Metamorphopsie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 7. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Patienten mit einer Metamorphopsie leiden an subjektiv empfundenen Sehstörungen. Die Ursache für dieses Phänomen ist meist im psychischen oder neurogenen Bereich zu suchen, wobei die Sehstörung von Verzerrungen bis Proportionsveränderungen unterschiedliche Form annehmen kann. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache.
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Was ist Metamorphopsie?
Der Sehsinn ist aus evolutionsbiologischer Sicht eines der wichtigsten Sinnessysteme des Menschen. Gegenüber anderen Lebewesen hat das Sehsystem des Menschen einen Überlebensvorteil gesichert. Seit Anbeginn der Menschheit hat sich der Mensch mitunter am meisten auf die Wahrnehmung durch die Augen verlassen, um Gefahren und Chancen in seiner Umwelt abzuschätzen.
Menschen gelten daher als augengesteuerte Lebewesen. Da das Sinnessystem wie alle anderen Sinnessysteme einem hochkomplexen, neuronal gesteuerten System entspricht, treten Störungen des Sehsystems relativ häufig auf. Eine Gruppe aus Sehstörungen bildet die Metamorphopsie. Hierbei handelt es sich um eine subjektiv empfundene Sehstörung, die nicht zwingend auf körperliche Ursachen zurückzuführen ist.
Die Metamorphopsie kann in unterschiedlichen Formen auftreten. Beispiele sind die Mikropsie, die Makropsie, die Dysmorphopsie oder die Teleopsie und die Pelopsie. Weitere Formen liegen mit der Achromatopsie, der Chromatopsie, der Akineteopsie und dem Corona-Phänomen vor. In jedem Fall berichten die Betroffenen von einer verzerrten oder anderweitig veränderten Wahrnehmung ihrer Umgebung. Neben der einfachen Metamorphopsie existiert eine komplizierte Metamorphopsie, die psychische Auswirkungen zeigt.
Ursachen
Diesen Phänomenen können beispielsweise Schlaganfälle oder Hirnblutungen im Rahmen eines Schädel-Hirn-Traumas vorausgehen. Auch entzündliche Veränderungen innerhalb der neuronalen Sehzentren kommen als neurogene Faktoren in Frage. Psychische Ursachen können zum Beispiel im Rahmen einer Derealisation vorliegen.
Als Derealisation wird ein Zustand bezeichnet, bei dem die Patienten ihre Umwelt als entfernt, künstlich oder unecht wahrnehmen. Proportionen können dabei zum Beispiel als fehlerhaft empfunden werden. In den meisten Fällen gehen Derealisationen mit Depersonalisation einher. Ein solcher Zustand kann sich zum Beispiel einstellen, wenn Menschen eine lebensbedrohliche Situation durchmachen.
Über Derealisation und Depersonalisation entzieht sich der Patient der Welt beziehungsweise nimmt die Welt nicht mehr als real wahr, um sich vor den lebensbedrohlichen oder anderweitig traumatisierenden Umweltgeschehnissen zu schützen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Verschiedene Symptome kennzeichnen die Metamorphopsie im Einzelfall. Der Zustand der Patienten hängt von der Form der Metamorphopsie ab. Bei der Mikropsie nimmt der Patient seine Umgebung oder einzelne Details daraus zum Beispiel in Verkleinerung wahr. Bei der Makropsie sieht er Details oder die Gesamtumgebung in Vergrößerung.
Patienten mit Dysmorphopsie erleben ihre Umgebung dagegen als unförmig und verzerrt. Bei der Teleopsie rückt die Umwelt in weite Ferne und bei der Pelopsie rücken Objekte unnatürlich nahe heran. Patienten mit Achromatopsie nehmen keine Farben wahr. Bei der Chromatopsie verändert sich die Farbwahrnehmung von einzelnen Objekten oder, wie bei der Cyanopsie, der Gesamtumgebung.
Patienten mit Akineteopsie nehmen bewegte Objekte überhaupt nicht mehr wahr und beim Corona-Phänomen liegt eine farbige Umrahmung um einzelne Gegenstände der Umwelt. Vor allem bei einer Gesamtverzerrung der visuellen Wahrnehmung stellen sich häufig psychische Beschwerden ein, so zum Beispiel Angst oder depressive Verstimmung. Falls dem Wahrnehmungsphänomen eine psychische Ursache zugrunde liegt, liegen begleitsymptomatisch in der Regel abnorme Emotionsregungen vor.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Charakterisierung einer jeden Sehstörung umfasst eine differentialdiagnostische Abklärung des Problems. Die ersten Hinweise auf eine Metamorphopsie erhält der Arzt in der Anamnese. Er grenzt im Rahmen der Diagnostik die Ursache auf den neurologischen, den augengeweblichen oder den psychischen Bereich ein.
