Neurologie

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 21. August 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Die Neurologie ist ein Fachgebiet der Medizin, das sich mit dem Nervensystem des Menschen, dessen Funktionsweise und dem komplexen Aufbau beschäftigt. Das Erkennen und Behandeln von organischen Krankheiten in Gehirn und Rückenmark sind die Aufgaben eines Facharztes für Neurologie.

Inhaltsverzeichnis

Was ist die Neurologie?

Die Neurologie ist ein Fachgebiet der Medizin, das sich mit dem Nervensystem des Menschen, dessen Funktionsweise und dem komplexen Aufbau beschäftigt.

Die Bezeichnung Neurologie für diesen Teil der Medizin leitet sich aus den griechischen Wörtern neuron (Nerv) und logia (Lehre) ab. Grob zusammengefasst handelt es sich also um die "Lehre von den Nerven".

Die Abgrenzung zur Psychiatrie fällt oft schwer. Zahlreiche Krankheitsfälle spielen sich sowohl in der Neurologie als auch in der Psychiatrie ab - die Übergänge sind fließend und beide Fachgebiete in der Diagnosestellung oft stark voneinander abhängig. Während sich die Psychiatrie jedoch mit den seelischen bzw. psychiologischen Ursachen einer Krankheit beschäftigt, konzentriert sich die Neurologie auf körperliche Erkrankungen als Ursache für Beschwerden des Patienten.

Neben dem Gehirn und dem zentralen Nervensystem stehen auch Blutgefäße, die Muskulatur und deren Zusammenspiel im Fokus der Neurologie.

Geschichte & Entwicklung

Die Geschichte der Neurologie, der Wissenschaft vom Nervensystem, reicht bis in die Antike zurück. Erste Ansätze zur Untersuchung des Gehirns und seiner Funktionen finden sich im antiken Ägypten, wo um 1700 v. Chr. im Edwin-Smith-Papyrus neurologische Symptome beschrieben wurden. Die Griechen, insbesondere Hippokrates im 5. Jahrhundert v. Chr., erkannten das Gehirn als Zentrum der Empfindung und Intelligenz, was einen wichtigen Schritt in der Entwicklung des neurologischen Verständnisses darstellte.

Im Mittelalter wurden die Arbeiten antiker Gelehrter in der arabischen Welt bewahrt und weiterentwickelt. Avicenna (Ibn Sina) schrieb im 11. Jahrhundert über neurologische Erkrankungen in seinem Werk "Kanon der Medizin". Die Renaissance brachte eine Wiederbelebung des Interesses an Anatomie und Physiologie. Andreas Vesalius veröffentlichte 1543 detaillierte anatomische Zeichnungen des Gehirns, die das Studium der Neurologie erheblich vorantrieben.

Im 19. Jahrhundert erlebte die Neurologie einen Durchbruch mit der Arbeit von Jean-Martin Charcot, der als Begründer der modernen Neurologie gilt. Er erforschte systematisch neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose und Amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Zeitgleich legte die Entdeckung der Nervenzellen durch Santiago Ramón y Cajal und die Beschreibung der Neuronenlehre den Grundstein für die moderne Neurowissenschaft.

Mit dem 20. Jahrhundert begann das Zeitalter der bildgebenden Verfahren wie CT und MRT, die das neurologische Verständnis weiter revolutionierten und die Diagnostik und Behandlung neurologischer Erkrankungen erheblich verbesserten.

Einsatz & Indikation

Ein Patient wird in der Neurologie behandelt, wenn er Symptome oder Erkrankungen aufweist, die das zentrale oder periphere Nervensystem betreffen. Die Neurologie ist notwendig, wenn Störungen im Gehirn, Rückenmark, den peripheren Nerven oder den Muskeln vorliegen, die zu funktionellen Beeinträchtigungen führen.

