Respiratorische Alkalose

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 4. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter respiratorischer Alkalose versteht man einen Anstieg des pH-Wertes auf über 7,45, der aus respiratorischer Ursache geschieht. Grund ist somit immer eine Hyperventilation, also eine zu schnelle oder zu tiefe Atmung.

Inhaltsverzeichnis

Was ist eine respiratorische Alkalose?

Ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen sauren und basischen Stoffen ist für den Organismus eines der wichtigsten Regulationsziele überhaupt. Weicht der pH-Wert im Blut und in den Körperzellen nach unten oder oben ab, so denaturieren die Eiweiße und der Stoffwechsel kommt schnell zum Erliegen.

Bei der respiratorischen Alkalose weicht der pH-Wert nach oben, ins Alkalische ab. Schuld daran ist in diesem Fall dann die Atmung ("Respiration").

Ursachen

Die Zusammenhänge der Entstehung einer respiratorischen Alkalose und der daraus folgenden Symptomatik sind derweil gut erforscht:

Die Hyperventilation zunächst entsteht in vielen Fällen aus psychischer Ursache, also aufgrund von Panikanfällen oder psychischen Stresssituationen. Betroffen sind meistens junge Mädchen in der Pubertät oder junge Erwachsene. Des Weiteren können auch ernsthafte Erkrankungen des Atemsystems zu einer Hyperventilation führen:

Gehirnentzündungen, eine Leberzirrhose, eine Blutvergiftung oder Intoxikationen können das Atemzentrum im Gehirn reizen und so zu beschleunigter Atmung führen. Auf Ebene der Lunge kann eine Lungenembolie, ein Lungenödem, eine Lungenentzündung oder ein schwerer Asthmaanfall zu einer beschleunigten Atmung aufgrund der Luftnot führen.

Während bei all diesen Erkrankungen vermehrt Sauerstoff in die Blutbahn aufgenommen werden soll (was ab einer bestimmten Sättigung kaum mehr geht), wird gleichzeitig Kohlendioxid abgeatmet. Und Letzteres ist das Problem bei der respiratorischen Alkalose: CO2 ist nämlich gleichzeitig ein wichtiger Bestandteil der pH-Wert-Regulation. Geht zu viel davon verloren, wird es aus Säurebestandteilen nachgeliefert. Dieses nachgelieferte CO2 wird wiederum abgeatmet - der Körper verliert somit Säure und wird alkalisch.

Möchte man die Symptomatik verstehen, so muss man wissen, dass Protonen ("Säure") und Calcium-Ionen in der Blutbahn am selben Eiweiß gebunden sind, dem Albumin. Wird das Blut nun, wie im vorbeschriebenen Fall, alkalisch, so lösen sich Protonen aus der Albuminbindung, um diesen Säuremangel auszugleichen. Dadurch wird mehr Platz für die Bindung von Calcium frei, Calciumionen gehen an das Albumin, die Konzentration des frei im Blut gelösten Calcium sinkt wiederum.

Das freie Calcium ist aber ein wichtiger Stabilisator an Zellmembranen, vor allem von Nerven- und Muskelzellen. Sinkt der Calciumspiegel im Blut, so werden die Muskeln übererregbar: Die typischen Muskelkrämpfe bei der Hyperventilationstetanie sind die Folge.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Es gibt eine chronische und eine akute Verlaufsform.
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Die Symptomatik der respiratorischen Alkalose hängt von Stärke und Geschwindigkeit des Kohlendioxidverlustes im Blut ab. Oft wird als einziges Zeichen eine erhöhte Atemfrequenz oder eine verstärkte Atemtiefe beobachtet. Beides kann aber auch zusammen vorkommen.

Es werden zwei Formen der respiratorischen Alkalose unterschieden. So gibt es eine chronische und eine akute Verlaufsform. Bei der chronischen Form findet eine Kompensation statt, sodass meist überhaupt keine Symptome auftreten. Manchmal besteht jedoch ein leichter Druck auf der Brust oder ein Kloßgefühl im Hals. Die akute respiratorische Alkalose kann nicht kompensiert werden und zeichnet sich deshalb je nach Ausmaß durch Schwindel, Verwirrtheit, Kribbeln und Taubheitsgefühle vor allem im Mundbereich, Krampfanfälle sowie kurzzeitige Bewusstseinsausfälle aus.

Dieser gesamte Komplex an Symptomen wird auch als sogenannte Hyperventilationstetanie bezeichnet. In besonders schweren Fällen sinkt die Kalziumkonzentration im Blut ab. Das führt zur Erhöhung der neuromuskulären Erregbarkeit, die sich durch Krämpfe und Pfötchenstellung der Hände bemerkbar macht. Die Blutversorgung zum Gehirn kann unter Umständen durch die Kontraktion der das Gehirn versorgenden Blutgefäße gestört werden.

In der Folge kommt es dann zu zeitweiliger Bewusstlosigkeit. Da die respiratorische Alkalose im Rahmen verschiedener zugrunde liegender Erkrankungen auftreten kann, liegen oft noch andere Symptome vor. Bei einer erfolgreichen Behandlung der Grundkrankheit verschwindet aber auch die respiratorische Alkalose ohne Nachwirkungen.

