Knochengeweberemodellierung (Knochenumbau)
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. April 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Knochengeweberemodellierung entspricht dem Knochenumbau, der permanent innerhalb des Knochengewebes stattfindet. Knochen werden durch die Umbauprozesse der Osteoklasten und Osteoblasten an die aktuellen Belastungsbedingungen angeglichen. Ein überschießender Knochenumbau zeichnet den Morbus Paget aus.
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Was ist die Knochengeweberemodellierung?
Schäden im Knochengewebe sind reversibel. Eine Revision von Knochengewebsschäden hat zum Beispiel die Remodellierung von Knochengewebe zum Ziel, die auch als Knochenumbau oder Knochengeweberemodellierung bekannt ist.
Im Verlauf dieses Prozesses wird altes Knochengewebe abgebaut und im Anschluss von Osteoblasten durch neu gebildeten Knochen ausgeglichen. Durch die Prozesse der Knochengeweberemodellierung behält der Organismus des Menschen ein stabiles Skelettsystem. Gäbe es den Reparaturmechanismus nicht, würde das menschliche Skelett schnelle Verschleißerscheinungen aufweisen. Die alltägliche Beanspruchung der Knochen ist groß. Diese Beanspruchung hinterlässt immer Strukturschäden im Knochengewebe, die durch die Remodellierungsprozesse ausgeglichen werden.
Der Umbau des Knochengewebes reagiert außerdem auf veränderte Belastungsbedingungen und passt die Struktur der Knochen an die aktuellen Belastungen an. Der Knochenumbau hilft dem Skelett nicht nur dabei, veränderten Belastungen standzuhalten, sondern spielt auch im Rahmen der Frakturheilung eine entscheidende Rolle. Die Prozesse der Remodellierung ersetzten den Kallus einer verheilten Fraktur zum Beispiel durch voll funktionsfähigen Hartknochen.
Funktion & Aufgabe
Das Bone Remodelling erfordert gleichzeitig die Anwesenheit und Aktivität von knochenabbauenden Osteoklasten und knochenaufbauenden Osteoblasten. Aus diesem Grund ist der Prozess der Knochengeweberemodellierung auf eine gewisse Steuerung angewiesen, die auch als Coupling bekannt ist. Der genaue Ablauf des Couplings ist bislang nicht abschließend erforscht. Den knochenbauenden Osteozyten wird bei der Steuerung eine wichtige Rolle zugesprochen. Dasselbe gilt für das Parathormon, das die Differenzierung der Osteoklasten stimuliert und gleichzeitig stimulierend auf die Osteoblasten wirkt. Auch Vitamin D und Zytokine, wie Osteoprotegerin oder RANKL, spielen bei der Steuerung des Knochenumbaus eine wichtige Rolle.
Bei erwachsenen Menschen besteht der Knochenumbau aus relativ gleichen Anteilen aus Resorption und Neusynthese. Bei Menschen in der Wachstumsphase übersteigt der Aufbau den Abbau. Ab der Postmenopause liegt die Resorption beim Knochenumbau über der Neusynthese.
Der Knochen ist zusätzlich zu seiner Stütz- und Bewegungsfunktion das größte Körperreservoir an Calcium und Phosphaten. Aus diesem Grund wird das Remodelling des Knochengewebes häufig auch mit einer regulativen Funktion im Rahmen der Homöostase von Calcium und Phosphat assoziiert. Der Mechanismus der Knochengeweberemodellierung spielt sich permanent ab und muss daher bei Bedarf an Calcium oder Phosphaten nicht extra gestartet werden. Aus diesem Grund ist der Organismus dazu in der Lage, relativ rasch auf Schwankungen im Haushalt der beiden Stoffe zu reagieren. Wenn der Calciumspiegel im menschlichen Blut also zu niedrig ist, ist eine schnelle Kompensierung dank des Knochenumbaus möglich.
Krankheiten & Beschwerden
Nichtsdestotrotz kann das Remodelling des Knochengewebes auch von pathologischen Veränderungen betroffen sein. Wenn zum Beispiel unabhängig vom höheren Lebensalter deutlich mehr Gewebe resorbiert wird, als neu synthetisiert wird, kann dieses Phänomen durchaus mit Erkrankungen in Zusammenhang stehen. Eine davon ist der tumorbedingte Knochenabbau, der zu den Komplikationen von Knochenmetastasen zählt. Der Knochen wird im Rahmen dieser Erscheinung zerstört, was eine unkontrollierte Freisetzung von Calcium zur Folge hat. Das Calcium lässt im Blut den Calciumspiegel über das normale Maß steigen. In die Niere strömt auf diese Weise mitunter mehr Calcium ein, als das Organ auszuscheiden vermag. Aufgrund dieser Zusammenhänge leiden viele Patienten mit bösartigen Tumoren daher an einer Hyperkalzämie.
Auch der sogenannte Morbus Paget manifestiert sich mintunter im Knochenumbau. Es handelt sich um eine Erkrankung, die einen übermäßigen Umbau von Knochengewebe zur Folge hat. Der vermehrte Umbau kann die Knochen deformieren und die Struktur so verändern, dass der Knochen für Brüche anfällig wird. Am Anfang des Verlaufs manifestiert sich der Morbus Paget in einer abnormal hohen Aktivität der Osteoklasten. In Einzelfällen treten Schmerzen auf. In anderen Fällen bleibt die Erkrankung lange symptomlos und wird daher selten im Frühstadium diagnostiziert. An den vermehrten Knochenabbau der Osteoklasten schließt im Verlauf der Erkrankung eine Überaktivität der Osteoblasten an, die die Abbauprozesse zu kompensieren versuchet. Die Kompensationsversuche der Osteoblasten haben einen unkoordinierten und überschießenden Anbau von Knochengewebe zur Folge und entsprechen in der Regel untermineralisierten Knochenanbauten. Aus diesem Grund sind häufig auftretende Knochenbrüche im Rahmen des späten Morbus Paget zu erwarten.
Quellen
- Adler, C.-P.: Knochenkrankheiten. Springer, Heidelberg 2004
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Imhoff, A., Linke, R., Baumgartner, R.: Checkliste Orthopädie. Thieme, Stuttgart 2014