Typische Symptome, die eine neurologische Untersuchung erfordern, sind anhaltende Kopfschmerzen, Schwindel, Ohnmachtsanfälle, Krampfanfälle, Taubheitsgefühle oder Schwäche in den Gliedmaßen. Auch Sehstörungen, Sprachstörungen, Gedächtnisprobleme und Koordinationsstörungen gehören zu den häufigen Anzeichen, die eine neurologische Abklärung notwendig machen.

Neurologische Erkrankungen, die eine spezialisierte Behandlung erfordern, umfassen ein breites Spektrum von Störungen. Dazu gehören neurodegenerative Erkrankungen wie Parkinson und Alzheimer, Multiple Sklerose, Epilepsie, Schlaganfälle, Migräne, Neuropathien und Muskeldystrophien. Auch bei Verletzungen des Nervensystems, wie Schädel-Hirn-Traumata oder Rückenmarksverletzungen, ist die Neurologie gefragt.

Die Neurologie wird auch dann notwendig, wenn ein Verdacht auf entzündliche Erkrankungen des Nervensystems, wie Meningitis oder Enzephalitis, besteht. Ebenso spielt die Neurologie eine zentrale Rolle bei der Diagnose und Behandlung von Tumoren des Gehirns und Rückenmarks.

Vorteile & Nutzen

Die Neurologie bietet spezifische Vorteile gegenüber anderen Fachrichtungen, insbesondere in der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen, die das Nervensystem betreffen. Ein wesentlicher Vorteil ist die Spezialisierung auf das zentrale und periphere Nervensystem, einschließlich Gehirn, Rückenmark und Nerven, was eine tiefgehende Expertise bei komplexen neurologischen Erkrankungen ermöglicht.

Neurologen verfügen über spezielle diagnostische Werkzeuge und Verfahren, wie Elektroenzephalographie (EEG), Elektromyographie (EMG), sowie moderne bildgebende Techniken wie Magnetresonanztomographie (MRT) und Computertomographie (CT). Diese Methoden erlauben eine präzise Diagnosestellung und eine differenzierte Beurteilung neurologischer Störungen, die oft subtil und komplex sind. Dadurch können Neurologen spezifische Erkrankungen wie Epilepsie, Multiple Sklerose, Parkinson oder Schlaganfälle frühzeitig erkennen und gezielt behandeln.

Ein weiterer Vorteil ist die interdisziplinäre Natur der Neurologie. Neurologen arbeiten oft eng mit anderen Fachrichtungen zusammen, wie Psychiatrie, Neurochirurgie, Radiologie und Physiotherapie, um eine umfassende Versorgung zu gewährleisten. Diese Zusammenarbeit führt zu einem ganzheitlichen Ansatz, der sowohl die körperlichen als auch die psychischen Aspekte neurologischer Erkrankungen berücksichtigt.

Die Neurologie bietet zudem spezialisierte therapeutische Ansätze, die in anderen Fachrichtungen weniger verbreitet sind, wie die Behandlung von Bewegungsstörungen, neurodegenerativen Erkrankungen und komplexen Schmerzsyndromen. Dies macht die Neurologie zu einer unverzichtbaren Fachrichtung in der modernen Medizin, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Patienten mit neurologischen Erkrankungen abgestimmt ist.

Behandlungen & Therapien

Die Neurologie ist ein weitreichendes Fachgebiet der Medizin und umfasst verschiedenste Krankheitsbilder. Patienten, die an Durchblutungsstörungen, Lähmungserscheinungen oder Multiple Sklerose leiden, werden ebenso an einen Neurologen verwiesen wie Patienten mit einem Bandscheibenvorfall oder starker Migräne.

Auch mechanische Verletzungen (durch Autounfälle, Gewalteinwirkungen etc.), die das Nervensystem oder Gehirn betreffen, fallen in das Aufgabengebiet eines Neurologen bzw. Neurochirurgen.

