Mischgliom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 11. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Ein Oligoastrozytom ist ein Mischgliom, das sowohl Anteile eines Oligodendroglioms als auch Anteile eines Astrozytoms aufweist. Die Gehirntumore rufen allgemeine Hirndruckzeichen hervor.
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Was ist ein Oligoastrozytom?
Das Oligoastrozytom ist eine Mischform aus einem Astrozytom und einem Oligodendrogliom. Das Oligodendrogliom, früher auch Oligodendrozytom genannt, ist ein Tumor, der von den Oligodendrozyten ausgeht. Er gehört damit zu den neuroepithelialen Tumoren. Die Oligodendrozyten sind Zellen der Glia. Glia ist ein Sammelbegriff für alle Zellen im Nervengewebe, die keine Nervenzellen sind.
So übernehmen die Gliazellen häufig Stütz- und Haltefunktionen im Nervensystem. Astrozytome sind die häufigsten Tumore im Gehirn. Sie treten überwiegend im mittleren Lebensalter auf und entspringen den Astrozyten. Astrozyten gehören ebenso wie die Oligodendrozyten zu den Gliazellen und damit zum Stützgewebe.
Oligodendrogliome, Astrozytome und damit auch die Oligoastrozytome gehören zu den Gliomen. Gliome sind Tumor des Zentralnervensystems. In den meisten Fällen treten sie im Gehirn auf, sie können aber auch im Rückenmark und im Bereich der Hirnnerven entstehen.
Ursachen
Die Ursache von Oligoastrozytomen ist noch unbekannt. Einzelne Fälle zeugen davon, dass die Tumore nach ZNS-Bestrahlungen oder Hirnverletzungen auftreten. Sie entwickeln sich in diesen Fällen scheinbar aus dem Narbengewebe. Auch bei Multiple Sklerose wurden Oligoastrozytome beobachtet. Es wird zudem diskutiert, ob es eine genetische Veranlagung für Oligoastrozytome gibt. Die Befundlage zu dieser Hypothese ist widersprüchlich.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das häufigste Symptom des Oligoastrozytoms ist der epileptische Anfall. Er tritt bei mehr als 50 Prozent der Patienten auf und geht auf die Infiltration und die Schädigung benachbarter Nervenzellen zurück. Da der Tumor im Schädel stetig wächst, erhöht sich der Hirndruck. Weitere Symptome des Oligoastrozytoms sind deshalb Zeichen des erhöhten Hirndrucks.
Zu den Hirndruckzeichen gehören Übelkeit und Erbrechen. Die Patienten leiden unter teils sehr starken Kopfschmerzen und unter Müdigkeit. Sie sind unruhig und haben einen verlangsamten Herzschlag. Der Blutdruck ist hingegen erhöht. Mithilfe dieses sogenannten Druckpulses versucht der Körper die Durchblutung trotz des gesteigerten Hirndrucks weiter zu gewährleisten.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Mithilfe eines Ophtalmoskops kann eine Stauungspapille diagnostiziert werden. Eine Stauungspapille ist eine Flüssigkeitsansammlung an der Einmündung des Sehnervs in die Netzhaut. In der Augenspiegelung wird dieses Ödem als Anschwellung des Sehnervenkopfes sichtbar. In der Regel liegt die Stauungspapille beidseitig vor.
Wenn die Symptomatik nicht frühzeitig erkannt wird und der Hirndruck weiter ansteigt, kommt es zu Störungen des Bewusstseins. Im schlimmsten Fall fallen die Patienten ins Koma. Persönlichkeitsveränderungen können auch ein Zeichen für ein Oligoastrozytom sein. Schon Jahre vor der Diagnosestellung zeigen sich zudem neurologische Zeichen wie Kopfschmerzen, Lähmungen oder Störungen der Hirnnervenfunktion.
