Myelopathie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 28. Februar 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Durch Verschleiß oder Bandscheibenvorfälle an der Halswirbelsäule kann es zu degenerativen Einschränkungen des Rückenmarks mit neurologischen Ausfällen kommen. Ärzte sprechen von einer Myelopathie.
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Was ist Myelopathie?
Der medizinische Fachbegriff Myelopathie oder zervikale Myelopathie setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern „myelon“ = Rückenmark und „pathos“ = Schmerz und steht für eine Schädigung des Rückenmarks im Bereich der Wirbelsäule.
Durch die Schädigung des Rückenmarks kann es zu einer Reihe von Beschwerden wie Gangunsicherheiten, Taubheitsgefühlen und anderen neurologischen Problemen kommen.
Am häufigsten ist die Halswirbelsäule betroffen, aber die Myelopathie kann auch an anderen Stellen der Wirbelsäule auftreten.
Ursachen
In den meisten Fällen wird eine Myelopathie durch degenerative Veränderungen und Abnutzungserscheinungen im betreffenden Bereich der Wirbelsäule ausgelöst. Sie engen das Rückenmark ein und irritieren die Nervenwurzeln. Auch verschiedene Arten von Bandscheibenvorfällen können zu einer Stenose des Rückenmarks führen.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Typische Symptome für eine Myelopathie sind Nackenschmerzen, die bis in die Arme ausstrahlen, teilweise auch Taubheitsgefühle und ein Gefühl von Schwäche in den Armen. Arme und Hände können in der Nacht einschlafen. Ein erstes Zeichen kann eine Nackensteifigkeit und ein eingeschränktes Drehvermögen des Kopfes nach links oder rechts sein.
Wenn das Rückenmark bereits geschädigt ist, können die Beschwerden auch in die Beine ausstrahlen und Unsicherheiten beim Gehen und eine Beeinträchtigung von Blase und Darms nach sich ziehen. Ein wichtiges Erkennungszeichen ist das Gefühl eines elektrischen Schlages, das beim Beugen des Kopfes auftreten kann (Lhermittsches Zeichen). Je weiter die Erkrankung fortgeschritten ist, desto mehr neurologische Ausfälle können auftreten. Zu diesen gehören Ameisenlaufen, Kribbeln, Schmerzen, tapsendes Gehen, Probleme mit der Koordination und Probleme bei alltäglichen Verrichtungen wie dem Zubinden der Schuhe oder Anziehen einer Jacke. In schwerwiegenden Fällen kann es zu Lähmungen, Blasen-, Darm- und Potenzstörungen kommen.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die wichtigste Möglichkeit zur Diagnose einer Myelopathie ist eine Kernspintomographie (MRT). Sie stellt am deutlichsten degenerative Veränderungen mit einem Druck auf das Rückenmark dar. Wenn umfangreiche Verknöcherungen behandelt werden müssen, ist eine Computertomographie (CT) ein unverzichtbares Hilfsmittel zur Darstellung der Knochen, um den Operationsablauf besser planen und einschätzen zu können.
Um einen ungünstigen Verlauf rechtzeitig zu verhindern, ist eine möglichst frühzeitige Diagnose wichtig. Bei Patienten mit akuten Beschwerden nach einem Bandscheibenvorfall ist die Chance, dass sich die Beschwerden wieder zurückbilden, am größten, wenn der Bandscheibenvorfall umgehend diagnostiziert wird. Veränderungen an den Knochen können langsam und schleichend auftreten und werden manchmal nicht sofort bemerkt oder mit anderen Problemen in Zusammenhang gebracht.
In einer Kernspintomographie lassen sich degenerative Veränderungen an der Halswirbelsäule mit Veränderungen des Halsrückenmarks gut erkennen. Die Behandlung der Myelopathie ist vom Ausmaß der Schädigung abhängig.
Komplikationen
Dadurch ist das Drehen des Kopfes mit Schmerzen verbunden. Weiterhin kommt es auch zu Problemen mit der Koordination und der Konzentration. Die Schmerzen können den Alltag eingrenzen und in Form von Ruheschmerzen auch zu Schlafbeschwerden in der Nacht führen. Nicht selten führt die Myelopathie auch zu Potenzbeschwerden.
Ebenso werden Darm und Blase durch die Krankheit beeinträchtigt. Die Betroffenen entwickeln dabei nicht selten auch psychische Beschwerden. Möglicherweise ist durch die Grunderkrankung auch die Lebenserwartung des Betroffenen durch die Myelopathie eingeschränkt. In vielen Fällen sind die Schäden irreversibel, sodass keine Behandlung stattfinden kann.