Diagnose & Verlauf

Eine respiratorische Alkalose zeigt sich in erster Linie durch muskuläre Übererregbarkeit und Krämpfe. Typisches Bild ist die "Pfötchenstellung" der Hände, bei der im Handgelenk und den Fingern eine unwillkürliche Beugungverkrampfung stattfindet. Auch Missempfindungen an den Händen und Füßen treten dabei häufig auf und sind ebenfalls Ausdruck des relativ verringerten Calciumspiegels.

Zum Gesamtbild einer psychogenen Hyperventilation gehört zudem natürlich die beschleunigte Atmung und die Vorgeschichte einer psychischen Belastung, die das Ereignis ausgelöst hat (ganz typisch: Freund hat Schluss gemacht etc.). Tückischerweise empfinden die Betroffenen tatsächlich Luftnot, da die Aufregung und die respiratorische Alkalose auch ein subjektives Gefühl von Brustenge verursachen.

Der Hyperventilierende will also panisch noch schneller atmen, obwohl eigentlich das Blut maximal mit Sauerstoff aufgesättigt ist. Diesen Teufelskreis muss man nun unterbrechen.

Komplikationen

Eine respiratorische Alkalose ist die Folge einer Hyperventilation, die häufig als Komplikation bei Panikattacken und Angstgefühlen auftreten kann. Allerdings verursacht die Hyperventilation oft im Rahmen eines Teufelskreises wiederum Panikattacken, welche die Beschwerden noch verstärken. Es besteht die Gefahr eines lebensgefährlichen Zustandes, der sich aufgrund der Bewusstlosigkeit äußert, weil sich die Blutgefäße, die das Gehirn versorgen, sehr stark verengen.

Gleichzeitig kann es zu sogenannten Hyperventilationstetanien kommen. Bei einer Hyperventilationstetanie treten schwere Muskelkrämpfe auf, die durch eine typische Pfötchenstellung der Hände mit unwillkürlichen Beugungsverkrampfungen gekennzeichnet sind. Diese Krämpfe entstehen durch einen relativen Kalziummangel im Blut, welcher aufgrund des hohen PH-Wertes hervorgerufen wird.

Da die respiratorische Alkalose sehr häufig psychische Ursachen hat und oft bei Stress ausgelöst wird, kann die Verstärkung der Hyperventilation nur mit Beruhigung der betroffenen Person verhindert werden. Allerdings wird eine Hyperventilation nicht immer durch psychische Ursachen ausgelöst. Manchmal stellt sie eine Komplikation einer zugrunde liegenden Erkrankung wie Leberzirrhose, Blutvergiftung, Gehirnentzündung, Lungenentzündung, Lungenödem, Lungenembolie oder einfach eines schweren Asthmaanfalls dar.

Auch dann können sich die Symptome aufgrund zusätzlicher Panikattacken noch verstärken. Gleichzeitig treten hier aber auch Komplikationen auf, die durch die zugrunde liegenden Erkrankungen hervorgerufen werden. In diesen Fällen können die Hyperventilationen, die zur respiratorischen Alkalose führen, nur durch die Behandlung der Grundkrankheit verhindert werden.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Diese Krankheit muss immer durch einen Arzt behandelt werden. Es kommt dabei in den meisten Fällen nicht zu einer selbstständigen Heilung, sodass der Betroffene immer auf eine Behandlung durch einen Mediziner angewiesen ist. Eine Behandlung mit Mitteln der Selbsthilfe ist in der Regel auch nicht möglich. Ein Arzt ist dann aufzusuchen, wenn der Patient an starken Atembeschwerden leidet. Dabei kann es zu einer sehr starken Atmung kommen, die sehr tief ist. Der Betroffene muss dabei viel Luft holen.

Weiterhin kann auch ein starkes Druckgefühl auf der Brust auf die Krankheit hindeuten. In einigen Fällen fühlt der Betroffene einen Kloß im Hals, wobei es auch zu Taubheitsgefühlen oder zu Schwindelgefühlen kommen kann. Treten diese Beschwerden länger auf und verschwinden nicht wieder von alleine, so muss auf jeden Fall ein Arzt aufgesucht werden. In erster Linie kann dabei der Allgemeinarzt aufgesucht werden. Die weitere Behandlung findet dann durch einen Facharzt statt. In akuten Notfällen empfiehlt sich der Besuch in einem Krankenhaus oder der Ruf des Notarztes.

Behandlung & Therapie

Wohlgemerkt handelt es sich hier nicht um einen tatsächlichen Calciummangel, den man mit Calciumgabe behandeln könnte, sondern nur um eine komplexe Verschiebung des Gleichgewichts im Körper. Angegriffen werden muss daher die Ursache: Die Atmung.