Beispielsweise haben die Betroffenen leichte Sehstörungen, Schwindelanfälle oder Probleme mit dem mimischen Ausdruck. Die fünf-Jahres-Überlebensrate bei Männern mit einem Oligoastrozytom liegt bei 40 bis 50 Prozent. Nach zehn Jahren leben noch 20 bis 30 Prozent der Patienten. Bei Frauen ist die Prognose etwas besser. Hier liegt die fünf-Jahres-Überlebensrate bei 65 Prozent. Nach zehn Jahren leben noch 40 Prozent der Patientinnen.
Bei Verdacht auf ein Oligoastrozytom kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. Als primäres Verfahren dient die Magnetresonanztomografie (MRT) ohne und mit Kontrastmittelgabe. Oft gleichen die Untersuchungsbefunde den Befunden bei einem Hirninfarkt. Die Computertomografie zeigt unscharfe Hypodensitäten oder Ödeme. Auch zystische Formationen können auftreten.
Bei der Untersuchung mit Kontrastmittel zeigen sich runde Masseneffekte mit Anreicherung von Kontrastmittel. Patienten, bei denen sich das Kontrastmittel während der Untersuchung im Tumor anreichert, haben ein deutlich erhöhtes Rezidivrisiko. Weder der Liquorbefund noch die Hirnangiografie sind auffällig. Im Positronen-Emissions-Scan des Glucose-Stoffwechsels imponiert das Oligoastrozytom als kalter Knoten. Das Gewebe hat also einen verminderten Energie- und Stoffumsatz.
Innerhalb der kalten Knoten erscheinen manchmal heiße Knoten mit einem erhöhten Energieumsatz. Histologisch kann nur sehr schwer eine Grenze zwischen den astrozytären und zwischen den oligodendrialen Komponenten gezogen werden. Auch die Graduierung nach der WHO-Definition ist bei Oligoastrozytomen nur schwer möglich. So gilt eine Mitose bei einem Astrozytom normalerweise als Grund, den Tumor als Grad III einzustufen.
Bei Oligodendrogliomen können mehrere Mitosen auftreten und der Tumor wird trotzdem nur als Grad II eingestuft. Da das Oligoastrozytom eine Mischform beider Tumore ist, unterscheiden sich die Einstufungen je nach Neuropathologe. Da die Einstufungen unterschiedliche therapeutische Konzepte erfordern, ist die diagnostische Unterscheidung eigentlich sehr wichtig.
Komplikationen
Weiterhin leiden die Patienten an epileptischen Anfällen und an starken Kopfschmerzen. Diese Schmerzen schränken die Lebensqualität deutlich ein und führen zu Erbrechen und zu einer Übelkeit. Ebenso kommt es zu einer verringerten Belastbarkeit und zu einer Müdigkeit des Patienten. Die Betroffenen wirken unruhig und leiden an einer langsamen Atmung. Dabei kann es auch zu einem Bewusstseinsverlust kommen.
Die Beschwerden können auch zum Herztod führen. Nicht selten kommt es auch zu Veränderungen der Persönlichkeit oder zu einem Koma. Die Betroffenen leiden weiterhin an Schwindel und an Sehstörungen. Auch bei den Angehörigen kann es durch die Beschwerden des Mischglioms zu psychischen Störungen und zu Depressionen kommen.
Die Behandlung des Tumors erfolgt durch eine Strahlentherapie oder durch eine Chemotherapie. Dabei kommt es nicht zu Komplikationen, wobei eine Chemotherapie in der Regel mit verschiedenen Nebenwirkungen verbunden ist. Ob es zu einer Verringerung der Lebenserwartung kommt, kann in der Regel nicht im Allgemeinen vorausgesagt werden.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Ein Mischgliom gehört als Gehirntumor grundsätzlich in die Hände eines Arztes, sodass bereits bei Verdacht auf einen Tumor der Gang zum Mediziner notwendig ist. Im Rahmen von Diagnostik und Therapie wird es immer wieder Termine beim Arzt geben. Auch im Anschluss an die Behandlung sind Arztbesuche wichtig, um durch Kontrollen ein eventuelles Rezidiv frühzeitig erkennen und therapieren zu können. Direkt im Anschluss an die Behandlung eines Mischglioms werden diese Kontrollen in der Regel engmaschiger durchgeführt werden als nach einer Vielzahl von Jahren bei Beschwerdefreiheit und ohne Rezidiv.
