Lebertransplantation
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 10. September 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Eine Lebertransplantation ist bei schweren Lebererkrankungen nötig, wenn konservative Maßnahmen keinen Erfolg mehr zeigen. Dabei wird dem Erkrankten eine gesunde Leber in den Bauchraum eingesetzt und sein Immunsystem danach unterdrückt, damit das Transplantat nicht abgestoßen wird.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist eine Lebertransplantation?
Bei einer Lebertransplantation wird eine kranke Leber durch die gesunde Leber einer anderen Person ersetzt. Am häufigsten wird die orthotope Lebertransplantation angewandt.
Dabei entfernen die behandelnden Chirurgen die Leber des Patienten vollständig und ersetzen diese an derselben Stelle durch ein Spenderorgan. Bei einer Lebertransplantation handelt es sich um einen schweren chirurgischen Eingriff, welcher hauptsächlich bei Leberkrankheiten im Endstadium und akutem Leberversagen eingesetzt wird.
Wird eine vollständige Leber transplantiert, stammt diese von einem verstorbenen Menschen. Es besteht jedoch auch die Möglichkeit einen Teil der Leber eines gesunden Menschen zu transplantieren.
Geschichte & Entwicklung
Die Geschichte der Lebertransplantation begann Mitte des 20. Jahrhunderts und entwickelte sich über Jahrzehnte zu einer etablierten medizinischen Praxis. Der erste ernsthafte Versuch, eine Lebertransplantation durchzuführen, fand 1963 unter der Leitung von Dr. Thomas Starzl in Denver, Colorado, statt. Dieser erste Eingriff war jedoch nicht erfolgreich, da das Immunsystem der Patienten die transplantierte Leber abstoß.
In den folgenden Jahren entwickelte Dr. Starzl, zusammen mit anderen Forschern, bessere Techniken zur Transplantation und insbesondere zur Immunsuppression. 1967 gelang ihm die erste erfolgreiche Lebertransplantation, bei der der Patient mehrere Monate überlebte. Dies markierte einen Durchbruch in der Transplantationsmedizin.
In den 1980er Jahren revolutionierte die Einführung des Immunsuppressivums Cyclosporin die Lebertransplantation, da es die Abstoßung der Organe deutlich reduzierte und die Überlebensraten der Patienten stark verbesserte.
Die erste Lebendspende-Lebertransplantation wurde 1989 in Chicago durchgeführt, wobei ein Teil der Leber eines lebenden Spenders transplantiert wurde. Da sich die Leber regenerieren kann, ist dieser Ansatz besonders bei Kindern nützlich.
Heute gilt die Lebertransplantation als lebensrettender Eingriff für Patienten mit schweren Lebererkrankungen, und es werden jährlich Tausende erfolgreiche Transplantationen weltweit durchgeführt. Die Weiterentwicklung von chirurgischen Techniken und Immunsuppressiva hat die Langzeitprognosen der Patienten erheblich verbessert.
Einsatz & Indikation
Eine Lebertransplantation wird durchgeführt, wenn die Leber ihre Funktion nicht mehr ausreichend erfüllen kann und andere Behandlungsmethoden erschöpft sind. Sie ist notwendig, wenn eine Leberinsuffizienz oder eine schwerwiegende Lebererkrankung vorliegt, die das Leben des Patienten bedroht. Zu den häufigsten Ursachen für eine Lebertransplantation gehört die [[Leberzirrhose |Zirrhose]], eine Erkrankung, bei der das Lebergewebe durch Narbenbildung geschädigt wird. Dies kann durch Alkoholkonsum, chronische Virushepatitis (wie Hepatitis B oder C) oder Fettlebererkrankungen verursacht werden.
Eine Transplantation kann auch notwendig sein bei akutem Leberversagen, das durch Toxine, Medikamentenüberdosierungen (wie bei Paracetamol), Virusinfektionen oder Autoimmunerkrankungen ausgelöst wird. Zudem kann sie bei Lebertumoren, insbesondere bei hepatozellulärem Karzinom (Leberkrebs), in Betracht gezogen werden, wenn der Tumor nicht operativ entfernt werden kann und andere Therapien versagen.
Auch genetisch bedingte Stoffwechselerkrankungen wie Morbus Wilson oder Hämochromatose können zu irreversiblen Leberschäden führen und eine Transplantation erfordern.
In all diesen Fällen ist die Lebertransplantation oft die einzige lebensrettende Option, da die Leber ein Organ ist, das viele lebenswichtige Funktionen erfüllt, darunter die Entgiftung des Blutes, die Produktion wichtiger Proteine und die Regulierung des Stoffwechsels.