Mit diesem Ziel erfolgt neben einer ophthalmologischen und neurologischen Abklärung eine psychiatrische Einschätzung des Patienten. Innerhalb der Augenheilkunde steht zum Zweck der Sehstörungsdiagnostik der Amsler-Test zur Verfügung. Die Prognose der Patienten variiert in Abhängigkeit von der Ursache. Neurogene Sehstörungen haben die mitunter schlechtesten Heilungsaussichten.
Komplikationen
Auch der Alltag wird durch diese Störungen deutlich erschwert, sodass es zu Beeinträchtigungen bei verschiedenen Tätigkeiten kommt. Nicht selten führen die Sehbeschwerden zu Schwindel, Übelkeit und zur Störung der Konzentration und der Koordination. Vor allem bei Kindern kann die Metamorphopsie zu Störungen der Entwicklung führen.
Durch die Krankheit erscheint die Außenwelt für den Patienten entweder vergrößert oder verkleinert. Dabei kann es auch zu gefährlichen Situationen kommen, wenn der Patient bestimmte Gefahren nicht erkennen oder nicht einschätzen kann. Weiterhin tritt die Metamorphopsie in der Regel zusammen mit Depressionen und Angstzuständen auf. Die Betroffenen können auch an epileptischen Anfällen leiden.
Eine direkte Behandlung der Metamorphopsie ist nicht möglich, die Behandlung richtet sich stark nach der psychischen Ursache. Ob es dabei zu einem positiven Krankheitsverlauf kommt, kann nicht allgemein vorausgesagt werden. In der Regel wird die Lebenserwartung des Patienten durch die Metamorphopsie allerdings nicht verringert.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Bei einer Metamorphopsie kommt es zu Störungen der Sehfähigkeit. Sobald Unregelmäßigkeiten des Sehvermögens auftreten oder im Sichtfeld befindliche Gegenstände anders wahrgenommen werden als von anderen anwesenden Personen, sollte ein Arztbesuch erfolgen. Wenngleich die Metamorphopsie keine organische Unregelmäßigkeit oder Störung des Sehens darstellt, muss eine Funktionsstörung des Auges durch medizinische Tests untersucht und ausgeschlossen werden. Nehmen die vorhandenen Beschwerden an Umfang und Intensität zu, wird ein Arzt benötigt. Anhaltende Störungen geben ebenfalls Anlass zur Besorgnis und sollten abgeklärt werden. Bemerkt der Betroffene aufgrund der Beeinträchtigung der Sehkraft eine erhöhte Unfallgefahr im Alltag, ist Vorsicht geboten.
Die Erledigungen alltäglicher Verpflichtungen sollten umstrukturiert und optimiert werden, damit es zu keinen weiteren Problemen, Unfällen oder Störungen kommt. Leidet der Betroffene aufgrund der verminderten Sehkraft unter Angstzuständen oder Panik, sollte er einen Arzt aufsuchen. Bei einem verminderten Wohlbefinden, Kopfschmerzen, Störungen der Verdauung oder Gereiztheit liegt eine Unregelmäßigkeit vor, die therapiert werden sollte. Oft handelt es sich bei den Beschwerden um psychosomatische Störungen, die zusätzlich aufgrund der Belastungen auftreten und mit einem Arzt besprochen werden sollten. Stimmungsschwankungen, Verhaltensauffälligkeiten oder ein Rückzug aus dem sozialen Leben sind weitere Anzeichen, die zur Konsultation eines Arztes führen sollten.
Behandlung & Therapie
Die Therapie von Patienten mit Metamorphopsie richtet sich nach der zugrunde liegenden Erkrankung. Bei psychischen Ursachen wie einer Derealisation sind unterschiedliche Therapieansätze in Anwendung. Die medikamentöse Therapie soll den Patienten vor allem die Angst vor den verzerrten Wahrnehmungen nehmen. In der psychotherapeutischen Therapie wird oft ein kognitionsdynamischer Ansatz verfolgt.
Die Patienten lernen dabei, ihre visuellen Wahrnehmungen neu zu bewerten und sie nicht mehr als irreal oder verzerrt zu empfinden. Die subjektive Sehstörung tritt in Assoziation zu körperlichen Ursachen vor allem im Rahmen eines Alice-im-Wunderland-Syndroms auf. Dieses Syndrom kennzeichnet häufig Migräne-Anfälle oder epileptische Anfälle. In diesem Zusammenhang bessert sich die Metamorphopsie der Patienten, sofern sich die Grunderkrankung bessert.
Die Betroffenen werden in der Regel konservativ medikamentös versorgt, um die Anfälle hinauszuzögern. Falls Vernarbungen im Bereich der Augen mit der Sehstörung in Zusammenhang stehen, werden die Narben so gut wie möglich mit einem Laser abgetragen. Metamorphopsien aufgrund von rechtsseitig posterioren Hirnschädigungen lassen sich kaum behandeln. Nervengewebe im Gehirn ist hochspezialisiert. Das Gehirn kann sich von Schädigungen daher meist nicht vollständig erholen.