Doch auch ohne Termin beim Arzt soll dieser vom Patienten aus bestimmten Gründen aufgesucht werden. Das ist immer dann der Fall, wenn der Patient Beschwerden verspürt, die eventuell auf einen Rückfall hindeuten könnten. Die Symptome, die den Arztbesuch erfordern, sind beim Gehirntumor vielfältig und hängen auch davon ab, an welcher Stelle Tumor und ein eventuelles Rezidiv lokalisiert sind.
Die Palette reicht von Empfindungsstörungen und Lähmungen in den Gliedmaßen über Sprach- und Sehstörungen und Gedächtnisproblemen bis hin zu epileptischen Anfällen. Auch Strahlen- und Chemotherapie können einen Besuch beim Mediziner erfordern. Das gilt beispielsweise für Schwächezustände, die auf ein schlechtes Blutbild hindeuten können und vom Arzt rasch behandelt werden sollten. Auch die psychische Belastung wegen der Schwere der Erkrankung ist immer Grund für einen Arztbesuch.
Behandlung & Therapie
Bei der Therapie steht die operative Entfernung im Vordergrund. Früher wurden die Tumore so früh wie möglich operiert. Da heute die Diagnosestellung durch die verbesserten Diagnoseverfahren oft schon erfolgt bevor Symptome vorliegen, wird mittlerweile dafür plädiert erst zu operieren, wenn neurologische Ausfälle vorliegen. Studien haben gezeigt, dass sich bei Patienten, die vor der Operation mit der Strahlentherapie behandelt werden, die Überlebensrate steigert.
Allerdings können bei einer Ganzkopfbestrahlung auch Strahlennekrosen des Hirngewebes entstehen. Die Chemotherapie hat bei der Behandlung der Oligoastrozytome keine Bedeutung. Hauptursache für ein Versagen in der Therapie ist die Ausbildung eines lokalen Rezidivs. Wenn der Tumor nach der Entfernung wieder wächst, wird zunächst eine Biopsie durchgeführt. Anschließend erfolgen engmaschige radiologische Kontrollen. Bei einem weiteren Wachstum wird eine weitere Resektion notwendig.
Aussicht & Prognose
Die Prognose beim Mischgliom hängt von einigen Faktoren ab. Die Lokalisation im Gehirn ist dabei ebenso entscheidend wie die Größe des Tumors. Kann er ganz entfernt werden, ist die Prognose besser als bei einem Tumor, von dem nach der Operation ein Rest zurückbleibt oder der von vornherein nicht operiert werden kann. Auch die Form des Tumors spielt eine Rolle. Ist er eher eindeutig begrenzt, kann er oft erfolgreicher entfernt werden als der Tumor, der strahlenmäßig ins Gewebe wächst.
Auch die Zugänglichkeit eines Tumors für Chemo- und Strahlentherapie hat Einfluss in Bezug auf die Aussichten. Ein Mischgliom hat oft Anteile, die auf eine bestimmte Therapie ansprechen, während andere Anteile dies weniger tun. Es ist deshalb diese richtige Therapie zu finden, die den Tumor in seiner Gesamtheit bestmöglich behandelt. Dabei ist es auch wichtig zu wissen, dass beim Mischgliom manche Tumoranteile schneller wachsen können als andere.