Im Falle einer psychogenen Hyperventilation hält man dem Betroffenen einen kleinen Beutel von Butterbrottütengröße vor den Mund und lässt ihn hier hinein atmen. Das abgeatmete CO2 sammelt sich im Beutel und wird im nächsten Atemzug direkt wieder eingeatmet. Gleichzeitig ist Beruhigung durch gutes Zureden wichtig - der Hyperventilierende muss davon überzeugt werden, dass er nicht wirklich "keine Luft bekommt", sondern dass das schnelle Atmen das Hauptproblem ist. Nach wenigen Minuten wird der Kohlendioxidmangel ausgeglichen sein und das Empfinden von Atemnot verschwindet.

Liegen ernsthafte Erkrankungen der Hyperventilation zugrunde, so müssen diese natürliche notfallmedizinisch behandelt werden. In diesen Fällen liegt neben der respiratorischen Alkalose (selber Entstehungsweg) nämlich oft tatsächlich ein schwerwiegender Sauerstoffmangel vor, der dann das Hauptziel therapeutischer Bemühungen sein sollte.


Vorbeugung

Um eine respiratorische Alkalose zu verhindern, gilt es, den Teufelskreis aus Hyperventilation und subjektiv empfundener Luftnot gar nicht erst entstehen zu lassen oder früh zu durchbrechen. Wer von sich selber eine Neigung zu dieser Symptomatik kennt, kann bei Auftreten von Erregungszuständen auch selbst kurzzeitig einen Beutel vorhalten. Im Zweifelsfall sollte jedoch immer der Rettungsdienst gerufen werden, der mit solchen Notfällen routiniert und ruhig umzugehen gewohnt ist und auch ernsthafte Erkrankungen erkennen kann.

Nachsorge

Die Symptomatik der respiratorischen Alkalose hängt von Stärke und Geschwindigkeit des Kohlendioxidverlustes im Blut ab. Oft wird als einziges Zeichen eine erhöhte Atemfrequenz oder eine verstärkte Atemtiefe beobachtet. Beides kann aber auch zusammen vorkommen. Es werden zwei Formen der respiratorischen Alkalose unterschieden.

So gibt es eine chronische und eine akute Verlaufsform. Bei der chronischen Form findet eine Kompensation statt, sodass meist überhaupt keine Symptome auftreten. Manchmal besteht jedoch ein leichter Druck auf der Brust oder ein Kloßgefühl im Hals. Die akute respiratorische Alkalose kann nicht kompensiert werden und zeichnet sich deshalb je nach Ausmaß durch Schwindel, Verwirrtheit, Kribbeln und Taubheitsgefühle vor allem im Mundbereich, Krampfanfälle sowie kurzzeitige Bewusstseinsausfälle aus.

Dieser gesamte Komplex an Symptomen wird auch als sogenannte Hyperventilationstetanie bezeichnet. In besonders schweren Fällen sinkt die Kalziumkonzentration im Blut ab. Das führt zur Erhöhung der neuromuskulären Erregbarkeit, die sich durch Krämpfe und Pfötchenstellung der Hände bemerkbar macht. Die Blutversorgung zum Gehirn kann unter Umständen durch die Kontraktion der das Gehirn versorgenden Blutgefäße gestört werden.

In der Folge kommt es dann zu zeitweiliger Bewusstlosigkeit. Da die respiratorische Alkalose im Rahmen verschiedener zugrunde liegender Erkrankungen auftreten kann, liegen oft noch andere Symptome vor. Bei einer erfolgreichen Behandlung der Grundkrankheit verschwindet aber auch die respiratorische Alkalose ohne Nachwirkungen.

Das können Sie selbst tun

Die respiratorische Alkalose lässt sich im normalen Alltag recht gut behandeln, wenn die Betroffenen von ihrem Arzt ausführliche Informationen erhalten haben.

Bei häufiger Hyperventilation gilt es zunächst, die Panikattacke zu besänftigen. Durch Konzentrationsübungen können die Patienten selbst den Belastungen durch Angst und Luftnot entgegentreten. Trotzdem sollten die Angehörigen die gefährdeten Personen im Blick behalten und im Notfall schnell helfen, um den Atemstillstand zu verhindern. Dazu gehört auch der Anruf beim Notarzt, wenn die Atembeschwerden sehr stark sind. Tief Luft holen müssen die Betroffenen selbst. Doch auch beim guten Zureden können sie aktiv partizipieren. Durch Meditation und Beruhigungsübungen verringern sich die Panikanfälle.

Außerdem ist es im Alltag hilfreich, eine Tüte bei sich zu haben. Im Bedarfsfall atmen die Betroffenen in diese Tüte hinein. Dadurch kommt es zum Ausgleich des Kohlendioxidmangels und das Akutproblem ist behoben. Eine Art Atemtraining schützt vor der Atemnot sowie vor der Panik, keine Luft zu bekommen. Ängstliche Personen haben oft eine starke Neigung zu diesen Symptomen. Mit den praktischen Empfehlungen des Arztes ist es möglich, auch im Erregungszustand der Hyperventilation etwas entgegenzusetzen.

Quellen

  • I care Krankheitslehre. Thieme, Stuttgart 2015
  • Kochen, M.M.: Duale Reihe. Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Thieme, Stuttgart 2012
  • Netter, F.H. et. al.: NETTERs Allgemeinmedizin. Thieme, Stuttgart 2006

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