Schlaganfall bei Kindern

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 15. März 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Übergewicht, Herzfehler und eine Verengung der Arterien sind Risikofaktoren für Schlaganfälle. Neben Erwachsenen können auch Embryos, Neugeborene, Kinder und Jugendliche davon betroffen sein. Kommt es zu einem Schlaganfall bei Kindern, erholen sich diese aufgrund der höheren Flexibilität ihres Gehirns leichter von einem Schlaganfall als Erwachsene.

Inhaltsverzeichnis

Was kennzeichnet einen Schlaganfall bei Kindern?

Kurz nach einem Schlaganfall durch Blutgerinnsel zeigen sich in den Adern außerdem Ausbeulungen, die durch das eingespülte Gerinnsel verursacht worden sind. Um die betroffenen Gehirnregionen auszumachen, wird ein Bildgebungsverfahren wie das CT oder das MRT eingesetzt.
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Wie beim Erwachsenen sind Schlaganfälle bei Kindern ebenfalls Durchblutungsstörungen des Gehirns. In der Regel ist ein Blutgerinnsel in den Hirnarterien die Ursache. Durch solche Gerinnsel tritt ein ischämischer Verlust von Nervengewebe ein. Das Gehirn oder Teile des Gehirns werden dabei nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und Nervengewebe stirbt ab. Rund 500 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erleiden in Deutschland pro Jahr einen Schlaganfall.

Die Dunkelziffer wird höher geschätzt, da Ärzte bei Kindern nur selten an einen Schlaganfall denken. Der kindliche Schlaganfall tritt in einem Drittel aller Fälle während der Geburt auf und wird dann durch den natalen Stress bedingt. Manche Kinder erleiden auch pränatale Schlaganfälle. Sie sind also noch im Mutterleib von einem Schlaganfall betroffen.

Ursachen

Bei Erwachsenen sind die Ursachen für einen Schlaganfall häufig verkalkte oder verengte Arterien. Im Kindesalter sind in der Regel andere Ursachen für die Durchblutungsstörung des Gehirns verantwortlich. Infektionen wie Windpocken werden mit dem Schlaganfallrisiko in jungen Jahren in Verbindung gebracht. So stellt sich die Durchblutungsstörung bei Vorschulkindern am häufigsten in Folge eines Infekts ein.

Zu Beginn der Pubertät kann die Einnahme der Anti-Baby-Pille bei Mädchen das Schlaganfallrisiko erhöhen. Auch das Rauchen kann in dieser Zeit das Risiko für einen Schlaganfall ansteigen lassen. In einigen Fällen werden auch die Hirnarterien durch ruckartige Bewegungen verletzt, so zum Beispiel beim Sport oder bei Achterbahnfahrten. Dieses Phänomen betrifft vor allem Jugendliche. Für Kinder mit Herzfehlern, Bluthochdruck, Übergewicht oder verengten Arterien gilt grundsätzlich ein höheres Risiko für einen Schlaganfall.

Symptome, Beschwerden & Anzeichen

Starke Kopfschmerzen sind das Symptom, wegen dem Eltern mit ihren Kindern nach einem Schlaganfall am häufigsten ärztliche Hilfe suchen. Schlaganfälle können sich aber auch in allgemeiner Muskelschwäche einer bestimmten Körperhälfte äußern, Zuckungen auf einer Seite des Körpers verursachen oder einen unsicheren Gang auslösen. Auch Schluckbeschwerden, undeutliches Sprechen, Taubheitsgefühle und Sehstörungen sind Warnsignale, die auf einen Schlaganfall verweisen können.

Im Extremfall treten sogar Halbseitenlähmungen ein. Vor allem die vorgeburtliche und geburtliche Form des Schlaganfalls zeigt nur selten zeitnahe Symptome. Betroffene Kinder benutzen bei den ersten Greifversuchen eventuell eine Körperseite seltener, als die andere. Auch beim Krabbeln wird eine Körperhälfte eventuell weniger eingesetzt. Zwischen dem tatsächlichen Schlaganfall und den Symptomen liegen bei vorgeburtlichen und geburtlichen Schlaganfällen allerdings mehrere Monate.

Diagnose & Krankheitsverlauf

Speziell bei jüngeren Kindern ist die Diagnose eines Schlaganfalls schwierig. Das gilt vor allem deshalb, weil jüngere Patienten bei der Anamnese kaum ihre Beschwerden schildern können. Zur Diagnostik werden Bewegungstests und Sehtests durchgeführt. Auch Bluttests kommen als diagnostisches Mittel infrage. Um Verengungen der Hirnarterien zu detektieren, wird eine Sonographie der Halsschlagadern durchgeführt.

