Glycin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 30. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Glycin ist die einfachste Alpha-Aminosäure und damit Bestandteil aller Proteine. Besonders im Bindegewebe ist Glycin in hohen Konzentrationen vorhanden. Im Körper dient es als zentrale Schaltstelle zwischen Protein-, Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel.

Inhaltsverzeichnis

Was ist Glycin?

Glycin wird als wichtiger Inhaltsstoff in bestimmten Arzneimitteln und als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt.

Glycin ist eine nichtessenzielle, proteinogene Aminosäure ohne Seitenketten oder funktionelle Gruppen und kommt universell in allen Proteinen vor.

Das Molekül enthält ganz profan neben den beiden Kohlenstoffatomen eine Aminogruppe in Alphastellung zur Carboxy-Gruppe. Damit erfüllt das Molekül die Grundvoraussetzung für eine Aminosäure. Glycin spielt eine zentrale Rolle im Biostoffwechsel, da es bei den chemischen Umsetzungen immer wieder als Zwischenprodukt auftritt. Es ist außerdem hygroskopisch (Wasser anziehend), denn aufgrund seines Dipolcharakters kann es die Wassermoleküle über Wasserstoff-Brücken an sich binden. Weiterhin ist das Glycin-Molekül sehr klein und damit wenig raumfordernd.

Deshalb wird es in hoher Konzentration in Proteine eingebaut, die sehr stabil sein müssen, aber auch nur wenig Platz beanspruchen dürfen. Bei diesen Proteinen müssen die Peptidketten sehr lang und gleichzeitig stark gefaltet sein. Genau diese Voraussetzungen erfüllen die Strukturproteine des Bindegewebes, die Kollagene.

Pharmakologische Wirkung

Glycin hat im Körper vielfältige Funktionen zu erfüllen. Zunächst wird es als Alpha-Aminosäure in alle Proteine eingebaut. Hauptsächlich im Protein des Bindegewebes ist es bis zu 30 Prozent enthalten. Somit stellt Glycin den wichtigsten Grundbaustein für den Aufbau der Knochen, Sehnen, Zähne und Haut dar.

Glycin ist eine nicht-essenzielle Aminosäure. Der menschliche Körper kann es selber aus anderen Verbindungen herstellen. Sollte es doch einmal durch eine Mangelernährung nicht ausreichend mit der Nahrung zugeführt werden, dient das Bindegewebe als Glycin-Quelle. Glycin ist die Ausgangsverbindung für die Biosynthese von Purinen, den Grundbausteinen der Erbsubstanz.

Weiterhin dient es zur Synthese von Häm, dem eisenhaltigen Protein der roten Blutkörperchen. Aus Glycin kann ebenfalls Kreatin, welches für den Muskelaufbau verantwortlich ist, gebildet werden. Glycin ist auch ein wesentlicher Bestandteil des wichtigen Radikalfängers Glutathion. Weitere Funktionen erfüllt Glycin im Fettstoffwechsel, da es an der Bildung von Gallensäuren beteiligt ist.

Die Gallensäuren steuern die Fettverdauung. Im Zentralnervensystem hat Glycin die Funktion als inhibitorischer Neurotransmitter. Es bewirkt, dass die Muskelaktivität gehemmt wird.

Medizinische Anwendung & Verwendung

Glycin entfaltet vielfältige positive Wirkungen auf den Körper. Es wird als wichtiger Inhaltsstoff in bestimmten Arzneimitteln und als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt.

Bekannt ist Glycin als der Geschmacksverstärker E 640 in Süßstofftabletten, da es einen süßlichen Geschmack aufweist. Weiterhin findet man es als Zusatz in bestimmten Diätmitteln zur Geschmacksverstärkung. Als Inhaltsstoff in Arzneimitteln hilft es dem Körper bei der Entgiftung. Es stärkt außerdem das Immunsystem und wirkt gegen Entzündungen. Diese Wirkungen werden von Glycin über die Bildung von Glutathion vermittelt, da Glutathion freie Radikale abfangen kann.

