Tetrahydrofolsäure
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 24. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Tetrahydrofolsäure spielt als Coenzym F im Organismus eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Kohlenstoff. Sie wird aus Folsäure (Vitamin B9) synthetisiert. Ein Mangel an THF löst unter anderem eine makrozytären Anämie aus, wobei die Form, die durch Vitamin-B12-Mangel ausgelöst wird, als Perniziöse Anämie bezeichnet wird.
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Was ist Tetrahydrofolsäure?
Tetrahydrofolsäure fungiert als wichtiger Kohlenstoffdonator. Sie überträgt bei vielen biochemischen Prozessen kohlenstoffhaltige Gruppen wie die Methyl-, Methylen-, Formyl-, Forminmino- oder die Methenylgruppe. Tetrahydrofolsäure kommt im Stoffwechsel immer an Polyglutaminsäure gebunden vor.
Die Verbindung wird im Organismus in zwei Schritten aus Folsäure synthetisiert. Mithilfe des Enzyms Dihydrofolatreduktase entsteht zunächst Dihydrofolsäure, die unter Anlagerung weiterer Wasserstoffatome zu Tetrahydrofolsäure reduziert wird. Der Ausgangsstoff Folsäure ist auch bekannt als Vitamin B9 oder Vitamin B11. Folsäure setzt sich aus Paraaminobenzoesäure, L-Glutaminsäure und einem Pteridinderivat zusammen. Pteridin besteht aus einem zweikernigen aromatischen Heteroring.
Zur Herstellung von THF finden an diesem Pteridinring die Hydrierungen statt, sodass der aromatische Charakter dieses zweikernigen Ringes aufgehoben wird. Tetrahydrofolsäure wirkt im Zytosol und in den Mitochondrien. Durch ihre Anbindung an Polyglutaminsäure ist ein Verlassen der Zelle nicht mehr möglich. So kann THF hier seine volle Wirkung entfalten.
Funktion, Wirkung & Aufgaben
Als Methylgruppendonator fungiert die methylierte Form von THF, das N5-Methyl-THF. Mithilfe von N5-Methyl-THF und Cobalamin (Vitamin B12) wird Homocystein zu Methionin methyliert, welches weiterhin als Ausgangsverbindung für den Methylgruppenüberträger S-Adenosylmethionin (SAM) zur Verfügung steht. Eine große Rolle spielt THF auch bei der Synthese von Stickstoffbasen wie Thymin, Adenin oder Guanin. Damit hat Tetrahydrofolsäure indirekt auch großen Einfluss auf die Nukleinsäuresynthese. Des Weiteren besitzt THF auch eine große Bedeutung bei der Homoacetatgärung und der Entgiftung von Ameisensäure. Die Homoacetatgärung stellt die anaerobe bakterielle Umsetzung von Zuckern in Essigsäure dar.
Außerdem unterstützt THF die Umsetzung von Glycin zu Serin. THF ist während der Katalyse dieser Reaktionen immer an Polyglutaminsäure als FH4-Polyglutamat gebunden. Nach den Reaktionen liegt FH4-Polyglutamat unverändert vor und kann wieder neu eingesetzt werden. THF ist für den ungestörten Ablauf vieler biochemischer Prozesse von solch immenser Bedeutung, dass ein Mangel an diesem Coenzym schwerwiegende gesundheitliche Probleme zur Folge hätte.
Bildung, Vorkommen, Eigenschaften & optimale Werte
Tetrahydrofolsäure wird im Körper mithilfe von Dihydrofolatreduktase aus Folsäure gebildet. Dabei wird die Folsäure (Vitamin B9 oder Vitamin B11) mit vier Wasserstoffatomen hydriert. Allerdings wird Folsäure nicht im Körper synthetisiert. Es muss immer mit der Nahrung zugeführt werden. Ein Folsäuremangel würde daher auch einen THF-Mangel zur Folge haben. Dabei wird eine tägliche Dosis von 400 Mikrogramm Folsäure empfohlen.
Bei einer Aufnahme von über 1000 Mikrogramm täglich wird überschüssige Folsäure wieder ausgeschieden und besitzt somit keinen zusätzlichen gesundheitlichen Effekt. Unterhalb dieser Menge wird es im Körper in Form von FH2- und FH4-Polyglutamat gespeichert. Aufgrund der Molekülgröße kann die Folsäure in dieser Form die Zellen nicht verlassen. Besonders viel Folsäure ist in Hefen, Hülsenfrüchten, Getreidekeimen oder Sonnenblumenkernen vorhanden. Auch Kalbs- oder Geflügelleber enthalten größere Mengen Folsäure.
Im Körper wird die Folsäure über die Darmschleimhaut aufgenommen und mittels Transportproteinen von den Zellen aufgenommen. Dort wird es sofort nach der Hydrierung in DHF und THF durch Anbindung an Polyglutamat gespeichert. Bei einem Folsäureüberschuss kommt es zum Rückgang der Synthese von Folat transportierenden Proteinen, sodass die weitere Aufnahme von Folat in die Zellen gestoppt wird.
Krankheiten & Störungen
In beiden Fällen tritt eine Anämie auf. Es liegen jedoch unterschiedliche Ursachen vor. Der primäre THF-Mangel kann nicht getrennt von einem Folsäuremangel betrachtet werden. Wenn der Körper zu wenig Folsäure erhält oder aufnimmt, kommt es auch zu einem Mangel an THF. Der sekundäre THF-Mangel wird durch einen Mangel an Vitamin B12 (Cobalamine) hervorgerufen. Vitamin B12 ist als Coenzym B12 für die Methylierung von Homocystein zu Methionin verantwortlich. Dabei fungiert N5-Methyl-Tetrahydrofolat (N5-Methyl-THF) als Überträger von Methylgruppen. Bei Ausfall von Vitamin B12 unterbleibt jedoch diese Reaktion.
N5-Methyl-THF kann sich nicht mehr in THF zurückverwandeln, sodass es zu einem sekundären THF-Mangel kommt. THF besitzt unter anderem eine große Bedeutung bei der Synthese der Nukleinbasen Adenin, Guanin und Thymin. Bei fehlendem THF werden diese Reaktionen gehemmt. Im Weiteren kommt es auch zur Störung der Nukleinsäuresynthese. Da bei der Blutbildung sehr viele Zellteilungen stattfinden und demzufolge auch ein hoher Bedarf an Nukleinsäuren vorliegt, bildet sich eine Anämie heraus. Die wenigen Blutzellen werden regelrecht mit Hämoglobin überfüllt, sodass die Erythrozyten stark vergrößert sind. Sowohl bei einem sekundären als auch primären THF-Mangel verschwinden nach zusätzlicher Folsäureapplikation die Symptome der Anämie.
Allerdings bleibt nach dieser Behandlung bei einem sekundären THF-Mangel der Mangel an Vitamin B12 mit seinen neurologischen Symptomen bestehen. Ein Folsäuremangel führt neben einer Anämie auch zu einer Erhöhung des Homocysteinspiegels im Körper. Dadurch steigt das Arterioskleroserisiko. Liegt während der Schwangerschaft ein Folsäuremangel vor, können sich schwerste Neuralrohrdefekte wie Anenzephalie oder Spina bifida beim Neugeborenen herausbilden.
Quellen
- Baenkler, H.-W., et al.: Kurzlehrbuch Innere Medizin. Thieme Verlag, Stuttgart 2010
- Horn, F.: Biochemie des Menschen. Das Lehrbuch für das Medizinstudium. Thieme, Stuttgart 2018
- Lodish et al.: Molekulare Zellbiologie. 4. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2001