Gordon-Fingerspreizzeichen

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Das Gordon-Fingerspreizzeichen ist ein Reflex, der nur unter pathologischen Bedingungen auslösbar ist. Er gilt als unsicheres Pyramidenbahnzeichen und kann zudem Hinweise auf eine vegetative Übererregbarkeit liefern.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Gordon-Fingerspreizzeichen?

Bei einem gesunden Menschen hat der Druck auf das Erbsenbein keine Auswirkungen. Unter pathologischen Bedingungen folgt auf den Druck eine Streckung und Spreizung der Finger der betroffenen Hand.

Das Gordon-Fingerspreizzeichen wurde nach dem amerikanischen Neurologen Alfred Gordon (1874-1953) benannt. Im Englischen bezeichnet man den Reflex auch als Gordon´s finger phenomenon. Bei diesem Reflex wird Druck auf das Os pisiforme (das rundliche Erbsenbein) ausgeübt. Unter pathologischen Bedingungen kommt es durch diesen Druck zu einer Extension und Spreizung der Finger der betroffenen Hand.

Bei gesunden Menschen kann das Fingerspreizzeichen in der Regel nicht ausgelöst werden. Es gilt als unsicheres Pyramidenbahnzeichen und liefert Hinweise auf Erkrankungen des Nervensystems.

Funktion & Aufgabe

Die Reflexprüfung und damit auch die Prüfung des Gordon-Fingerspreizzeichens ist Teil der allgemeinen körperlichen Untersuchung und insbesondere Teil der neurologischen Untersuchung. Bei der Reflexprüfung werden zum einen die physiologisch vorhandenen Reflexe überprüft und zum anderen pathologische Reflexe aufgedeckt. Das Ergebnis der Überprüfung der Reflexe bezeichnet man auch als Reflexstatus.

Die Prüfung wird in der Regel mit einem Reflexhammer durchgeführt. Die meisten Reflexhämmer haben an ihrer Oberseite zwei unterschiedlich große Gummieinsätze. Beim Gordon-Fingerspreizzeichen wird der kleinere der beiden Gummieinsätze genutzt. Damit übt der Untersucher Druck auf das Os pisiforme aus. Das Os pisiforme fungiert als Sesambein und ist in die Sehne des ulnaren Handbeugers (Musculus flexor carpi ulnaris) eingelagert. Es gehört zu den Handwurzelknochen.

Bei einem gesunden Menschen hat der Druck auf das Erbsenbein keine Auswirkungen. Unter pathologischen Bedingungen folgt auf den Druck eine Streckung und Spreizung der Finger der betroffenen Hand. Das Gordon-Fingerspreizzeichen wird immer im Seitenvergleich geprüft. Die Dokumentation der Reflexantwort erfolgt in den Kategorien normal, vermindert, abgeschwächt, gesteigert oder fehlend. Unter normalen Bedingungen müsste die Reaktion in die Kategorien abgeschwächt oder fehlend eingeordnet werden.

Findet sich auf einer oder gar auf beiden Seiten eine Reaktion auf den Druck auf das Os pisiforme, so spricht man von einem positiven Gordon-Fingerspreizzeichen. Ein positives Gordon-Fingerspreizzeichen ist ein Hinweis auf eine Schädigung der Pyramidenbahn. Die Pyramidenbahn ist eine Nervenbahn in Gehirn und Rückenmark, die für die Übertragung der Impulse der willkürlichen Motorik zuständig ist.

Die Pyramidenbahn beginnt in im motorischen Kortex der parietalen Hirnrinde. Die Fasern der Bahn verlaufen durch sämtliche Hirnabschnitte. Im verlängerten Rückenmark (Medulla oblongata) kreuzen die Fasern der Pyramidenbahn auf die Gegenseite. Die Pyramidenbahn endet in der Regel im Rückenmark an den Motoneuronen des Vorderhorns. Da ein positives Gordon-Fingerspreizzeichen Hinweise auf eine Schädigung der Pyramidenbahn liefert, gehört es zu den Pyramidenbahnzeichen.


Krankheiten & Beschwerden

Das Gordon-Fingerspreizzeichen wird positiv bei einer Schädigung der Pyramidenbahn. Eine solche Schädigung mit Störungen der Feinmotorik, Schwäche bei willkürlichen Bewegungen, Massenbewegungen und spastischen Tonussteigerungen bezeichnet man auch als Pyramidenbahn-Syndrom. Die Pyramidenbahn im Gehirn kann beispielsweise durch einen Schlaganfall geschädigt werden. Bei einem Schlaganfall (Apoplex) kommt es zu einer verminderten Durchblutung von Hirngewebe. Dieses wird dadurch geschädigt oder stirbt sogar ab. Ursache für einen Schlaganfall kann ein Gefäßverschluss sein. Auch eine Hirnblutung kann einen Apoplex zur Folge haben. Typische Symptome für einen Schlaganfall sind halbseitige Lähmungen, Sprachschwierigkeiten, Übelkeit oder Bewusstlosigkeit.

Die multiple Sklerose (MS) kann bei einer Beteiligung der Pyramidenbahn ebenfalls zu einem positiven Gordon-Fingerspreizzeichen führen. Sie ist eine chronische Erkrankung mit multiplen Entzündungen von Nervenfasern. Betroffen sind dabei insbesondere die Myelinscheiden. Die Myelinscheiden dienen den Nervenfasern als elektrische Isolierung. Bei der MS kommt es zu zahlreichen solcher Entzündungen. Sie finden sich im Gehirn und im Rückenmark. Die Symptome der multiplen Sklerose sind sehr vielfältig, sodass es häufig zu Problemen bei der Diagnosestellung kommt. So können im Rahmen der Erkrankung Sehstörungen, Schluck- und Sprachstörungen, Gangunsicherheiten, Inkontinenz oder depressive Verstimmungen auftreten.

Eine weitere Erkrankung des Nervensystems, die ebenfalls Auswirkungen auf die Pyramidenbahn hat, ist die amyotrophe Lateralsklerose (ALS). So wie die multiple Sklerose ist die ALS eine chronisch-entzündliche Erkrankung. Betroffen sind hier die Motoneurone. Motoneurone sind Nervenzellen, die für die Muskelbewegungen zuständig sind. Dabei können sowohl die Motoneurone im Gehirn als auch die Motoneurone in den Vorderhornzellen des Rückenmarks betroffen sein. Durch die Degeneration dieser motorischen Nervenzellen kommt es zu zunehmender Muskelschwäche und zu Muskelschwund. Lähmungen und Paresen sind die Folge. Auch ein erhöhter Muskeltonus kann durch eine Schädigung des ersten Motoneurons entstehen. In diesem Fall wäre auch das Gordon-Fingerspreizzeichen positiv.

Im weiteren Krankheitsverlauf können Gangstörungen, Sprachstörungen oder Schluckstörungen auftreten. Die Patienten sind in ihrer Koordination stark eingeschränkt und benötigen bei den Aktivitäten des Alltags oft Hilfe. Die Erkrankung ist nicht heilbar. Die Therapie zielt ausschließlich auf die Linderung der Symptome ab.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010
  • Poeck, K., Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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