Vorteile & Nutzen
Eine Lebertransplantation bietet entscheidende Vorteile gegenüber anderen Behandlungsmethoden, insbesondere bei Patienten mit irreversiblen Leberschäden. Während medikamentöse Therapien oder andere Behandlungsansätze oft nur darauf abzielen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen oder die Symptome zu lindern, kann eine Lebertransplantation eine kurative Lösung darstellen.
Bei einer Transplantation wird die erkrankte Leber vollständig durch ein gesundes Organ ersetzt, was die normale Leberfunktion wiederherstellt und dem Patienten eine längere Lebenserwartung sowie eine bessere Lebensqualität ermöglicht.
Für Patienten mit schwerer Zirrhose, Leberkrebs oder akutem Leberversagen ist eine Transplantation oft die einzige Möglichkeit, das Fortschreiten der Krankheit aufzuhalten. Medikamente, diätetische Anpassungen oder andere unterstützende Behandlungen sind in diesen Fällen meist nicht ausreichend, um die Leberfunktion langfristig zu stabilisieren. Eine Transplantation kann das Risiko von Komplikationen wie Leberkoma, Blutungen oder Infektionen deutlich reduzieren.
Darüber hinaus bietet eine Lebertransplantation Patienten, die an genetischen Stoffwechselerkrankungen wie Morbus Wilson oder Hämochromatose leiden, eine dauerhafte Lösung, indem sie die zugrunde liegenden Ursachen dieser Krankheiten behebt. Insgesamt bietet eine Lebertransplantation in Fällen, in denen die Leber irreversibel geschädigt ist, die beste Chance auf eine vollständige Genesung und ein normales Leben.
Funktion, Wirkung & Ziele
Eine Lebertransplantation ist üblicherweise der letzte Versuch eine ansonsten nicht mehr therapierbare Lebererkrankung zu behandeln. Nur in Ausnahmefällen ist eine Lebertransplantation bei Kindern bzw. Jugendlichen nötig. Dies ist meist der Fall, wenn eine Missbildung der Gallenwege vorliegt.
Auch verschiedene Stoffwechselerkrankungen können die Funktion der Leber so schwer beeinträchtigen, dass diese entfernt und eine gesunde eingesetzt werden muss. Dazu gehören unter anderem Morbus Wilson, primäre Blutungsstörungen sowie familiäre Amyloidose. Indikationen für eine Lebertransplantation sind zum Beispiel Zirrhosen ausgelöst durch Hepatitis B/C oder durch Fettleibigkeit (Fettleber).
Tritt im Rahmen von Unfällen ein Lebertrauma auf, kann auch hier eine Transplantation nötig werden. Zu einem akuten Leberversagen kann es in Folge einer schweren Intoxikation kommen. Darüber hinaus können Gifte wie die des Knollenblätterpilzes bzw. Medikamente wie Paracetamol die Leber schädigen. Ein weiteres Anwendungsgebiet der Lebertransplantation sind maligne Erkrankungen wie etwa hepatozelluläre Karzinome oder Hepatoblastome.
Ist eine Lebertransplantation notwendig, wird am häufigsten die orthotope Lebertransplantation durchgeführt. Dabei handelt es sich um ein standardisiertes Verfahren bei dem die gesamte Leber des Patienten entnommen wird und die Leber eines Verstorbenen eingesetzt wird.
Damit die Leber nach der Transplantation funktionieren kann, müssen die Chirurgen die Blutgefäße des Patienten mit denen des Transplantats verbinden. Ist es den Ärzten möglich den Blutfluss wieder herzustellen, wird die transplantierte Leber mit Sauerstoff versorgt und kann ihre Funktion aufnehmen.
Im letzten Schritt wird der Gallengang des Patienten noch mit dem Gallengang des Empfängerorgans verbunden und der Bauch wird verschlossen. Eingesetzte Drainagen sorgen dafür, dass Wundsekret abfließen kann. Eine orthotope Lebertransplantation dauert mehrere Stunden. Ist die Operation gut verlaufen, muss der Patient für einige Wochen im Krankenhaus bleiben.
Neben einer orthotopen Lebertransplantation ist auch eine Lebendspende möglich. Dabei wird einem Familienangehörigen oder Bekannten des Patienten ein Teil der Leber entnommen. Danach wird die Leber des Patienten entfernt und der Teil des Spenders eingesetzt. Der entnommene Teil der Leber des Spenders wächst nach einigen Wochen wieder nach.
Durchführung & Ablauf
Eine Lebertransplantation ist ein komplexer chirurgischer Eingriff, der in mehreren Schritten abläuft. Zunächst wird der Patient unter Vollnarkose gesetzt. Der Chirurg beginnt mit der Entfernung der erkrankten Leber. Dazu wird ein Schnitt im Oberbauch gemacht, um Zugang zur Leber zu bekommen. Die kranke Leber wird von den umgebenden Blutgefäßen und den Gallengängen getrennt und vollständig entfernt.
