Blasendysfunktion

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Blasendysfunktion ist eine Sammelbezeichnung für alle Funktionsstörungen der Harnblase. Dazu gehören sämtliche Blasenentleerungs- und Harnspeicherstörungen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Blasendysfunktion?

Mechanische Ursachen sind meistens für eine Blasenentleerungsstörung verantwortlich.
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Die Diagnose Blasendysfunktion wird dann gestellt, wenn die Blasenfunktion gestört ist. Die Blasendysfunktion ist allerdings keine eigenständige Erkrankung, sondern vielmehr ein Sammelbegriff für alle Harnspeicher- und Blasenentleerungsstörungen. Bei der Harnspeicherstörung ist die Reservoirfunktion der Blase beeinträchtigt.

Eine beabsichtigte Harnentleerung ist nicht möglich. Bei der Blasenentleerungsstörung ist die Entleerung der Blase nur sehr schwer möglich. Für beide Formen der Blasendysfunktion können funktionelle, mechanische, neurologische und psychogene Faktoren ursächlich sein.

Ursachen

Mechanische Ursachen sind meistens für eine Blasenentleerungsstörung verantwortlich. Dabei wird ein mechanischer Verschluss durch ein Abflusshindernis verursacht. In dem Teil der ableitenden Harnwege, der vor dem Verschluss liegt, erhöht sich der Druck. Mögliche mechanische Ursachen einer Blasendysfunktion sind Harnröhrenstrikturen, eine Harnröhrenklappe, Blasensteine oder eine Verengung des Blasenhalses.

Auch eine Verengung der Harnröhrenmündung und eine kugelförmige Erweiterung des Harnleiters in der Harnblase, eine sogenannte Ureterozele, können die Blasenfunktion beeinträchtigen. Beim Mann kann eine Blasenentleerungsstörung auch durch eine gutartige Prostatavergrößerung oder durch ein Prostatakarzinom bedingt sein.

Eine weitere Ursache ist eine stark ausgeprägte Vorhautverengung (Knopflochphimose). Wenn die Nervenversorgung der Harnblase gestört ist, entwickelt sich eine neurogene Blase. Dieser neurogenen Störung liegt in der Regel eine Schädigung des Rückenmarks zugrunde. Seltener liegt die Ursache im präsakralen Plexus.

Eine neurogene Blase kann zudem im Rahmen eines Fowler-Christmas-Chapple-Syndroms entstehen. Häufig liegt der neurogenen Blasenentleerungsstörung auch eine Multiple Sklerose zugrunde. Drei Viertel aller Multiple-Sklerose-Patienten entwickeln im Verlauf der Krankheit eine Blasenfunktionsstörung. Liegt die Erkrankungsdauer über zehn Jahren, haben fast 100 Prozent der Patienten eine Blasendysfunktion. Die Multiple Sklerose kann auch Ursache einer Harnspeicherstörung sein.

Von Blasendysfunktionen in Form einer Harnspeicherstörung sind vor allem Frauen im höheren Alter betroffen. Risikofaktoren sind Blasenentzündungen, Übergewicht und Diabetes mellitus. Die Belastungsinkontinenz tritt oft bei Frauen auf, die mehrere Kinder auf natürlichem Wege zur Welt gebracht haben. Harnspeicherstörungen können aber auch im Kindes- und Jugendalter auftreten.

Liegt bei Kindern ein unwillkürliches Einnässen ohne erkennbare körperliche Ursache vor, wird dies als Enuresis bezeichnet. Eine Blasendysfunktion kann auch angeboren sein. Häufigste Ursachen sind hier Fehlbildungen der Harnblasen. Ein Beispiel für eine solche Fehlbildung ist die Spaltblase. Hier ist die Harnblase nach außen hin offenliegend.


Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Bei einer Harnspeicherstörung kann der Urin nicht verlustfrei in der Harnblase gespeichert werden. Die Folge ist eine Harninkontinenz. Bei der Harninkontinenz können verschiedene Formen unterschieden werden. Die häufigste Form ist die Dranginkontinenz. Charakteristisch dafür ist ein plötzlich auftretender starker Harndrang. Dieser Drang ist so stark, dass die Toilette nicht mehr rechtzeitig erreicht werden kann.

