Methanolvergiftung

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 27. Februar 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Eine Methanolvergiftung ist eine Intoxikation mit Methylalkohol (Methanol), dessen Stoffwechselprodukte schädlich auf den menschlichen Organismus wirken. In Abhängigkeit von Körpergewicht und Allgemeinzustand können bereits weniger als 30 ml letal sein.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine Methanolvergiftung?

Vergiftungen mit Methanol werden vor allem durch den Konsum minderwertiger oder unsachgemäß selbstgebrannter Spirituosen, die höhere Methanolmengen enthalten können, verursacht.
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Als Methanolvergiftung wird eine übermäßige Exposition des menschlichen Organismus mit dem toxisch wirkenden Methylalkohol (Methanolintoxikation) bezeichnet. Generell wird zwischen einer akuten und chronischen Methanolvergiftung differenziert.

Eine akute Intoxikation mit Methanol zeichnet sich durch die einmalige Einnahme einer hohen Menge Methanols aus. Wird der Alkohol nach etwa 12 bis 24 Stunden in den Magen-Darm-Trakt aufgenommen, manifestieren sich Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Visustrübungen und Schwindel. Bei ausgeprägteren Fällen können krampfartige Zuckungen sowie Bewusstseinsbeeinträchtigungen beobachtet werden.

Durch die lähmende Wirkung auf das Kreislauf- und Atemzentrum kann eine akute Methanolvergiftung zum Tod führen. Bei einer chronischen Methanolvergiftung werden hingegen kleine Mengen Methanols inhaliert oder über die Haut resorbiert, die bei Exposition über einen längeren Zeitraum zu Visusstörungen sowie Schädigungen des Seh- und Hörnervs führen. Appetitlosigkeit, abdominale Schmerzen, rezidivierende Reizung der Augen- und Atemwegsschleimhäute sind weitere charakteristische Symptome einer chronischen Methanolvergiftung.

Ursachen

Bei einer Methanolvergiftung wird das Methanol nach der Ingestion (Aufnahme) in der Leber durch die Enzyme Alkoholdehydrogenase und Aldehyddehydrogenase zu seinen schädlich wirkenden Metaboliten (Stoffwechselprodukte) Ameisensäure und Formaldehyd umgewandelt.

Die Metabolite werden lediglich langsam renal (über die Nieren) eliminiert bzw. ausgeschieden, so dass diese beiden toxisch wirkenden Substanzen im Körper akkumuliert werden. Während die Ameisensäure eine metabolische Azidose mit einer Stoffwechselentgleisung bedingt, wirkt Formaldehyd direkt schädigend auf die angrenzenden Organe.

Vergiftungen mit Methanol werden vor allem durch den Konsum minderwertiger oder unsachgemäß selbstgebrannter Spirituosen, die höhere Methanolmengen enthalten können, verursacht. Darüber hinaus findet Methanol im gewerblichen Bereich als Lösungsmittel für Lacke, Klebstoffe und Farben sowie in der pharmazeutischen, chemischen und kosmetischen Industrie Verwendung, das bei dauerhafter Inhalation oder Resorption über die Haut eine chronische Methanolvergiftung verursachen kann.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Eine Methanolvergiftung äußert sich durch Sehstörungen, Übelkeit und Erbrechen, starke Kopfschmerzen und Schwindel. Infolge der Übersäuerung können sich außerdem Bewusstseinsstörungen einstellen. Der stark übersäuerte Urin weist einen ungewöhnlichen Geruch auf und nimmt oft auch eine starke Gelbfärbung an. Des Weiteren kann eine Methanolvergiftung das Hörvermögen beeinträchtigen.

Die Betroffenen sind dann nicht mehr in der Lage, tiefe Töne richtig wahrzunehmen, später werden auch die hohen Töne nicht mehr wahrgenommen. Oft ist auch die Leber beteiligt und es stellen sich Anzeichen einer Gelbsucht ein, also gelbe Haut, Blässe und ein starkes Unwohlsein. Äußerlich machen sich Symptome wie die Azidose durch eine Blaufärbung der Lippen und eine blasse Haut bemerkbar. Typisch sind auch der starke Mundgeruch und die beschleunigte Atmung.

