Thrombopoetin

Medizinische Expertise: Dr. med. Nonnenmacher
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. April 2024
Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.

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Unter dem Thrombopoietin, auch Thrombopoetin, versteht die Medizin ein Peptid, das als Hormon aktiv ist und zu den Zytokinen zu rechnen ist. Das Glykoprotein ist vor allem an der Bildung von Thrombozyten im Knochenmark beteiligt. Erhöhte oder erniedrigte Konzentrationen des Hormons im Serum verweisen auf Blutbildungsstörungen verschiedener Ursache.

Inhaltsverzeichnis

Was ist das Thrombopoetin?

Vor allem für die Thrombopoese spielt das Hormon Thrombopoietin eine wichtige Rolle. Die Thrombopoese findet im Knochenmark statt und ist die Bildung von Blutplättchen, die mit zur Blutbildung gezählt wird.
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Das Thrombopoietin ist hormonelles Glykoprotein aus der Gruppe der Zytokine. Die Zytokine sind regulatorische Peptide. Das macht sie zu Eiweißen, die in die Steuerung der Immunantwort verwickelt sind. Thrombopoietin ensteht in der Leber, in den Stromazellen des Knochenmarks, in der quergestreiften Muskulatur und in der Niere. Im Knochenmark des Menschen stimuliert das Thrombopoietin die sogenannten Megakaryozyten. Diese Riesenzellen oder Blutstammzellen sind für die Zellneubildung des Bluts und des Immunsystems verantwortlich.

Aus den Riesenzellen bilden sich unter anderem die Thrombozyten, also die Blutplättchen. Die Ermittlung der Konzentration von Thrombopoietin im Blut kann verschiedenen diagnostischen Zwecken dienen, denn dieser Wert sagt etwas über die Zahl der Thrombozyten und Megakaryozyten im Organismus aus. Sowohl unerwartet hohe, als auch unerwartet niedrige Thrombopoietinspiegel haben Krankheitswert und können beispielsweise auf Entzündungen und Infektionen hinweisen.

Anatomie & Aufbau

Thrombopoietin ist rund 78 kDa groß und zählt zu den Glykoproteinen. Zwischen 332 und 335 Aminosäuren bilden ein Thrombopoietin. Die N-terminale Domäne des Peptids gleicht Erythropoetin, das als Hormon ähnlich regulatorische Funktionen bei der Bildung von Erythrozyten übernimmt. Genetisch gesehen liegt das Gen des Thrombopoietins auf dem längeren Arm vom Chromosom drei an Stelle q26.3–27. Sein hormoneller Regelkreis unterscheidet das Thrombopoetin von anderen Hormonen insofern, dass darin die Anzahl aller zur Verfügung stehenden Rezeptoren in die Steuerung miteinbezogen ist.

Thrombopoetin fördert die Bildung von Thrombozyten, die über einen Thrombopoetin-Rezeptor auf ihrer Oberfläche wiederum an das Hormon im Blut binden. So verringert sich mit der Anzahl gebildeter Thrombozyten die Konzentration von Thrombopoetin im Blut und die Neubildung der Thrombozyten wird auf diese Weise hinab reguliert.

Funktion & Aufgaben

Vor allem für die Thrombopoese spielt das Hormon Thrombopoietin eine wichtige Rolle. Die Thrombopoese findet im Knochenmark statt und ist die Bildung von Blutplättchen, die mit zur Blutbildung gezählt wird. Die Blutgerinnung ist von der Thrombopoese abhängig, sodass Thrombopoietin im weitesten Sinne erst die Blutgerinnung ermöglicht und den Körper so im Falle von Verletzungen vor größeren Blutverlusten und Infektionen schützt.

