Transdetermination
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
Sie sind hier: Startseite Körperprozesse Transdetermination
Eine Transdetermination in der Biologie stellt die Umprogrammierung einer differenzierten Körperzelle dar. In der Regel läuft der Prozess der Differenzierung der Körperzellen von der befruchteten Eizelle bis zum voll ausgebildeten Organismus irreversibel ab. Unter bestimmten Bedingungen kann eine in ihrer Differenzierung determinierte Zelle jedoch umprogrammiert werden.
Inhaltsverzeichnis |
Was ist die Transdetermination?
Transdetermination bedeutet die Umwandlung von einem determinierten Zustand in einen anderen determinierten Zustand. In der Biologie ist die Transdetermination durch die Umprogrammierung einer bereits differenzierten Körperzelle in eine andere differenzierte Körperzelle gekennzeichnet.
Die Entwicklung der Organismen beginnt im Falle des Menschen und der meisten vielzelligen Tiere mit der befruchteten Eizelle. Aus dieser ersten Zelle entwickelt sich der gesamte Organismus. Bei der Teilung der Zellen kommt es im Laufe der Embryogenese zu einer zunehmenden Differenzierung oder Spezialisierung der einzelnen Zellen. So entwickeln sich die Organe heraus. Dabei besitzen beispielsweise die Leberzellen die gleiche Erbinformation wie die Herzzellen. In beiden Zelltypen wird jedoch die jeweils notwendige genetische Information von unterschiedlichen Genen abgerufen.
Im Rahmen der Differenzierung werden bestimmte Gene durch Methylierungen oder Modifikationen der Histone stillgelegt. Die Differenzierung erfolgt dadurch, dass von Zelllinie zu Zelllinie unterschiedliche Gene abgestellt werden.
Bei der Transdetermination werden somit inaktive Gene wieder aktiviert und die vorher aktivierten Gene wieder inaktiv. Ein Beispiel wäre die komplexe Umwandlung einer Hautzelle in eine Leberzelle.
Funktion & Aufgabe
Nach der achten Zellteilung bilden sich pluripotente oder embryonale Stammzellen. Diese können sich noch in die Zellen aller drei Keimblätter (Ektoderm, Mesoderm, Entoderm) umwandeln. Allerdings haben sie bereits die Fähigkeit verloren, sich zu eigenständigen Organismen zu entwickeln.
Die weitere Entwicklung führt zu den postembryonalen Stammzellen, die je nach Entwicklungsstand in fötale, neonatale und adulte Stammzellen unterteilt werden. Die postembryonalen Stammzellen repräsentieren bereits verschiedene Zelllinien, die sich in bestimmte Organsysteme verwandeln können. Auch sie besitzen noch Differenzierungspotenzial, welches allerdings nur auf bestimmte Zelltypen bezogen ist. Sie werden als multipotente Stammzellen bezeichnet. Beispielsweise können sich neurale Stammzellen noch in unterschiedliche Formen von Nervenzellen umwandeln, allerdings nicht mehr in Blutzellen.
Eine Transdifferenzierung beziehungsweise Transdetermination der Zellen ist möglich. Allerdings ist umstritten, ob eine voll ausdifferenzierte Körperzelle umprogrammiert werden kann. Dazu müsste gleichzeitig die Expression tausender Gene aktiviert und gleichzeitig tausender anderer Gene wieder deaktiviert werden, um beispielsweise eine Hautzelle in eine Muskelzelle zu verwandeln. Bisher wird vermutet, dass nur adulte Stammzellen noch dazu in der Lage sind. Ihr Differenzierungspotenzial ist sogar noch keimblattüberschreitend.
Die Umprogrammierung erfolgt meist in zwei Schritten. Zunächst kommt es zur Dedifferenzierung der Zelle. Nach Zellteilungen erfolgt dann wieder die Differenzierung in eine andere Ausrichtung. Innerhalb des Organismus findet eine solche Transdetermination beispielsweise bei der Wundheilung statt. Aus adulten Stammzellen entwickeln sich die verschiedensten Zelltypen, die für den Heilungsprozess benötigt werden.
Für die Medizin ergeben sich künftig vermutlich hervorragende Perspektiven als Alternative zur heutigen Transplantationstechnik. So könnten erkrankte Organe direkt aus eigenen adulten Stammzellen herangezüchtet werden. Die jahrelange medikamentöse Behandlung zur Einschränkung von Abstoßungsreaktionen würde der Vergangenheit angehören. In verschiedenen In-vitro-Untersuchungen von Zellkulturen konnte mithilfe eines Wachstumsfaktors eine Dedifferenzierung und Neudifferenzierung von Zellen erreicht werden.
Im Rahmen der Stammzellforschung wurde entdeckt, dass Stammzellen möglicherweise in der Lage sein sollen, bei Herzinfarkt zerstörte Zellen wieder zu ersetzen. Die Ergebnisse legen allerdings auch nahe, dass die Heilung nicht auf dem Ersatz durch die trans-determinierten Zellen, sondern auf der Anregung zu Zellwachstums- und Zelldifferenzierungsprozessen beruht. Adulte Stammzellen bewähren sich auch bei der Regeneration von Knorpeln und Knochen.
Krankheiten & Beschwerden
Die Dedifferenzierung kann schnell vonstattengehen. Es gibt jedoch auch Krebsformen, bei denen der Tumor noch recht lange differenziert bleibt. Allerdings erfolgt dann nach der Phase der Dedifferenzierung keine Neudifferenzierung mehr. Die sich teilenden Zellen sind entartet und entfernen sich nach jeder Zellteilung weiter vom Ausgangszustand.
Auch die genetische Information unterliegt einer ständigen Änderung. Die Wundheilung ist beispielsweise ein natürlicher Prozess, der auf der Grundlage der Transdetermination abläuft. Hier verwandeln sich adulte Stammzellen in differenzierte Hautzellen, Bindegewebszellen oder Zellen anderer Art. In seltenen Fällen kommt es jedoch vor, dass sich im Rahmen der ständigen Zellteilungen ein bösartiger Tumor bildet.
Ähnliches kann auch nach Immunreaktionen eintreten. Lymphome sind unter anderem Ausdruck eines außer Kontrolle geratenen Immunsystems.
Quellen
- Alberts, B., u. a.: Molekularbiologie der Zelle. 4. Auflage. Wiley-VCH., Weinheim 2003
- Clark, D.P.: Molecular Biology: Das Original mit Übersetzungshilfen. Spektrum Akademischer Verlag., Heidelberg 2006
- Schartl, M., Biochemie und Molekularbiologie des Menschen. 1. Auflage, Urban & Fischer Verlag, München 2009