Langfristig ruft eine Vergiftung mit Methanol Sehprobleme, Hörbeschwerden, Atherosklerose, Arthritis, Osteoporose, Herzschwäche und Erkrankungen des Immunsystems hervor. Die chronische Form der Erkrankung entwickelt sich im Laufe von Monaten oder Jahren, in denen immer wieder minderwertige Spirituosen oder andere methanolhaltige Produkte konsumiert werden. Eine akute Methanolvergiftung tritt innerhalb weniger Stunden nach dem Alkoholkonsum auf und lähmt das Herz-Kreislaufsystem und die Atmung. Die akute Form kann unbehandelt zum Tod des Patienten führen.

Diagnose & Verlauf

Eine Methanolvergiftung kann in vielen Fällen anhand der klinischen Symptome und den in der Anamnese gewonnenen Informationen zu einer möglichen Methanolexposition (Arbeit mit Lösemitteln, Konsum minderwertiger Spirituosen) diagnostiziert werden.

Zudem kann bei einer akuten Methanolvergiftung eine vergrößerte Leber, Oligurie bzw. Anurie, in ausgeprägten Fällen eine Urämie mit Reststickstoff sowie ein Anstieg des Blutdrucks nachgewiesen werden. Darüber hinaus ist der Urin im sauren Bereich sowie eine sehr stark erhöhte Konzentration an Kalziumoxalat-Kristallen bei sehr stark erniedrigter Erythrozyten- und Leukozytenzahl feststellbar. Im Rahmen einer Blutgasanalyse (u.a. erniedrigter Kohlenstoffdioxidpartialdruck) kann die metabolische Azidose diagnostiziert werden.

Bei einer chronischen Methanolvergiftung lässt sich das Methanol im Urin und Blut nachweisen. Zudem kann in der Regel eine erhöhte Ameisensäurekonzentration im Urin festgestellt werden. Verlauf und Prognose korrelieren bei einer Methanolvergiftung mit dem Zeitpunkt der Diagnose und dem Therapiebeginn. Je später eine Intoxikation mit Methanol erkannt wird, desto wahrscheinlicher sind irreversible Beeinträchtigungen. Untherapiert ist eine Methanolvergiftung in aller Regal letal. Ferner können bei Methanolvergiftungen Spätfolgen, insbesondere Visusverlust, beobachtet werden.

Komplikationen

Im Allgemeinen wirkt sich eine Methanolvergiftung sehr negativ auf die Gesundheit des Patienten aus und kann dabei im schlimmsten Falle sogar zum Tode des Betroffenen führen. Dieser Fall tritt allerdings erst dann auf, wenn größere Mengen an Methanol in den Körper eingeführt wurden. Allerdings kommt es auch schon bei kleinen Mengen zu starken Schäden, die vor allem an den inneren Organen und am Gehirn auftreten können.

Die Schäden sind dabei in der Regel irreversibel. Durch die Methanolvergiftung leiden die Betroffenen an starken Sehstörungen und in vielen Fällen an einem Schleiersehen. Weiterhin kommt es zu Erbrechen und zu einer starken Übelkeit. Die Patienten klagen auch über Schwindel und Kopfschmerzen und leiden auch an Bewusstseinsstörungen. Auch das Denken und Handeln des Betroffenen wird durch die Methanolvergiftung deutlich eingeschränkt.

In der Regel muss eine Methanolvergiftung akut von einem Notarzt oder in einem Krankenhaus behandelt werden. Mit einer Magenspülung können Folgeschäden vermieden werden. Komplikationen treten in der Regel erst bei höheren Mengen auf, wobei es zu Schäden an den inneren Organen kommen kann. Der genaue Verlauf der Krankheit hängt allerdings sehr stark von der eingenommenen Menge an Methanol ab.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Personen, die unter plötzlich auftretenden Symptomen wie Erbrechen, Übelkeit, Schwindel oder Kopfschmerzen leiden, sollten einen Arzt aufsuchen. Kommt es zu Beeinträchtigungen der gewohnten Sehkraft oder steigt die allgemeine Unfallgefahr, wird eine ärztliche Untersuchung benötigt. Nehmen die Beschwerden an Umfang oder Intensität zu, muss ein Arzt aufgesucht werden. Störungen des Bewusstseins sind Anzeichen einer bestehenden Unregelmäßigkeit, die untersucht und behandelt werden muss. Stellt sich ein Verlust des Bewusstseins ein, ist ein Rettungsdienst zu alarmieren. Bis zum Eintreffen des Notfallmediziners sind Erste-Hilfe-Maßnahmen zu ergreifen, damit es zu keinem frühzeitigen Ableben des Betroffenen kommt.

