Musculus infraspinatus

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

Sie sind hier: Startseite Anatomie Musculus infraspinatus

Zwischen Schulterblatt, Schultergelenkkapsel und großem Oberarmhöcker erstreckt sich der Musculus infraspinatus. Er gehört zur quergestreiften (Skelett-)Muskulatur und ist für die Außenrotation, Abduktion und Adduktion des Arms von Bedeutung. Als Teil der Rotatorenmanschette kann er bei einer Ruptur der Manschette Schaden nehmen.

Inhaltsverzeichnis

Was ist der Musculus infraspinatus?

Effektiv bewirkt der Musculus infraspinatus vor allem die Außenrotation des Armes. Darüber hinaus beteiligt er sich an Bewegungen des Arms zur Gliedmaßenachse hin (Adduktion) und vom Körper weg (Abduktion).
© MadiGraphics – stock.adobe.com

Ein Mensch besitzt im Normalfall 656 verschiedene Muskeln, die willkürliche Bewegungen, Reflexe und andere motorische Aktivitäten steuern. Die Muskeln, die für willkürliche Bewegungen verantwortlich sind, heißen Skelettmuskeln oder quergestreifte Muskeln.

Ihr Name geht auf das Streifenmuster der Muskelfasern zurück, das sich unter dem Mikroskop zeigt und durch ineinandergeschobene Filamente zustandekommt. Bei diesen Filamenten handelt es sich um fadenähnliche Strukturen aus Myosin und Aktin/Tropomyosin. Letztere sind an den Z-Scheiben befestigt, welche die Querabschnitte (Sarkomere) innerhalb einer Myofibrille markieren. Viele Myofibrillen sind zu einer Muskelfaser zusammengefasst und von einer Schicht aus Bindegewebe umgeben.

Mehrere Muskelfasern bilden wiederum ein Muskelfaserbündel, aus denen sich der Muskel als gesamte Einheit zusammensetzt. Einer der Skelettmuskeln ist der Musculus infraspinatus. Er befindet sich beim Menschen auf dem Rücken und liegt im seitlichen Schulterbereich, wo er sich an der Außenrotation, der Abduktion sowie der Adduktion des Arms beteiligt.

Anatomie & Aufbau

Der Ursprung des Musculus infraspinatus liegt am Schulterblatt. Dort ist das Organ zur Bewegungsausführung an der Fossa infraspinata befestigt, die eine Grube im Schulterblatt darstellt.

Der Musculus infraspinatus erstreckt sich von dort aus über den seitlichen Schulterbereich bis zum Oberarm, wo er am Tuberculum majus ansetzt. Beim Tuberculum majus handelt es sich um den großen Oberarmhöcker, der sich am schulternahen Ende des Oberarmknochens (Humerus) befindet. Er zeigt nach hinten und seitwärts; im rechten Winkel vom Tuberculum majus liegt das Tuberculum minus bzw. der kleine Oberarmhöcker. Der Musculus infraspinatus gehört zur Rotatorenmanschette, die außer ihm den Musculus teres minor, den Musculus subscapularis sowie den Musculus supraspinatus umfasst.

Für die nervliche Versorgung des Musculus infraspinatus ist der Nervus suprascapularis verantwortlich. Andere Fasern der Nervenbahn innervieren darüber hinaus den Musculus supraspinatus, der einen weiteren Schultermuskel darstellt und ebenfalls für die Außenrotation und Abduktion des Armes zuständig ist. Der Nervus suprascapularis besitzt außerdem sensible Fasern, die Empfindungen aus der Schultergelenkkapsel an das Nervensystem weitergeben.

Funktion & Aufgaben

Effektiv bewirkt der Musculus infraspinatus vor allem die Außenrotation des Armes. Darüber hinaus beteiligt er sich an Bewegungen des Arms zur Gliedmaßenachse hin (Adduktion) und vom Körper weg (Abduktion). Ob sich der Muskel anspannen oder entspannen soll, teilt ihm der Nervus suprascapularis mit. Elektrische Impulse bewegen sich über die Axone der Nervenzellen, die als Fortsätze aus dem Zellkörper (Soma) entspringen.

