Traumatherapie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 25. März 2024Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Der Begriff Trauma geht zurück auf die griechische Sprache und bedeutet „Wunde“. Die Traumatherapie behandelt ein mentales oder seelisches Trauma oder Psychotrauma.
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Was ist die Traumatherapie?
In der Psychologie wird ein Trauma als seelische Wunde bezeichnet. Ein Trauma entsteht als somatische Reaktion auf überwältigende Ereignisse. Menschen, die außergewöhnliche Situationen wie Missbrauch, Gewalt, Unfälle, lebensgefährliche Erkrankungen, Operationen und Kriegszustände erleben, können Trauma-Symptome oder eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickeln.
Die Traumatherapie versucht, die betroffenen Menschen aus dem Bannkreis ihrer traumatischen Erlebnisse herauszuholen und die damit verbundenen typischen Stresssymptome effektiv zu behandeln, um ihnen wieder ein freies und weitgehend unbelastetes Leben zu ermöglichen.
Funktion, Wirkung & Ziele
Eine traumatische Erfahrung empfinden Menschen als eine Situation von körperlicher oder seelischer Todesnähe, der sie entweder scheinbar oder tatsächlich ausgeliefert sind. Diese Situation kommt durch äußere Umstände und/oder Mitmenschen zustande, auf die die Betroffenen keinen Einfluss haben. Ein Beispiel ist der Amoklauf eines Jugendlichen in der Albertville Realschule in Winnenden im Jahre 2009. Er tötete mehrere Schüler, Lehrer und Passanten, bevor er sich selbst richtete. Die Überlebenden befinden sich noch heute in trauma-therapeutischer Behandlung, weil sie nicht in der Lage sind, dieses unfassbare Ereignis, dem sie nur zufällig lebend entkommen sind, zu verarbeiten.
Fast alle Traumaopfer schützen sich instinktiv durch einen Mechanismus der inneren Abspaltung, der Dissoziation, mit dem sie in der Lage sind, unterschiedliche Bereiche der traumatischen Erfahrung voneinander zu trennen. Manche Betroffene gehen offen damit um und haben das Bedürfnis, darüber zu sprechen. Sie werden mit einer Flut von Gedanken, Bildern und Träumen überwältigt, in denen sie das Ereignis immer wieder durchleben. Anlass für diese Flashbacks können Geräusche, Gerüche, Farben, Orte, Bilder, Filme, Menschen oder bestimmte Situationen sein.
Diese Auslöser bezeichnet die Fachsprache als Trigger. Sie können auch noch Jahrzehnte später völlig unvermittelt eine Kettenreaktion somatischer Reaktionen auslösen, ohne dass die Betroffenen diese auf das Trauma zurückführen. Das traumatisierende Ereignis wird vom Gehirn unauslöschlich gespeichert. Durch diesen Schutzmechanismus soll die betroffene Person in die Lage versetzt werden, auf gleiche oder ähnliche Ereignisse in Zukunft umgehend zu reagieren, um die Gefahr abzuwehren. Andere Betroffene spalten das Erlebte komplett von ihrem Leben ab und ignorieren alles, was damit zusammenhängt. Sie setzen auf die Strategie des Leugnens, Ignorierens und des emotionalen Rückzugs, um auf diese Weise Normalität zu suggerieren, weil sie ihr Trauma als Störfall im geregelten Ablauf ansehen.
Dieses Verhalten ist ein Schutzmechanismus, den die Betroffenen über Jahre hinweg aufgebaut haben, um wiederholte Traumatisierungen zu vermeiden. Irgendwann empfinden sie dieses Verhalten als normal und selbstverständlich, und so werden sie auch von ihrem sozialen Umfeld wahrgenommen, das sie, ohne es zu wissen, in ihrem Rollenverständnis bestärkt. Auch Menschen, die unvermittelt Zeugen extremer Situationen wurden, ohne selbst Opfer zu sein, können traumatische Stresssymptome entwickeln.
Risiken, Nebenwirkungen & Gefahren
Die Folgen können Depressionen (Dysthymie), Arbeitsunfähigkeit, Suchterkrankungen, dissoziative Störungen, Gefühlskälte, Verhaltensauffälligkeiten, Bindungsstörungen, extrem kontrolliertes und kontrollierendes Verhalten, Vermeidungshaltung (Avoidance), Aggressivität (Hyperarousal) und die Posttraumatische Belastungsstörung sein. An dieser Stelle setzt die Traumatherapie an. Sie beginnt mit der allgemeinen Beratung, die sowohl über kurze als auch lange Zeit stattfinden kann. Mit der Kurzzeitberatung setzt sich das Opfer nur mit einigen Aspekten des Erlebten auseinander. Die Langzeitberatung arbeitet das Erlebte Schritt für Schritt auf und gibt den Opfern auch Hilfestellungen, um den Alltag wieder normal bewältigen zu können.
Trauma-therapeutische Beratungen setzen an unterschiedlichen Punkten an. Bei akut verlaufenden Beschwerden ist neben der Traumatherapie auch eine medikamentöse Therapie mittels Psychopharmaka, Tranquilizern und Antidepressiva indiziert, auch wenn die Vergabe dieser Mittel nicht unumstritten ist. Diese Medikamente reduzieren zuverlässig Angstzustände, vermitteln Zustände der Ruhe und blockieren die Wiederaufnahme von Serotonin durch „Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer“. Obwohl diese Substanzen oft das erste Mittel der Wahl sind, bekämpfen sie ausschließlich die Begleiterscheinungen der posttraumatischen Beschwerden, sie beseitigen jedoch nicht die Ursache.
Der Einsatz von Psychopharmaka ist nur sinnvoll in Kombination mit einer Traumatherapie. Diese verfolgt verschiedene Ansätze. Das psychotherapeutische Verfahren hilft, die traumatischen Erlebnisse geordnet zu verarbeiten, sie zu begrenzen oder aufzulösen. Das psychoanalytische Verfahren arbeitet mit Übertragung und Fixierung der traumatischen Erfahrungen von Patient auf Therapeut. Das Imaginative Verfahren nutzt die tieferen Ebenen des Bewusstseins und arbeitet mit traumähnlichen Verarbeitungsbildern. Der narrative Ansatz trägt dem Bedürfnis des Patienten Rechnung, das Erlebte in Gesprächen zu einer Geschichte zusammenzusetzen.
Weitere wichtige Ansätze sind Verhaltenstherapien, die die Opfer mit dem Erlebten konfrontieren (Konfrontationstherapie), sowie der Ansatz der Exposition und Umstrukturierung. Diese traumfokussierte Therapie zielt darauf ab, die belastenden Erinnerungen beherrschbar zu machen und sie abzuschwächen. Die Gestalttherapie setzt auf eine isolierte Betrachtungsweise von Geist, Seele und Körper. Auch kreative Ansätze (Kunsttherapie), können sinnvoll sein. Traumaopfer, die eine gewisse psychische Widerstandfähigkeit gegen das Erlebte zeigen, weisen eine Resilienz auf.
Quellen
- Beckrath-Wilking, U. et al.: Traumafachberatung , Traumatherapie & Traumapädagogik. Junfermann Verlag, 1. Auflage, Paderborn 2013
- Markus, L., Hensel, T.: Traumatherapie bei Kindern und Jugendlichen. Hogrefe Verlag, 2. Auflage, Göttingen 2012
- Von Ameln, F. et al.: Psychodrama. Springer Verlag, 2. Auflage, Berlin 2009