Weiterhin hemmt Glycin die Darmtätigkeit und kann bei schweren Erkrankungen und Operationen im Magen- und Darmbereich eingesetzt werden. In diesen Fällen wird es oft intravenös in Form einer künstlichen Ernährung eingeführt und schont damit die Verdauungsorgane. Auch bei Arteriosklerose, Osteoporose und Arthrose wird Glycin oft in Arzneimitteln zusammen mit Arginin als Therapeutikum eingesetzt.

Glycin fördert weiterhin die Ausschüttung von Glykogen aus der Leber. So wirkt es bei Unterzuckerung regulierend auf den Blutzuckergehalt. Bei Schlafstörungen und Panikattacken wurde eine gute Wirksamkeit von Glycin festgestellt.


Verabreichung & Dosierung

Glycin, eine nicht-essentielle Aminosäure, spielt eine wichtige Rolle in verschiedenen physiologischen Prozessen, einschließlich der Synthese von Proteinen, der Funktion des Zentralnervensystems und der Entgiftung des Körpers. Es wird in verschiedenen Formen als Nahrungsergänzungsmittel angeboten, vor allem zur Unterstützung des Schlafs, zur Verbesserung der kognitiven Funktionen und zur Förderung der Hautgesundheit.

Bei der Verabreichung und Dosierung von Glycin sind einige Aspekte zu beachten:

Dosierung: Die empfohlene Dosierung von Glycin kann je nach Anwendungsziel variieren. Studien, die die schlaffördernden Eigenschaften von Glycin untersuchen, verwenden oft Dosen von etwa 3 Gramm kurz vor dem Schlafengehen. Für die Unterstützung der kognitiven Funktionen oder allgemeine Gesundheitszwecke liegen die Dosierungen häufig zwischen 2 und 5 Gramm pro Tag.

Verabreichungsform: Glycin ist in Form von Pulvern, Kapseln oder Tabletten erhältlich. Die Auswahl hängt von den persönlichen Vorlieben und der Verträglichkeit ab. Pulverformen können beispielsweise in Getränke oder Smoothies gemischt werden, was die Einnahme erleichtert.

Einnahmezeitpunkt: Die Einnahmezeit kann wichtig sein, besonders wenn Glycin zur Schlafförderung verwendet wird. In diesem Fall sollte es kurz vor dem Schlafengehen eingenommen werden. Für andere Zwecke kann Glycin zu den Mahlzeiten eingenommen werden, um eine gleichmäßige Aufnahme und Verwertung zu fördern.

Nebenwirkungen:' Glycin wird im Allgemeinen gut vertragen, aber wie bei allen Ergänzungsmitteln ist es möglich, dass manche Menschen leichte Nebenwirkungen wie Magen-Darm-Beschwerden erfahren.

Wechselwirkungen: Glycin hat in der Regel keine signifikanten Wechselwirkungen mit Medikamenten, doch wie bei allen Nahrungsergänzungsmitteln sollte vor der Einnahme Rücksprache mit einem Arzt gehalten werden, insbesondere wenn bereits andere Medikamente eingenommen werden.

Es ist wichtig, die Anweisungen auf dem Produktetikett zu beachten und im Zweifelsfall mit einem Gesundheitsdienstleister zu sprechen, um eine sichere und effektive Nutzung von Glycin sicherzustellen.

Risiken & Nebenwirkungen

Nebenwirkungen von Glycin hat man bisher nicht feststellen können. Es kann somit nicht überdosiert werden, da dem Körper zugeführtes Glycin schnell im Stoffwechsel umgesetzt wird.

Aufgrund dieser Tatsache gibt es auch keine Grenzwerte. Ein Mangel an Glycin kann jedoch im schlimmsten Fall dramatische Auswirkungen haben. So wird z. B. bei Vergiftungen mit Strychnin oder bei speziellen Infektionen, wie Tetanus, Glycin gebunden, sodass es seine Funktion als inhibitorischer Neurotransmitter nicht mehr ausführen kann.

