Lower Urinary Tract Symptoms

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Krankheiten Lower Urinary Tract Symptoms

Lower Urinary Tract Symptoms, also Beschwerden des unteren Harntrakts, sind verbreitete urologische Beschwerden unter Männern über 50 Jahren. Ursächlich kann zum Beispiel eine gutartige Vergrößerung der Prostata oder eine Veränderung der Harnwege sein. Die Behandlung richtet sich nach der primären Ursache.

Inhaltsverzeichnis

Was sind Lower Urinary Tract Symptoms?

Zu den Lower Urinary Tract Symptoms zählt insbesondere plötzlicher Harndrang mit Dranginkontinenz. Viele Patienten erleben eine verzögert eintretende Blasenentleerung, obwohl sie von starkem Harndrang heimgesucht werden.
© Zentangle – stock.adobe.com

Zum unteren Harntrakt zählen verschiedene Strukturen. Neben der Harnblase zählt vor allem die Harnröhre zum unteren Harntrakt. Im englischen umgreift der Begriff „lower urinary tract“ die beiden Harntrakt-Strukturen. Beschwerden des unteren Harntrakts betreffen vor allem ältere Männer. Die Symptomatik aus Harnröhren- und Harnblasensymptomen wird mit dem Begriff Lower Urinary Tract Symptoms zusammengefasst.

Diese Symptome des unteren Harntrakts oder auch Symptomatik der unteren Harnwege kann sowohl bei der Harnsammlung, als auch bei der Entleerung der Harnblase auftreten. Die Symptome des unteren Harntrakts sind eine Volkskrankheit. In der Gruppe der Männer über 50 Jahren leiden bis zu 30 Prozent an therapiebedürftigen Symptomen der unteren Harntrakt-Strukturen.

Blasenentleerungsstörungen sind dabei die häufigsten. Lower Urinary Tract Symptoms begrenzen sich nicht auf die menschliche Rasse, sondern sind auch im Tierreich verbreitet. Bei Katzen werden dieselben Symptome beispielsweise als Feline Lower Urinary Tract Disease bezeichnet.

Ursachen

Lower Urinary Tract Symptoms können auf unterschiedlichste Ursachen zurückgehen. Altersphysiologisch stellen sich für Männer ab einem Alter von 50 Jahren Veränderungen des Harntrakts ein. Eine verbreitete Veränderung ist die Hyperplasie der Prostata, die sich in einer Größenzunahme des Organs äußert und auf Organe und anatomische Strukturen in der unmittelbaren Nachbarschaft drückt.

Die Prostatahyperplasie gilt als verbreiteteste Ursache für Lower Urinary Tract Symptoms. Theoretisch kann allerdings auch eine Entzündung zu den Symptomen führen. Im Extremfall handelt es sich beim Auslöser der Symptome um einen Tumor im Bereich der Harnblase oder an der Prostata.

Auch anatomische Umbildungen der Harnwege sind als Ursachen denkbar, so zum Beispiel die Verengung im Bereich des Blasenhalses. Diese Verengung kann bei normal großer oder hyperplastischer Prostata vorliegen. Die Ursachenforschung ist bei Lower Urinary Tract Symptoms entsprechend aufwendig und erfordert ausgiebige Untersuchungen beim Urologen.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Zu den Lower Urinary Tract Symptoms zählt insbesondere plötzlicher Harndrang mit Dranginkontinenz. Viele Patienten erleben eine verzögert eintretende Blasenentleerung, obwohl sie von starkem Harndrang heimgesucht werden. Ihr Harndrang setzt oft derart unerwartet und plötzlich ein, dass die Betroffenen die Toilette kaum rechtzeitig erreichen.

Zum eigentlichen Wasserlassen müssen viele der Betroffenen außergewöhnlich stark pressen. Trotz aller Bemühungen bleibt ihr Harnstrahl in vielen Fällen ungewöhnlich schwach. Die Blasenentleerung der Patienten dauert so oft länger als gewohnt. Darüber hinaus haben die meisten Betroffenen nicht das Gefühl, dass die Blase ausreichend entleert wurde.