Aber auch Beschwerden, die für Laien nicht unmittelbar den neurologischen Erkrankungen zugeschrieben werden, fallen in dieses weitreichende Fachgebiet. So sind beispielsweise Bandscheibenvorfälle oftmals die Folge von krankhaften Nervenwurzelreizungen und werden von einem Neurologen behandelt.

Ebenfalls neurologisch behandelt werden degenerative Krankheiten (z.B. Demenzen), die sowohl einen psychologischen als auch einen physiologischen Aspekt haben.

Hier wird deutlich, wie stark Neurologie und Psychiatrie verzahnt sind und zur erfolgreichen Behandlung von Patienten zusammenwirken müssen. Die operative Behandlung neurologischer Erkrankungen fällt in das Aufgabengebiet der Neurochirurgie, die sämtliche Operationen im zentralen oder peripheren Nervensystem des menschlichen Körpers umfasst. Einen Großteil dieser operativen Eingriffe macht die Entfernung von Tumoren im Bereich des Gehirns oder Rückenmarks aus.


Diagnose & Untersuchungsmethoden

Die Neurologie ist ein komplexes und sehr umfassendes Teilgebiet der Medizin. Entsprechend umfangreich sind auch die von ihr verwendeten Diagnose- und Untersuchungsverfahren.

Am Anfang einer neurologischen Untersuchung steht immer die Anamnese, d.h. ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten, um die vorliegenden Beschwerden zu definieren und lokalisieren. Da ein Großteil der neurologischen Beschwerden sich über viele Jahre entwickeln ist dieser Schritt der Diagnosefindung der Grundstein jeder erfolgreichen Behandlung. Hierbei stehen neben aktuellen Schmerzen auch vergangene Krankheiten bis hin zu Beschwerden im frühesten Kindesalter im Fokus.

Der Anamnese folgt eine körperliche Untersuchung. Hierbei werden Motorik und Koordination des Patienten untersucht, um festzustellen, inwiefern diese womöglich bereits beeinträchtigt sind. Diverse Tests beschäftigen sich mit den Reflexen, der Sensibilität und der Funktion der Muskulatur des Patienten und helfen so, sich dem Ursprung der Beschwerden zu nähern. Auch eine Laboruntersuchung von Blut oder Gewebeproben wird in den meisten Fällen erfolgen.

Ist die Ursache der Beschwerden durch Anamnese und körperliche Untersuchung eingegrenzt, kommen technische Verfahren zum Einsatz. Zu den älteren Untersuchungsmethoden der Neurologie gehört die Aufzeichnung elektrischer Reize im menschlichen Körper. Dies geschieht durch Hirnstrommessungen (EEG) oder die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (ENG).

Weitere Einblicke in den menschlichen Körper ermöglicht der Einsatz bildgebender Verfahren. So werden mittels Ultraschall blutversorgende Gefäße untersucht, Computer- oder Magnetresonanztomografen ermöglichen detaillierte Aufnahmen des Gehirns oder Rückenmarks. In Einzelfällen arbeitet die Neurologie auch mit invasiven Diagnoseverfahren, wie der Angiografie.

Lange Zeit war es Neurologen durch aufwändige Diagnoseverfahren zwar möglich, diverse Krankheitsbilder aufzudecken - eine erfolgreiche Behandlung blieb jedoch wenigen Fällen vorbehalten. Dank des medizinischen Fortschritts in den letzten Jahren ist es heutzutage aber möglich, einen Großteil der neurologischen Erkrankungen operativ oder unter Zuhilfenahme modernster Medikamente zu heilen oder deren Verlauf deutlich positiv zu beeinflussen.

Durchführung & Ablauf

Eine Behandlung in der Neurologie beginnt in der Regel mit einer ausführlichen Anamnese, bei der der Neurologe die Krankengeschichte des Patienten erfragt und aktuelle Symptome erfasst. Der Patient wird nach vergangenen Erkrankungen, familiären Vorbelastungen und den genauen Umständen der Beschwerden befragt. Ziel ist es, ein umfassendes Bild der gesundheitlichen Situation zu erhalten.