Durch verschiedene Therapien können die Beschwerden allerdings gelindert werden. Zu einer vollständigen Heilung der Myelopathie kommt es in den meisten Fällen allerdings nicht. Weitere Komplikationen treten bei der Behandlung in der Regel nicht auf.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Schmerzen im Bereich des Rückens oder der Halswirbelsäule sollten in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden. Sollten die Beschwerden bereits seit längerer Zeit bestehen und im Verlauf stärker werden, liegt womöglich eine ernste Erkrankung wie die Myelopathie zugrunde, die medizinisch diagnostiziert und therapeutisch behandelt werden muss. Betroffene Personen konsultieren am besten den Hausarzt. Dieser kann eine erste Diagnose stellen und den Patienten bei Bedarf an einen Orthopäden verweisen.
Die eigentliche Behandlung erfolgt durch verschiedene Fachärzte sowie einen Physiotherapeuten. Abhängig von der Schwere der Erkrankung müssen außerdem operative Maßnahmen eingeleitet werden. Personen, die bereits ein Rückenleiden haben, sind besonders gefährdet, eine Myelopathie zu entwickeln. Auch ältere Menschen und Personen mit Fehlbildungen im Bereich des Rückens oder der Wirbelsäule gehören zu den Risikogruppen und sollten frühzeitig mit einem Arzt sprechen. Die Therapie ist langwierig und der Patient muss sich regelmäßig untersuchen lassen, damit Komplikationen ausgeschlossen und gegebenenfalls direkt behandelt werden können. Zudem ist eine regelmäßige Anpassung der Medikation notwendig.
Behandlung & Therapie
In den meisten Fällen hilft eine konservative Behandlung nicht ausreichend, weil die Ursache, die Quetschung des Rückenmarks, dadurch nicht abgestellt wird. Quetschungen des Rückenmarks und Veränderungen an den Knochen können sich in der Regel nicht von allein zurückbilden. Ein Bandscheibenvorfall kann sich zurückbilden und muss nicht immer zwingend operiert werden, aber es braucht sehr viel Zeit.
Wenn der Vorfall eine Rückenmarksschädigung verursacht hat, muss aber operiert werden, weil die Symptome sonst nicht verschwinden. Eine konservative Therapie kann manchmal notwendig werden, wenn Patienten wegen ihres erhöhten Alters oder wegen Begleiterkrankungen nicht operiert werden können. Sie beinhaltet die Verabreichung von schmerzlindernden, abschwellenden und entzündungshemmenden Medikamenten. Bei Bedarf muss eine Halskrause und Bettruhe verordnet werden.
Wenn keine Schmerzen vorhanden sind, hilft Physiotherapie, die Halswirbelsäule zu stabilisieren. Während der konservativen Behandlung muss der Verlauf engmaschig überwacht werden, um mögliche Verschlechterungen schnell zu erkennen. Wenn es zu neurologischen Beeinträchtigungen oder Ausfällen kommt, ist eine Operation zur Entlastung des Rückenmarks unumgänglich. Der Eingriff muss immer stationär erfolgen, vor der Operation wird mit Infusionen oder Medikamenten versucht, die Schwellung des Rückenmarks herbeizuführen.
Bei der Narkose muss beachtet werden, dass bei der Lagerung des Patienten eine Überstreckung des Kopfes vermieden werden muss, um das Rückenmark nicht noch mehr zu quetschen. Meistens erfolgt die Operation von vorne, bei entsprechendem Befund aber auch von hinten. Nach der Operation sind für mehrere Tage weiterhin abschwellende Medikamente erforderlich. Anschließend erfolgt in der Regel eine Reha-Maßnahme mit Übungen, um die Symptome zu reduzieren. Ganz heilen lassen sie sich oft nicht.
Aussicht & Prognose
Die Aussichten bei einer Myelopathie sind durchwachsen. Grundsätzlich bestehen die besten Heilungschancen bei einer frühzeitigen Diagnose und einem anschließenden Therapiebeginn. In der Praxis erweist es sich aber meist als problematisch, dass die Erkrankung schleichend fortschreitet. Es bestehen keine hinreichenden Früherkennungssignale. Dadurch können neurologische Ausfallserscheinungen und Veränderungen an den Knochen nicht mehr korrigiert werden. Ärzte sprechen deshalb oft von einer Heimtücke der Myelopathie. Die Lebensqualität leidet. Die progrediente Verlaufsform führt zu immer größeren Beschwerden, wenn sie nicht behandelt wird.