Bei der Thrombopoese im Knochenmark enstehen die Thrombozyten aus Mesenchymzellen, die grundsätzlich zu allen Blutzellen werden können und daher zu den Stammzellen gehören. Durch die Entwicklung zu lymphatischen und myeloischen Stammzellen entscheidet sich die Stammzelle irreversibel für die Produktion von einer bestimmten Zellreihe. Myeloische Stammzellen entwickeln sich im ersten Schritt zu Megakaryoblasten. Danach werden sie zu Megakaryozyten und entwickeln sich im letzten Schritt zu Thrombozyten. Jeder Thrombozyt lebt zwischen fünf und zwölf Tagen und wird schließlich in der Milz, Lunge oder Leber abgebaut.

Daher muss im Knochenmark permanent Thrombopoese stattfinden. Die Herstellung neuer Thrombozyten wird durch das Thrombopoietin stimuliert, das in Organen wie der Niere und der Leber synthetisiert wird. Die zirkulierenden Blutplättchen nehmen das Hormon mit ihren Rezeptoren auf und bauen es ab. Ebenso verfahren die Megakaryozyten im Kontakt mit dem Peptid. Die Konzentration von Thrombopoietin im Blut verhält sich dabei entgegengesetzt proportional zur Menge der im Blut zirkulierenden Megakaryozyten und Thrombozyten. Je niedriger also die Thrombopoetin-Konzentration, desto höher ist die Anzahl an zirkulierenden Thrombozyten.


Krankheiten

Über Werte die das Thrombopoietin lässt sich die Anzahl der Blutplättchen einschätzen. Über die Anzahl der Thrombozyten lassen sich wiederum viele Störungen der Thrombozytopoese detektieren. Durch solche Störungen kann zum Beispiel eine Thrombozytopenie vorliegen. Dabei handelt es sich um einen Mangel an Blutplättchen. Von Thrombozytopenien spricht der Arzt nur, wenn eine geringere Zahl als 150.000 Thrombozyten pro µl Blut vorliegen.

Die Ursachen für eine solche Unterproduktion können verschiedene sein. Erworbene Schädigungen des Knochenmarks sind zum Beispiel in Betracht zu ziehen. Dazu zählen beispielsweise Schädigungen durch Vergiftungen. Auch physikalische Schäden wie sie durch eine Chemotherapie ausgelöst werden könnten sind manchmal die Ursache. Dasselbe gilt für Tumore. Ebenso ursächlich können Folsäure- und Vitamin B12-Mangelerscheinungen sein. Andererseits kann aber auch eine Unterproduktion von Thrombopoietin für den niedrigen Thrombozytenspiegel verantwortlich sein, der auf eine Schädigung der Leber zurückgeht.

Angeborene Ursachen wie Blutbildungsstörungen im Rahmen eines genetisch bedingten Syndroms können ebenso gut eine Unterproduktion verursachen. Ebenso stark können therapeutische Behandlungen wie die Dialyse die Anzahl der Thrombozyten im Blut verringern. Dasselbe gilt für medizinische Apparaturen wie Herzklappen, da sie die Thrombozyten mechanisch schädigen könnten. Eine Thrombozytose liegt bei einer übermäßigen Produktion von Blutplättchen vor. Über 500.000 Thrombozyten finden sich in diesem Fall in einem µl.

Solche Überproduktionen stellen sich nach größeren Blutverlusten und Operationen ein. Auch Tumore können ursächlich sein. Wenn eine anhaltend hohe Konzentration von Thrombozyten vorliegt, ist von einer essentiellen Thrombozythämie die Rede. Diese Erscheinung ist eine bösartige Vermehrung der Thrombozyten, die auf eine genetische Ursache zurückgeht und zu den Neoplasien zu rechnen ist.

Quellen

  • Classen, M., Diehl, V., Kochsiek, K. (Hrsg.): Innere Medizin. Urban & Fischer, München 2009
  • Michl, M.: BASICS Hämatologie. Elsevier/Urban & Fischer, München 2016
  • Neumeister, B. et al.: Klinikleitfaden Labordiagnostik. Elsevier/Urban & Fischer, München 2009

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