Tolosa-Hunt-Syndrom
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 5. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Neurologie versteht unter dem Talosa-Hunt-Syndrom eine Sonderform des Sinus-cavernosus-Syndroms, das von dem Ausfall verschiedener Hirnnerven geprägt ist. Beim Tolosa-Hunt-Syndrom liegen Lähmungen der Augenmuskulatur vor, die auf eine granulomatöse Entzündung zurückgehen. Die Prognose ist günstig, aber oft treten Rezidive auf.
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Was ist das Tolosa-Hunt-Syndrom?
Das Tolosa-Hunt-Syndrom ist eine Sonderform des Sinus-cavernosus-Syndrom, die sich in neurologischen Ausfällen äußert. Der Sinus cavernosus ist ein venöser Blutleiter des Gehirns, in dessen seitlicher Wand verschiedene Hirnnerven liegen. Beim Sinus-cavernosus-Syndrom liegt dementsprechend ein Ausfall der Hirnnerven vor. Die Hirnnerven III, IV, VI, V1 und V2 sind von Kompressionen betroffen. Die Ursache dieser Kompressionen können sowohl ein Tumor, als auch eine septische oder aseptische Thrombose sein.
Ebenso oft lösen Fisteln oder Traumen das Syndrom aus. Das Tolosa-Hunt-Syndrom ist eine letzte denkbare Ursache für das Sinus-cavernosus-Syndrom. Damit gleicht die klinische Symptomatik des Tolosa-Hunt-Syndroms weitestgehend der des Sinus-cavernosus-Syndroms und steht damit in ursächlichem Zusammenhang. Das Tolosa-Hunt-Syndrom ist eine granulomatös entzündliche Erkrankung des Sinus cavernosus, die eine Kompression der Hirnnerven hervorruft und so die Symptome des Sinus-cavernosus-Syndroms hervorruft. Eduard Tolosa und William Edward Hunt beschrieben das Krankheitsbild im 20. Jahrhundert erstmals.
Ursachen
Auch Lymphozyten können sich im entzündeten Bereich befinden. Solche Entzündungen sind zum Beispiel im Rahmen von Erkrankungen, wie Tuberkulose, Sarkoidose, Lepra oder Syphilis charakteristisch. Sie entsprechen entweder kleinherdigen Epitheloidzellreaktion, granulomatösen Epitheloidzellreaktion, mischzelligen Granulomen oder histiozytären Granulomen.
Die granulomatöse Entzündung im Rahmen des Tolosa-Hunt-Syndroms ist in ihrer Ätiologie bislang nicht geklärt. Möglicherweise liegen dem Syndrom im Einzelfall maligne Erkrankungen zugrunde. Die Erkrankung betrifft fast ausschließlich Erwachsene. Mit 300 bekannten Fällen ist das Syndrom eine äußerst seltene, neurologische Augenerkrankung.
Symptome, Beschwerden & Anzeichen
Das Tolosa-Hunt-Syndrom ruft scharfe Schmerzen hinter dem Auge hervor, die unvermittelt in die Strukturen einschießen. Die Entzündung ruft ferner Lähmungen der Augenmuskulatur hervor. Sowohl Teile des Nervus oculomotorius, als auch Anteile des Nervus trochlearis und des Nervus abducens können von den Ausfällen betroffen sein. Wenn der Nervus oculomotorius betroffen ist, kann eine Akkomodationsstörung des Auges vorliegen.
Das Oberlid hängt in aller Regel herab. Für eine Trochlearisparese ist dagegen Blickdeviation charakteristisch. Das Auge rollt nach außen oder weicht vertikal ab. Für die Abduzensparese sind Doppelbilder charakteristisch. Das betroffene Auge hängt dem gesunden Auge dabei beim Blick zur Seite hinterher. Die einzelnen Paresen liegen im Rahmen des Tolosa-Hunt-Syndroms meist gleichzeitig vor.
Die Folge daraus ist eine Ophthalmoplegie, das heißt eine umfassende Lähmung der äußeren oder inneren Augenmuskulatur. Die preorbitalen Schmerzen am Auge gelten als Frühsymptom. Lähmungserscheinungen treten erst später ein. Oft bilden sich die Symptome von selbst binnen acht Wochen zurück.
Diagnose & Krankheitsverlauf
Die Diagnose auf das Tolosa-Hunt-Syndrom wird über eine Funktionsprüfung der Hirnnerven und die dabei gesammelten, neurologischen Befunde gestellt. Auch eine Sichtbefundung findet statt. Über eine Entzündungsdiagnostik wird per Laboruntersuchungen die entzündliche Ursache nachgewiesen. Maligne Erkrankungen müssen durch bildgebende Diagnostik ausgeschlossen werden.