Nach der Anamnese folgt eine neurologische Untersuchung, bei der der Neurologe verschiedene Tests durchführt, um die Funktion des Nervensystems zu beurteilen. Dazu gehören Untersuchungen der Reflexe, Muskelkraft, Koordination, Sensibilität und kognitiven Fähigkeiten. Der Neurologe kann auch spezifische Tests anordnen, wie eine Elektroenzephalographie (EEG), um die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen, oder eine Elektromyographie (EMG), um die Funktion der Muskeln und Nerven zu beurteilen.

Basierend auf den Untersuchungsergebnissen können weitere diagnostische Verfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT), Computertomographie (CT) oder Blutuntersuchungen angeordnet werden, um mögliche neurologische Erkrankungen genauer zu identifizieren. Sobald eine Diagnose gestellt ist, entwickelt der Neurologe einen individuellen Behandlungsplan, der medikamentöse Therapien, physikalische Therapien oder auch invasive Verfahren wie Injektionen oder Neurochirurgie umfassen kann.

Während der Behandlung erfolgt eine regelmäßige Überwachung des Patienten, um den Therapieverlauf zu verfolgen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen. Der Neurologe arbeitet oft interdisziplinär mit anderen Fachärzten, Therapeuten und Pflegepersonal zusammen, um eine ganzheitliche Versorgung sicherzustellen. Der gesamte Prozess ist darauf ausgelegt, die bestmögliche Behandlung für die spezifischen neurologischen Bedürfnisse des Patienten zu gewährleisten.

Alternativen

Falls eine neurologische Behandlung nicht möglich oder nicht ausreichend ist, gibt es mehrere alternative Verfahren und Fachrichtungen, die zur Behandlung neurologischer Symptome und Erkrankungen in Betracht gezogen werden können.

Neurochirurgie ist eine wesentliche Alternative zur Neurologie, insbesondere bei strukturellen Problemen des Nervensystems wie Hirntumoren, Bandscheibenvorfällen oder Aneurysmen. Neurochirurgen können operative Eingriffe durchführen, um Druck auf das Nervensystem zu entlasten oder schädliche Gewebe zu entfernen.

Psychiatrie kann ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, besonders wenn neurologische Symptome mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Psychosen zusammenhängen. Psychiater bieten medikamentöse und psychotherapeutische Ansätze, um die psychische Gesundheit zu stabilisieren und damit verbundene neurologische Symptome zu lindern.

Physiotherapie und Ergotherapie sind nicht-invasive Alternativen, die sich auf die Rehabilitation und Verbesserung der motorischen Fähigkeiten und der Lebensqualität von Patienten mit neurologischen Erkrankungen konzentrieren. Diese Therapien können Muskelkraft, Beweglichkeit und Koordination verbessern und sind besonders nützlich bei Erkrankungen wie Schlaganfall, Multiple Sklerose oder Parkinson.

Traditionelle chinesische Medizin (TCM), einschließlich Akupunktur, kann zur Linderung von Schmerzen und zur Verbesserung der neurologischen Funktion beitragen. Diese Methoden werden manchmal ergänzend zur schulmedizinischen Behandlung eingesetzt, insbesondere bei chronischen Schmerzen und stressbedingten neurologischen Beschwerden.

Homöopathie (wenn auch wissenschaftlich nicht belegbar) und Kräuterheilkunde werden von einigen Patienten als alternative oder ergänzende Behandlungsmethoden gewählt, insbesondere bei leichteren neurologischen Beschwerden. Diese Ansätze zielen darauf ab, das Gleichgewicht im Körper wiederherzustellen und die Selbstheilungskräfte zu unterstützen.

Quellen

  • Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
  • Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
  • Hacke, W.: Neurologie. Springer, Heidelberg 2010

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