Ein permanentes Restharnempfinden bleibt nach jedem Miktionsgang bestehen. In den meisten Fällen besteht kurz nach einer Miktion erneuter Harndrang. Diese Symptome können mit Miktionsstörungen wie nachtröpfelndem Urin vergesellschaftet sein. Welche der genannten Symptome im Einzelfall tatsächlich vorliegen, variiert von Fall zu Fall. Die Lower Urinary Tract Symptoms können abhängig von der primären Ursache viele weitere Symptome beinhalten. Es handelt sich also nicht um ein einheitliches Krankheitsbild.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Der Urologe stellt die Diagnose der Lower Urinary Tract Symptome nach einer ausführlichen Anamnese. Im Rahmen der Diagnostik ist die Ursachenforschung der mitunter entscheidendste Faktor. Die urologische Standarduntersuchung kann einen Aufschluss über mögliche Prostatahyperplasien geben. Die Klärung der Ursache ist für eine wirkungsvolle Therapie allesentscheidend.

Komplikationen

Die Lower Urinary Tract Symptoms fassen in der Regel verschiedene Beschwerden und Symptome zusammen, die im Allgemeinen zu einer deutlichen Verringerung der Lebensqualität führen. Die meisten Betroffenen leiden dabei in erster Linie an einem sogenannten Restharnempfinden, welches nicht selten zu psychischen Beschwerden oder auch zu Depressionen führen kann. Weiterhin kommt es durch die Lower Urinary Tract Symptoms zu einer Dranginkontinenz, sodass die Betroffenen die Toilette nicht mehr rechtzeitig erreichen können.

Vor allem in stressigen Situationen können diese Beschwerden sehr unangenehm werden und zu Schweißausbrüchen oder zu Panikattacken führen. Nicht selten schämen sich die Patienten auch für die Lower Urinary Tract Symptoms und zögern einen Besuch beim Arzt hinaus, weswegen eine Behandlung in der Regel erst spät eingeleitet wird. Die Lebenserwartung selbst wird durch die Lower Urinary Tract Symptoms allerdings nicht beeinflusst oder verringert.

Die Behandlung dieser Beschwerden findet immer kausal statt und richtet sich nach der Grunderkrankung. In den meisten Fällen können die Symptome durch verschiedene Trainings und Therapien relativ gut eingeschränkt werden. Falls ein Tumor die Lower Urinary Tract Symptoms auslöst, muss dieser entfernt werden. Dabei kann es unter Umständen auch zu einer Verringerung der Lebenserwartung des Patienten kommen.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Treten Unregelmäßigkeiten beim Wasserlassen auf, sind die Beobachtungen mit einem Arzt zu besprechen. Permanenter Harndrang ist ungewöhnlich. Ein Arztbesuch sollte erfolgen, wenn die Beschwerden über mehrere Tage anhalten oder an Intensität zunehmen. Auch Inkontinenz gehört zu den gesundheitlichen Anzeichen, die von einem Arzt untersucht und behandelt werden sollte. Muss der Betroffene bei der Blasenentleerung ungewöhnlich stark pressen, ist dies mit einem Arzt zu besprechen und sollte durch verschiedene Untersuchungen kontrolliert werden. Bleibt der Harnstrahl auch bei einer vollen Blase schwach, ist ein Arzt zu konsultieren.

Ein Gefühl von Restharn in der Blase ist ein weiterer Hinweis auf eine vorhandene Unstimmigkeit, die ärztlich abgeklärt werden sollte. Stellt sich unmittelbar nach einem erfolgreichen Toilettengang ein erneuter Harndrang ein, liegt eine gesundheitliche Störung vor. Ein Arzt ist aufzusuchen, damit die Ursache der Unregelmäßigkeiten diagnostiziert und schnellstmöglich behandelt werden kann. Da Restharn in der Blase zu einer Entstehung von unerwünschten Bakterien beiträgt, benötigt der Patient eine frühzeitige medizinische Versorgung bei bestehenden Beschwerden. Ein Arztbesuch ist daher nur wenige Tage nach der Entwicklung der Probleme aufzusuchen, auch wenn sich keine Schmerzen oder weitere Beeinträchtigungen bei der Erledigung der alltäglichen Verpflichtungen zeigen.