Bei der Belastungsinkontinenz wird der Harnverlust durch einen erhöhten Bauchinnendruck ausgelöst. Der Bauchinnendruck steigt beispielsweise durch Belastung, Pressen, Heben, Tragen, Lachen, Niesen oder Husten. Die Belastungsinkontinenz wird auch als Stressinkontinenz bezeichnet. Es existiert auch eine Mischform aus Drang- und Belastungsinkontinenz. Diese wird Mischinkontinenz genannt.

Die Überlaufinkontinenz ist eher eine Folge der Blasenentleerungsstörung. Bleiben aufgrund von Abflussstörungen ständig Harnreste in der Harnblase, entsteht eine Überlaufblase. Der Druck in der Blase steigt so lange an, bis er den Druck im ableitenden Harnsystem übertrifft. Dadurch entsteht ein ständiges Harnträufeln.

Die Blasenentleerungsstörungen zeigen sich aber in der Regel durch ein erschwertes Wasserlassen (Dysurie). Diese Dysurie tritt oft in Kombination mit einer sogenannten Pollakisurie auf. Bei der Pollakisurie lassen die betroffenen Patienten zwar vermehrt Wasser, sie scheiden dabei aber immer nur kleinere Mengen Urin aus. Trotz des häufigen Wasserlassens erhöht sich die Gesamtmenge des Urins nicht.

Diagnose & Verlauf

Bei Verdacht auf eine Blasendysfunktion erfolgen zunächst eine ausführliche Anamnese und eine klinische Untersuchung. Dabei tastet der Arzt den Bauchraum ab. Bei Frauen sollte zudem eine Beurteilung der Beckenbodenmuskulatur stattfinden. Bei Männern erfolgt eine rektale Untersuchung, bei der die Prostata beurteilt wird. Zusätzlich zu dieser klinischen Untersuchung können bildgebende Verfahren wie die Sonografie weitere Hinweise liefern.

Mithilfe dieser Verfahren können viele Ursachen der Blasenentleerungsstörung sichtbar gemacht werden. Bei der Blasenmanometrie, einer urodynamischen Untersuchung, kann der Entleerungsvorgang funktionell beurteilt werden. Eine Beurteilung der Blasenfunktion ist auch mit einer Uroflowmetrie möglich. Dabei wird der Harnfluss gemessen. Bei der Zystometrie wird hingegen der Blasendruck während der Entleerungs- und während der Speicherphase beurteilt.

Dazu wird ein Katheter in die Harnblase eingeführt. Harnwegsinfektionen sollten als mögliche Ursache mit Urin- und Labortests ausgeschlossen werden. Liefern die Untersuchungen keine eindeutigen Ergebnisse, kann auch eine Zystoskopie durchgeführt werden. Hier wird ein Mini-Endoskop über die ableitenden Harnwege in die Blase eingeführt.

Der behandelnde Arzt kann so einen Einblick in die Harnwege und die Harnblase erhalten. Ultraschall, Computertomografie oder Magnetresonanztomografie sind weitere Möglichkeiten, um die Blase und die ableitenden Harnwege darzustellen.

Komplikationen

Da es sich bei der Blasendysfunktion um einen Sammelbegriff unterschiedlicher Funktionsstörungen im Bereich der Harnblase handelt, sind mögliche Komplikationen von der genauen Ursache abhängig. Wenn eine Grunderkrankung für die Entleerungsstörung der Blase verantwortlich ist, steht deren Behandlung im Vordergrund. Mit einer effektiven Therapie lassen sich dadurch die Komplikationen von Blasenentleerungs- und Harnspeicherstörungen weitgehend verhindern.

Die Harnverhaltung (Ischurie) stellt die gefürchtetste Komplikation der Blasendysfunktion dar. Aus unterschiedlichen Gründen kann es dabei zu einer Unfähigkeit der Blasenentleerung kommen. Dazu gehören unter anderem: Abflussstauungen im Bereich der Blase oder der Harnröhre, Entzündungen der Prostata oder des Harntrakts, Blasensteine, eine gutartige Prostatavergrößerung (benigne Prostatahyperplasie) sowie neurogene Blasenentleerungsstörungen.