Auch im weiteren Verlauf ist eine regelmäßige Kontrolle sinnvoll, um etwaige Entartungen früh genug zu erkennen. Die Prognose für das Tolosa-Hunt-Syndrom gilt als günstig. Bleibende Blicklähmungen treten in der Regel nicht ein. Die Erscheinungen bilden sich für gewöhnlich rasch zurück. Trotzdem kann es in der Zukunft zu schmerzhaften Rezidiven kommen.
Komplikationen
Dadurch kann es auch zu Störungen im Schlafrhythmus kommen. Das Auge selbst kann dabei auch nicht richtig gehalten werden und rollt dabei ab. Weiterhin treten häufig auch Schmerzen an den Augen auf, welche sich in die Ohren oder in den Kopf ausbreiten können. Die Beschwerden treten in vielen Fällen nicht dauerhaft auf. Weiterhin kann es beim Tolosa-Hunt-Syndrom auch zu einer Spontanheilung kommen.
Die Behandlung des Tolosa-Hunt-Syndroms erfolgt in der Regel mit Hilfe von Augentropfen und kann die Beschwerden deutlich lindern. Dadurch wird auch eine vollständige Erblindung verhindert. Allerdings kann ein positiver Verlauf der Krankheit nicht gänzlich vorausgesagt werden. Die Lebenserwartung des Patienten wird krankheitsbedingt allerdings nicht negativ beeinflusst.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
In der Regel ist der Betroffene beim Tolosa-Hunt-Syndrom auf eine medizinische Behandlung angewiesen, damit keine weiteren Komplikationen oder Beschwerden auftreten. Es kann dabei auch nicht zu einer Selbstheilung kommen, sodass der Betroffene immer einen Arzt aufsuchen muss. Je früher der Arzt beim Tolosa-Hunt-Syndrom aufgesucht wird, desto besser ist in der Regel auch der weitere Verlauf dieser Krankheit.
Ein Arzt ist beim Tolosa-Hunt-Syndrom dann aufzusuchen, wenn der Betroffene an plötzlichen Augenbeschwerden leidet. In der Regel kommt es dabei zu einem hängenden Auge, welches nicht wieder von alleine verschwindet. Weiterhin kann auch eine Lähmung der Augenmuskulatur auf das Tolosa-Hunt-Syndrom hindeuten und sollte ebenfalls von einem Arzt untersucht werden. In einigen Fällen bilden sich die Beschwerden nach einigen Wochen von alleine wieder zurück, wobei allerdings trotzdem eine Kontrolle durch einen Arzt durchgeführt werden sollte.
Beim Tolosa-Hunt-Syndrom ist in der Regel ein Augenarzt aufzusuchen. Der weitere Verlauf hängt dabei sehr stark von der genauen Ausprägung der Beschwerden ab, sodass dabei kein allgemeiner Verlauf gegeben werden kann.
Behandlung & Therapie
Das Tolosa-Hunt-Syndrom wird symptomatisch behandelt. Da die Ursache bislang nicht abschließend geklärt ist, existieren bisher keine ursächlichen Therapien. Die symptomatische Behandlung findet meist nicht über Augentropfen statt, sondern fokussiert eine intravenöse Medikamentengabe. Den Patienten werden hoch dosierte Kortikoide verabreicht. Als lipophile Hormone wirken alle Kortikosteroide auf die Rezeptoren in Zytosol und Zellkernen.
Der Wirkstoff diffundiert frei durch die Zellmembran hindurch und erreicht so die relevanten Strukturen. Mittlerweile vermutet die Medizin für Kortikoide auch eine Wirkung auf membranständige Rezeptoren. Die Rezeptoren im Inneren der Zelle sind in zwei verschiedene Typen zu unterscheiden. Der erste Typ ist für Mineralcorticoide spezifisch. Der zweite Typ reagiert dagegen auf Glucocorticoide. Die Spezifizität aller inneren Rezeptoren hängt vermutlich von der 11beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase-1-Aktivität ab, bei der eine Dehydrierung der ß-OH-Gruppe stattfindet.
Normalerweise bilden sich die Symptome des Tolosa-Hunt-Syndroms nach drei bis fünf Tagen intravenöser Kortikoidgabe zurück. In Einzelfällen bleiben Augenmuskelstörungen bestehen. Wenn das der Fall ist, kann neben der medikamentösen Therapie eine Augenbewegungstherapie erfolgen. Im Idealfall lassen sich die Hirnnervlähmungen durch gezieltes Training aufheben.
