagegen verhindert. Die feine Ausbalancierung zwischen dem Hemmen und dem Anregen einer Bewegung ist die Spezialität des Globus pallidus. Beide Eigenschaften zusammen machen den überaus komplizierten Rückkopplungsprozess deutlich, der im Rahmen der motorischen Aktivitäten eines Menschen vieltausendfach in jeder Minute abläuft.
Funktion & Aufgaben
Diese Rückkopplung ist positiver Art und wird als neuronale Schleife bezeichnet. Damit sie nicht zu einer übermäßigen Erregung der Motorik führt, sind ständige „Dämpfer“ in Form der bewegungshemmenden Impulse notwendig. Für diese Dämpfung sorgt das äußere Pallidumglied mit dem sogenannten Nucleus subthalamicus (Luys-Körper). Dieser Kern im Zwischenhirn sendet erregende Signale in Richtung des inneren Palliumglieds, wo sie in hemmende Synapsen umgewandelt werden.
Diese negative Rückkopplungsschleife bremst die Aktivität des gesamten motorischen Systems aus und bewirkt, dass es nicht außer Kontrolle gerät. Würde eine solche „Rückkopplungskatastrophe“ eintreten, indem zum Beispiel der Nucleus subthalamicus zerstört wird, müssten Betroffene ein Überschießen unkontrollierbarer, untypischer und anfallartiger Bewegungen der Extremitäten erleben. Diese Effekte werden „Ballismen“ genannt, hergeleitet vom griechischen Wort „ballein“ (werfen). Sie können sich darin äußern, dass eine Person sich plötzlich in aller Öffentlichkeit so irrgeleitet bewegt, als wollte sie lauter Fußbälle treten oder Handbälle werfen. Mögliche Gefahren für Mitmenschen hat ein so Betroffener außer jedem Blick und von selbst verhindern kann er diese Bewegungen nicht im Geringsten.
Krankheiten
Sind die komplizierten Kommunikationswege innerhalb der Basalkerne gestört, kann eine vorzeitige Degeneration (Alterung) betroffener Nervenzellen die Folge sein. Diese Vorgänge können beispielsweise zu den Symptomen der Parkinson-Krankheit führen. Weitere diesbezüglich mögliche neurologische Erkrankungen sind die Multisystematrophie (MSA), mehrere Dystonie-Syndrome, Chorea Huntington, ADHS und das Tourette-Syndrom. Im Einzelnen verursachen diese Degenerationen bei der Parkinson-Krankheit Bewegungsverarmung (Hypokinese), Haltungsinstabilität, Veränderungen des Muskeltonus, verminderten Geruchssinn und Zittern (Tremor).
Die vorausgehenden Schädigungen der Basalganglien können solche Symptome bereits im frühkindlichen Entwicklungsstadium auslösen, zum Beispiel nach Hirnschädigungen in Folge von Sauerstoffmangel. Die Ablagerung von Kupfer in den Basalkernen verursacht unter Umständen Morbus Wilson, eine Erkrankung, die komplexe motorische und auch psychische Defekte herbeiführt. Auch immer wiederkehrende Zwangshandlungen lassen sich aus Mängeln im Bereich des Globus pallidus erklären. So zeichnen sich die sogenannten Tic-Störungen darin aus, dass durch Fehlschaltungen der Basalganglien immer wieder ein irregulärer Bewegungsablauf erfolgt, der sich im täglichen Verhalten des Erkrankten festsetzt und später nicht mehr zu umgehen ist.
Quellen
- Lang, F., et al.: Basiswissen Physiologie. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2007
- Lohr, M., Keppler, B. (Hrsg.): Innere Medizin – Kompendium für Studium und Klinik. Urban & Fischer, München 2005
- Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010