Ein blasses oder gelbliches Hautbild, kalte Gliedmaßen oder eine Verfärbung der Lippen sind weitere Hinweise einer gesundheitlichen Problematik. Eine Blaufärbung der Lippen ist ein charakteristisches Merkmal für eine Methanolvergiftung und sollte schnellstmöglich behandelt werden. Kommt es zu einem Verlust der Hörkraft, besteht Anlass zur Besorgnis. Können insbesondere tiefe Töne vom Betroffenen nicht mehr gehört werden, ist ein Arztbesuch anzuraten.

Bei einem allgemeinen Unwohlsein oder einem ungewöhnlichen Mundgeruch sollte eine ärztliche Abklärung der Beschwerden erfolgen. Leidet der Betroffene unter einem geschwächten Immunsystem, einer Abnahme der inneren Kräfte oder unter Schlafstörungen, wird ein Arzt benötigt. Setzen Unregelmäßigkeiten des Herzrhythmus ein, sollten unverzügliche weitere medizinische Tests zur Ursachenklärung durchgeführt werden.

Behandlung & Therapie

Da Methanol lediglich langsam verstoffwechselt wird, wird bei einer Methanolvergiftung in aller Regel zunächst eine Magenspülung durchgeführt. Eine weitere therapeutische Maßnahmen besteht in der Hemmung der Methanoloxidation durch oral appliziertes oder infundiertes Ethanol oder Fomepizol.

Beide Substanzen weisen eine viel höhere Affinität zur Aldehyddehydrogenase und Alkoholdehydrogenase auf, so dass die Metabolisierung von Methanol in der Leber effektiv bis zur renalen Eliminierung unterbunden werden kann. Darüber hinaus werden parallel alkalisierende Substanzen wie Natriumhydrogencarbonat und Trometamol zur Kompensation der metabolischen Azidose (pH-Wert im arteriellen Blut ist sauer bzw. unter 7,35) verabreicht. Infolge des dadurch normalisierten extra- und intrazellulären pH-Werts wird der Abbau der Ameisensäure beschleunigt (erhöhter Dissoziationsgrad), wodurch der toxische Effekt reduziert werden kann.

Zusätzlich kann die schädigende Wirkung der Ameisensäure durch hochdosierte Folsäure, die die Oxidation der Substanz zu Kohlendioxid fördert,beschleunigt werden. In ausgeprägten Fällen einer Methanolvergiftung (über 100 ml Ingestionsmenge) bzw. bei Vorliegen einer Niereninsuffizienz ist eine Hämodialyse (Nierenersatzverfahren) zur schnellen Eliminierung des Methanols und seiner Stoffwechselprodukte erforderlich.

Bei einer chronischen Methanolvergiftung wird in aller Regel ein Expositionsstopp (Vermeiden aller Methanolquellen) sowie eine Ernährungsumstellung (vitamin- und eiweißreiche Nahrung, erhöhte Flüssigkeitszufuhr) empfohlen. Zusätzlich sollten die durch die Methanolvergiftung bedingten Organschäden therapiert werden.


Aussicht & Prognose

Die weitere gesundheitliche Entwicklung ist bei einer Methanolvergiftung abhängig von der konsumierten Menge an hochprozentigen Alkohol, dem Gewicht des Betroffenen sowie dessen Allgemeinzustand. Je höher der aufgenommene Wert von Methylalkohol ist, desto ungünstiger ist der weitere Verlauf. Unter optimalen Bedingungen kommt es bereits innerhalb einiger Stunden zu einer Linderung der Beschwerden.

Meist wird innerhalb von ein bis zwei Tagen eine Beschwerdefreiheit erreicht. Voraussetzung dafür ist ein guter gesundheitlicher Zustand des Betroffenen sowie ein Gewicht im Normalbereich des BMI. Darüber hinaus sollte grundsätzlich eine gute und ausgewogene Lebensführung vorliegen, um eine dauerhafte Linderung der Beschwerden zu erreichen.