Aussicht & Prognose
Die Prognose der Metamorphopsie wird nach der zugrunde liegenden Primärerkrankung gestellt. Zu unterscheiden ist hierbei, ob es um eine körperliche oder psychische Störung geht. Mit einer psychotherapeutischen Behandlung und Veränderungen der Lebensführung kann bei Patienten mit seelischen Problemen eine Beschwerdefreiheit erreicht werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass eine Beschädigung des Senders vorliegt. Diese ist meist irreversibel, sodass eine Linderung der Beschwerden häufig bei körperlichen Ursachen nicht erreicht wird. Bei neurogenen Unregelmäßigkeiten kann es zu einer Entwicklung eines lebensbedrohlichen Zustandes kommen.
Bei einem ungünstigen Krankheitsverlauf drohen dem Patienten ein Schlaganfall oder plötzliche Blutungen im Bereich des Gehirns können auftreten. Dadurch ist das Risiko für das vorzeitige Ableben erhöht und einen intensivmedizinischen Notfall stellt sich ein. Bei einer psychischen Störung muss geklärt werden, wie umfangreich diese ist. Bei einigen Störungen besteht die Möglichkeit einer Heilung. Meist werden Medikamente gegeben, damit vorhandene Beschwerden gelindert werden. Finden gleichzeitig kognitive Veränderungen statt, kann eine Heilung erreicht werden. Der Prozess ist jedoch langwierig und die Erfolge sind an die Mitarbeit des Patienten gebunden. Liegen schwere psychische Störungen vor, bestehen meist keine guten Aussichten für eine Genesung. Häufig zeigt sich ein chronischer Krankheitsverlauf oder eine Nichtteilbarkeit der Erkrankung liegt vor.
Vorbeugung
Psychisch bedingten Metamorphopsien lässt sich vorbeugen, indem die psychische Konstitution des Patienten gestärkt wird. Eine Verbesserung der Konstitution lässt sich zum Beispiel mit rechtzeitiger Psychotherapie in Belastungssituationen erzielen.
Nachsorge
Eine Metamorphopsie kann zu verschiedenen Komplikationen und Beschwerden führen, wenn sie nicht oder nicht sachgemäß behandelt wird. Daher sollte der Betroffene bei dieser Krankheit schon bei den ersten Symptomen und Beschwerden einen Arzt aufsuchen, um eine weitere Verschlechterung der Symptome zu verhindern. In der Regel kann es bei dieser Krankheit auch nicht zu einer Selbstheilung kommen, sodass immer ein Besuch bei einem Arzt notwendig ist.
In den meisten Fällen leidet der Betroffene bei der Metamorphopsie an starken Sehbeschwerden. Dabei kann die Größe von verschiedenen Objekten nicht mehr richtig dargestellt werden, sodass es im Alltag zu starken Schwierigkeiten und zu Beschwerden kommt. Dabei kann auch die Wahrnehmung von Farben sehr stark gestört sein.
Viele Patienten entwickeln durch diese Beschwerden auch Depressionen oder starke psychische Verstimmungen, wobei es bei Kindern auch zu Depressionen oder zu Mobbing kommen kann. Nicht selten leiden die Betroffenen dadurch auch an einem Verlust des Appetits oder an einem starken Gewichtsverlust. In der Regel kann die Krankheit gut behandelt werden, wobei der weitere Verlauf stark vom Zeitpunkt der Diagnose abhängt. Dabei wird die Lebenserwartung des Betroffenen durch die Metamorphopsie meist nicht verringert.
Das können Sie selbst tun
In der Regel sind die Betroffenen immer auf eine ärztliche Behandlung angewiesen, um die Beschwerden einzuschränken. Dabei eignet sich vor allem eine psychologische oder therapeutische Behandlung der Erkrankung. Diese kann in vielen Fällen durch Gespräche mit Freunden oder dem eigenen Partner unterstützt und begleitet werden. Auch Gespräche mit anderen Betroffenen der Metamorphopsie können sich positiv auf den Verlauf der Erkrankung auswirken. Da die Patienten häufig an Migräne und an epileptischen Anfällen leiden, sollten keine gefährlichen oder anstrengenden Tätigkeiten im Alltag durchgeführt werden. Bei einem epileptischen Anfall ist sofort ein Notarzt zu rufen. Falls der Patient ansprechbar ist, so sollte dieser beruhigt werden. Im Falle eines Bewusstseinsverlustes sind eine regelmäßige Atmung und eine stabile Seitenlage sicherzustellen.
Die Metamorphopsie kann in der Regel vermieden werden, indem der Betroffene schon früh psychische Beschwerden oder Depressionen erkennt und diese therapieren lässt. Dabei sind nicht immer Besuche bei einem Arzt notwendig. Häufig helfen auch klärende Gespräche mit den Eltern oder mit anderen engen Menschen.
Quellen
- Burk, A. et al.: Checkliste Augenheilkunde. Thieme, Stuttgart 2011
- Lieb, K., Frauenknecht, S., Brunnhuber, S.: Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. Urban & Fischer, München 2015
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013