Die akute Myelopathie bringt in der Regel die Chance mit sich, dass sich die Beschwerden vollständig zurückbilden. Der ärztliche Aufwand ist je nach Grundzustand des Patienten gering. Lösen Tumore oder andere Erkrankungen die Myelopathie aus, hängt der Behandlungserfolg entscheidend von der Bekämpfung dieser Ursachen ab.
Meist schließt sich nach einer Operation eine mehrwöchige Rehabilitation an. Gegebenenfalls müssen Belastungseinschränkungen im Alltag hingenommen werden. Ein rückengerechtes Verhalten und eine Stärkung der Muskulatur sind unabdingbar. Einige Patienten sind bei einem schweren Verlauf für den Rest ihres Lebens auf Hilfsmittel angewiesen. Gegebenenfalls wird eine dauerhafte Betreuung notwendig.
Vorbeugung
Einer Myelopathie kann wie bei den meisten Wirbelsäulenerkrankungen wirksam vorgebeugt werden, indem einseitige Bewegungen und chronische Fehlhaltungen vermieden werden. Menschen, die im Büro arbeiten und viel am Schreibtisch und Computer sitzen müssen, sollten regelmäßig Übungen zur Entlastung der Halswirbelsäule durchführen.
Regelmäßige körperliche Bewegung stärkt die Rückenmuskulatur und bessert Rückenbeschwerden. Bei leichten Beschwerden helfen krankengymnastische Übungen, rechtzeitig chronische Fehlhaltungen zu verhindern und die Wirbelsäule zu entlasten.
Nachsorge
In den meisten Fällen stehen dem Patienten bei einer Myelopathie nur sehr eingeschränkte und auch nur sehr wenige Maßnahmen einer direkten Nachsorge zur Verfügung. Der Betroffene sollte daher frühzeitig einen Arzt aufsuchen, damit es nicht zum Auftreten von anderen Komplikationen und Beschwerden kommt. Je früher dabei ein Arzt aufgesucht wird, desto besser ist meist auch der weitere Verlauf der Erkrankung.
Im Fall eines Kinderwunsches sollte der Betroffene zuerst eine genetische Untersuchung und Beratung in Erwägung ziehen, um das erneute Auftreten der Erkrankung bei den Kindern zu verhindern. Die meisten Betroffenen sind bei der Myelopathie auf die Maßnahmen einer Krankengymnastik oder einer Physiotherapie angewiesen. Hierbei können auch viele der Übungen im eigenen Zuhause durchgeführt werden.
Viele Betroffene sind auf die Einnahme von verschiedenen Medikamenten angewiesen. Der Betroffene sollte immer auf eine richtige Dosierung und ebenso auf eine regelmäßige Einnahme angewiesen. Bei Unklarheiten oder bei Fragen sollte der Betroffene immer zuerst einen Arzt kontaktieren, um eventuelle Komplikationen und Beschwerden im Vorfeld abzuwenden.
Das können Sie selbst tun
Welche Maßnahmen Myelopathie-Patienten im Alltag ergreifen können, hängt von der Ursache und Ausprägung der Erkrankung ab. Liegt lediglich ein Bandscheibenvorfall zugrunde, können die Beschwerden durch eine fachlich angeleitete Physiotherapie gelindert werden. Der Patient kann die Therapie zu Hause durch individuelle Übungen unterstützen. Moderate Bewegung trägt dazu bei, dass die Bandscheibe nicht erneut herausrutscht.
Ist eine Operation notwendig, benötigt der Betroffene in erster Linie Schonung. Der Eingriff stellt meist eine große Belastung für die Wirbelsäule dar, weshalb in den ersten Tag nach der OP auf anstrengende körperliche Aktivitäten verzichtet werden sollte. Bei Bedarf muss der Patient eine Halskrause tragen und zu Beginn mit Krücken gehen. Sollten Schmerzen auftreten, muss ein relativ starkes Schmerzmittel eingesetzt werden, um Fehlhaltungen und daraus resultierende Schäden zu vermeiden. Der Patient kann die Medikation durch verschiedene Mittel aus der Naturheilkunde unterstützen. Bewährt haben sich neben Baldriantropfen auch Präparate wie Arnika oder Teufelskralle. Bei akuten Schmerzen hilft ein heißes Bad.
Parallel zu diesen Maßnahmen muss ein Arzt den Krankheitsverlauf überwachen. Sollten sich Komplikationen einstellen, muss der Mediziner darüber informiert werden. Womöglich liegt der Myelopathie eine Tumorerkrankung oder eine Entzündung zugrunde, die zuerst behandelt werden muss.
Quellen
- Grifka, J., Krämer, J.: Orthopädie, Unfallchirurgie. Springer, Heidelberg 2013
- Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015