Ingression
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 12. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Ingression oder Immigration ist eine Zellbewegung der Gastrulation und macht damit einen embryonalen Entwicklungsschritt aus. In die Blastula wandern dabei Zellen des prospektiven Entoderms ein, also solche des äußeren Keimblatts. Fehler bei den Zellbewegungen in der frühen Entwicklung der Keimblätter führen in den meisten Fällen zu einer Fehlgeburt.
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Was ist die Ingression?
Die Gastrulation ist eine Phase der Embryogenese. Beim Menschen beinhaltet die Phase die Einstülpung der Blastozyste und die Ausbildung dreier Keimblätter. Prinzipiell folgt die Gastrulation aller Vierzeller denselben Grundprinzipien, kann sich aber artenspezifisch etwas unterscheiden.
Mehrere Zellbewegungen charakterisieren die Gastrulation. Neben der Invagination, der Involution, der Delamination und der Epibolie ist die Ingression ein entscheidender Prozess für die Bildung der Keimblätter und damit die frühe Embryonalentwicklung.
Die Ingression wird auch als Immigration bezeichnet. Bei der Zellbewegung wandern Zellen des zukünftigen Entoderms in die Blastula ein, um danach im Rahmen der Delamination ins Blastocoel abgeschnürt zu werden. Die Zellbewegungen der Gastrulation sind bislang nicht abschließend erforscht.
Funktion & Aufgabe
Durch Prozesse der Wanderung und Verlagerung schiebt sich das sogenannte Mesoderm zwischen das Entoderm und das Ektoderm. So ergeben sich drei Keimblätter, die organspezifische Gewebe zur Entwicklung der einzelnen Körperstrukturen enthalten.
Der erste Gastrulationsprozess ist durch die Zellbewegung der Invagination gekennzeichnet. Das zukünftige Entoderm stülpt sich dabei ins Blastocoel der Blastula ein. Darauf folgt die Zellbewegung der Involution, bei der sich das zukünftige Entoderm einrollt. An diese Prozesse schließt die sogenannte Ingression oder Immigration an.
Bei dieser Zellbewegung wandern Zellen des Entoderms ein. Die Zellen verändern also ihre Position oder relative Position. Die Mesenchymzellen des Embryos stehen dabei im Fokus. Bei der EMT (Epithelial-mesenchymale Transition) lösen sich die primären Mesenchymzellen vom Epithel und werden zu frei wanderungsfähigen Mesenchymzellen.
Der Mechanismus der Ingression wurde bislang nicht vollständig nachvollzogen. Studien existieren zum Beispiel über den Seeigel. Um die Ingression einer Zelle zu ermöglichen, finden, den Studien zufolge, drei unterschiedliche Prozesse statt: Die primären Mesenchymzellen des Epithels verändern ihre Affinität zu den benachbarten Epithelzellen, die im Primitivstreifen verbleiben. Darüber hinaus verändern die Zellen bei der Ingression offenbar ihre Affinität für die hyaline Schicht, die ihrer apikalen Seite gegenüberliegt. An der apikalen Seite werden die Zellen eingeengt, woraufhin sie ihre innerzelluläre Struktur durch eine drastische Umstrukturierung des Zytoskeletts verändern. Daraufhin verändert sich die Motilität der Zellen. Außerdem wird die Affinität für die Basallamina erhöht, die das Blastocoel auskleidet. Die Einwanderung der Zellen in das Blastocoel ist das finale Ziel.
Mittlerweile sind die Haftungseigenschaften der Zellen charakterisiert worden. Während eine zukünftig primäre Mesenchymzelle die Affinität für die hyaline Schicht verliert, erhöht sich ihre Affinität für das basale Substrat.
Wie die Zellen bei der Ingression die Basalmembran durchdringen, ist jedoch bisher ungeklärt. Die Basalmembran stellt eine lockere Matrix dar, sodass sich die Zellen vermutlich durch die Matrix quetschen. Spekulationen zufolge kommt auch der Verwendung einer Proteinase durch die Zellen in Frage. Während der Ingression werden zahlreiche Transkriptionsfaktoren aktiviert, so vor allem β-Catenin und der Wachstumsfaktor-Rezeptor VEGFR. Das Eindringen wird den einzelnen Zellen vermutlich dadurch erleichtert, dass ihre Nachbarzellen die Ingression zur selben Zeit durchlaufen.
An die Ingression schließt die Delamination an, bei der Zellen der Blastula die Zellen des Entoderms ins Blastocoel abschnüren.
Krankheiten & Beschwerden
Ab Beginn der dritten Entwicklungswoche verändert sich dies. Ab diesem Zeitpunkt ist das ungeborene Kind für Schadstoffe von außen anfällig. Gerade bei der Entwicklung der drei Keimblätter können Schadstoffe wie chemische oder organische Noxen zahlreiche Fehler hervorrufen, die schwerwiegende Folgen haben können. Fehler bei Zellwanderungen wie der Ingression können beispielsweise dazu führen, dass eine abnorme Zellmenge für die einzelnen Keimblätter zur Verfügung steht.
β-Catenin spielt für die Ingression und ihren störungsfreien Ablauf eine wesentliche Rolle. Falls β-Catenin durch Schadeinflüsse oder körperinterne Vorgänge in seiner Funktion blockiert wird, zeigt sich für die Zellwanderung ein pathologisches Resultat. In diesem Fall können sich die Keimblätter nicht weiter ausbilden. Eine Fehlgeburt ist die Folge.
Störungen treten ebenso auf, wenn ein Überangebot an β-Catenin besteht. In diesem Fall durchlaufen zu viele Zellen die Zellwanderung der Ingression. Ein Überangebot an Zellen des prospektiven Ektoderms steht damit während der Delamination zur Verfügung. Abhängig von der Menge des Überangebots kann die Schwangerschaft determinieren oder weiter fortschreiten und zu embryonalen Fehlbildungen führen.
Auch Funktionsstörungen und Bildungsstörungen des Wachstumsfaktor-Rezeptors VEGFR können für Ingressionsstörungen verantwortlich sein.
Quellen
- Goerke, K., Steller, J., Valet, A.: Klinikleitfaden Gynäkologie. Urban & Fischer, München 2003
- Rohen, J., Lütjen-Drecoll, E.: Funktionelle Embryologie. Die Entwicklung der Funktionssysteme des menschlichen Organismus. Schattauer, Stuttgart 2016
- Ulfig, N., Brand-Saberi, B.: Kurzlehrbuch Embryologie. Thieme, Stuttgart 2017