Unfallchirurgie
Qualitätssicherung: Dipl.-Biol. Elke Löbel, Dr. rer nat. Frank Meyer
Letzte Aktualisierung am: 13. November 2021Dieser Artikel wurde unter Maßgabe medizinischer Fachliteratur und wissenschaftlicher Quellen geprüft.
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Die Unfallchirurgie ist ein Fachgebiet der Chirurgie und beschäftigt sich mit der operativen Behandlung und Wiederherstellung traumatisch geschädigter Körperstrukturen und Organe. Ein weiteres Teilgebiet ist die Orthopädie.
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Was ist die Unfallchirurgie?
Die Unfallchirurgie ist ein wichtiges Fachgebiet der Akut- und Notfallversorgung. Ein Unfallchirurg versorgt Verletzungen des Bewegungsapparates. Dazu gehören Weichteilverletzungen der Sehnen und Muskeln sowie Knochenfrakturen. Der Übergang zum Fachbereich der Orthopädie ist fließend. Aus diesem Grund gibt es in Deutschland die Fachausbildung zum „Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie“.
Neben der operativen Behandlung befasst sich dieses Teilgebiet der Chirurgie auch mit nichtoperativen Behandlungsmöglichkeiten sowie der Nachsorge und Rehabilitation von Verletzungen, sowie deren Folgeerkrankungen und Folgezuständen. Der Begriff Unfallchirurgie ist auch unter dem Synonym Wiederherstellungschirurgie bekannt.
Behandlungen & Therapien
Die Behandlung leicht verletzter Unfallopfer erfolgt in der Ambulanz. Die Ärzte schienen leicht verschobene und unverschobene Brüche, desinfizieren, versorgen und nähen Wunden. Sie untersuchen die umgebenden Nerven-, Gefäß- und Sehnenstrukturen, um festzustellen, inwieweit sie von der Unfallverletzung betroffen sind. Diese ambulanten Eingriffe erfolgen unter Leitungsanästhesie oder örtlicher Betäubung. In diesen Bereich gehören auch Sportverletzungen, die mit minimal-invasiven arthroskopischen Techniken behandelt werden. Ein Fachgebiet ist die Hand- und Fußchirurgie, da diese Körperteile am häufigsten durch Sportunfälle betroffen sind.
Hierzu gehören die rekonstruktive Gelenkchirurgie unter Anwendung minimal-invasiver Operationsverfahren, sowie die arthroskopisch gestützte Band- und Frakturversorgung. Auch für korrigierend-rekonstruierende Maßnahmen bei Fehlstellungen, Heilungsstörungen und defekten Bewegungsapparaten sind die Unfallchirurgen zuständig. Ein professionelles Pflegeteam steht ihnen unterstützend zur Seite. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass jeder Patient seinem Alter und seinen Verletzungen entsprechend eine individuelle Betreuung erfährt. Kinder werden zuerst versorgt, während ältere Patienten, bei denen mehrere Untersuchungen bis zur endgültigen Diagnose notwendig sind, durch das Pflegepersonal betreut werden.
Die Unfallchirurgie schließt auch die ambulante Weiterbehandlung von Patienten ein, die einen Arbeitsunfall erlitten haben. Privatversicherte haben die Möglichkeit, sich sofort an die Unfallchirurgie in einem Krankenhaus zu wenden, während gesetzlich Krankenversicherte eine Überweisung durch einen Orthopäden oder niedergelassenen Chirurgen benötigen, wenn kein Notfall besteht. Häufig werden Unfallpatienten mit einem Polytrauma eingeliefert. Dabei handelt es sich um gleichzeitige Verletzungen verschiedener Körperregionen, die lebensbedrohlich sind, werden sie nicht rechtzeitig behandelt.