Das gespendete Organ, das entweder von einem verstorbenen Spender stammt (postmortale Transplantation) oder von einem lebenden Spender, wird dann an die Blutgefäße und Gallengänge des Empfängers angeschlossen. Dies erfordert Präzisionsarbeit, da die Blutversorgung und der Gallenfluss wiederhergestellt werden müssen, um die Leberfunktion zu ermöglichen.
Nach der Transplantation wird der Patient intensiv überwacht, um sicherzustellen, dass das neue Organ richtig funktioniert und keine Abstoßungsreaktionen oder Komplikationen auftreten. In den ersten Tagen nach der Operation wird der Patient auf der Intensivstation betreut, um die Vitalfunktionen und die Leberfunktion genau zu beobachten.
Der gesamte Eingriff dauert in der Regel 6 bis 12 Stunden, abhängig von der Komplexität des Falls. Nach der Operation muss der Patient lebenslang Immunsuppressiva einnehmen, um eine Abstoßung des transplantierten Organs zu verhindern.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Eine Lebertransplantation birgt viele Gefahren und Risiken und wie bei jeder Operation kann der Patient dabei sogar sterben. Das Operationsrisiko ist umso höher, je weiter die Lebererkrankung fortgeschritten ist.
Da die Vorteile und Risken einer Lebertransplantation sehr individuell sind, ist eine genaue Aufklärung des Patienten vor dem Eingriff von größter Bedeutung. Bereits die Vollnarkose birgt Risiken. Nicht selten kommt es nach dem Aufwachen zu postoperativer Übelkeit und Erbrechen. Auch allergische Reaktionen auf die gegebenen Medikamente können nicht ausgeschlossen werden. Grundsätzlich sind Vollnarkosen jedoch nicht übermäßig gefährlich.
Ein erheblich größeres Risiko stellt die mögliche Abstoßung des Spenderorgans dar. Um eine Abstoßung zu verhindern, müssen Immunsuppressiva verabreicht werden, welche das Immunsystem des Patienten unterdrücken. Diese medikamentöse Therapie muss über einen langen Zeitraum bzw. lebenslänglich durchgeführt werden. Mögliche Nebenwirkungen der Immunsuppression sind Durchfall, Übelkeit, Kopfschmerzen und Magenprobleme bis hin zu Magengeschwüren.
Zusätzlich besteht ein erhöhtes Osteoporoserisiko und die Nierenfunktion kann eingeschränkt sein. Durch die starke Immunsuppression weisen die Patienten nach der Transplantation ein deutlich erhöhtes Infektionsrisiko auf. Dieses Risiko besteht jedoch in diesem Ausmaß nur in der ersten Zeit nach der Transplantation, da danach die Medikamentendosis deutlich erniedrigt werden kann.
Alternativen
Wenn eine Lebertransplantation nicht möglich ist, gibt es verschiedene alternative Verfahren zur Behandlung von Lebererkrankungen, abhängig von der Schwere und Ursache der Erkrankung. Eine wichtige Option ist die medikamentöse Therapie, insbesondere bei weniger fortgeschrittenen Lebererkrankungen. Bei chronischen Lebererkrankungen wie Hepatitis B oder C können antivirale Medikamente die Viren unter Kontrolle halten und das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen. Ebenso können Leberzirrhose und Fettlebererkrankungen durch Lebensstiländerungen, Diät und medikamentöse Unterstützung stabilisiert werden.
Ein weiteres Verfahren ist der TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt), bei dem ein Stent zwischen der Pfortader und einer Lebervene eingesetzt wird. Dieses Verfahren hilft, den Blutdruck in der Pfortader zu senken und Komplikationen wie Aszites oder Blutungen durch Krampfadern zu verhindern, die durch fortgeschrittene Leberzirrhose verursacht werden.
In sehr spezifischen Fällen kann eine Leberresektion in Betracht gezogen werden, bei der ein erkrankter Teil der Leber entfernt wird. Dies wird vor allem bei Lebertumoren oder fokalen Läsionen angewendet, wenn die Leber insgesamt noch funktionsfähig ist.
Eine weitere vielversprechende Option ist die Regenerationstherapie, bei der Leberzellen (Hepatozyten) oder Stammzellen gezielt zur Unterstützung der Leberregeneration eingesetzt werden. Diese Ansätze sind noch in der Forschung, könnten aber in der Zukunft wichtige Alternativen bieten.
Quellen
- Henne-Bruns, D., Barth, H.: Duale Reihe Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2012
- Nürnberger, H.-R., Hasse, F.-M., Pommer, A. (Hrsg.): Klinikleitfaden Chirurgie. Urban & Fischer, München 2010
- Stumpf, M., Kasperk, R., Schumpelick, V.: Operationsatlas Chirurgie. Thieme, Stuttgart 2013