Bei einer hohen Menge des konsumierten Methylalkohols besteht jedoch grundsätzlich Lebensgefahr. Zudem können irreparable Schäden der inneren Organe auftreten und lebenslange Beeinträchtigungen hervorrufen. Bei einem schlechten gesundheitlichen Zustand und vorhandenen Vorerkrankungen, ist der weitere Verlauf meist ungünstig. Liegt bereits eine Alkoholerkrankung vor, sind Folgeschäden nahezu kaum noch auszuschließen.

Je geringer das Gewicht des Patienten ist, desto stärker sind im Normalfall auch die weiteren Komplikationen und langfristigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. In akuten Fällen kann nur ein Rettungsdienst und eine intensivmedizinische Betreuung das Leben des Betroffenen retten. In diesen Situationen ist mit Schäden des Gehirns zu rechnen. Diese verschlechtern die allgemeine Lebensqualität.

Vorbeugung

Einer Methanolvergiftung kann durch den Verzicht auf hochprozentige Spirituosen unbekannter Herkunft beziehungsweise minderwertiger Qualität vorgebeugt werden. Bei beruflichen Tätigkeiten, die mit einer Methanolexposition einhergehen, sollten die entsprechenden Schutzmaßnahmen (u.a. Schutzhandschuhe, -kleidung, Augen- und Gesichtsschutz, gut belüftete Räume) zur Vermeidung einer Methanolvergiftung getroffen werden.

Nachsorge

Da es sich bei einer Methanolvergiftung um eine schwerwiegende Art der Vergiftung handelt, ist eine adäquate Nachsorge extrem wichtig. Um die in Mitleidenschaft gezogene Darmflora wieder aufzubauen, können die Patienten beispielsweise eine Kur mit Milchsäurebakterien durchführen. Es empfiehlt sich generell, den Magen noch eine Weile nach der akuten Phase mit schonender Kost zu beleben.

Da das Immunsystem durch die Lebensmittelvergiftung angeschlagen ist, ist die Anfälligkeit für Keime erhöht. Der Fokus sollte daher auf einer behutsamen Gewöhnung an Nahrung liegen und einer medizinischen Beobachtung durch den behandelnden Arzt. Betroffene obliegt die Eigenverantwortung, sich Menthanolhaltigen Substanzen fern zu halten.

Das können Sie selbst tun

Bei einer leichten Methanolvergiftung sollte der Betroffene in ausreichender Menge kohlensäurefreies und natürliches Mineralwasser trinken. Die Zufuhr von Wasser lindert im Organismus den prozentualen Anteil des Methanols, da es sich mit dem Wasser vermischt. Die Gesamtmenge an Flüssigkeiten führt zusätzlich dazu, dass es schneller ausgeschieden wird. Dies verbessert in einigen Fällen das körperliche Wohlbefinden.

Ruhe sollte bewahrt werden und Überanstrengungen sind zu vermeiden. Um eine Verletzungsgefahr möglichst gering zu halten, ist es hilfreich wenn sich der Betroffene in eine sitzende Position begibt und auf die Veränderungen im Organismus achtet. Bessert sich sein Zustand allmählich, bestehen gute Chancen, dass er in einiger Zeit beschwerdefrei ist. Tritt eine Zunahme der Beschwerden ein, sollte ein Arzt gerufen werden, da die Selbsthilfemöglichkeiten erschöpft sind.

Bei einer starken Vergiftung hilft nur eine ärztliche Behandlung. Es besteht die Möglichkeit, dass Organe beschädigt sind und sich bleibende Schäden einstellen. Je länger eine Konsultation bei einem Arzt vermieden wird, desto stärker sind die Beschwerden. Während einer laufenden Behandlung können in Zusammenarbeit mit dem Arzt individuelle Möglichkeiten zur Selbsthilfe erarbeitet werden. Diese konzentrieren sich auf eine Optimierung eines gesunden Lebensstils. Dazu zählen eine ausgewogene und vitaminreiche Ernährung sowie eine ausreichende Bewegung. Giftstoffe wie Alkohol oder Nikotin sind zu vermeiden.

Quellen

  • Arasteh, K., et. al.: Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Ziegenfuß, T.: Notfallmedizin. Springer, Heidelberg 2011

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