Behandlung & Therapie

Patienten mit Lower Urinary Tract Symptoms werden in der Regel ursächlich behandelt. Jede ursächliche Behandlung hat die Beseitigung des Auslösers zum Ziel. Sobald die Ursache aufgehoben wird, gehen auch die Symptome zurück. Abhängig von der primären Ursache der Symptome stehen unterschiedliche Therapiemöglichkeiten zur Verfügung.

In der Regel umgreift die Therapie konservativ medikamentöse Verfahren. Da die häufigste Ursache für Lower Urinary Tract Symptoms eine benigne, also gutartige Prostatahyperplasie ist, kommen bei der ursächlichen Behandlung meist 5-Alpha-Reduktasehemmer, Medikamente wie Alphablocker oder die Wirkstoffe von PDE-5-Hemmern zum Einsatz.

Lässt sich medikamentös keine Besserung der Symptome erzielen, so können invasive Behandlungsverfahren in Betracht gezogen werden. Bei solcherlei invasiven Verfahren handelt es sich in der Regel um eine Operation zur Entfernung des überschüssigen Prostatagewebes. Falls eine bösartige Veränderung der Prostata vorliegt, ist eine idealerweise vollständige Entfernung des Tumors erforderlich. Über kombinierte Maßnahmen wie Chemotherapie und Bestrahlungstherapie entscheidet vor allem die Bösartigkeit des Gewebes.

Bei Blasentumoren gilt ein ähnliches Vorgehen. Entzündliche Veränderungen des unteren Harntrakts werden meist mit Antibiotika zum Abheilen gebracht. Am häufigsten handelt es sich bei Entzündungen um Reaktionen, die von verschleppten Bakterien des eigenen Körpers hervorgerufen werden. Falls Verengungen der Harnwege vorliegen, werden diese Verengungen durch operative Einschnitte erweitert.


Aussicht & Prognose

Die Prognosestellung der Veränderungen des Harntrakts sind abhängig von den ursächlichen Auslösern der Erkrankung. Unter optimalen Bedingungen und einer frühzeitigen Diagnosestellung sowie Therapie kann bei einer Vielzahl der Betroffenen eine Linderung der Beschwerden und letztlich eine Beschwerdefreiheit erreicht werden. Dennoch ist auch ein chronischer Krankheitsverlauf möglich. Dieser löst häufig Komplikationen oder Folgeerkrankungen aus.

Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen bei vielen Patienten zu psychischen Beschwerden und Unregelmäßigkeiten. Daher unterliegen die Betroffenen einem erhöhten Risiko für das Erleiden von psychischen Störungen. Dies wirkt sich negativ auf die Gesamtprognose aus, da die Lebensqualität dadurch nachhaltig beeinträchtigt ist.

Im Normalfall findet eine medikamentöse Therapie statt. Diese soll eine Verbesserung der Beschwerden auslösen. Dennoch ist die Gabe von Arzneien mit der Möglichkeit von Nebenwirkungen verbunden. Alternativ werden operative Verfahren genutzt, um eine Verengung des Harnweges zu beseitigen. Eine Operation ist ebenfalls mit Risiken verbunden und kann bei Störungen des Ablaufs zu lebenslangen Beeinträchtigungen führen.

Bei schweren Krankheitsverläufen entwickeln sich Tumore. Da diese eine grundsätzlich lebensbedrohliche Situation für den Patienten darstellen, verschlechtert sich die Prognose bei der Entwicklung einer Krebserkrankung erheblich. Ein operativer Eingriff sowie eine Krebstherapie sind notwendig, da es andernfalls zu einem vorzeitigen Ableben des Betroffenen kommen kann.