Je langsamer sich der Tumor insgesamt ausbreitet, umso später kommt es zu durch die Schädeldecke als natürliche Grenze zur Druckerhöhung, die zu den typischen Symptomen wie Schmerzen und Ausfallerscheinungen beim betroffenen Patienten führt und die Prognose ungünstig beeinflussen kann. Die Strahlentherapie ist in der Gray-Anzahl begrenzt. Betroffene, die noch nicht am Kopf bestrahlt wurden, haben somit ebenfalls eine bessere Prognose.
Vorbeugung
Die genaue Entstehung des Oligoastrozytoms ist ungeklärt, sodass es derzeit auch keine Prävention gibt. Wenn Kopfschmerzen über einen längeren Zeitraum auftreten oder wenn neurologische Ausfälle zu beobachten sind, sollte zur Abklärung ein Arzt aufgesucht werden. Je früher das Oligoastrozytom behandelt wird, desto besser sind die Heilungschancen.
Nachsorge
Wie bei allen tumorösen Erkrankungen steht nach erfolgter Behandlung eine zunächst engmaschige Nachsorge an. Diese ist notwendig, um eventuell neu auftretende Tumore oder Metastasen sehr frühzeitig zu erkennen. Bei einem Hirntumor werden Nachsorge-Kontrollen daher mehrmals im Jahr im Abstand von einigen Monaten getaktet.
Bleiben dabei negative Auffälligkeiten aus, vergrößern sich die Abstände zur nächsten Kontrolle. Ob es eventuell zu neuen Wucherungen gekommen ist, wird mittels MRT oder CT überprüft. Gerade weil bösartige Hirntumore oft trotz zunächst erfolgreicher Behandlung ein hohes Risiko eines Rezidivs aufweisen, ist es wichtig, dass Betroffene ihre Termine zur Nachsorge regelmäßig wahrnehmen.
Die Prognose bei neuen Tumoren ist umso günstiger, je eher diese entdeckt werden. Nicht immer führen neue Hirntumore sofort zu Symptomen, die den Patienten warnen sollten. Oftmals werden behandlungsbedürftige Befunde eher zufällig bei der Nachsorge entdeckt.
Fallen außerhalb der Kontrollen zur Nachsorge aber ungewöhnliche Schmerzen auf, ist dies immer ein Grund, sich zeitnah beim behandelnden Arzt vorzustellen. Dieser kann entscheiden, ob der nächste Termin zur Nachsorge vorgezogen werden sollte, um zeitnah ausschließen zu können, dass sich neue Tumore gebildet haben.
Das können Sie selbst tun
Bei einem epileptischen Anfall muss zunächst erste Hilfe geleistet werden. Das heißt, die Kleidung am Hals lockern, gefährliche Gegenstände außer Reichweite bringen und den Betroffenen so gut wie möglich beruhigen. Übelkeit und Erbrechen kann durch Bettruhe und eine schonende Diät gelindert werden. Auch Kopfschmerzen und Müdigkeit wird am besten mit Schonung begegnet. Manchmal ist es sinnvoll, einen Spaziergang an der frischen Luft zu machen. Der Arzt wird dem Patienten weitere Strategien mitgeben, mit deren Hilfe die Symptome eines Gehirntumors gelindert werden können. Davon ab sollte die Erkrankung therapeutisch aufgearbeitet werden. Im Gespräch mit Angehörigen, einem Psychologen oder anderen Betroffenen können Ängste angesprochen und somit eine neue Perspektive auf das Leben mit der Krankheit erlangt werden.
Nach der Behandlung sind Körper und Geist oft sehr erschöpft. Durch Krankengymnastik, eine Umstellung der Ernährung und dem Nachgehen von Hobbys und Leidenschaften können Betroffene neue Energie für ein krebsfreies Leben tanken.
Quellen
- Pfeifer, B., Preiß, J., Unger, C. (Hrsg.): Onkologie integrativ. Urban & Fischer, München 2006
- Preiß, J. et al.(Hrsg.): Taschenbuch Onkologie. Zuckschwerdt, München 2014
- Sauer, R.: Strahlentherapie und Onkologie. Urban & Fischer, München 2009