Mesoderm
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 18. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Anatomie Mesoderm
Das Mesoderm ist das mittlere Keimblatt des Embryoblasten. Aus ihm differenzieren sich verschiedene Gewebe des Körpers. Bei mesodermalen Hemmungsdysplasien wird die Embryonalentwicklung vorzeitig unterbrochen.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist das Mesoderm?
Das Embryo entwickelt sich aus einer sogenannten Blastozyste, die auch als Embryoblast bekannt ist. Bei triploblastischen Lebewesen wie dem Menschen verfügt der Embryoblast über drei verschiedene Keimblätter: ein inneres, ein mittleres und ein äußeres Keimblatt. Aus den Keimblättern ergibt sich die erste Differenzierung des Embryos.
Der Fötus erhält so verschiedene Zellschichten, die im Laufe der Zeit die unterschiedlichen Strukturen, Organe und Gewebe hervorbringen. Keimblätter entwickeln sich aus der Blastula während der Gastrulation. Das innere Keimblatt wird auch Entoderm genannt. Das äußere Keimblatt wird als Ektoderm bezeichnet. Das Mesoderm entspricht dem mittleren Keimblatt. Seine Zellen entstehen bei einem menschlichen Embryo in der dritten Woche der Embryonalentwicklung. Während eines früheren Stadiums haben sich am Embryo der Epiblast und der Hypoblast entwickelt.
Zwischen diese beiden Strukturen wandern die Zellen des Mesoderms ein. Der Ausdruck des Mesoderms ist ein Begriff der Ontogenese, die sich mit der Entwicklung eines Einzelwesens befasst. Aus dem Mesoderm entwickelt sich vor allem das Mesenchym. Gleichbedeutend sind die beiden Begriffe allerdings nicht. Das Mesenchym ist eher ein histologischer statt ontologischer Begriff.
Anatomie & Aufbau
Der Primitivstreifen entwickelt sich auf der Oberfläche des Ektoderms und ist eine streifenförmige Verdichtung aus proliferierenden Zellen des äußeren Keimblatts. Dieser Streifen bestimmt die Längsachse des späteren Körpers. Am vorderen Ende ist der Primitivstreifen verdickt und entwickelt sich zum Primitivknoten oder Hensen-Knoten. Die Medianebene des Primitivstreifens sinkt zur Primitivrinne ein. Zellen des Ektoderms tauchen dort in die Tiefe. Zwischen dem Ektoderm und dem Entoderm kommen sie zur Ruhe und bilden das mittlere Keimblatt aus. Dieses intraembryonale Mesoderm wächst bis an die Ränder der Keimscheibe.
An den Rändern wird es zum extraembryonalen Mesoderm. Das intraembryonale Mesoderm bildet sich nicht durchgehend. Am kranialen Bereich der Prächordalplatte und im kaudalen Bereich der Kloakenmembran wird kein Mesoderm gebildet. Im Primitivknoten bildet sich die Primitivgrube, in die einige Ektodermzellen abtauchen und an die Prächordalplatte weiterziehen. In der Medianlinie bildet sich so ein Zellstrang, der Chordafortsatz genannt wird und als Anlage für die Chorda dorsalis dient. Das Mesodermgewebe neben der Chorda dorsalis wird in mehrere Abschnitte untergliedert: in das axiales, das paraxiale, das intermediäre und das laterale Mesoderm.
Funktion & Aufgaben
Das Mesoderm besteht aus multipotenten, embryonalen Stammzellen. Diese Zellen haben eine hohe Mitoserate. Daher spielen sie für die Morphogenese eine wichtige Rolle. Als Morphogenese werden Zellteilung und Differenzierung zusammengefasst. Diese beiden Prozesse geben einem Embryo erst seine Gestalt.
Sie lassen alle erforderlichen Gewebearten, Zelltypen und Organe entstehen. Die Eigenschaft der Multipotenz ermöglicht es den embryonalen Stammzellen, zu nahezu jedem beliebigen Zelltypen zu differenzieren. Erst durch die Determination wird für die Tochterzellen einer Zelle das endgültige Entwicklungsprogramm festgelegt. Determinierte Zellen verlieren demnach die Multipotenz. Die Zellen des Mesoderm sind demzufolge für die frühe Entwicklung und die ersten Schritte der Zelldifferenzierung entscheidend, denn sie sind noch nicht determiniert und weisen daher Multipotenz auf.
Das Mesoderm differenziert später zu Knochen, Muskeln, Gefäßen und Blut. Auch die Entwicklung der Nieren und Keimdrüsen findet auf Basis von mesodermalem Gewebe statt. Zusätzlich entwickeln sich über zahlreiche Zwischenschritte die Bindegewebsarten, die Geschlechtsorgane und die Lymphknoten inklusiver der Lymphflüssigkeit aus dem multipotenten Gewebe. Das extraembryonale Mesoderm kleidet lediglich die Chorionhöhle aus. Das intraembrayonale Mesoderm ist das Entwicklungsgewebe.
Aus dem axialen Mesoderm entsteht die Chorda dorsalis. Das paraxiale Mesoderm wird zu Somiten und das intermediäres Mesoderm zum Urogenitalsystem. Das Seitenplattenmesoderm wird zur Basis der Serosa. Eine besonders berühmte Entwicklung des Mesoderms ist die zum Mesenchym. Aus dieser embryonalen Bindegewebsart bilden sich über Differenzierung neben dem tatsächlichen Bindegewebe sowohl Knorpelgewebe, Knochen und Sehnen, als auch Muskelgewebe, Blut, Lymphgewebe und Fettgewebe.
Krankheiten
Krebserkrankungen des Magen-Darm-Trakt, der Leber, der Bauchspeicheldrüse, der Atmungsorgane und des Urogenitaltrakts ergeben sich aus epithelialen Strukturen. Sie werden daher epitheliale Tumoren genannt und entsprechen meist Karzinomen. Da aus dem Mesoderm sowohl Knochen, als auch Muskulatur und Nervengewebe wird, sind Krebserkrankungen in diesen Geweben mesodermale Krebserkrankungen. Die Tumore entsprechen in der Regel Sarkomen. Auch die Leukämien oder Blutzellkrebs zählen zu den mesodermalen Tumorerkrankungen. In Zusammenhang mit dem Gewebe des Mesoderms können außerdem Mutationen auftreten.
Solche Mutationen führen in der Regel zu Disgenesien oder den sogenannten Hemmungsmissbildungen. Hemmungsmissbildungen entstehen aus einer Unterbrechung der embryonalen Entwicklung. Dabei kommt es frühzeitig zum Stillstand der Organentwicklung. Hypoplasien, Aplasie und Agenesie können die Folge sein. Schlimmstenfalls fehlen Organe also ganz. Die Ursachen dafür sind verschiedener Art. Genetisch bedingte Hemmungsmissbildungen sind genauso möglich wie exogen bedingte. Ein Beispiel für eine mesodermale Hemmungsmissbildung liefert das Rieger-Syndrom, bei dem eine Irisdysplasie vorliegt und außerdem der Kammerwinkel des Auges fehlt.
Quellen
- Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
- Bommas-Ebert, U. et al.: Kurzlehrbuch Anatomie. Und Embryologie. Thieme, Stuttgart 2011
- Schwegler, J., Lucius, R.: Der Mensch – Anatomie und Physiologie. Thieme, Stuttgart 2016