Kurz nach einem Schlaganfall durch Blutgerinnsel zeigen sich in den Adern außerdem Ausbeulungen, die durch das eingespülte Gerinnsel verursacht worden sind. Um die betroffenen Gehirnregionen auszumachen, wird ein Bildgebungsverfahren wie das CT oder das MRT eingesetzt. Wenn sich darin Läsionen im Gewebe des Gehirns zeigen, dann können diese Läsionen aber auch entzündliche Ursachen haben.

Um Entzündungen und bakterielle Infektionen auszuschließen, kann eine Liquorpunktion erforderlich werden. Die Prognose ist beim kindlichen Schlaganfall günstiger, als beim Schlaganfall im Erwachsenenalter.

Da Kinder nicht wie Erwachsene zu ihren Beschwerden befragt werden können, gestaltet sich die Diagnose eines Schlaganfalls bei sehr jungen Patienten schwierig. Generell ist die Prognose bei Kindern zwar günstiger als bei Erwachsenen, es muss aber dennoch mit einer Reihe von Problemen gerechnet werden.

So kann ein Schlaganfall die Entwicklung der Motorik beeinträchtigen und zu schweren Bewegungsstörungen führen. In diesen Fällen kommt eine oftmals langwierige Kombination aus physiotherapeutischen und ergotherapeutischen Maßnahmen auf das betroffene Kind zu, die sich oft nur sehr mit den beruflichen Verpflichtungen der Eltern und dem Alltag der Familie vereinbaren lassen.

Komplikationen

Auch Sprach- und Schluckstörungen sind nicht seltene Komplikationen, die sich nach einem Schlaganfall bei Kindern einstellen und dann eine logopädische Behandlung erforderlich machen. Zu den schwereren Komplikationen, mit denen ebenfalls gerechnet werden muss, zählen neuropsychologische Begleiterscheinungen, die das Verhalten und die kognitiven Fähigkeiten des Patienten beeinträchtigen.

Durch eine rechtzeitig begonnene adäquate Therapie können diese Störungen zwar sehr häufig behoben werden, aber auch hier müssen sich die Betroffenen auf eine langwierige Behandlung einstellen. Darüber hinaus ist eine dauerhafte Minderung der kognitiven Fähigkeiten nicht ausgeschlossen. Diese machen sich oftmals erst während der Einschulung bemerkbar, wenn Kinder nach einem Schlaganfall aufgrund von Konzentrationsstörungen und Lernschwierigkeiten auffallen. Diese Kinder benötigen dann eine besondere Förderung.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Glücklicherweise kommt es nicht so häufig vor, doch ein Schlaganfall bei Kindern sollte stets von einem entsprechenden Arzt behandelt werden. Können bereits erste Symptome erkannt werden, die auf einen Schlaganfall hindeuten, darf keine Zeit verloren gehen. Es muss sofort ein Notarzt gerufen werden, der erste Hilfe leistet. Zeit spielt bei einem Schlaganfall eine große Rolle, sodass mit dem Anruf bei der 112 nicht gezögert werden darf.

Umso schneller erste Hilfe erfolgen kann, desto besser stehen die Chancen auf eine vollständige Heilung und Genesung. Kommt es bei der Erstversorgung zu einer Verzögerung, so können unter Umständen bleibende Schäden bei der betroffenen Person zurückbleiben. Aus diesem Grund gilt: Eine schnelle Erstversorgung ist bei einem Kind besonders wichtig. Daher sollte bei ersten Symptomen unmittelbar ein Arzt aufgesucht bzw. gerufen werden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass eine schnelle und vollständige Genesung erfolgen kann.

Behandlung & Therapie

Der kindliche Schlaganfall wird abhängig von den Ursachen und Symptomen behandelt. Moderne Therapien für Erwachsene sind für Kinder bislang nicht zugelassen, so zum Beispiel die Lyse-Behandlung. Wenn der Schlaganfall Bewegungsstörungen verursacht hat, wird eine physiotherapeutische Behandlung empfohlen. Durch das Bobath-Konzept eignen sich die Kinder verloren gegangene Bewegungsabläufe wieder an.

Auch Ergotherapie kann in diesem Zusammenhang hilfreich sein. Falls Sprachstörungen oder Schluckstörungen vorliegen, ist eine logopädische Betreuung unabkömmlich. Da kindliche Schlaganfälle oft Auswirkungen auf das Verhalten der Kinder haben, sollte ein erfahrener Neuropsychologe außerdem die kognitiven und psychischen Störungen und Einschränkungen beurteilen. Da sich ein kindliches Gehirn noch in der Entwicklung befindet, bestehen bei regelmäßigem und langfristig angelegtem Training gute Chancen auf eine vollständige Genesung.