Vorbeugung

Lower Urinary Tract Symptoms sind eine Volkskrankheit. Fast jeder dritte Mann erkrankt in seinem Leben daran. Dieser Zusammenhang ist auf die altersphysiologischen Veränderungen der Harnwege zurückzuführen. Den einzelnen Symptomen lässt sich daher nur in Maßen vorbeugen. Im Mittelpunkt der möglichen Vorbeugemaßnahmen steht im Zusammenhang mit der Prostatahyperplasie zum Beispiel die Ernährung.

Der Verzehr von Gemüse soll der Erscheinung zum Beispiel in gewissem Maß vorbeugen können. Außerdem senkt körperliche Bewegung das Risiko für die Entwicklung von Prostatasymptomen. Übergewicht erhöht das Risiko der Erkrankung und sollte daher soweit wie möglich reduziert werden.

Nachsorge

Da die Behandlung des Lower Urinary Tract Symptoms relativ komplex und langwierig ist, konzentriert sich die Nachsorge auf einen sicheren Umgang mit der Erkrankung. Betroffenen sollten versuchen, sich trotz der Widrigkeiten auf einen positiven Umgang mit der Situation zu konzentrieren. Um die entsprechende Haltung aufzubauen, können Entspannungsübungen und Meditation helfen, den Geist zu beruhigen. Dies ist für eine partielle Genesung eine grundlegende Voraussetzung. Entspannungsübungen können dafür sorgen, die mentale Anspannung etwas zu nehmen, wodurch die ständige Furcht der Unberechenbarkeit gelindert werden kann.

Das Lower Urinary Tract Symptom führt zu einer deutlich verringerten Lebensqualität beim Betroffenen. Die meisten Patienten leiden an depressiven Verstimmungen. Mitunter kann es helfen, dies von einem Psychologen behandeln zu lassen. Ob es dabei zu einer vollständigen Heilung kommen kann, kann nicht universell vorhergesagt werden. In der Regel verringert diese Krankheit nicht die Lebenserwartung des Betroffenen.

Das können Sie selbst tun

Die meist älteren, männlichen Patienten des Lower Urinary Tract Symptoms leiden in der Regel ursächlich an einer vergrößerten Prostata. Es muss sich dabei aber nicht um eine Krebserkrankung handeln. Auch eine gutartige Vergrößerung, benigne Prostatahyperplasie genannt, verursacht Symptome wie übermäßigen Harndrang oder Dranginkontinenz, aber auch die gegenteiligen Symptome wie eine verzögerte Blasenentleerung, einem schwachen Harndrang oder nachtröpfelnden Urin. Selbst eine Entzündung könnte diese Beschwerden verursachen, daher sollte der Patient unbedingt so früh wie möglich von einem Urologen abklären lassen, was hinter seinen Symptomen steckt. Nur so können rechtzeitig entsprechende Therapien eingeleitet werden, die im besten Fall zu einer völligen Ausheilung der Grunderkrankung führen.

Sind alle therapeutischen Maßnahmen (medikamentös oder auch invasiv) ausgeschöpft, hilft den Patienten ein Blasen- oder auch Beckenbodentraining. Es hat zum Ziel, die Zeit zwischen zwei Toilettengängen möglichst lange auszudehnen. Der behandelnde Urologe kann hier mit Adressen und Ansprechpartnern weiterhelfen. Probleme beim Wasserlassen machen Stress. Daher sind Entspannungsübungen ebenfalls angeraten. Die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson ist sehr effektiv und leicht zu erlernen. Aber auch Meditations- und Atemübungen, wie sie im Yoga gelehrt werden, bringen Entspannung. Wichtig ist, die Übungen konsequent und regelmäßig durchzuführen, wenn sie Erfolg haben sollen.

Quellen

  • Gasser, T.: Basiswissen Urologie. Springer, Berlin 2011
  • Finke, F., Piechota, H., Schaefer, R.M., Sökeland, J., Stephan-Odenthal, M., Linden, P.: Die urologische Praxis. Uni-Med, Bremen 2007
  • Hautmann, R.: Urologie. Springer, Berlin Heidelberg 2014

Das könnte Sie auch interessieren