Es kommt zu schweren Muskelkrämpfen, die durch die Beeinträchtigung der Atmungsorgane tödlich verlaufen können. Führt eine verringerte Zufuhr von Glycin über die Nahrung zu einem Glycinmangel, wird verstärkt Bindegewebe abgebaut, was oft Erschöpfungszustände hervorruft.

Kontraindikationen

Glycin ist eine nicht-essentielle Aminosäure, die generell als sicher und gut verträglich gilt. Es wird in verschiedenen Kontexten als Nahrungsergänzungsmittel verwendet, etwa zur Unterstützung des Schlafs, der kognitiven Funktionen und der allgemeinen Gesundheit. Trotz seiner breiten Anwendbarkeit gibt es einige Kontraindikationen und Bedingungen, unter denen die Verwendung von Glycin eingeschränkt oder sorgfältig überwacht werden sollte:

Nierenkrankheit: Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz sollten Glycin mit Vorsicht verwenden, da ihre Fähigkeit, Aminosäuren zu verarbeiten und auszuscheiden, beeinträchtigt sein kann. Eine übermäßige Zufuhr von Aminosäuren kann bei solchen Patienten zu einer Ansammlung führen, die potenziell schädliche Auswirkungen hat.

Lebererkrankungen: Ähnlich wie bei Nierenerkrankungen kann eine schwere Leberfunktionsstörung die Verarbeitung von Aminosäuren beeinträchtigen. Patienten mit Lebererkrankungen sollten daher vor der Einnahme von Glycin einen Arzt konsultieren.

Schwangerschaft und Stillzeit: Obwohl Glycin natürlicherweise im Körper vorkommt, sollten Schwangere und Stillende vor der Einnahme von Glycin-Nahrungsergänzungsmitteln ihren Arzt konsultieren, um sicherzustellen, dass keine Risiken für Mutter und Kind bestehen.

Allergien oder Überempfindlichkeiten: Personen mit bekannter Überempfindlichkeit gegen Glycin oder zugehörige Verbindungen sollten die Einnahme vermeiden.

Wechselwirkungen mit Medikamenten: Obwohl Glycin im Allgemeinen keine signifikanten Wechselwirkungen mit Medikamenten hat, sollte es bei der Einnahme von Medikamenten, die den Neurotransmitter-Stoffwechsel beeinflussen, mit Vorsicht verwendet werden. Dies ist besonders relevant bei Medikamenten zur Behandlung von psychischen Erkrankungen.

Die genannten Kontraindikationen betonen die Bedeutung einer sorgfältigen Beurteilung und gegebenenfalls ärztlichen Konsultation, bevor mit einer Glycin-Supplementierung begonnen wird. Dadurch wird sichergestellt, dass das Supplement nicht zu unerwünschten Gesundheitsproblemen führt.

Interaktionen mit anderen Medikamenten

Glycin, eine nicht-essentielle Aminosäure, die in zahlreichen Stoffwechselwegen eine Rolle spielt, ist allgemein für seine gute Verträglichkeit und Sicherheit bekannt. Da es natürlich im Körper vorkommt, sind signifikante Wechselwirkungen mit Medikamenten relativ selten. Dennoch gibt es einige potenzielle Interaktionen, die beachtet werden sollten:

Neuroaktive Medikamente: Glycin wirkt als inhibitorischer Neurotransmitter im Zentralnervensystem, insbesondere im Rückenmark, Gehirnstamm und in der Retina. Es kann potenziell mit Medikamenten interagieren, die ebenfalls auf das zentrale Nervensystem einwirken, wie Antipsychotika, Anxiolytika oder Antiepileptika. Glycin könnte theoretisch die Wirkung dieser Medikamente verstärken oder abschwächen.

NMDA-Rezeptor-Antagonisten: Glycin ist ein Koagonist an NMDA-Rezeptoren, einer Klasse von Glutamatrezeptoren im Gehirn. Medikamente, die als NMDA-Rezeptor-Antagonisten wirken, wie Memantin, verwendet in der Behandlung der Alzheimer-Krankheit, könnten in ihrer Wirkung durch gleichzeitige Glycingabe beeinflusst werden.