Die Behandlung dieser Patienten erfolgt in Fachkliniken, die eine vollständige interdisziplinäre Behandlung aller Verletzungen in Kooperation mit den verschiedenen chirurgischen Fachrichtungen garantieren. Die umgehende Einweisung der Unfalloper in die richtige Fachklinik ist eine unabdingbare Voraussetzung, um das kurze Zeitfenster, das für eine erfolgsversprechende Behandlung zur Verfügung steht, optimal zu nutzen. Patienten mit einem Polytrauma können Verletzungen an der Wirbelsäue, Beckenfrakturen, ein Schädel-Hirn-Trauma und Rippenfrakturen einschließlich Hämatothorax (Blutansammlung im Thorax) aufweisen. Eine weitere, wesentliche Schocksymptomatik ist Hypovolämie (verminderte Blutmenge im Kreislauf), die mit Infusionen oder Vollelektrolytlösungen behandelt wird.
Diese Schocksymptomatik kann zu einem Capillary Leak Syndrom führen, das ein vorerst reversibles Lungenödem nach sich zieht. Es bildet sich eine verdickte Alveolarwand (Lungenwand), woraus ein erhöhter Rechts-Links-Shunt entsteht, der seinerseits zu Hypoxie (Sauerstoffmangel) und Hyperkapnie (erhöhter Gehalt von Kohlendioxid im Blut) führt. Dem Unfallpatienten droht regelmäßig eine respiratorische Insuffizienz (Atemstillstand). Weitere intensivmedizinische Probleme in den ersten Tagen nach der Unfallchirurgie können Niereninsuffizienz und Fettembolien sein.
Damit Notfallärzte und Unfallchirurgen in dem Moment des Unfalls rechtzeitig handeln können, strebt die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie die Einrichtung sogenannter Traumanetzwerke an, um eine zeitgerechte Versorgung der Unfallopfer flächendeckend zu optimieren. Einige Kliniken sind bereits Teil eines zertifizierten, regionalen Traumanetzwerkes.
Diagnose & Untersuchungsmethoden
Alle geeigneten Notfalleingriffe werden während der „golden hour of shock“ durchgeführt. Dabei liegt die Priorität auf Diagnose und Behandlung der polytraumatischen Verletzungen. Die Notärzte folgen der elementaren Grundlage „treat first what kills first“ (behandle zuerst das, was tötet). Neben Beatmung und Kreislaufstabilisierung liegt das Hauptaugenmerk auf der Stillung der kreislaufwirksamen Blutungen, der Stabilisierung sowie der Entlastung des Gehirns im Fall von Schwellungen. Die anschließende Operation wird durch intensivmedizinische Behandlungen und bildgebende Intervention unterstützt. Die bildgebende Diagnostik beginnt unmittelbar nach Abschluss der Akutphase und leitet die initiale Versorgungsphase ein.
Nach einer schnellen und zuverlässigen Diagnose erfolgen noch während dieser Phase lebensrettende therapeutische Maßnahmen. Das Management im Schockraum folgt einem nach Phasen und Prioritäten strukturierten Behandlungsplan, der Diagnose, Therapie und Einschätzung (Evaluation) des Unfallpatienten erfasst. Das Konzept des Advanced Trauma Life Support (ATLS®), das eine Mehrschicht-Spiral-Computertomografie (MSCT) ermöglicht, findet in vielen Kliniken Einsatz. Die bildgebende Diagnostik nimmt einen immer höheren Stellenwert ein. Neben der Ganzkörper-Computertomographie steht auch das MRT (Magnetresonanztomographie) als Schnittbildverfahren zur Verfügung.
Die Projektionsradiografie stellt ossäre (den Knochen betreffend) Restbefunde und die Schwere der Verletzungen fest. MRT und CT erfassen die spinalen und intrakraniellen Strukturen durch überlagerungsfreie Schnittbilder verschiedener Projektionen. Die Magnetresonanztomografie versetzt die Unfallchirurgen in die Lage, die angezeigten sensitiv neuroanatomischen Zuordnungen vorzunehmen.
Quellen
- Breusch, S., Clarius, M., Mau, H., Sabo, D. (Hrsg.): Klinikleitfaden Orthopädie, Unfallchirurgie. Urban & Fischer, München 2013
- Niethard, F., Pfeil, J., Biberthaler, P.: Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2014
- Wülker, N., Kluba, T., Roetman, B., Rudert, M.: Taschenlehrbuch Orthopädie und Unfallchirurgie. Thieme, Stuttgart 2015