Die Hirnnerven werden so unter Umständen reaktiviert oder die Patienten lernen zumindest kompensatorisch Strategien kennen, die ihre Lebensqualität verbessern. Bei wieder auftretenden Beschwerden profitieren die Patienten von einer möglichst zeitigen Kortikoid-Behandlung, da es so bestenfalls nicht abermals zu Lähmungserscheinungen kommt.
Vorbeugung
Die Ätiologie des Tolosa-Hunt-Syndroms ist bislang unbekannt. Aus diesem Grund stehen bisher auch keine sinnvollen Vorbeugemaßnahmen zur Vermeidung der Krankheit zur Verfügung.
Nachsorge
Das Tolosa-Hunt-Syndrom wird von einem ausgeprägten Schmerzempfinden im Auge sowie von Lähmungserscheinungen charakterisiert. Gelegentlich kommen neurologische Beschwerden wie Schwindel hinzu. Der Betroffene nimmt die Symptome häufig als sehr belastend wahr. Ausgelöst werden die Beschwerden von einer Entzündung in der Augenhöhle.
In manchen Fällen bilden sie sich von selbst wieder zurück und heilen ohne Therapie aus. Dennoch ist eine Nachsorge empfehlenswert, um den Heilungsprozess ärztlich zu begleiten. Sie hat die vollständige Heilung des Syndroms ohne Spätfolgen zum Ziel. Ein Wiederkehren der Augenerkrankung soll verhindert werden. Vor Beginn der Therapie wird eine Differentialdiagnose gestellt, da für die Beschwerden unterschiedliche Auslöser infrage kommen.
Zur Abklärung kann die Entnahme einer Gewebeprobe nötig sein. Im Rahmen der Nachsorge muss ein Ausbreiten der Lähmung auf Hirnareale unterbunden werden. Die Behandlung und nachsorgendes Vorgehen erfolgt durch einen Augenarzt. Mithilfe von Medikamenten wird die Entzündung bekämpft. Der Facharzt kontrolliert die Heilungsfortschritte, bei Bedarf variiert er die Dosierung oder verordnet dem Patienten zusätzliche Schmerzmittel.
Die Nachsorge dauert bis zum Zeitpunkt der Heilung an. Auch wenn der Patient beschwerdefrei bleibt, sollte er augenärztliche Kontrolltermine wahrnehmen. Auf diese Weise lassen sich erneut auftretende Symptome frühzeitig feststellen.
Das können Sie selbst tun
Bei dieser Erkrankung ersetzen Selbsthilfe-Maßnahmen keinesfalls die medizinische Therapie, sie können jedoch parallel zu einer Behandlung als Unterstützung ergriffen werden.
Da die Ursache des Tolosa-Hunt-Syndroms unbekannt ist, konzentriert sich die Eigentherapie auf die Linderung der Schmerzen, die durch die Entzündungsprozesse im Bereich hinter den Augenhöhlen ausgelöst werden. Gegen diese helfen im Akutfall Schmerzmittel, die auch entzündungshemmend wirken: Dazu gehören etwa Ibuprofen, Diclofenac und ASS (Aspirin). Heftige, ruckartige Bewegungen des Kopfes und Anspannung etwa durch das Heben und Tragen von Lasten sollten möglichst vermieden werden, damit das entzündete Gewebe nicht noch zusätzlich gereizt wird.
Auch wenn bei dieser Erkrankung nicht die Augen selbst betroffen sind, können die Reduzierung der Helligkeit und Kühlung der Stirn, etwa mit einem feuchten Waschlappen, dabei helfen, die Kopfschmerzen besser zu auszuhalten. Da generell Ruhe und Schonung auch für den Heilungsprozess wichtig sind, sollten Betroffene daher möglichst ruhig liegen, bis die Medikation wirkt und die Schmerzen abklingen.
Langfristig sollte versucht werden, entzündungsfördernde Faktoren im Alltag auszuschalten, etwa durch eine Ernährungsumstellung oder das Vermeiden von Stress. Dies kann auch dabei helfen, ein erneutes Auftreten der Erkrankung möglichst zu verhindern oder im Verlauf abzumildern.
Quellen
- Berlit, P.: Basiswissen Neurologie. Springer, Berlin 2007
- Grehl, H., Reinhardt, F.: Checkliste Neurologie. Thieme, Stuttgart 2012
- Masuhr K., Masuhr, F., Neumann, M.: Duale Reihe Neurologie. Thieme, Stuttgart 2013