Antazida und andere Magen-Darm-Medikamente: Da Glycin die Magensäureproduktion beeinflussen kann, ist es möglich, dass es Wechselwirkungen mit Antazida oder anderen Medikamenten gibt, die den pH-Wert des Magens regulieren. Diese Interaktion könnte die Absorption und Effektivität von Glycin oder des anderen Medikaments verändern.

Diabetes-Medikamente: Glycin kann potenziell den Blutzuckerspiegel beeinflussen. Personen, die Medikamente zur Kontrolle ihres Diabetes einnehmen, sollten daher die Verwendung von Glycin mit ihrem Arzt besprechen, da Anpassungen der Medikation notwendig werden könnten.

Obwohl diese Interaktionen theoretisch sind und oft nur unter spezifischen Umständen relevant sein können, ist es immer ratsam, vor Beginn einer Supplementierung mit Glycin einen Gesundheitsdienstleister zu konsultieren, besonders wenn bereits andere Medikamente eingenommen werden. Dies stellt sicher, dass keine unerwünschten Wechselwirkungen oder Nebenwirkungen auftreten.

Alternative Behandlungsmethoden

Wenn Glycin als Nahrungsergänzungsmittel nicht vertragen wird oder kontraindiziert ist, gibt es verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Wirkstoffe, die ähnliche gesundheitliche Vorteile bieten können. Diese Alternativen hängen von den spezifischen gesundheitlichen Zielen ab, die mit der Einnahme von Glycin angestrebt werden:

Andere Aminosäuren: Für die Unterstützung des Schlafes und der kognitiven Funktionen könnten andere Aminosäuren wie Tryptophan oder L-Theanin hilfreich sein. Tryptophan ist eine Vorstufe des Serotonins, das eine Rolle bei der Regulierung des Schlafes spielt, während L-Theanin, oft aus grünem Tee gewonnen, beruhigende und entspannende Effekte hat.

Magnesium: Magnesium ist ein Mineral, das in vielen Körperfunktionen eine Rolle spielt, einschließlich der Nervenfunktion und der Muskelentspannung. Es wird häufig zur Förderung des Schlafes und zur Linderung von Stress und Angstzuständen verwendet.

GABA (Gamma-Aminobuttersäure): GABA ist ein weiterer inhibitorischer Neurotransmitter im Gehirn, der für seine beruhigenden Eigenschaften bekannt ist. Ergänzungen mit GABA können eine entspannende Wirkung haben und werden oft zur Förderung der Entspannung und des Schlafes eingesetzt.

Kräuterergänzungen: Pflanzliche Präparate wie Baldrianwurzel, Passionsblume und Melisse können beruhigende Eigenschaften haben und als natürliche Schlafhilfen oder zur Stressreduktion dienen.

Vitamin- und Mineralstoffergänzungen: Bestimmte Vitamine und Mineralien, wie B-Vitamine und Zink, sind wichtig für die Neurotransmitter-Synthese und könnten indirekt die Funktionen unterstützen, die auch durch Glycin beeinflusst werden.

Diese Alternativen sind nicht immer direkte Substitute, da sie unterschiedlich im Körper wirken. Es ist ratsam, vor Beginn einer neuen Supplementierung einen Gesundheitsdienstleister zu konsultieren, um sicherzustellen, dass sie geeignet und sicher sind, besonders wenn andere Medikamente oder gesundheitliche Bedingungen vorhanden sind.

Quellen

  • "Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics" von Laurence Brunton, Randa Hilal-Dandan, und Bjorn Knollmann
  • "Rang & Dale's Pharmacology" von Humphrey P. Rang, Maureen M. Dale, James M. Ritter, und Rod J. Flower
  • "Basic and Clinical Pharmacology" von Bertram Katzung, Anthony Trevor

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