Je nach auftretender Symptomatik unterscheiden Ärzte zwischen einer schmerzhaften, akuten Harnverhaltung und einer symptomlosen, chronischen Form. Die chronische Harnverhaltung hat als Folge häufig eine Überlaufinkontinenz. Aufgrund der Gefahr einer Ruptur der Blase stellt der akute Harnverhalt einen Notfall dar.

Besteht die Ischurie für längere Zeit, staut sich der Harn bis in die Harnleiter und die Nieren zurück. Dadurch wird das Nierenparenchym geschädigt mit der möglichen Folge einer Schrumpfniere.

Zu den weiteren Komplikationen der Blasendysfunktion zählen:

  • Sepsis,
  • Entzündung des Nierenbeckens (Pyelonephritis),
  • Harnvergiftung (Urämie),
  • chronische Niereninsuffizienz,
  • rezidivierende Harnwegsinfekte.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Nicht jede Störung der Blasenfunktion ist behandlungsbedürftig. Eine harmlose Blasenentzündung kann auch mit den guten alten Hausmitteln wie Wärme und Blasentee auskuriert werden. Es müssen nicht immer gleich Antibiotika sein. Sie sollte sich aber nach ein paar Tagen bessern. Ist das nicht der Fall und kommt auch noch Fieber hinzu oder kommt es zu wiederkehrenden Harnwegsinfekten, sollte ein Arzt, am besten ein Urologe aufgesucht werden, um die Ursache abzuklären. Wenn eine bakterielle Infektion hinter den Blasenbeschwerden steckt, ist eine Behandlung mit Antibiotika sinnvoll, bei einer Pilzinfektion mit Antimyotika.

Neben Harnwegsinfekten können aber auch Blasen- oder Nierensteine oder Blasentumore Blasendysfunktionen verursachen. Diese sind alles andere als harmlos und sollten unverzüglich ärztlich untersucht werden, um Komplikationen zu vermeiden. Auch Verengungen der Harnröhre und Harnverhalt sind ein Fall für den Urologen, in der Regel erfordert auch Inkontinenz ärztliche Hilfe, manchmal auch psychologische Begleitung. Grundsätzlich ist es nicht verkehrt, bei Blasenbeschwerden erst einmal einen Arzt aufzusuchen.

Behandlung & Therapie

Die Therapie der Blasendysfunktion ist immer von der Ursache abhängig. Bei mechanisch bedingten Blasenentleerungsstörungen muss das Hindernis, das den Verschluss verursacht, beseitigt werden. Neurogene Blasenentleerungsstörungen werden in der Regel medikamentös behandelt.

Auch eine Behandlung mit sakraler Neurostimulation oder sakraler Neuromodulation ist möglich. Dabei wird ein Blasenschrittmacher implantiert, der durch die Abgabe von schwachen elektrischen Impulsen die Kontrollfunktion der Blase wiederherstellt.

Aussicht & Prognose

Die Prognose bei einer Blasendysfunktion ist abhängig von der genauen Art der Blasenfunktionsstörung. So gibt es Fälle, in denen mit der vollen oder teilweisen Wiederkehr der Blasenkontrolle und -funktion zu rechnen ist und Fälle, in denen dies nicht zu erwarten ist.

Bei mechanisch bedingter Blasendysfunktion kann in den meisten Fällen operativ ein Weg gefunden werden, die Blasenfunktion wiederherzustellen. Meist liegt der Fehler hierbei in der Harnröhre oder dem Blasensphinkter, was eine gute Prognose zulässt. Eine Harnverhaltung infolge einer überdehnten Blase ist durch ein vorübergehendes legen des Katheters zum Ableiten des Harns zu beheben.

Auch Harnsteine und ähnliches können meist problemlos behandelt werden. Eine entzündungsbedingte Blasenfunktionsstörung wird zumeist mit dem Abheilen der Infektion wieder verschwinden. In Fällen, in denen die Blasenfunktion unter bestimmten Bedingungen gestört wird (Druck, Stress usw.), ist die Prognose abhängig von der Behandlungsfähigkeit. Häufig können Medikamente helfen.