Das Gehirn von Kindern ist deutlich flexibler, als das Gehirn eines Erwachsenen. Das Nervengewebe ist weniger spezialisiert. So können andere Teile des Gehirns eventuell darauf trainiert werden, die Funktionen des ausgefallenen Bereichs zu übernehmen. Damit es nicht zu einem weiteren Schlaganfall kommt, muss eine Prophylaxe erfolgen. Diese Prophylaxe muss individuell für den Einzelfall gestaltet werden.

Weil sich nach der Einschulung betroffener Kinder oft erst Spätfolgen wie Konzentrationsunfähigkeit bemerkbar machen, werden die betroffenen Kinder in der Regel längerfristiger gefördert als erwachsene Schlaganfallpatienten.


Vorbeugung

Einem pränatalen oder natalen Schlaganfall lässt sich kaum vorbeugen. Das Konsum von schädlichen Substanzen während der Schwangerschaft kann allerdings das Risiko erhöhen, da das Embryo so umso mehr Stress ausgesetzt ist. Nach der Geburt lässt sich das allgemeine Risiko für einen Schlaganfall mittels Sonographie und Bluttests unter Umständen einschätzen, sodass für Risikopatienten eine allgemeine Prophylaxe entwickelt werden kann.

Nachsorge

Nach einem Schlaganfall bei einem Kind ist eine umfassende Nachsorge vonnöten. Betroffene Kinder leiden an umfassenden Beschwerden, die oft über Monate und Jahre hinweg behandelt werden müssen. Die Nachsorge umfasst eine Physiotherapie, körperliche Untersuchungen und weitere Maßnahmen, deren Umfang davon abhängt, wie schwer das Kind durch den Schlaganfall geschädigt ist.

In der Regel erfolgt die Nachsorge im Rahmen einer neurologischen Rehabilitation. Die Behandlung von einem Schlaganfall bei Kindern erfolgt in einer Spezialklinik. Die Schlaganfall-Nachsorge gestaltet der Kinderarzt oder der Neurologe. Eine fachkundige Nachsorge verhindert Langzeitfolgen, indem Komplikationen erkannt und in die weitere Therapie miteinbezogen werden.

Bei betroffenen Kindern liegen oftmals ernste Grunderkrankungen vor, welche begleitend zur Schlaganfall-Therapie behandelt werden müssen. Die Eltern wenden sich am besten an den Facharzt und besprechen gemeinsam mit diesem das weitere Vorgehen. Die Hausärzte müssen intensiv in die Nachsorge eingebunden werden.

Durch eine umfassende Nachsorge lässt sich die Gefahr eines weiteren Schlaganfalls erheblich reduzieren. Im Rahmen der Nachsorge muss auch die Ernährung umgestellt werden. Zudem müssen die Eltern über mögliche Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder einen erhöhten Cholesterin-Spiegel informiert und im Einsatz der Messgeräte geschult werden.

Das können Sie selbst tun

Ein Schlaganfall stellt einen lebensbedrohlichen Zustand dar. Dieser ist für den Betroffenen oft schwer zu handhaben. Die Bürde ist umso größer, wenn es sich bei dem Patienten um ein Kind handelt. Dieses kann naturbedingt nicht ausreichend auf die Situation reagieren oder Veränderungen anstreben. Im Bereich der Selbsthilfe sind daher zumeist die Angehörigen und Eltern in der Verantwortung, Optimierungen vorzunehmen.

Stressoren sind aufzuspüren und sollten nach Möglichkeit vollständig abgebaut oder deutlich minimiert werden. Stellen die Lebensumstände oder Erlebnisse der Vergangenheit für das Kind eine besondere Belastung dar, sollten Verbesserungen angestrebt werden. Ein harmonisches Umfeld, die Vermeidung von Konflikten sowie die Anforderungen an das Kind sind zu überprüfen. Freizeitaktivitäten, die Aufnahme der Nahrung sowie die Schlafhygiene sollten an die natürlichen Bedürfnisse eines Kindes angepasst werden. Hat das Kind in der Vergangenheit bereits schwere Erkrankungen erlebt, ist zu prüfen, ob eine psychische Betreuung hilfreich sein kann.

Die Gesamtsituation sollte offen und ehrlich mit dem Kind besprochen werden. Wünsche und Fragen des Kindes sind im Alltag zu berücksichtigen oder sollten wahrheitsgemäß beantwortet werden. Da der Schlaganfall häufig mit langfristigen Beschwerden verbunden ist, empfiehlt es sich, die Gestaltung der Alltagsbewältigung oder der Freizeit an die Möglichkeiten des Patienten anzupassen.

Quellen

  • Hahn, J.-M.: Checkliste Innere Medizin. Thieme, Stuttgart 2013
  • Herold, G.: Innere Medizin. Selbstverlag, Köln 2016
  • Piper, W.: Innere Medizin. Springer, Berlin 2013

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