Eine Hülle aus Myelin umgibt die Axone und isoliert sie elektrisch gegenüber dem umliegenden Gewebe. Diese Verbindung aus Axon und Myelinscheide bezeichnet die Biologie als Nervenfaser. Ein Nerv führt eine Vielzahl solcher Fasern; die Fortsätze des Nervus suprascapularis enden unter anderem am Musculus infraspinatus, wo sie eine motorische Endplatte bilden. An dieser Station wandelt sich das elektrische Aktionspotenzial kurzzeitig in ein biochemisches Signal: Die elektrische Reizung bewirkt in der motorischen Endplatte, dass Blasen (Vesikel) die in ihnen befindlichen Botenstoffe ausschütten.

Diese Neurotransmitter überqueren die geringe Distanz zur Muskelfaser, wo sie in der Membran auf Rezeptoren stoßen. Ein spezifischer Neurotransmitter – in diesem Fall Acetylcholin – passt zu seinem zugehörigen Rezeptor wie ein Schlüssel ins Schloss und öffnet dadurch Ionenkanäle in der Membran des Muskels. Die einströmenden Ionen lösen im Muskel das Endplattenpotenzial aus; die Information breitet sich nun wieder in elektrischer Form aus und nutzt dabei das Sarkolemm und die T-Tubuli – mikroskopische Strukturen in der Muskelzelle.

Im sarkoplasmatischen Retikulum setzt sich sein Weg fort, sodass sich das Signal in der Muskelfaser verteilt. Kalziumionen, die im sarkoplasmatischen Retikulum gespeichert sind, verlassen das Membransystem daraufhin. Sie binden sich die feinen Fibrillen innerhalb der Muskelfaser und sorgen dafür, dass diese sich ineinander schieben, was den Muskel verkürzt und die beabsichtigte Bewegung des Arms in Gang setzt.


Krankheiten

Als Teil der Rotatorenmanschette spielt der Musculus infraspinatus bei Schädigungen eine Rolle, die diese Gesamtstruktur betreffen. Eine häufige Verletzung an der Rotatorenmanschette ist zum Beispiel eine Ruptur.

Sie zeichnet sich durch den Riss von Sehnen und/oder Muskeln aus und tritt besonders oft nach einem Sturz auf den Arm auf. Zusätzlich kann das Schultergelenk auskugeln; die Ruptur führt dazu, dass die Rotatorenmanschette das Gelenk nicht mehr ausreichend stützen kann, was die Luxation des Gelenks erleichtert. Die Verrenkung kann auch gleichzeitig während der Verletzung entstehen. Neben der akuten Ruptur ist eine degenerative Ruptur der Rotatorenmanschette möglich: Sie tritt auf, wenn das Gelenk im Alter zunehmend verschließt, wobei degenerative Gelenkerkrankungen diesen Prozess verstärken oder beschleunigen können.

Je nach Art der Verletzung und individuellen Bedingungen kommen verschiedene Möglichkeiten in Betracht, um eine Rotatorenmanschettenruptur zu behandeln. Im Rahmen der konservativen Therapie können einerseits Medikamente, andererseits physiotherapeutische Maßnahmen Anwendung finden. Operative Eingriffe verfolgen hingegen das Ziel, die Schäden an der Rotatorenmanschette chirurgisch zu beheben. Welche Maßnahmen im Einzelfall notwendig und möglich sind, hängt dabei von zahlreichen Einflussgrößen ab.

Die Entscheidung obliegt deshalb wie bei allen medizinischen Interventionen dem behandelnden Arzt. Neben direkten Verletzungen am Musculus infraspinatus können auch Schäden am Nervus suprascapularis zu funktionellen Beeinträchtigungen des Muskels führen, da dieser für die Steuerung des Musculus infraspinatus verantwortlich ist.

Quellen

  • Greten, H., Rinninger, F., Greten, T. (Hrsg.): Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2010
  • Platzer, W., Shiozawa-Bayer, T.: Taschenatlas Anatomie, Band 1: Bewegungsapparat. Thieme, Stuttgart 2018
  • Schröder, J. M.: Pathologie der Muskulatur. Springer, Berlin 2011

Das könnte Sie auch interessieren