In Fällen, in denen die Blasenfunktion aufgrund von Nervenschäden nicht mehr gewährleistet ist, ist keine Besserung durch Medikamente zu erwarten. Abhilfen können Blasenschrittmacher schaffen, aber auch hier gibt es keine Garantie auf Erfolg.

Es gibt entsprechend Betroffene einer Blasendysfunktion, die ihr Leben lang auf einen Katheter angewiesen sein werden. Dies gilt insbesondere im Bezug auf Multiple Sklerose.


Vorbeugung

Den meisten Blasenentleerungsstörungen lässt sich nur sehr schwer vorbeugen. Harnspeicherstörungen sind oft die Folge einer schwachen Beckenbodenmuskulatur. Gezieltes Beckenbodentraining kann die Beckenbodenmuskulatur stärken und somit eine Inkontinenz verhindern.

Nachsorge

Unter den Begriff „Blasendysfunktion“ fallen eine Reihe an Funktionsstörungen. Inwiefern eine Nachsorge notwendig wird, hängt von der zugrunde liegenden Erkrankung ab. So existieren Fälle, in denen Nachbehandlungen entfallen, weil keine Beschwerden mehr vorliegen. Dieses ist unter anderem bei einer mechanischen Dysfunktion gegeben.

Ein operativer Eingriff führt hier schnell zum Abklingen der Beschwerden. Bei anderen Personen wird die Nachsorge hingegen zu einem lebenslangen Thema. So ist ein großer Anteil der Multiple-Sklerose-Patienten auf einen Katheter angewiesen. Sie sollten wie alle anderen Erkrankten auch auf eine tägliche Intimhygiene achten.

Bestimmte Teesorten versprechen ebenso eine Linderung der Anzeichen. Kalte Sitzflächen sind grundsätzlich zu meiden. Manchmal hilft es auch, wenn Betroffene der Blasendysfunktion viel Wasser zu sich nehmen und Sport treiben. Die Beschwerden von Nierenstein lassen sich so vermindern. Anders verhält es sich, wenn psychische Ursachen die Dysfunktion bedingen.

Hier erweist sich eine regelmäßige Behandlung als recht aufwendig. Ein Arzt ordnet eine Psychotherapie an, um schädliche Lebensgewohnheiten abzustellen. Erfahrungsgemäß treten Stress und Druck im Alltag immer wieder auf, weswegen die Beschwerden bei Verstimmungen erneut entstehen können. Psychische und viele andere langwierige Ursachen werden nicht selten mit Medikamenten bekämpft.

Das können Sie selbst tun

Bei einer Blasendysfunktion hängen die wirksamen Maßnahmen immer von der Ursache ab. So kann ein Harnverhalt in Folge von Nierensteinen durch viel trinken und Bewegung gelindert werden, während bei einer Blasenentleerungsstörung nach einer Prostatahyperplasie große Trinkmengen vermieden werden sollten.

Generell sollte während der Erkrankung auf eine gesteigerte Intimhygiene geachtet werden. Betroffene können außerdem durch die Vermeidung kalter Sitzflächen und das Tragen warmer Funktionsunterwäsche zu einer raschen Abheilung der Entzündung beitragen. Verschiedene Pflegeprodukte aus der Drogerie tragen zusätzlich zur Stärkung der Blasenfunktion bei. Ein bewährtes Heilmittel aus der Natur ist Schachtelhalm.

Die Pflanze kann als Tee oder in Form eines Dampfbads zugeführt werden und wirkt entzündungshemmend und schmerzlindernd. Einen ähnlichen Effekt hat Quecken-Tee. Als hilfreich bei Harnwegsinfekten oder Nierengrieß gelten auch Kräutertees sowie Meerrettich, Maistee und kalziumhaltige Lebensmittel. In Verbindung mit harntreibendem Tee und Schonung lässt sich dadurch meist eine Linderung der Beschwerden erzielen.

Unabhängig von den genannten Tipps muss die Ursache der Blasendysfunktion festgestellt und am besten medizinisch behandelt werden. Gemeinsam mit dem Arzt können anschließend wirksame Behandlungsschritte eingeleitet werden.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Keller, C.K., Geberth, S.K.: Praxis der Nephrologie. Springer, Berlin 2010
  • Winkler, R., Otto, P., Schiedeck, T.: Proktologie. Thieme, Stuttgart 2011

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